kreise ist es gelungen, beim Hauptausschuß des Deutschen Turnerbundes in Leipzig zu erreichen, daß das nächste deutsche Turnfest im Jahre 1918 in Stuttgart abgehalten wird. Zur engeren Wahl standen außerdem die Städte Straßburg, München, Düsseldorf und Köln. Es ist für die schwäbische Turnerschaft eine Auszeichnung, daß der Hauptstadt des Landes unter diesen gefährlichen Konkurrenten der Vorzug gegeben wurde.
Stuttgart. 3. Juni. Die 15 Versammlung des Deutschen Vereins für Schulgesundheils« pflege nahm heute abend mit einer Eröffnungsansprache durch den Vorsitzenden, Geh. Obermedizinalrat Dr. Abrl Berlin, im Landesgewerbemuseum ihren Anfang. Den Auftakt der Tagung bildete rin Vortrag des Geh. Medizinalrats P:of. Dr. Ziehen- Wiesbaden über Heilerziehungsheime für psychopathische Kinder. Die Teilnehmer der Tagung vereinigten sich hierauf zu einem gemückichen Beisammensein in der Bauhütte.
Stuttgart, 3. Juni. (Ehrlicher Finder gesucht.) Am 3. ds. Mts. ist einem Herrn auf dem Wege vom Postscheckamt durch die Kanzlei bis zur Königsstraße eine braunlederne Brieftasche mit Druck- knopfvrrschluß, enthaltend 4 Tausend-Markscheine, 5 Einhundert-Markscheine, verloren gegangen.
Tübingen, 39. Mai. (Strafkammer.) Der Bäckermeister PhilippBurkhardt von Neuweiler. OA Calw, wurde vom Schöffengericht Calw wegen Jagdvergehens zu 10 Mark Geldstrafe und wegen Widerstands zu 1 Tag Gefängnis verurteilt, legte aber Berufung dagegen ein. In der Hauptverhandlung ergab sich aber einwandfrei, daß Burkhardt im November v. I. und Januar d. I. seine Hunde in dem an sein Jagdgebiet angrenzenden Staatswald Hetzen ließ und er selbst sich nur etwa 30 Meter von der Grenze entfernt schußbereit aufgestellt hatte. Forftwart Münzenmaier von Neuweiler überraschte ihn dabei und forderte ihn auf. seine Hunde zurückzurufen. was er aber erst nach energischer Aufforderung und nachdem er festgenommen war, tat. Bei der Abnahme des Gewehrs sträubte er sich außerdem. Die Strafkammer verwarf die Berufung aber kostenpflichtig und hob in der Urteilsbegründung hervor, daß der Forstwart vollauf berechtigt war, Burkhardt auf seinem eigenen Jagdgebiet zu verhaften. da es nötig erschien, Burkhardt daran zu verhindern, daß er Spuren verwische. Gerügt wurde aber der Forstwart insofern, als er Burkhardt sein Gewehr zurückgab und es nicht samt den Hunden beschlagnahmte. Aber auch das Schöffengericht Calw hätte die Beschlagnahme verfügen sollen.
Eßlingen, 3. Juni. Kommerzienrat Ferdinand Schreiber, der Seniorchef der Verlagsbuchhandlung und graphischen Kunstanstalt I. F. Schreiber, ist heute nacht im Alter von beinahe 79 Jahren an einem Schlaganfall verschieden. Er ist außer der Herausgabe naturgeschichtlicher Werke besonders als Verleger der seit 1889 bestehenden „Meggendorfer Blätter" bekannt geworden. Ferner ist es sein Verdienst, daß er dem Schnellpressensteindruck in Deutschland die Wege geebnet hat. UeberdieS hat er im Jahre 1868 die inzwischen zu großer Blüte gelangte „Eßlinger
Zeitung" gegründet, die er später an den jetzigen Inhaber (C. Bechtle) veräußerte.
Reutlingen, 3. Juni. Der Bezirksrat hat dem durch den GutsbesitzerOito Jäger vom Lindenhof vollzogenen Kauf der EningerWeide. hinter dem der Stuttgarter Großindustrielle Dr. Robert Bosch stehen soll, seine Zustimmung erteilt, nachdem der neue Besitzer sich vertraglich verpflichtet hat, den Durchgangsverkehr nach wie vor offen zu halten und die freien Aussichtspunkte für die Touristen zugänglich zu machen. Für das Areal von rund 300 Hektar wurden 340 000 Mk. bezahlt.
Rottweil, 4 Juni. Im nahen Dunningen ereignete sich anläßlich des verpönten, aber auf dem Lande noch sehr üblichen Tauf schieß ens ein gräßliches Unglück. Zwei junge Kameraden, etwa 18 Jahre alt, luden ein altes Vorderladergewehr mit starker Munition und hatten zu diesem Zweck das Gewehr auf dem Boden stehen. Auf roch nicht geklärte Weise ging der Schuß los und riß dem einen, der wohl den rechten Vorderarm auf der Mündung liegen hatte, diesen total ab und zerstörte ihm das linke Auge. Nach Anlegung eines Verbandes durch den Ortsarzt wurde der Verletzte in die hiesige Martin'sche Klinik übergefühlt, wo ihm durch den Augenarzt zu dem abgerissenen Arm hin auch noch das Auge ausgenommen wurde, so daß der sonst brave und fleißige junge Mensch zum elenden Krüppel geworden ist.
Schönmünzach, 3. Juni. Selbst die bekannten ältesten Leute erinnern sich nicht an ein solches Pfingsten, wie es Heuer eigentlich gegen alle Erwartungen geworden ist. Der Verkehr war kolossal, und am Pfingstfest abends waren die Hotels, Gasthöfe und Privatwohnungen hier und in der ganzen Umgebung (Raumünzach, Zwickgabel, Hinterlangenbach usw) alle vollbesetzt. Zu einer ganz besonderen Anziehungskraft für unsere Gegend scheint sich die 10 Minuten von hier entfernte Gl et sch er- mühle auszuwachsen, die ständig von Besuchern umlagert war. Soviel gestern bekannt geworden, besteht große Wahrscheinlichkeit, daß dieses seltene Naturwunder unserer Gegend für immer erhalten bleibt. Die maßgebenden Behörden des badischen Staates haben bereits Anordnung getroffen, daß die wegen des Murgwerks nötig gewordene und bereits in Angriff genommene Verlegung der Straße, bei der man dann auf die Gletschermühle gestoßen ist. noch einmal neu festgelegt und um die Gletschermühle herumgeführt wird. Man würde dies hier dankbarst begrüßen, umsomehr als diese Gletschermühle als eine der größten in Europa — in Luzern allein ist eine ähnlich große zu sehen — zu bewerten ist.
Cleebronn, 3. Juni. Die mühsame Weinbergarbeit hat nun ihren Anfang genommen. Es wird schon fleißig gespritzt. Bis jetzt stehen die Weinberge sehr schön und sie verlangen nun nach Sonne und Trockenheit, dann gibt es eine kurze, gute Blüte.
Für Weingärtner. Die Bekämpfung der Peronospora muß wieder ausgenommen werden.
Von den Obrrämtern werden die Weingärtner ermahnt. daß sie das zur Vorbeugung gegen die Blaitfall und Lederbeerenkrankheit notwendige fleißige Bespritzen der Reben trotz der schlechten Weinerträgnisse der letzten Jahre nicht unterlassen, daß sie mit dem Bespritzen möglichst bald beginnen, und dabei die Unterseiten der Nebenblätter besonders berücksichtigen sollen. Die Kaufpreise für von Gemeinden und Vereinen gemeinschaftlich bezogene Bekämpfungsmittel werden bis 16. November 1914 gestundet. Gemeinden und Vereinigungen von Weingartnern, die sich der Aufgabe einer gemeinschaftlichen lückenlosen Bekämpfung der Rebschädlinge: Peronospora, Oldium und Traubenwickler, unterziehen, können dafür mit Prämien bedacht werden.
Sus SlaSt» Bezirk uns Umgebung.
Neuenbürg, 4. Juni. Aus Freudenstadt kommt die Trauerkunde, daß daselbst im 75. Jahre seines Lebens Oberförster Fritz Bischer verschieden ist. E,n geborener Wildbader war der Verstorbene als Nachfolger seines Vaters, welcher von 1840—1874 Stadlförster in Wildbad war, in den Jahren 1874—1885 Stadlföcfter in Wildbad und kam von da ab als Waldinspektor nach Freudenstadt, dessen städt. Forst er in 37jähriger treuer Dienstleistung verwaltete, bis er vor 2 Jahren in den verdienten Ruhestand trat. Oberförster Bischer war ein würdiger Vertreter der älteren Generation unserer würlt. Forstbeamten. Wer ihn kannte — und er halte ja viele Freunde im Bezirk und in unserer Schwarzwaldgegend — den stattlichen, durch große persönliche Lienenswürdigkeit ausgezeichneten, in allen Kreisen geachteten Mann, wird ihm ein dauerndes, freundliches Andenken bewahren.
Neuenbürg, 4. Juni. Resultat der Schweinezählung am 3. Juni: 526 Stück.
§. Neuenbürg, 4. Juni. Der Bezirksobst- und Gartenbauverein will im Herbst, voraussichtlich am 20./21. September, in Neuenbürg eine Ausstellung von Erzeugnissen des Obstund Gartenbaus veranstalten. Wohl hat die nasse und kalte Witterung im Mai die gehofften reichen Erträge von Aepfeln im Tal und auf den Höhen stark vermindert, doch besteht immerhin noch Aussicht auf befriedigende Obsternten in den Hauptorten des Bezirks. Die Ausstellung soll hinsichtlich des Obstbaus die Kenntnis anbauwürdigster Sorten fördern und damit einen weiteren Schritt auf dem Wege der Beschränkung des Obstbaus auf wenige, speziell für die einzelne Gegend (Tal- oder Höhen-, feuchte oder trockene Lage) passenden Sorten darstellen. Auf Grund der gewonnenen Erfahrungen wird dann eine Neubearbeitung des „Grundblatts der empfehlenswerten Sorten für den Bezirk" erfolgen. Die Ausstellung darf nicht in erster Linie eine Schaustellung von Prunkfrüchten werden, sondern soll den Obstbau so darstellen, wie er in Wirklichkeit ist, ohne Vertuschung von unerwünschten Erscheinungen. Blumenfreunde werden schon jetzt gebeten, bei ihrer Blumenzucht darauf Bedacht zu nehmen, daß der Ausstellung auch die Dekoration
Das Kren; von Seven.
Erzählung aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe.
Von Franz Wichmann.
29^ (Nachdruck verboten.)
Er streckte wie abwehrend die Arme aus, Schaum trat vor seinen Mund, seine Stimme ging in ein grausiges Stöhnen über.
„Was will der Gräßliche hier in seinen blutigen Kleidern!"
Ein Banernbnrsche von Logen, der den Verräter erkannte, ward stutzig und blieb, während die anderen weiter stürmten, stehen, mit fragender Verwunderung aus den hageren alten Bauern blickend, dem die seltsamen Worte des Verwundeten galten.
„Wer seid Ihr? — Jesus Maria!" — unterbrach er sich plötzlich aufschreiend — „Euch Hab' ich gekannt — Ihr seid's, der tote Bnrgstallhofer!" — Er schlug in fröstelndem Grausen das Kreuz. — „Seid Ihr auferstanden, »ns zu helfen?" —
Die Negerl, denn niemand anders war es, die eben nach glücklich gelungener Flucht gegen Klausen herabsteigend, mitten in den Kampfessturm geraten und wie ein leichtes Blatt mit fort gewirbelt war, winkte ihm, zu schweigen. Die unverständlichen Worte des Welschen batten einen furchtbaren Verdacht in ihr erweckt. Noch einen Schritt näher trat sie auf ihn zu.
„Gnade — Gnade!" — heulte Giovanni, sich wie ein getretener Wurm am Boden windend, „ich will's ja gestehen — nm's Geld that ich's, nachgeschlichen bin ich Dir im Nebel, mit einem Felsstück vollbracht' ich die That, ich —" seine Stimme erstickte, ein Blntstrvm brach ans seinem Munde nnd abermals verlor er das Bewußtsein.
Die Regula hatte plötzlich den Hut vom Kops gerissen und mir unbeschreiblichem Erstaunen sah der
l Lohener Bursche ein Mädchen vor sich stehen, das — I er kannte.
„Himmel Herrgott — die Regerl vom Bnrgstallhof — und nicht der Geist ihres Vaters!"
„Ich bin's und Ihr seid mein Zeuge! Ihr habt eS gehört — Gott selbst hat gesprochen und die Wahrheit an den Tag gebracht. Hier vor unseren Füßen, in seinem Blute, liegt der Mörder meines Vaters! Wie Ihr hat 'auch er mich für den Geist des Erschlagenen gehalten. Der Sepp ist gerettet — aber helft mir, den Mörder ergreifen — noch ist Leben in ihm — nnd die Richter müssen sein Geständnis hören."
Auch dem Burschen war jetzt der furchtbare Vorgang klar geworden, er wollte der Aufforderung des Mädchens Nachkommen und den Verwundeten in das nächste Haus ziehen, da schwirrte es in der Luft — eine verirrte französische Kugel sauste daher nnd traf ihn mitten in den Kopf. Mit klaffender Stirne, blutüberströmt, brach er tot neben dem Welschen zusammen.
Ein gellender Schrei des Schreckens flog von den Lippen des Mädchens; aber ehe sie sich fassen und nach einer anderen Hilfe Umsehen konnte, befand sie sich von neuem mitten im dichtesten Getümmel schweißtriefender, keuchender, pnlvergeschwärzter Männer.
In der Mitte der Straße hatten die zurückweichenden Franzosen Halt gemacht. Es war dem Kommandanten zum Bewußtsein gekommen, daß der Verlust der Thinner- brücke ihrer aller Untergang bedeutete; um jeden Preis mußte der wichtige Uebergang wieder gewonnen werden. Auch die einzelnen Soldaten verstanden, um was es sich handelte — der Selbsterhaltungstrieb lieh ihnen den Mut der Verzweiflung. Mit gefälltem Bajonett stürzten sie sich zähneknirschend ans die allzu ungestüm vorgedrnngenen Tiroler.
Einen Augenblick schwankte die Wagschale des wütenden Kampfes, dann rollte die Woge der Bauern
im gleichen wilden Schwalle, mit dem sie vorgestürmt, nach rückwärts. Und wie zuvor schon wurde das Mädchen wiederum in die tosende Menschenffnt mit hineingerissen. Es war unmöglich, gegen den lebendigen Strom das Hans der Schwester zu erreichen, lieber den Platz nnd die Brücke hin wälzte sich die tolle Flucht. Erst am Fuße des Burghügels von Branzoll stockte die Verfolgung und Franzosen wie Tiroler nahmen ihre anfänglichen Positionen von neuem ein.
Der grauenhafte Lärm des Kampfes weckte Giovanni Baratto noch einmal ans seiner Betäubung. Entsetzensvoll suchten seine Blicke umher. Ein toter Bauer lag neben ihm. Aber das war es ja nicht, was er fürchtete. Ein gräßlicher Traum hatte ihn eben gequält. Gott sei Dank, daß es nur ein Träum, eine irre Fieberphantasie gewesen, denn der andere war ja nirgends zu sehen. Alles drängte an ihm vorüber und niemand beachtete ihn. Da begann er, auf Händen und Füßen sich vorwärts zu schieben, nach der Seite hinüber, in den Schutz der Häuser. Glücklich erreichte er den Rand der Straße und wollte sich an den steinernen Stufen eines Hauseingaugs emporrichten. Da schoß ihm ein neuer Blutstrom m der Brust herauf und brach aus seinem Munde. Die Nacht des Todes umdunkelte seine Augen nnd er verlor die Besinnung.
Vor dem ohnmächtig Niedergesunkeneu blieb ein Mann stehen, der eben um die Ecke der Gasse bog. Es war Michael Hinteregger, der von seinem nächtlichen Gange nach dem Krenzhofe zurückkehrte. Seine Mühe war umsonst gewesen, der Bauer ihm unter den Händen gestorben. Jetzt hemmte er betroffen den eiligen Schritt. War die Vision, die er im Nebelgrauen des Morgens gesehen, Wirklichkeit geworden? Im Geiste hatte er einen blutenden, zn Tode getroffenen Mann vor seinen Füßen geschaut, und vom Himmel glaubte er eine Stimme zn hören: Rette ihn, so bist du selbst gerettet! Hatte Gott dennoch sein Gebet erhört und wollte em zweites Wunder wirken? (Fortsetzung folgt.)