kirchlichen Zeremonien vor. Er hielt eine tief ergreifende Ansprache. Nachdem sodann der Liederkranz seinen langjährigen Vorstand und treuen Sangesbruder mit einem Abschiedslied geehrt, begann die Niederlegung von Kränzen mit Ansprachen. Als erster sprach Präsident v. Mosthaf, als Vertreter der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, wobei er die Verdienste des Heimgegangenen um die industrielle Entwicklung Württembergs hervorhob und namens der K. Staatsregierung einen prächtigen Lorbeerkcanz am Sarge niederlegte. Sodann folgten mit Kranzspenden und Ansprachen die Vertreter des Deutschen und des Schwäbischen Schützenbundes, sowie einer Anzahl Schützengilden des Landes, des Schwäbischen und des Schwarzwaldgau - Sängerbundes. der Beamten und Arbeiter der Gewehrfabrik, sowie der hiesigen Vereine. Es waren im ganzen 30 Ansprachen mit Kranzniederlegungen. Mit einem Gesang des Kicchenchors, dem der Verstorbene 60 Jahre lang als treuestes Mitglied angehört hatte, fand die unvergeßliche Feier ihren Abschluß. — Am Vormittag kurz nach 8 Uhr war das Zeppelinluft- schiff „Viktoria Luise" auf der Fahrt nach Baden- Baden in einer Höhe von höchstens 150 w über die Stadt gezogen. Man konnte dabei an eine Huldigung vor dem großen Erfinder im Dienste der deutschen Wehrhaftigkeit denken.
Friedrichshafen, 30. Mai. Das Delag- Luflschiff „Viktoria Luise" hat gestern hier eine bemerkenswerte Leistung vollbracht, indem es sechs Stunden lang Pasfagierfahrten unter strömendem Regen mit wiederholten Landungen unter stets schwerer Belastung, erst 8, dann 10. 13 und schließlich 14 Fahrgästen ausführte. Die „Viktoria Luise" ist heute früh 6 Uhr 20 Minuten von hier nach München aufgestiegen.
Die württernb. Laudeswasserversorgung.
Das große Werk der Landeswasferversorgung geht scheinbar in aller Ruhe seiner Vollendung entgegen. Das Ministerium des Innern hat kürzlich der Presse Gelegenheit gegeben, sich von dem großen Fortschritt der Bauarbeiten zu überzeugen. Die Tagfahrt ging von Esfingen (bei Aalen) nach dem „Osterbuch", wo der große Stollenbehälter besichtigt wurde. Die Erläuterungen gaben Ministerialrat Dr. Michel und Baurat Groß. Elfterer gab zuerst einige allgemeine Aufschlüsse, die größtenteils den Lesern schon bekannt sind.
Das ganze Werk wird mit einem Kostenaufwand von 15 Millionen Mark durch den Staat ausgeführt. Wenn in etwa 25—30 Jahren das ganze Kapital abgeschrieben sein wird, so wird der Kubikmeter Wasser den Gemeinden nur noch auf 3—4 Pfg. zu stehen kommen.
Die Bauleitung hofft, bis in der zweiten Woche des Juni — es wird in 3 Schichten Tag und Nacht gearbeitet — den Durchschlag zu vollenden. Der Stollen wird in zwei von einander getrennte Schläuche geteilt. Im romantisch gelegenen Wolfertal, ^Stunden von Oberkochen entfernt, liegt der andere Eingang des Stollens. Nachmittags^konnte man bei Mergel-
> stellen ein Bild von der Röhrenleitung gewinnen Die Röhren, teils aus Guß, teils aus Stahl, haben , eine lichte Weite von 900 mm; die Lieferanten der ^ Röhren, die noch mit Teer zubereitel werden, sind ! Thyssen und Mannesmann. Die Rohrleitung er- ! fordert einen Kostenaufwand von 10 Millionen Mk. ; Die Pumpstation befindet sich bei Niederstotzingen (15 Minuten vom Bahnhof entfernt). Hier wird auf einem Gebiet von 19 km Länge und 7 km Breite das Wasser gewonnen. Man hat 3 Gebiete für die Gewinnung des Wassers vorgesehen. Das erste Gebiet mit einer Länge von 2 km hat 49 Rohrbrunnen in je 50 Meter Abstand, das zweite Gebiet hat mehr als 50 Rohrbrunnen. Mit der ersten Fassung, die 300 Sekundenliter liefert, wird im Winter auszukommen sein, die beiden Gebiete zusammen liefern 800 Sekundenliter Wasser. Das dritte Fassungsgebiet dient ganz zur Reserve. Das Wasser wird in einem großen Pumpraum gesammelt, das Werk selbst wird durch eine Kraft von 5000 Volt betrieben. Den Strom liefern die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke und Stuttgart. Was die Beschaffenheit des Wassers betrifft, so ist es durchaus falsch, zu behaupten, das Wasser komme aus einem moorigen Grund. Es ist vielmehr völlig klar und hat eine Temperatur von 8,2 Grad, so daß man es sich nicht besser wünschen kann. Wie man hört, wird als Termin der Fertigstellung der 1. Juli 1915 vorgesehen.
Slus Staöt, Bezirk unS Umgebung.
Conweiler, 2. Juni. In der Nacht von Pfingstsonntag auf Pfingstmontag zwischen 2 und 3 Uhr wurden die Bewohner durch Feuerlärm erschreckt. In dem Doppelwohnhaus des Wilhelm Jäckll. und des Ernst Fröhlich. Schindelmachers brach Feuer aus, wodurch das ganze Anwesen bis auf den Grund niederbrannte. Brandstiftung wird vermutet.
** Pforzheim, 1. Juni. Zwischen Unterreichenbach und Grunbach wurden heute nachmittag um 4 Uhr die beiden Maschinen und der Postwagen des Zugs 922 beschädigt, wobei der Postwagen in Brand geriet und einige Postsachen versengte. Doch konnte nach einer Stunde die Fahrt fortgesetzt werden. — In Bilfingen wurde heute abend vor 8 Uhr an einigen württembergischen Personenwagen des Zugs 1235 der Jochbolzen abgerissen, sodaß 6 Wagen des Zuges stehen, blieben und mit einer Maschine gesondert hierher nachgeführt werden mußten. — Gestern abend 11 Uhr stieß, als Fahrradhändler Waibel mit seinem Auto einem Wagen ausweichen wollte, das Auto an eine Telegraphenstange, sodaß Waibel und der mitführende Friseur Bareis herausgeschleudert wurden. Waibel kam mit leichten Schürfungen davon. Bareis erlitt dagegen schwere Verletzungen am Kopf. — Heute abend gegen 7 Uhr stürzte auf der Büchenbronnerftraße die beiden von Langenbrand kommenden Goldarbeiter Friedrich Stahl und Hch. Schmutz nacheinander vom Rade. Elfterer wurde leicht, letzterer an Kopf und Rücken schwer verletzt.
Kopeken, bis zu einem Rubel, das Pfund kostet. > Die Fischerei, die nur von wenigen Unternehmern i in der geschilderten einfachen Weise betrieben wird, s wird sich nach der Vollendung der Amurbahn natürlich erst richtig entwickeln und Millionenwerte schaffen.
Württemberg.
Stuttgart; 30. Mai. Im Reichsamt des Innern in Berlin findet am 8. Juni eine Konferenz zur Vorbesprechung der Veranstaltung von Erhebungen über die Lage des kaufmännischen Mittelstandes (Kleinhandelenquete) statt, wozu Mitglieder der bürgerlichen Parteien des Reichstags, des preußischen Abgeordnetenhauses, Vertreter der Wissenschaft und Delegierte verschiedener wirtschaftlicher in Betracht kommender Jnteressenverbände eingeladen sind. Aus Württemberg wird an dieser Konferenz der Vorsitzende des Württ. Bundes für Handel und Gewerbe und des Verbandes der Rabattsparvereine in Württemberg, Kaufmann Eugen Remppis, teilnehmen.
Stuttgart. 30. Mai Die von der Ortsgruppe Stuttgart des Verbandes Deutscher Detailgeschäfte der Textilbranche veranstaltete Sonderausstellung für Mode und Ausstattung, die unter dem Protektorat der Königin steht, wird am Montag, 15 Juni, vormittags 11 Uhr. im Vorsaal des Königsbaus eröffnet. An die Eröffnungsfeier schließt sich eine Vorführung der Modenschau „Das Kostüm des letzten Jahrhunderts" an.
Stuttgart, 30. Mai. Bei den Kirschen sind die Schäden durch die Witterung, noch mehr aber durch die Raupen, so bedeutend, daß nach den Mitteilungen der Zentralvermittlungsstelle für Obstverwertung in manchen Gemeinden nur mehr der zehnte Teil des ursprünglichen Quantums verkäuflich ist. Die Erdbeerenernte scheint überall voll zu befriedigen. Wenn das Regenwetter noch weiter anhält, treten auch in dieser Obstart Verluste durch Faulen ein. Himbeeren setzen reichlich an. Stachel- und Johannisbeeren mäßig. Der Tafelobstmarkt ist für Kirschen und Erdbeeren sehr aufnahmefähig, die Anfuhren werden stets in kürzester Zeit geräumt.
Oberndorf, 1. Juni. Unter Begleitung geradezu riesiger Menschenmassen hat Oberndorf am Pfingstsonntag seinen größten Sohn und Ehrenbürger, Geheimrat Paul v. Mauser, zu Grabe geleitet. Die Leiche war in einem Palmenhain im Waffen- saate der Fabrik aufgebahrt und so der Arbeiterschaft wie den Einwohnern Gelegenheit geboten worden, dem Toten die letzte Huldigung darzubringen. Die Beisetzung erfolgte nachmittags '/-4 Uhr. Vom Fabrikhof bis zum Mauser'lchen Familienmausoleum bildete die Arbeiterschaft Spalier. In dem fast unübersehbaren Leichenzug, den eine Musikkapelle eröffnet«, waren neben dem Vertreter der Regierung, den «Abordnungen einer großen Reihe von Körperschaften, sämtliche hiesigen Vereine vollzählig vertreten. Den Ordnungsdienst hatte die Fabrikfeuerwehr übernommen. Am Mausoleum angekommen, nahm Stadlpfarrer Brinzinger unter großer Assistenz die
Das Kreuz von Zeven.
Erzählung aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe.
Von Franz Wichmann.
(Nachdruck Verbote» )
Die Franzosen, die sich trotz ihrer Minderzahl unter dem Schutz ihrer guten Waffen sicher fühlten, gingen mit finsteren Mienen, entschlossenen, trotzigen Ernst ans den bärtigen Gesichtern, auf und nieder, jeden Augenblick gewärtig, von einem der spottenden, schiebenden, johlenden Burschen, die ihnen immer dichter ans den Leib rückten, angegriffen zu werden. Aber ihre Finger krampften sich fest um die langen Gewehre und sie schienen bereit, für die erste Thätlichkeit sofort blutige Vergeltung zu üben.
So hielt sich die Situation stundenlang in der Schwebe, ohne daß ein eigentlicher Zusammenstoß erfolgte. Da beging der französische Kommandant eine verhängnisvolle Thorheit. Nachdem er an General Moreau nach Brixen Mitteilung über den beabsichtigten Aufstand gesandt und um Verstärkung gebeten, glaubte er genug zu thun, wenn er sich nach glücklicher Vereitelung des Ueberfalles einstweilen die Ortschaften merkte, ans denen die Empörer gekommen waren, um später das verdiente Strafgericht über sie ergehen zu lassen.
Es war in der ersten Morgenhelle, als er, von einer starken Eskorte begleitet, auf dem runden Platz des Weilers Frag erschien. An seiner Seite ging ein Mann mit niedergeschlagenen, zuweilen unstüt ans- lenchtenden Augen, dem die Hände gefesselt waren.
„Macht keinen Versuch, zu fliehen, Baratto", sagte der Konimandant mit verächtlichem Ton der Stimme; „ich weiß, Ihr habt uns die guten Dienste eines Verräters geleistet, und im Kriege muß sie jeder brauchen. Aber der Verräter wird dadurch nicht besser und man '"ll sich jedes Schelmenstücks von ihm versehen. Darum,
weil sich auch Euch nicht traue, Hab' ich Euch binden lassen."
„Statt mir den reichen Lohn zu geben, den Ihr mir versprochen habt", knirschte Giovanni.
„Er soll Euch nicht entgehen, aber zuvor müßt Ihr Eure Aufgabe zu Ende führen. Was nützt mir die bloße Entdeckung des Anschlags, wenn ich die Verschwörer nicht kenne. Ihr wolltet mich mit leeren Andeutungen, mit falschen Namen abspeisen. Aber Ihr kennt die Bewohner jedes Dorfes, und hier, wo sich alle znsammendrängen, sollt Ihr sie mir nennen und die Schuldigsten zeigen."
„Damit sie sich auf mich stürzen und mich zerreißen in ihrem Haß!"
„Die Eskorte ist da, um Euch zu schützen. Euch soll kein Leid geschehen."
„Wohlan, Herr", sagte Giovanni, der sah, daß ihm nichts übrig blieb, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen — „wenn Ihr mich vor der blinden Wnt dieses Volkes sichern wollt."
„Ich werde es zur Vernunft bringen. Ich will keinen neuen Kampf, ich will den Frieden, den mein Kaiser mit dem ihren geschloffen. Ihr habt es ihnen mit heiligen Eiden bekräftigt, Herr Doktor von Gasteiger", wandte er sich zu einem hinter ihm in Staatsnniform reitenden, ehrwürdigen älteren Herrn; „doch die Verblendeten glaubten selbst Euch nicht,"
„Ihr habt die edelsten Absichten, Herr Kommandant, wir wissen es", antwortete der Doktor, „und Ihr dürft der Unterstützung aller redlich Gesinnten sicher sein."
, „Nun vorwärts, Baratto, seht Euch die Leute an", rief der Kommandant, „der Mann mit dem Federhnt dort — und der neben ihm steht."
„Sie sind von Klausen — der Krämer Oberhäuser und der Wirt zum —"
Er kam nicht weiter. Ein plötzlich in nächster Nähe ausbrechender Tumult machte seine Worte unverständlich und der Anblick, der sich ihm bot, lähmte seine Zunge, I
Den Abhang von der Ruine Branzoll herab war ein bleicher, atemloser Mann gestürzt, der eine lange, nackte Stange in den Händen hielt.
„Es lebe der Kaiser! Nieder mit den falschen Verführern! Her zu mir, Männer von Latzfons!"
Hinter ihm drein drängte sich eine verwegene Schar, Messer zwischen den Zähnen, die schußbereiten Büchsen in der Hand. Jetzt riß der Mann den Janker über seiner Brust ans und zog ein breites, rot und weißes, mit Gold und Wappen verbrämtes Tuch hervor. Rasch befestigte er es an der Stange und plötzlich flatterte die Ehremahne von Latzsons über den Köpfen der erregten Menge.
Alle erkannten sie, ungestüme Begeisterung griff um sich und brausendes Rufen erscholl.
„Das ist er!"
„Die Fahne ist da!" '
„Endlich ist er gekommen!"
„Der Sieg ist unser!"
„Tod den Verrätern!"
Dann folgte eine» Augenblick ein Todesschwelgen, in dem man nur die Worte hören konnte, die zwischen Oberhäuser und dem Fahne'chräger hastig gewechselt wurden.
Der Bauernkonimandant ,var„ sobald er den lange erwarteten Nazi erkannt, auf diesen zngecilt, um ihn zur Ruhe zu mahnen. Seit er den Anschlag vereitelt sah, kam es ihm nur darauf an, einen nutzlosen Zusammenstoß zu vermeiden, der ihm selbst das Leben kosten konnte.
»In angstvoller Besorgnis an den Franzosen vorüberhastend, war sein Blick ans Giovanni gefallen, und das verhaßte Gesicht des Verräters hatte ihn nur mit nener Wut erfüllt. Als er Nazl erreichte, konnte er sich nicht enthalten, in bitterem Tone zn rufen: „Du kommst zu spät. Es ist alles entdeckt - bedanke Dich bei Deinem Bruder, dem falschen Schurken!" (Fortsetzung folgt.)