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Neuenbürg, Freitag den 27. März 1914.

72. Jahrgang.

RunSIchau.

Der Kaiser ist nach WienVenedigKorfu ab­gereist, ohne die elsaß-lothringische Statthalter­frage vorher, wie man allgemein erwartet hatte, zu lösen. Mehr oder weniger offiziell war bereits von allen Seiten der bisherige preußische und vormalige anhaltische Minister des Innern v. Dallwitz als Nachfolger des Grafen Wedel bezeichnet worden. Angeblich hat sich nur ein formeller Aufemhalts- grund für den Statthalterwechsel ergeben, tatsächlich aber sollten neue Bedenken gegen die Kandidatur Dallwitz in den Reichslanden aufgetaucht sein. Der Mann soll namentlich derheiligen Liga für das Reichsland" höchlich mißfallen, was eigentlich erst recht für ihn spricht. Eine feste Hand und ein an Zucht und Ordnung mehr als an diplomatische Manöver gewöhnter Sinn zeichnen Herrn v. Dallwitz aus. Im übrigen macht sich im Reichsland der Einfluß der neuen Regierung schon jetzt sehr an­genehm fühlbar: Staatssekretär Graf Rödern führt die Geschäfte des Landes mit besonnener Festigkeit; die Zivil- und Militärbehörden haben plötzlich wieder zusammenarbeiten gelernt und gegenüber den Wackes, die deutsche Soldaten beschimpfen oder gar angreifen, für eine schnelle Justiz gesorgt. DieWunde von Zabern" beginnt sich umso fester zu schließen, je länger diesen biederen Zeitgenossen das Warten auf die vermaledeiteSchwowe Garnison" vorkommt, von der ihre einheimischen Zirkel gar nicht wehr bei ihrem autonomen Treiben gestört werden. Der be rühmte Bürgermeister Knöpfler kann jetzt darüber Nachdenken, ob er die Interessen der Stadt durch seine jämmerliche Haltung auf dem Rathaus und im Straßburger Landtag richtig gewahrt hat.

Venedig, 25. März. König Viktor Emanuel ist um 8 Uhr 35 Min. hier eingetroffen und hat sich in den Königspalast begeben. Um 10 Uhr machte der König dem Kaiser einen Besuch auf der Hohenzollern und wurde unter Salut, dreifachem Hurra und Präsentieren der Ehrenwache empfangen. Die Begrüßung der beiden Monarchen war überaus herzlich. Sie unterhielten sich längere Zeit allein in der sogenannten Laube auf dem Achterdeck. Die Unterredung dauerte weit über eine Stunde. Um 11 Uhr verließ der König die Hohenzollern und kehrte nach dem Palais zurück. Kaiser Wilhelm, der, einem Vorschlag des Königs folgend, von einer besondern Erwiderung des Besuchs des Königs bei dem schlechten Weiter Abstand genommen hatte, be­gab sich mit Gefolge gegen 1 Uhr von der Hohen­zollern nach dem Königspalast, um dort an dem Frühstück teilzunehmen. Das Publikum brachte dem Kaiser lebhafte Huldigungen dar.

Berlin, 26. März. (Reichstag.) Am Bundes­ratstisch find die Staatssekretäre Dr. Lisco und Krätke erschienen. Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 2Vi Uhr. Zunächst werden zur Erörterung im Plenum ungeeignete Petitionen ohne Debatte erledigt. Darauf wird das Notetatgesetz in dritter Beratung endgültig angenommen. Es folgen Wahlprüfungen. Die Wahl des Abg. v. Brrderlow (kons.) (10. Königsberg) wird für gültig erklärt. Bei der Wahl des Abg. Hoesch (kons.) (2. Magdeburg) beantragt die Kommission Ungültig­keit, Abg. Graf Westarp (kons.) Gültigkeit. Die konservativen Redner Frommer, v. Veit und beson­ders Dr. Arendt klagen in leidenschaftlichen Worten über Vergewaltigung. Die liberalen und sozial­demokratischen Redner Schmidt-Meißen, Dr. Böller, Dr. Neumann Hofer, behaupten ebenso erregt, daß die Kommission ganz ordnungsgemäß zu ihrem Er­gebnis gekommen sei. Der Zentrumssprecher Stupp will die Wahl des Abgeordneten Hoesch dadurch retten, daß er meint, die Herren die den Aufruf Unterzeichneten, dürfen nicht als beeinflußt gelten, aber der nationalliberale Abgeordnete Dr. Bollert hält ihm entgegen, gerade die Unterzeichnung

könne unter dem Einfluß der Amtsvorftrher erfolgt sein. Erst nach 2*/-stündigem Redekampf kann die Abstimmung erfolgen, die auf Antrag des konservativen Grafen Westarp namentlich ist. Mit 176 gegen 149 Stimmen bei 9 Enthaltungen wird die Wahl für ungültig erklärt. Man kann nun endlich zur Beratung des Duellantrags der Duellkommission übergehen, wonach Duelle unter Umständen statt mit Festungshaft mit Gefängnis be­straft werden sollen. Staatssekretär Dr. Lisco er­klärt im Auftrag des Reichskanzlers, daß die Re­gierung mit Rücksicht aul die Vorbereitung eines neuen Strafgesetzbuchs erst später zu dieser Frage Stellung nehmen wolle. Dem Sozialdemokraten Stadthagen geht natürlich der Kommissionsantrag nicht weit genug, Hr. Gröber vom Zentrum hebt hervor, daß über die grundsätzliche Stellung des Hauses nun doch kein Zweifel mehr möglich sei. Nachdem sich noch der forrschrittl. Abg. Liesching und der Reichsparteiler Merlin sich für den Kom- missionsantrag ausgesprochen haben, wird dieser in erster und zweiter Lesung einstimmig ange­nommen, und das Haus vertagt sich darauf.

England steht vor dem Bürgerkriege. Die Homerulefrage, die den Irländern Gleichberechtigung mit den Engländern und die Selbstverwaltung ihres Landes bringen sollte, hat eine sehr ernste Gestalt angenommen. Die Unionisten suchen im Unterhause die Gelegenheit zum Sturze des Kabinetts auszunützen und wollen endlich einmal wieder die Tories statt der Whigs ans Ruder bringen. Zu diesem Zwecke ist die protestantische Bevölkerung der irischen Graf­schaft Ulster aufgehetzt worden, sich mit Waffen­gewalt dagegen zu wehren, daß das katholische Land seine eigene Regierung erhalte. Die englischen Offiziere und Soldaten verweigern den Gehorsam gegen die Regierung und liebäugeln mit den Rebellen. Es wird wohl noch zu einer sofortigen Auflösung des Parlaments und zu Neuwahlen kommen, um das Volk" zum so und so vielten mal über dieselbe Frage entscheiden" zu lassen, wenn es nicht gar vorher zu Blutvergießen und zu offenem Bürgerkriege kommt. Und das alles in dem anderen Musterlande der parlamentarischen Regierung. England und Frank­reich. das sind jetzt wahrlich zwei Musterbeispiele für die Art, wie man nicht regieren soll.

Mannheim, 25. März. In einem Hause in der Neckarau wurde zu Destillationszwecken eine mit Sprit und Kräutern gefüllte zehn Liter-Korb- flascheauf den Herd gestellt. Die Flasche explodierte und die Frau des Branntweinhändlers mir Namen Hild erlitt schwere Brandwunden an Gesicht, Hals und Armen. Durch den Luftdruck wurden die Fenster hinausgedrückt und der Sprit setzte die Küche in Brand. Dieser konnte noch von anderen Haus­bewohnern gelöscht werden.

Koblenz. 26. März. Der Pegelstand des Rheins beträgt heute abend wieder 5 Meter. Vom Oberrhein wird Steigen des Wassers gemeldet. Die Mosel ist im Oberlauf um 1 Meter gewachsen. Man befürchtet deswegen und wegen des anhaltenden Regens ein noch größeres Wachsen der beiden Flüsse, als es vor Wochen der Fall gewesen war.

Forba ch, 24. März. Die Arbeiten am Bahn- bau der Murgtalbahn von Forbach-Gausbach bis Raumünzach sind so weit vorgeschritten, daß nach einer amtlichen Mitteilung die Inbetriebnahme dieser Strecke gegen Ende des Jahres 1914 zu erwarten ist. Mit dem Bau der Bahn von Raumünzach bis zur Land es grenze bei Schönmünzach soll erst be­gonnen werden, wenn die württemb. Eisenbahn­verwaltung die Fortsetzung dieser Linie von der Landesgrenze bis Klofterreichenbach in Angriff nimmt; der Bau soll dann so eingerichtet werden, daß die ganze Strecke Raumünzach-Klosterreichenbach gleichzeitig in Betrieb genommen werden kann.

Von der bayerischen Grenze, 23. März. Der praktische Arzt Dr. Schum in Lauingen glaubte

sich durch einen neu zugezogenen Kollegen in seiner Existenz gefährdet. Das gespannte Verhältnis zwischen beiden führte vor 8 Tagen in der Wohnung eines Palienten zu einem Wortwechsel, in dessen Verlauf Dr. Schum gegen seinen Kollegen tätlich wurde. Ms die Sache bekannt und gegen Dr. Schum ein ehrengerichtliches Verfahren eingeleitet wurde, verließ er seine Wohnung nicht mehr und am Montag abend hat er seinem Leben durch einen Schuß aus dem Jagdgewehr ein Ende gemacht. Der Verlebte war 43 Jahre alt und verheiratet.

In Bad Reichenhall ertränkte in einem Anfall von religiösem Wahnsinn die 30 Jahre alte Bäuerin Achthaler ihre 3 Kinder von bis 4 Jahren und dann sich selbst in der Jauchegrube.

Madrid, 25. März. Ein tragisches Duell fand hier zwischen zwei jungen Leuten der besten Gesellschaft, einem gewissen Antonio Nereretto und Rodrigo Maretotelli, statt, die beide dasselbe Mädchen liebten. Ein Duell mit tödlichen" Waffen sollte um den Besitz des Mädchens ent­scheiden. Das Duell, das in einem verschlossenen Zimmer stattfand, wurde mit Brownings aus­getragen. Als die Schüsse ihr Ziel verfehlten, wurde der Zweikampf mit Messern fortgesetzt. Nach­barn, die später die Türe aufsprengien, fanden die beiden in ihrem Blute liegend vor. Sie wurden nach dem Krankenhaus verbracht, wo sie bald darauf ihren Verletzungen erlagen.

Württemberg.

Stuttgart, 25. März. Die Zweite Kammer beriet in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf betr. den Denkmalschutz. Abg. S p ä t h - Biberach (Z) bezeichnet? es als einen Eingriff in das Eigentums­recht der kirchlichen Gemeinden, daß die Kirche in der Denkmalspflege vom Ministerium des Innern abhängig werden soll; die in dem Gesetz enthaltene Bestimmung bezüglich der Kirchengemeinden und Stiftungen sollte gestrichen und in das Kirchen- gemeindegefetz oder in das katholische Pfarrgesetz ein­geschaltet werden. Die katholische Kirchenbehörde habe große Bedenken gegen das Gesetz Das Zentrum hätte gegen das Gesetz nichts einzuwenden, wenn man der Oberkirchenbehörde das letzte Entschließungs- recht lassen würde; würde das Ministerium als letzte Instanz beibehalten, so müsse der Staat den Kirchen den vollen Preis bei Veräußerung von Denkmälern bezahlen. Das Gesetz widerspreche dem § 30 der Veifaffungsurkunde über den Schutz des Eigentums. Eine Kontrolle der Denkmale sei ebenfalls abzulehneu. Abg. v. Gauß (V.) bestritt gegenüber dem Vor­redner, daß es sich um ein Ausnahmegesetz gegen die Kirche handle. Dies zeige schon der Umstand, daß die politischen Gemeinden in gleicher Weise be­handelt werden. Die Tatsache lasse sich nicht be­streiten, daß in den letzten zwei Jahrzehnten von der Kirche viel veräußert worden sei. Der Redner beantragte, wie dies bereits von dem Abg. v. Hieb er (N.) geschehen war, den Entwurf einer besonderen Kommission von 15 Mitgliedern zu überweisen, damit jede Partei die ihr sachverständig erscheinenden Mit­glieder in diese Kommission entsenden könne. Abg. Dr. v. Hieber (N.) bezeichnte die Haltung des Abg. Späth als unverständlich, nachdem die Ober­kirchenbehörden dem Grundgedanken des Gesetzes zu- gestimmt hätten und wies darauf hin, daß auch bei der Gemeindeordnung das Vorkaufsrecht des Staates unter Zustimmung des Zentrums festgesetzt worden sei. Der Entwurf bewege sich in der gleichen Richtung wie die Gesetzgebung in andern deutschen Bundes­staaten und auch in ausländischen Staaten. Abg. Stiefel (BK.) erklärte, daß seine Fraktion ein Ge­nehmigungsrecht des Staates für notwendig halte, andrerseits aber sollten doch Gemeinden und Stiftungen gegen pekuniäre Schädigungen geschützt werden. Abg. Dr. Lindemann (S.) vermißte einen Schutz auch, der Naturdenkmale in dem Gesetz. Kultminister