Stuttgart, 11. April. In der Rotebühlstraße kehrte gestern mittag ein älterer Herr in einer Wirtschaft ein und ließ sich einen Schoppen Bier reichen. Bald darauf lehnte er sich mit dem Oberkörper über den Tisch und schien eingeschlafen zu sein. Die Kellnerin wollte ihn wecken und merkte zu ihrem Schrecken, daß der Gast seinen letzten Schoppen getrunken hatte. Ein Herzschlag hatte ihm den ewigen Schlaf gebracht.
Tübingen, 11. April. Auf den 24. April war die Schwurgerichtsverhandlung gegen den Hausdiener Maier wegen des am 11. Januar an der Irma Dessauer begangenen Mords anberaumt. Nunmehr ist Maier auf Antrag seines Verteidigers in die psychiatrische Klinik geschafft worden, um ihn auf seinen Geisteszustand zu untersuchen.
Trossingen, 11. April. Viele blutarme und ! unterernährte Kinder hat die schulärztliche Untersuchung hier ergeben. In hochherziger Weise haben die Trossinger Fabrikanten aus eigener Initiative und auf Anregung des Ortsvorstehers sich verpflichtet, die Summe von 500 Mk. jährlich auszusetzen, um diesen Kindern ab 1. Mai ein Mi Ich früh stück zukommen zu lassen. Diese edle Gesinnung trägt dazu bei, in den Herzen der Kinder und der Eltern Dank und Anhänglichkeit zu erzeugen und die sozialen ^ Gegensätze zu mildern, und verdient in weiten Kreisen ! Beachtung und Nachahmung. ?
Ravensburg. 9. April. Gestern verkauften die Forstämter Baindt, Weingarten und Weißenau ca. 20 000 Fm. Nadelstammholz unter lebhafter Beteiligung badischer Händler. Das Holz war auf ca. Million veranschlagt; der Erlös betrug im Durchschnitt 117 °/o, so daß 80 000 Mk. mehr erzielt wurden. Die hohen Holzpreise, die nach den Verkäufen der oberschwäbischen Standesherrschaften im letzten Herbst ziemlich hohe werden mußten, haben alle Erwartungen übertroffen. Sowohl die badischen als auch die einheimischen Händler legten hohe Preise an, daß es fast scheinen könnte, als wäre eine neue Hochkonjunktur im Baugewerbe zu erwarten.
Freudenftadt, 11. April. Das erledigte Oberamt Freudenstadt wurde dem etatsmäßigen Assessor im Ministerium des Innern, Oberamtmann Dr. Frauer übertragen.
Freudenstadl, 12. April. In den Tannenwäldern sieht man schon seit Herbst, besonders unter starken Weißtannen, den Boden oftmals wie besät mit den fingerlangen Endtrieben der Gipselzweige. Mit dem Rechen könnte man hie und da die gesunden kräftigen Triebe sammeln, so massenhaft liegen sie umher. Im Geäst mögen dazu noch weit mehr hängen. Mancher hat sich schon besonnen über den Grund der Erscheinung, die zwar nicht neu ist, aber dieses Jahr ihres Umfanges wegen jedermann auffällt. Manche seltsamen Ursachen, wie Krankheiten usw., wurden angenommen; die Sache liegt aber recht einfach. Aus Nahrungsmangel sind die Eichhörnchen, die sich voriges Jahr keinen Vorrat an- legen konnten, da weder Bucheln, Eicheln. Nüsse, noch die Zapfen der Weißtannen geraten sind, gezwungen, mit den Knospen der Tannen vorlieb zu
Marga.
Roman von C. Crone.
66) (Nachdi-uck verboten.)
Marga nahm wieder den Sitz am Fenster ein, indem sie mich einen Sessel für Fanny dicht heranzog.
Kurz darauf trat die junge Frau ins Zimmer.
„Armes, liebes Herz", begann Fanny, „ich mache mir die biiienlen Vorwüne, das; ich diese Kopfschmerzen verursacht habe, Kann ich Tir etwa? geben, Rind?"
„Nein, ich danke Tir. Tie köstliche Luft iff alles, was ich brauche. Sieh doch dieses friedvolle Bild draußen. Sollte man denken, daß es bei solchem Prangen der Natur noch Herzen giebt, die in Kummer und Sorge schlagen?"
„Latz diese Ruhe auch auf Dich wirken, Liebling", bat Fanny besorgt. „Deine Hände glühen und die Augen glänzen wie im Fieber. Willst Du Dich nicht ganz hinlegen, bis es Zeit ist, Toilette zu machen?"
„Nein, nein, e? ist am schönsten so.- Aber Fanny, ich muß auf das Gespräch von vorhin zurückkommen. Latz doch kein Missverständnis Euch trennen. Komm ganz dicht zu mir heran, so — danke. Nun mußt Du mir iagen, welchem unseligen Geist Du diese Einflüsterungen vom Schweigen und Trennen verdankst. Von Anfang an mußt Tn es noch einmal schrittweise durchlaufen, herzlichste Fanny. Ein so erschütterndes Vorhaben kann man sich nicht genug überlegen, ehe es zu spät ist. Es ist von großem Wert, still gehegte Empfindungen ansznsprechen. Es klärt sich manches dabei. Alan sichtet den Weizen von der Spreu, die sich unvermeidlich darunter mischt."
> nehmen. Diese sitzen aber besonders kräftig an den schlissigen Trieben gegen den Gipfel. Wer die umherliegenden Triebe untersucht, wird finden, daß die Knospen nahezu alle ausgebissen sind.
Obsthoffnungen. Mancher Landwirt, der im vorigen Jahr für seinen Haushalt Obst kaufen mußte, sieht von Zeit zu Z;it seine Bäume an. ob sie Heuer mehr Ertrag versprechen. Das Aussehen verspricht mehr, denn die Apfelbäume sind durchweg voll von Fruchlknospen. Weniger ist es bei den Birnbäumen der Fall. Hier sieht man nur bei einzelnen Sorten Fruchtansatz. Falls die Blütezeit günstig wird, so ist bei Aepfeln eine gute bis sehr gute Ernte zu erwarten, dagegen bei Birnen eine geringere. Steinobst verspricht ebenfalls eine gute Ernte. Die Nußbäume wurden voriges Jahr durch die Kälte zu stark mitgenommen, so daß von ihnen kaum ein Ertrag zu erwarten ist.
aus StaSt, Bezirk uns Umgebung.
Neuenbürg. 8. April. Um die immer noch häufige Verwechslung der 3. mit der 4. Wagen- klasse im Eisenbahnverkehr zu vermeiden, werden zurzeit an den Eisenbahnwagen Emailschilder mit deutlich sichtbarer Schrift und zwar nicht wie bisher unter den Wagenfenstern, sondern etwa in Höhe des oberen Fensterrahmens angebracht, so daß auch bei einem Gedränge die nicht unmittelbar vor dem Wagen stehenden Reisenden die Wagenklaffe über die Köpfe der vornestehenden Reisenden weg ablesen können. Den Reisenden wird es nun ohne langes Hin- und Herlaufen am Zug oder Erfragen möglich sein, schon von weitem die gesuchte Wagenklasse zu erkennen.
Feldrennach. Kubier und Vollmer in Birkenfeld mag auf den Ausfall in Nr. 58 ds. Bl. noch einmal erwidert sein. Ob oder wer den Ausdruck: „Nach Birkenfeld fragen wir nichts" gebraucht hat, ist dem Einsender nicht bekannt; es darf deshalb die Wendung in Nr. 58 „bequeme Ausrede" in aller Form zurückgewiesen werden. Daß die beiden Birkenfeldsr auch hinsichtlich anderer Momente nicht genügend orientert und nicht sachlich sind, ergibt sich unschwer aus ihren „Bemerkungen". Was zunächst die Gehalte der Beamten des Gemeindeverbands Elektrizitätswerk Teinach betrifft, so sind diese im Voranschlag 1914 genau ersichtlich und wie jeder Sachkundige zugeben muß. angemessen. Hieran kann also nicht gut gespart werden, ohne den Verband direkt oder indirekt zu schädigen. Wenn die Kosten für Installationen oder gar der Strompreis ermäßigt werden könnte, so wäre das jedem Beteiligten — und zwar nicht nur denjenigen von Birkenfeld, und nicht nur den Kraftabnehmern, sondern insbesondere auch den Lichtabnehmern, unter denen die Ortsvorsteher nicht die geringsten sein dürften — ganz lieb, aber wie das zu machen wäre bei dem Umstande, daß der Jahresüberschuß mit nur 40 000 vorveranschlagt ist. bleibt ein Rätsel, das auch Kübler und Vollmer nicht lösen werden. Oder soll ein größerer oder kleinerer Abmangel auf die Gemeinden umgelegt werden? Die einzige Be
lassen wir das Gespräch, Marga, das würde Dich nur noch mehr aufrcgen, fürchte ich. Laß mich den Weg gehen, den ich gehen muß, um das zu sühnen, was ich auf mich geladen."
Die Stimme der jungen Frau klang weich und bittend, aber die Worte trugen nicht zur Beruhigung Margas bei. Sie machte eine ungeduldige Bewegung.
„Was soll ich Dir auch noch sagen, liebes Herz? Ich kann mich immer wieder nur anklagen. Von Anfang an gehörte Hannibals Liebe mir nicht. Wenn ich dennoch seine Werbung annahm, beging ich ein Unrecht, für das ich büßen muß. Meine Selbstbeherrschung versagte. Ich gab der Versuchung nach, neben demjenigen weilen zu dürfen, dessen Bild meine Seele erfüllte."
Marga faltete die Hände wie in stummem Gebet und ein verstohlener Blick streifte das Fenster.
„Weiter, Fanny, bitte weiter", bat sie eindringlich.
„Lange hoffte ich, auch das Gute, das ich gewollt, würde sich einen Weg bahnen", fuhr Fanny sinnend fort. „Ich dachte, es müsse folgerichtig die Zeit kommen, da Hannibal selbst klar sähe, cs ist nicht immer Glück oder Unglück, was wir im ersten Anprall gekränkter Gefühle dafür halten. Daß er mit Bianca glücklich geworden, noch jetzt glaube ich es nicht, ebensowenig, daß seine damalige Liebe die echte und feste gewesen. Was mich betrifft, so habe ich es in strengem Ernst gelernt, daß nicht unsere Absichten allein den Wert dessen bestimmen, was wir gewollt, sondern auch die Auffassung der daran Beteiligten und wie der Einzelne sich dazu stellt. Der einzige, für uns selbst untrügliche
merkung in Nr. 58, „ob es nötig war, dem technischen Berater Walström aus Stuttgart ein Riesenhonorar zu zahlen", mag an sich am Platze gewesen sein, aber die beiden Birkenselder hauen auch diesbezüglich insofern gründlich daneben, als zur Zeit der Verwilligung der Honorarsätze und des Vertragsabschlusses hierüber die Gemeinden des Bezirks Neuenbürg noch nicht im Verbände und daher dort nicht stimmberechtigt waren. Eine Verantwortung in dieser Sache muß daher von uns abgelehnt werden. Im übrigen hatten die zwei Vertreter von Birkenfeld Gelegenheit, in den Verbandsversammlungen ratend und tatend das Interesse des Verbandes und der Interessenten zu wahren und auszugleichen und nur in dieser Versammlung können und sollen sie ihre Fähigkeiten zeigen, nicht aber in der Zeitungspolemik. Rapp.
** Pforzheim, 13. April. Beim Metzgermeister Friedr. Sommer am Schloßberg wurde gestern während seiner Abwesenheit der Spiegelschrank erbrochen. daraus die Geldschrankschlüssel genommen und mit ihnen der Kassenschrank geöffnet, aus dem 2300 ^ in Gold und Papier gestohlen wurden. Der Verdacht der Tat ruht auf dem bei Sommer beschäftigt gewesenen, jetzt flüchtigen 18 Jahre alten Hausburschen Mart. Gust. Eklöf aus Nortelja (russische Oftseeprovinz). — Samstag abend verging sich der ledige Kellner A. Kieninger in einer Wirtschaft hier an einem 8jährigen Kind; wurde dabei ertappt und von den zur Hilfe gerufenen Gästen erst gehörig durchgebläut und dann der Polizei übergeben. Der Goldarbeiter Karl Wüst von Brötzingen, welcher 8 Tage vorher ein Kind des Silberschmieds Christ. Klittich mißbrauchte, deshalb vom Vater verfolgt, und als er erreicht wurde, nach kurzem Wortwechsel in den Unterleib gestochen wurde, liegt noch immer schwerverletzt darnieder, während Klittich selbst inzwischen wieder aus der Haft entlassen wurde.
Pforzheim, 9. April. Sein 70. Geburtstag brachte dem Reichstagsabgeordneten Albert Wittum heute morgen außerordentlich viel Beweise der Verehrung. Mehrere hundert Glückwunschbriefe und Telegramme und zahlreiche Geschenke liefen ein. Auch der Großherzog sandte ein längeres Glückwunschtelegramm, ebenso die Minister v. Dusch und Frhr. v. Bodman. sowie Ministerialdirektor Staatsrar Dr. Hübsch. Im Laufe des Vormittags kamen verschiedene Abordnungen. Die nationalliberale Landes- partei überbrachie ihm die Glückwünsche unter Ueber- reichung eines Blumenarrangements durch eine Deputation bestehend aus dem Präsidenten der Zweiten Kammer, Stadtschulrat Rohrhurst-Heidelberg. Fabrikant Göhring-Freiburg und Oberrechnungsrat Gauggel-Karlsruhe.
Lotterie. Die beliebte Stuttgarter Geld- und Pferde-Lotterie findet garantiert nächste Woche, den 24 und 25. April, statt. Es kommen 3026 Gewinne mit Mk. 100 000, dabei 3011 nur bare Geldgewinne mit Mk. 80 000, Haupttreffer Mk. 40 000, 10 000 zur Ausspielung. Bekanntlich ist dies die beste württ. Lotterie, da solche 4000 Mk. mehr für
Beurteiler unserer Haudluugen ist das Gottesgericht in der eigenen Brust, das Gewissen."
Fanny stützte den Kopf in die Hand. Ein tiefer Seelenschmerz spiegelte sich in den durchgeistigten Zügen und traumverloren sahen die lichtbraunen Augen hinaus m das schimmernde Sonnenlichi.
„Als ich die Kluft, die Hannibal und mich trennte, in ihrer ganzen Größe übersah", fuhr sie nach kurzem Zögern fort, „begann das Zagen. Ich begriff, daß sie sich nicht Überdrücken ließ, weil, nun — weil ich nicht die Persönlichkeit bin, ein krankes Gemüt zu heilen. Meine starre Kälte fügte neue Wunden hinzu und so verletzte ich täglich denjenigen, für den ich willig mein Herzblut geopfert hätte."
Margas gespannten Sinnen war es, als vernehme sie ein tiefes Aufatmen ganz in der Nähe. Mit einem zärtlichen Aufblick lehnte sie sich an Fannys Schulter, hob deren Hand, die sie umschlossen hielt, zu den Lippen empor und schloß die Augen.
„Was bleibt noch zu sagen, Marga?" begann die junge Frau wieder. „Soll ich bekennen, daß ich Sclüff- brnch gelitten? Daß ich, die mitleidig über andere lächelte, wenn sie von einer übermächtigen Liebe sprachen, mich unter ihrer gewaltigen Macht habe beugen lernen? Sie duldet keinen Spott. Sie zermalmt den leugnenden Frevler, wie ich an mir suhle. Ich bin wie jemand, der einen unermeßlichen Schatz hätte heben könne», aber in sträflicher Verblendung nicht eifrig genug nach dem Zauberwort suchte, das ihm vielleicht das Kleinod zu eigen gegeben hätte, und frage ich mich: „Weshalb nicht? muß ich mir sagen: «Weil Du dessen nicht wert warst." (Fortsetzung folgt.)