RunSschau.
Die Unteroffizierlaufbahn. Die durch die große Militärvorlage in Angriff genommene Verstärkung des Reichsheeres wird erst mit dem 1. Oktober vollständig durchgeführt sein. Sie bringt eine solche Steigerung des Bedarfs an Unteroffizieren mit sich, daß ein empfindlicher Mangel in diesem wichtigen Dienstgrad eingetreten ist, dessen Beseitigung die Heeresverwaltung sich angelegen sein lassen muß. Sie will zu diesem Zweck das Unteroffizierkorps durch Einstellung neuer Stellen fürBerufsunter» offiziell nach Art der Deckoffiziere der Kriegsflotte als Gehaltsempfänger mit Wohnungsgeldzuschuß vermehren. Die Neuordnung ist für die außerhalb der Front stehenden Unteroffiziere bestimmt, die Schreiber bei den höhern Militärbehörden. Schirrmeister. Waffenmeister, Bezirksfeldwebel. Sie sind für den Frieden wie für den Krieg von so außerordentlicher Wichtigkeit, daß die Heeresverwaltung damit umgeht, aus diesen Stellen einen Neuen Lebensberuf zu machen anstatt nur einen Durchgangsweg zur Zioiloersorgung. Dabei ist ein Staffelgehalt bis zur Höhe von 3000 Mk. nebst Wohnungsgeld in Aussicht genommen, das sich vielleicht auch noch erhöhen lassen wird und bei dem das Ruhegehalt beim Ausscheiden aus dem Dienst nach den Grundsätzen der Offizierpensionierung zu bemessen ist. Diese Unteroffiziere sind namentlich bei einer Mobilmachung äußerst wertvoll, da sie durch ihre langjährige Beschäftigung mit Verwaltungssachen die zuverlässigste Unterstützung in persönlichen wie sachlichen Angelegenheiten bilden, wodurch die Beschleunigung der Mobilmachung aufs beste gefördert wird. Hieraus ergiebt sich weiter die Notwendigkeit, daß diese Unteroffiziere auch im Felde Verwendung finden, weshalb eine entsprechende Aenderung in dem Begriff „Felddienstfähigkeit" für sie vorzusehen sein wird. Allen diesen verschiedenen Unteroffizieren ist ein neuer Dienstgrad, sowie Uniform beizulegen Der des Feldwebelleutnants kommt nicht mehr in Frage, da er schon für andere Dienststellungen im mobilen Heer festgelegt ist; aber ein geeigneter Dienst- titel wird sich schon finden lassen.
Straßburg. 24. April. Auf dem Truppenübungsplatz Polygon wurden gestern zwei Personen dabei beobachtet, wie sie Aufnahmen von den Schießftänden machten. Sie wurden von dem Posten zurückgewiesen und versuchten nunmehr unmittelbar in der Nähe der Fliegerstation dasselbe Manöver. Der Posten rief die Wache, worauf die beiden verdächtigen Personen fest genommen wurden.
Der seit einigen Jahren auch in Baden beobachtete Geburtenrückgang hat im Jahr 1913 angehalten. Gegenüber dem Vorjahr wurden im Großherzogtum rund 2500 Kinder weniger ge
boren. Die Geburtenziffer, die in den siebziger Jahren noch 42 oder 43 betragen hat, ist im letzten Jahr auf 27 gesunken. Der Rückgang ist in sämtlichen Landesteilen und Amtsbezirken zu beobachten. Eine Ausnahme machen nur der Bezirk und die Stadt Baden.
München,19. April. Innerhalb der weiß blauen Grenzpfähle wird man demnächst am schnellsten in ganz Europa mit der Eisenbahn fahren können. Dieser Rekord ist auf folgende Weise erreicht worden. Bisher war es Vorschrift, daß ein Zug. dessen Höchstgeschwindigkeit 90 Kilometer in der Stunde betrug, diese Geschwindigkeit auch dann nicht überschreiten durfte, wenn es galt. Verspätungen einzuholen. Die Königlich Bayerische Staatseisenbahnoerwaltung hat nun durch eingehende Versuche herauZgefunden, daß bei verschiedenen Lokomotiotypen die Kesfelleiftung j erheblich mehr ausgenutzt werden könne. Nachdem i nun die von der Landesauffichtsbehörde festgesetzte ? Höchstgeschwindigkeit für Eisenbahnzüge mit Personen- i beförderung auf 110 Kilometer pro Stunde festgesetzt j ist, dürfen demnach vom 1. Mai 1914 ab verspätete, i normal belastete Eil- und Schnellzüge der Königlich i Bayerischen Staatseisenbahn > Verwaltung bei Ver- ! Wendung des neuen Schnellzugstyps 8 mit 110 Kilo- meiern pro Stunde gefahren werden. Das bedeutet gegenüber den bisherigen Fahrgeschwindigkeiten eine Rekordleistung nicht allein für Bayern und Deutschland, sondern auch für Europa.
Die Deutsche Gesellschaft für Kaufmanns- , Erholungsheime hat das unweit Baden-Baden in herrlicher Lage auf dem Kamme des Schwarzwaldes 820 in hoch gelegene Hotel Bärenstein ^ erworben. Das Haus, das auf das solideste erbaut i ist. wird mit den modernsten und hygienischsten Ein- i richtungen versehen, noch im Laufe des Monats ! Juni dem Betrieb übergeben werden. Die Gesell- ! sckaft beabsichtigt auch die möglichst baldige Erticht- ! ung eines Heimes in Württemberg und wird mit j ihrer Tätigkeit für die Aufbringung der Mittel für > dieses Heim im März beginnen. — Anm. d. Red. ! Wir möchten gleich beim heutigen Anlaß uns gestatten, es möge für die Lage des geplanten neuen Heims gleich von vornherein das Augenmerk auf unsere Schwarzwaldgegend gerichtet werden. Gerade in unserem Bezirk befinden sich eine Anzahl Punkte und Orte, die vermöge ihrer Lage besonders für ein Erholungsheim in Betracht kommen können.
Oppen au, 23. April. Bei der Zwangsversteigerung des weitbekannten, im Renchtat (badischer Schwarzwald) gelegenen Bades Antogast gab das höchste Gebot mit 240 000 Mk. der Gläubiger der zweiten Hypothek ab. Die amtliche Schätzung des Anwesens, sowie des mitoersteigerten Zubehörs beträgt 436 000 Mk. Da ein anderer Liebhaber für das prächtige und besteingerichtete Anwesen, der das
Gebot bezahlen will, nicht da ist, so beabsichtigt der Meistbietende, seine Rechte aus dem Meistgebot noch vor Erteilung des Zuschlags an die Krankenkasse Mannheim-Ludwigshafen abzutreten, die das Anwesen zu einem Erholungsheim für ihre Mitglieder einrichten will.
Maxau, 23. April. Ein immer seltener gewordener Gast in den deutschen Wäldern ist die früher häufige Wildkatze geworden; nur in den riesigen Forsten des Pfälzerwaldes, zuweilen auch im nahen Bienwald tritt sie auf. Vor kurzem wurde bei Weißenburg ein schönes Jungtier geschossen. Um die gänzliche Ausrottung des früher gefürchteten Waldräubers zu verhindern, ist jetzt auf vorläufig drei Jahre der Abschuß der echten Wildkatze untersagt worden. — Der übrige Wild stand ist bedeutend gestiegen und ist für Deutschland auf fast 19 Millionen Stück berechnet, und zwar auf 59 900 Stück Schwarzwild, 78000 Stück Dammwild, 128000 Stück Rotwild. 1326 500 Stück Rehwild, 8423 000 Hasen, 8018 000 Rebhühner und 735 000 Fasanen. Es handelt sich natürlich nur um Durchschnittsschätzungen.
Frankfurt a. M., 23. April. Ein größerer Waldbrand entstand gestern im sogenannten Kauber Loch. Eine Abteilung Pfadfinder hat den Brand durch ihr Abkochen verursacht. Bevor die Feuerwehr den Brand eindämmen konnte, standen 12 Morgen Fichtenbestand in Flammen.
New-Jork, 23. April. Die Miliz geht, wie hierher gemeldet wird, gegen die Streikenden der Jron Company in Colorado rücksichtslos vor. Frauen und Kinder wurden niedergeschossen oder kamen bei der Verbrennung des Feldlagers in scheußlichster Weise um, weil die Soldaten nicht warteten, bis sich alles gerettet hatte. Bisher sind 45 Menschen getötet und zahlreiche verletzt worden. Ebenso wird eine Anzahl noch vermißt.
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Zur Hebung des Mittelstandes. Erneut legen die Oberämter — höherer Weisung zufolge — den gewerbereicheren Gemeinden, insbesondere solchen mit größerer Arbeiterbevölkerung nahe, zur Besserung der gegenwärtigen ungünstigen Lage des Mittelstandes in Handwerk. Gewerbe und Handel die zu vergebenden Lieferungen und Arbeiten: a) soweit die für deren Ausführung notwendigen Mittel schon bewilligt sind, tunlichst bald in Angriff zu nehmen, b) soweit möglich an einheimische Bewerber unter der Bedingung zu vergeben, daß sie in eister Linie die Arbeiten durch einheimische Arbeiter ausführen lassen.
Stuttgart, 24. April. Die Ziehung der Pferdemarktlotterie begann heute vormittag auf der Stadtdirektion. Die Hauptgewinne fielen auf folgende Nummern: 40000 ^ auf 115 987, 10000
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Das Kreuz von Arven.
Erzählung aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe. Von Franz Wichmann.
2) (Nachdruck verboten.)
^ „Giovanni, mein angenommener Bruder, was weißt Du von ihm? —"
„Nicht sonderlich Gutes", entgegnete achselzuckend Oberhäuser. „Er fristet sich mühsam sein Leben, geht Mit allerlei Tand hausieren — und — die Leute reden Manches von ihm."
„Was reden sie?"
„Er soll es mit den Feinden, den Franzosen halten."
. „Ist eben ein Welscher", sagte Nazi kühl und schien Nicht geneigt, das Gespräch fortznsetzen.
„Freilich, gleiches Blut verrät einander nicht. Ich weiß, Du hast ihn nie geliebt."
„Nur so weit es die Pflicht gebot. Ich habe ihn stets als das geachtet, als was ineine Mutter ihn einst ausgenommen: ein armes welsches Soldatenkind, das am Wege gestorben wäre, wenn nicht christliche Liebe sich seiner erbarmt hätte."
„Hat es wenig verdient. Doch genug davon. Ich habe nicht Zeit, mich um seinen Haß zu kümmern."
„Ihr habt für heute etwas vor?" forschte der junge Mann.
„Für heute noch nicht", antwortete Oberhäuser, seine Wtlimne zum Flüstern dämpfend. „Aber morgen, um Mitternacht soll es losgehen."
„Der Ausstand, wirklich?"
, „Ja, ich will Dir nichts verheimlichen. Auch Du sait etwas an den Fremden zu rächen, wie wir alle: Verena." —
Nicht
Er hatte das Rechte getroffen. Nazi widersprach mehr, seine Faust ballte sich.
„Wenn ich Euch einen Dienst leisten kann —" „Wenn Du willst."
„Der Sache des Vaterlandes, von Herzen gern. Nur nicht mit dem Messer in der Hand. Ich bin immer ein Mann des Friedens gewesen und verstehe nicht, Menschen, zu töten. Aber wenn man mich sonst ans einen Posten stellen kann —"
„Ich hätte eine Sendung für Dich."
„Soll ich wieder wandern, da ich noch kaum an's Ziel gekommen bin?"
„Nur nach Deiner Heimat."
„Nach Latzfons?" fragte Nazl erschreckt. „Ich wollte den Ort nicht Wiedersehen, vor —"
„Das Mädchen ist ja nicht mehr dort", antwortete Oberhäuser lauernd. -
„Natürlich" — lachte Nazl bitter. Natürlich — dachte er — sie muß ja längst dem Verführer nach Welschland gefolgt sein.
„Zuvor muß ich Dich einweihen in unseren Plan. Wie ich schon sagte, ist es nur ein schwaches Bataillon, das Klausen besetzt hält. Sie fühlen sich sicher trotz ihrer Schwache und vernachlässigen die gewöhnlichsten Vorsichtsmaßregeln. Siehst Du dort drüben die dunkle Gestalt? Der geputzte Hahn ist ein französischer Posten, der an dem Wolkensteinschen Schloß Wache hält. Ein anderer steht an der Thinnerbrücke, um den Weiler Frag zu beobachten."
„Das ist alles?" fragte Nazl verwundert.
„Alles. Ihre Unvorsichtigkeit.besiegelt ihr Schicksal. Sie trauen uns den Mut zu einer kühnen That nicht zu. Das soll ihr Verderben werden."
„Was habt Ihr vor?" fragte Nazl, dem das Blut heißer zu wallen begann, gespannt.
„Du kannst noch fragen! Ansrotten wollen wir sie wie giftiges Unkraut. Pater Marzellus sagt, das sichere uns einen guten Platz im Himmel. Und es muß gelingen, wenn wir uns alle finden im gleichen Haß. Die Gärten der Häuser lehnen sich dicht an den Berg. Dort können unsere Leute von allen Seiten niedersteigen und unbemerkt in die Stadt gelangen. Das soll eine lustige Ueberraschuna werden. Die Wache an
der Thinnerbrücke ist im Handumdrehen still gemacht und dann der Ort unser."
„Und ist Mannschaft genug vorhanden, um den tollen Plan ansznsühren?"
„Viele sind für uns, wenige gegen uns", ent- gegnete Oberhäuser, „und noch fehlt es an einer einheitlichen Führung. Von dem Michael Hinteregger, dem Wundarzt, weiß man nicht, mir wem er es hält, denn Verwundete giebt es alleweil ans beiden Seiten. Er macht sein Geschäft und will es mit keinem verderben."
„Und der Doktor von Gasteiger?" fragte Nazl. „Ich erinnere mich, daß er in früheren Jahren für einen Verräter galt."
„Das war er auch, und wenn er zehnmal Kreis- hanptmann von Schwaz geworden ist. Aber er ist ein Feigling, der für sein Leben fürchtet. Mit ihm und seinesgleichen werden wir schon sertig." Oberhäuser rieb sich mit lächelnder Siegesgewißheit die Hände „Dort auf dem linken Eisacknfer glaubt niemand an den falschen Frieden. Seit Wochen bin ich in allen Gemeinden nmhergeganaen und habe für unsere Sache geworben. Nur die Gemeinde Latzfons hat bisher ihre Zusage verzögert und die anderen Orte wollten nicht kämpfen, wenn nicht die Ehrenfahne von Latzfons vor ihrem Hansen flattert —"
„Die Ehrenfahne!" unterbrach ihn Nazl, „als ich die Heimat verließ, wußte man nichts von einer solchen. Was ist's damit?"
„Erst vor zwei Jahren hat sie das Dorf erhalten, aus Beschluß der tirolischen Landschaft, die der Kompagnie der Gemeinde eille eigene Fahne mit dem fürstbischöflich Brixenschen und dem tirolisch-landschaft- tichen Wappen, geziert mit der großen Ehrenmedaille, verliehen. Sie war für die St. Jakobskirche zu Latzfons bestimmt, aber ans Furcht vor den Feinden hat man sie hoch ins Gebirge hinaufgeflüchtet und sie in der Kapelle zum Latzfonser Kreuz verborgen." (Forts, f.)