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89.

Reuenbürg, Freitag den 5. Juni 1914.

72. Jahrgang.

Run-schau.

Metz, 3. Juni. Auf ihrer Besichligungsreise find die Herren des Großen Generalstabs mit dem Kronprinzen, im ganzen etwa 40 Offiziere, heute mittag von Saarbrücken kommend, hier ein­getroffen, um bis zum 5. ds. Mts. hier zu verweilen. Nachmittags unternahm der Kronprinz eine Fahrt druck die Stadt und wurde überall sympaihifch begrüßt. Am 17. Juni wird das Offizierkorps des Regiments Gardes du Corps aus Berlin nach Metz kommen, um von hier aus die umliegenden Schlachtfelder und Befestigungswerke zu besichtigen. Die Herren reisen in Zivil.

Berlin, 3. Juni. Der Kriegsminister von Falkenhayn wohnte gestern auf dem Flugplatz Johannisthal den Kunst, und Sturzflügen Fokkerts bei, dessen Eindecker, ein deutsches Er­zeugnis, er eingehend besichtigte. Er unterhielt sich mit dem Erbauer über die etwaige Verwendbarkeit des Flugzeugs bei den Fliegertruppen, für die er voraussichtlich als leichter Kavallerie-Eindecker zu kurzen Aufklärungsübungen über feindliche Stellungen angeschafft werden wird. Fokkert machte drei Auf­stiege, zu denen ihn der Kriegsminister lebhaft be­glückwünschte. In seinem Gleilflug und in der exakteren Ausführung des Looping the Loop übertrifft Fokker sogar sein Vorbild Pägoud. Auch das er­staunliche Steigvermögen hatte Pogouds Bl6riot- Eindecker nicht.

Berlin. 4. Juni. Die Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens bezweckt eine Konferenz der Verkehrsdezernenten des Deutschen Handelstags und zahlreicher deutscher Handelskam­mern, die gestern in Eisenach zusammengetreten ist. Es handelt sich vor allem um Maßnahmen zur Vereinheitlichung des Güterverkehrs.

Berlin. 4. Juni. Unter der SpitzmarkeEine Katastrophe in München" berichtet dieTgl. Rundsch." von dort: Bei der Begrüßung des Großherzogpaares von Hessen befand sich unter den offiziellen Vertretern auch der sozialdemokratische Gemeivdevorstand Witti, der beim letzten Kaiserbesuch in München vom Kaiser im Münchener Rathaus angesprochen wurde.

Berlin, 4. Juni. Die Deutsche Versuchs­anstalt für Handfeuerwaffen «öffnete gestern hier die Feier ihres 25jährigen Bestehens mit einem Begrüßungsabend. Viele Offiziere wohnten dieser Feier bei. Zwei der ältesten Mitleiter der Versuchsanstalt, Major Roland und der Syndikus Justizrat Lehfeld. haben vom König von Würt­temberg aus Anlaß des Jubiläums die erste Klasse des Friedrichsordnns erhalten.

Berlin, 2. Juni. Eine ausgezeichnete Flieger­leistung. die alle Luftfahrten auf dieser Strecke weit in den Schatten stellt, hat am Pfingstsonntag Leutnant Wentscher vollbracht. Leutnant Wentscher hatte die Erlaubnis erhalten, einen Pfingstaulflug nach Wien machen zu dürfen und benutzte deshalb das modernste Reisemittel, das Luftfahrzeug. Um 9 Uhr morgens stieg er in Johannisthal auf einem I-.V.6.« Doppeldecker mit 100 ?8 Mercedes-Motor auf und flog in südlicher Richtung davon. Ueber Dresden, Teplitz und Prag ging die Fahrt nach Wien, wo der junge Flieger nach einer Flugzeit von nur fünfStunden fünf Minuten eintraf und wohl­behalten landete. Der Doppeldecker machte sehr schnelle Fahrt, denn trotz eines schwachen Seiten­windes vermochte er die 530 Kilometer in 5 Stunden zu bewältigen. Helmuth Hirth, der Sieger im Fern­flug Berlin-Wien. brauchte vor 2 Jahren bekanntlich 7 Stunden 20 Minuten, um mit seinem Begleiter die Fahrt vollenden zu können. Die schnellsten Eisenbahnzüge Berlin-Wien benötigen im Durchschnitt das Doppelte der von Leutnant Wentscher erzielten Zeit.

Leipzig, 3 . Juni. In der heutigen Sitzung des Hauptausschusses der Deutschen Turner- schaft wurde nach Begrüßung der Teilnehmer durch

den jetzt 88 Jahre alten Vorsitzenden Dr. Ferdinand Götz und nach Erledigung einiger internen An­gelegenheiten beschlossen, in den Z 1 der Satzung als Zweck des Ausschusses der Deutschen Turner­schaft deren gerichtliche und außergerichiliche Ver­tretung zu setzen. Der Jahresbericht ergibt ein weiteres starkes Anwachsen der deutschen Turneischaft im Jahre 1913 um 450 Vereine und 65 000 Mit­glieder auf rund 11400 Vereine mit 1 188 000 Männern und 200 000 anderen Mitgliedern. Eine Anzahl Sportvereine, besonders Fußballvereine, hat sich der Turnerschaft angeschlossen. An die Reichs- militärbehörde ist eine Eingabe gerichtet worden, sie möge ein gewisses Mindestmaß körperlicher Aus­bildung als Bedingung für Dienstvergünstigungen festsetzen. Die Deutsche Turnerschaft wird sich an den Olympischen Spielen 1916 in einer ihrer würdigen Form beteiligen. Ihr Verhältnis zum Sport und zu dem nachdrücklich arbeitenden Jungdeutschland­bund ist gut. Im abgelaufenen Jahr wurden Jahns Briefe herausgegeben; 5 Ehrenurkunden wurden ver­liehen, darunter eine an den Generalfeldmarschall v. d. Goltz; Ehrenbriefe wurden im Jahre 1913 161 gewährt, bis April 1914 weitere 80. Die Ferdinand Götz-Stiftung unterstützte 44 Vereine mit 12 900 Mk. Nach dem Jahresbericht verlas der Vorsitzende einen Aufruf des Generalfeldmarschalls v. d. Goltz, der ein enges Zusammenarbeiten der Turnerschaft und des Jungdeutschlandbunds erhofft.

Saarbrücken. 3. Juni. Die Delegierten- versammlung der Evang. Arbeitervereine wurde mit Begrüßungen der staatlichen, sowie der kirchlichen und kommunalen Behörden eröffnet. Es wurden Referate über den Geburtenrückgang und das preußische Wobnungsgesetz erstattet.

Wiesbaden. 2. Juni. Am Pfingstmontag stürzten sich in Wiesbaden in der Adelheidstraße eine 64 Jahre alle Witwe und in der Herbertstraße eine 30 jährige Apolhekerstochter aus dem Fenster auf die Straße. Beide waren sofort tot.

Landau (Pfalz), 3. Juni. Ein Mietauto­mobil. das vier Bäckermeister und ein Kind aus Herxheim, die von einem Jnnungsausschuß kamen und den letzten Zug versäumt hatten, heimbringen sollte, fuhr nahe bei Queichheim mit voller Wucht an ein Lastfuhrwerk. Von den Insassen wurde Josef Homer sofort getötet, der Bäckermeister Doll und sein Töchterchen wurden schwer, die beiden Bäckermeister Heinrich Trauth und Valentin Homer leicht verletzt. Der Chauffeur wurde ver­haftet.

Rom, 4. Juni. Die Agenzia Stefan! meldet aus Berlin: Die deutsche Regierung hat die Mächte wissen lassen, daß sie, wenn die andern Mächte zustimmten, geneigt sei. ein Kriegsschiff nach Durazzo zu entsenden. Man hat hier das Vertrauen, daß eine moralische Wirkung in Albanien damit in gleicher Weise erreicht werden wird, wie mit der Entsendung eines Truppendetachements. In den politischen Kreisen Londons wird versichert, daß die englische Regierung der Entsendung eines englischen Kriegsschiffs nach Durazzo zustimmt für den Fall, daß die übrigen Großmächte sich anschließen. Diese Nachricht und die aus den übrigen Hauptstädten geben Grund, an das lebhafteste Interesse aller Großmächte für das Schicksal Albaniens zu glauben in der Absicht, Verwicklungen zu vermeiden.

Skutari, 4. Juni. Der Mudir von Luma hat eine zahlreich besuchte Versammlung abgehalten, die den Beschluß faßte, unentwegt treu zum Fürsten Wilhelm zu stehen und für ihn zu kämpfen.

Konstantinopel, 2. Juni. Ein Ingenieur namens Lu eien Tack, der in der Nähe von Thyra an der Eisenbahnstrecke von Smyrna nach Aidin beschäftigt war, ist von einer Räuberbande entführt worden. Sie verlangt für die Freilassung ein Lösegeld von 100 000 Mk. Die türkische Regierung hat Gendarmen zur Verfolgung der Räuber aus­

gesandt. doch ist die Fremdenkolonie in Konstantinopel über das Schicksal des Ingenieurs sehr beunruhigt, da die Räuber erklärt haben, sie würden ihn bei dem ersten Angriff von Seilen der Gendarmen erschießen.

Niagarafalls. 3. Juni. Die mexikanische Regierung teilt mit, daß Huerta sich bereit erklärt habe, von der Präsidentenschaft zurückzutreten. Der Rücktritt erfolge dann, wenn das Land beruhigt sei und die amerikanische Regierung die öffentliche Meinung für sich habe.

New'Aork. 3. Juni. Nach den letzten Mel­dungen ist gestern auf Huerta, während er in einem Automobil durch die Stadt Mexiko fuhr, von einer Anzahl Studenten ein Attentat verübt worden. Die Studenten feuerten mit Revolvern von allen Seiten auf das Auto. Wunderbarerweise blieb sowohl Huerta als der neben ihm sitzende Offizier und der Chauffeur unverletzt. Nur die Scheiben des Wagens wurden zertrümmert. Die Studenten ergriffen die Flucht und vier von ihnen wurden verhaftet und auf derStelle hingerichtet. Die Gattin Huertas hat sich mit vier Kindern in Veracruz auf dem deutschen DampferUpiranga" ein geschifft und ist nach Europa abgefahren. Trotz aller Dementis bereitet Huerta seine Flucht vor. Er will nur noch so lange in Mexiko bleiben, bis die Rebellen unter Villa ihren ersten Angriff unternehmen.

Du.rango (Mexiko). 3. Juni. Oberst Reyt hat mit 600 Mann die Streitkräfte der Bundes- truppen bei Salinas geschlagen und danach auch die ihnen von St. Louis Patosi entgegen- gesandten Verstärkungen. Die Bundestruppen ver­loren 46 Mann und vier Offiziere; 14 Bundes- offiziere wurden gefangen genommen und hin­gerichtet. Bei Pines wurde eine Abteilung Bundes- truppen gefangen genommen, wobei auf deren Seite 60 Mann gelötet wurden.

Washington, 3. Juni. In dem Zimmer des Staatssekretärs Bryan entdeckte ein Beamter mit Namen Houston fünf anscheinend mit Dynamit gefüllte Röhren nebst brennender Zündschnur, doch wurde diese noch rechtzeitig gelöscht.

London, 3. Juni. Nach der amtlichen Statistik sind bei dem Unglück derEmpreß of Jreland" 1024 Personen umgekommen und nur 452 gerettet worden. Das Schiff hatte 1476 Personen einschließlich der Schiffsmannschaften an Bord. Die Pacific-Linie weigert sich, irgendwelche Entschädig­ungen zu zahlen und zu den Kosten der Hebung des Schiffes, das nur in 29 Faden Tiefe liegen soll, beizutragen. Sie hat den Eigentümer derStorstad" auf 10 Millionen Schadenersatz verklagt.

London, 2. Juni. Sieben Boy-Scouts unternahmen eine Segelpartie, wobei das Fahrzeug umkippte. Von den sieben jungen Leuten konnte sich nur einer retten, die andern ertranken.

Württemberg.

Stuttgart, 1. Juni. Zur Belebung des Reiseverkehrs im württ. Schwarzwald, im Neckarland und der schwäbischen Alb werden in diesem Jahre erstmals wahlweise gültige Ferien­zugskarten in den größeren Städten Nord- und Westdeutschlands ausgegeben. Diese ermäßigten, zur Hinfahrt im Ferienzug und zur Rückfahrt in Schnellzügen innerhalb 2 Monaten gültigen Karten können nach Freudenstadt, Ulm. Tübingen, Hechingen, Urach und Lichtenstein und zur Rückfahrt von einer dieser Stationen oder einer Zwischenstation beliebig und wahlweise benutzt werden. Außerdem werden Karten wahlweise nach Wildbad und Liebenzell ohne Preiserhöhung ausgegeben werden. Die ersten Feriensonderzüge kommen am 3. und 5. Juli von Berlin.

Stuttgart, 4. Juni. Den Bemühungen der Stuttgarter Stadtverwaltung und der hiesigen Turn-