Kss StaSt» Bezirk uns Umgebung.
Pfingsten.
Pfingsten ist der Geburtstag der christlichen Kirche. Hat man ein Recht, ihn auch heute noch zu feiern? Ist nicht der schöne starke Bau, dessen Grund einst an Pfingsten gelegt worden ist. und den die Väter der Kirche vollendet haben, heute rissig geworden und durchsetzt mit verwitternden Steinen?
Man wird nicht vergessen dürfen, daß die Kirchen, die heute so mancher Kritik begegnen, Menschengebilde sind. Menschengebilde, denen wir viel zu danken haben von Jugend auf, die uns durch ihre Feiern die Höhepunkte des Lebens verschönt haben, die einen nicht gering zu wertenden Beitrag zu unserer Erziehung geleistet haben, — erst wenn die Kirchen einmal plötzlich verschwänden, würde man wohl ihre Bedeutung ganz würdigen — aber eben doch Menschengebilde, von denen wir keine Vollkommenheit erwarten dürfen. Die Kirche, deren Geburtstag das Pfingstfest feiert, ist weder die evangelisch noch die katholische, noch die methodistische, weder die orthodoxe noch die liberale noch die modernistische, sondern sie ist die unsichtbare Gemeinschaft der Männer und Frauen, in denen der Christusgeift lebendig und wirksam geworden ist. Diese unsichtbare Pfingstkirche geht hin über alle Völker und alle Konfessionen und Parteien, sie wirkt im einzelnen Menschen und im ganzen Volksleben, ihr verdankt unser deutsches Volk in Vergangenheit und Gegenwart sein bestes, seine Innerlichkeit, seinen Gewissensernst, seine Pflichttreue; in ihr haben alle die Bewegungen ihre Wurzel, welche auf eine innere Erneuerung des Volkslebens hinarbeiten. In einer Zeit gesteigerter materieller Kultur, wie es die unsere ist, in einer Zeit, da das Geld eine so große Rolle spielt, da so viele im Verdienen und Genießen untersinken, da tuts not, daß man den Geburtstag dieser unsichtbaren Kirche feiert, daß man den Menschen zuruft: Leben ist nur, wo der Geist aus der Höhe wirkt und auch ein Volk kann nur bestehen und fortschreiten, wenn es Männer und Frauen hat, die diesen Geist in sich tragen und die in der Kraft dieses Geistes durch Wort, Schrift. Tat und Vorbild am Wohl des Volkes arbeiten! Pfingsten treibt uns zu der Bitte, daß von dem Christusgeist, dem Geist der Reinheit, der Wahrheit und der Güte, immer mehr in unser Volk hereinkomme. O komme mit Brausen, heiliger Geist,
Komm Flamme, singende, rasche,
Und sprenge die Grüfte und wecke zumeist Der Lebenden Herzensasche.
Bring einen Hoffnungslenz herbei Den Herzen der Geringsten,
Und leg den verzäunten Himmel frei,
— Komm, fröhliches, seliges Pfingsten!
Soeben erschien Blatt Wildbad der neuen geologischen Spezialkarte des Königreichs Württemberg 1:25 000 nebst Erläuterungen, mit 5 Textbildern und einem geologischen Spezialkärtchen der näheren Umgebung von Wildbad, herausgegeben vom Statistischen Landesamt. Das Blatt Wildbad, ein Waldgebiet von großer Schönheit, gehört fast ausschließlich der Buntsandsteinformation an, ist ausgeprägt gegliedert durch die tief eingeschnittenen Täler der großen und kleinen Enz und Eyach; westlich greifen noch die Ausläufer des Hohlohstocks herein mit echtem Hochschwarzwaldcharakter, gegen Osten vollzieht sich dagegen mit Eintreten des oberen Buntsandfteins ein allmählicher Uebergang in die Gäulandschaft. Durch die tiefe Erosion des Groß- enztales ist noch das Grundgebirge bloßgelegt; es ist fast ausschließlich Granit. In diesem treten die Thermen zutage, denen Wildbad seinen Weltruf verdankt. Die neue geologische Aufnahme hat interessante Beziehungen dieser zu den Bilduvgsvorgänqen des Granit und der Tektonik festftellen lassen. Deshalb wurde dem Thermalgebiet noch eine besondere Darstellung im Maßstab 1:5000 zuteil, in Gestalt eines den Erläuterungen beigegebenen geologisch kolorierten Kärtchens der näheren Umgebung von Wildbad. Sehr eingehend werden in den Erläuterungen neben den geologischen auch die hydrologischen Verhältnisse behandelt; ein besonderer Abschnitt ist den Thermalquellen gewidmet, ebenso bieten die Bodenverhältnisse besonders in waldbaulicher Hinsicht und die im Gebiet häufiger auftretenden Bodenentartungen (Ortstein. Missen), deren Ursprung und Bekämpfung Veranlassung zu eingehenden Erörterungen.
** Feldrennach. Die am 17. ds. Mts. im Lammsaal dahier abgehaltene Vierzigerfeier war trotz ungünstiger Umstände (Fliegertag in Pforzheim, eine Hochzeit dahier, und besonders schlechtes Wetter) doch recht gut besucht von den 1874ern mit Anhang
aus Conweiler, Dennach, Feldrennach und Schwann und zwar durch rund „vierzig" Personen. Bald setzte eine lebhafte Unterhaltung der geschlossenen Gesellschaft ein, insbesondere durch Ansprachen, Deklamationen, poetische Ergüsse. Musik und Gesang und zeigte sich die Zähigkeit der Vierziger entschieden auch darin, daß — wie man munkelt — die ganze Corona bis über Mitternacht hinaus in gemütlicher und anstandsfröhlicher Weise beisammen blieb. Kein Wunder, denn alles harmonierte und Speisen und Getränke waren sehr gut, besonders der um Mitternacht von der Wirtin gespendete Kaffee und Kuchen mundete vorzüglich. Hienach dürfen — alles in allem genommen — die Festteilnehmer auf eine wohlgelungene Schwabenalterfeier zurückblicken. Mag sich der Wunsch erfüllen, daß wir uns in 10 Jahren wieder versammeln können und soll mit folgendem, beifällig aufgenommenen Gedicht unser Bericht schließen:
Schon lange ists in Schwaben Brauch,
Wir 74er wissen auch
Das Schwabenaller zu verstehen
Und üblich, festlich zu begehen.
Ein Rückblick uns zu sagen hat.
Daß Elternliebe früh und spat Umsorgt' des Kirchspiels 74er Kinder,
166, nicht mehr, nicht wen'ger.
Recht viele starben aber bald —
67 weniger warens halt'
Am Tag der Konfirmation,
Die fehlten bei dem Freudenton.
Und seht, von 99 im Rest
Ist manch's nicht mehr im alten Nest:
Ein Teil ist tot, der andere fort.
Nun nah und fern ihr Heimatort.
Glücksgüter war nur wen'gen beschert.
Wenn wir uns selbst auch stark vermehrt;
Des Lebens Kampf wir fechten aus Und stehen fest im Sturmgebraus,
Daß sich an uns der Spruch erneu':
Furchtlos und treu!
-t- -st
*
Der Ausblick uns die Zukunft beut.
Die weniger uns wohl erfreut:
Tribut der Erd' wir zollen müssen.
Die Totenflagge heißl's zu hissen Beim einen spät, beim andern früh.
Denn — Schonung Sensenmann kennt nie!
Hienach bleibt allen uns nur das.
Daß wir mit Ernst und auch mit Spaß Des Lebens Sorgen und Vergehen In aller Ruhe uns besehen.
Und richten uns vernünftig ein Zu tragen Mühe, Arbeit. Pein,
Auch Rechnung legen günstig ab.
Wenn uns einst bricht der Wanderstab.
Doch heute wir noch leben,
Daher auch unser Streben Viel Gründe hat für sich:
Zu freu'n uns männiglich.
Die Gegenwart stets nehmen.
Bei Schönem ja nie fehlen —
Insonderheit jedoch:
„Die 74er leben hoch!"
Calw, 29. April. Wie das C. Tagbl. hört, ist der seit vorigen Jahres von hier unter Zurücklassung bedeutender Wechselschulden verschwundene und wegen betrügerischen Bankerotts von der Staatsanwaltschaft verfolgte frühere Besitzer des Marmorwerks Teinach, Alfred Praßler, in London verhaftet worden. Die Auslieferungsverhandlungen sind im Gange.
Vom Calwer Wald, 29. Mai. Infolge der ungünstigen Witterung ist leider zu befürchten, daß die Apfelblüte, die bei uns immer noch nicht beendigt ist und sich noch bis in den Juni erstrecken wird, stark notlridet. Auch die schön abgeblühten Kirschen und Birnen werden abfallen, falls die Saft- ftockung anhält. In einigen Ortschaften, besonders Würzbach, Oberreichenbach und Jgelsloch, hat das furchtbare Gewitter am Samstag schweren Schaden gebracht. Der Roggen, der überall prachtvoll stand, wurde geworfen und geknickt, die Früchte der Beerensträucher abgeschlagen und ein Teil der Obstblüte vernichtet. Noch drei Stunden nach dem Gewitter lagen in Oberreichenbach an einzelnen Stellen die Hagelkörner so dicht, daß sich Schneeballen machen ließen. Die Auerhahnbrut, welche in den ersten Maiwochen stattfindet, hat unter der naßkalten Witterung sehr gelitten, so daß wahrscheinlich mit einer Ver
minderung des Auerhahnbestandes gerechnet werden muß. zum großen Leidwesen der Jagdpächter, denn der Pacht der Jagdbezirke mit Auerwild ist in den letzten Jahren gewaltig in die Höhe gegangen. In diesem Jahr wurden im Oberamt Calw etwa dreißig Hahnen zur Strecke gebracht, am meisten in Koll- wangen, einer der besten Hahnenjagden Württembergs, nämlich 8 Stück gegen 13 im Vorjahr.
vermSschres»
Simmersfeld, 27. Mai. Maurer Schmid hier besitzt eine Kuh. die in einem Zeitraum von 4 Jahren nicht weniger als 8 Kälber zur Welk brachte und zwar vor 4 Jahren 3, in den folgenden Jahren 2 und 1 Stück und am letzten Montag wurde der Besitzer der ausnahmsweis kleinen Kuh durch die Geburt zweier gesunder Kälber in Freude versetzt.
(A. d. T.)
Teinach, 29. Mai. Am 25. Mai gab es aus der Station Teinach ein kleines „Stiergefecht". Ein zum Schlachten bestimmter Farren wollte in seinen alten Tagen das Eisenbahnfähren nimmer anfangen, sondern wollte es machen wie die Bremer Stadtmusikanten. Da er sich seiner Wiederergreifung gewaltsam widersetzte und niemand Lust hatte, sich von dem rabiaten Tier aufspießen zu lassen, so blieb nichts anderes übrig, als es zu erschießen.
Der Familienname „Schwein" hat einem Arbeiter Bernhard Heinrich Schwein in Bad Salzuflen schon recht viele böse Stunden bereitet. In seiner Jugend wurde er mit seinem Namen gehänselt, und auch jetzt mußte er manche anzügliche Bemerkung darüber einstecken. Auf seine Bitte hat ihm jetzt der Regierungspräsident gestattet, für sich und seine Nachkommen als Familiennamen den Namen Schwanold zu führen.
Die wandernde Messerspitze im Kopfe. Ein emsländischer Schiffer erhielt vor 8 Jahren einen Messerstich in den Kopf. Dabei brach die Spitze des Messers ab und blieb in der Wunde zurück, ohne daß der Verletzte davon etwas merkte. Jetzt nach acht Jahren trat die Messerspitze am Gaumen wieder zumVorschein. Bislang hatte der Schiffer niemals Beschwerden von dem in seinem Kopf umherwandernden Messerteil verspürt. In den letzten Wochen wurde ihm das einige Zentimeter lange Stahlstück jedoch beim Sprechen und Essen hinderlich. Er ließ sich dieser Tage den Fremdkörper durch einen Arzt in Emden entfernen.
Die letzte Rückschau.
Flämmchen züngelt still im Herd —:
Blickt der Greis in lichte Fernen,
Wo ein Knabe spielt und springt. Blondgelockt, mit blauen Sternen.
Eine Flamme flackert auf —:
Jst's ihm nicht wie Wunderblühen,
Wo der Jüngling und die Maid Wie im Traum durch Auen ziehen?"
Flammen lohen himmelan.
Wollen ganz die Welt erfüllen —:
Sieht er nicht den starken Mann Seiner Sehnsucht Wünsche stillen?
Flammen sinken still zurück —:
Sieh' des Mannes Kraft verschweben, Wunsch um Wunsch und Tat um Tat Lebensmüd' zum Urquell streben.
Flämmchen zuckt noch einmal auf,'
Und es springen letzte Funken —:
Sieh', am Herd ist müd und klein Still der Greis ins Grab gesunken.
(Nachdruck verboten.) 0.6.
Literarisches.
Welch übervolles Matz von grohen Plänen und guten Vorsätzen bringt der junge Mensch in die Welt hinein, wie überreich ist die Ideenwelt der Jugend, diese Welt voll hochfliegender Entwürse, voll unbegrenzter Hoffnungen, und wie gering dagegen ist meist das, was in späteren Jahren wirklich erreicht wird. Gewih würde mancher nicht mit leeren Händen am Ende des Lebensweges stehen, wenn er unterwegs manchmal stillgestanden und umgeschaut hätte, sich gefragt, ob der betretene Weg auch der richtige, ob der Führer auch ein zuverlässiger sei. All denen, die in Scharen vorwärts drängen, ohne sich Zeit zu nehmen, Umschau und Einkehr zu halten, ruft das neu erschienene Bändchen der Tonger'schen Lebensfreude zu: „Halt! Steh' still! Durchrase nicht vergebens dies Dasein mehr! Es mahnt zu ruhigem Verweilen, zur Einkehr bei sich selbst und gibt manch beherzigungswerten Wink, der für manchen ein Zauberschlüssel zum Lebensglück werden kann (IKO Seiten klein Oktav, hübsch in Leinen geb. Mk. 1.—, Verlag von P. I. Tonger, Köln a. Rh.).
Druck und Verlag der C. Meeh'sche» Buchdruckerei des Enztälers (Inhaber G. Csonradi: in Neuenbürc.