werden, war aber sonst als Vertreter von Reutlingen ganz anderer Ansicht und bekundete sein Interesse alsAnlieger" nur für das alte Schmerzenskind HönauLichtenstein, für das er Berücksichtigung be­antragte. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker goß eine starke Dosis Wasser in den Wein der bahn­lüsternen Herren u d gab den Urachern zu verstehen, daß die Fortsetzung der Ermstalbahn von Urach nach Münsingen Urach Schaden bringen könne, indem viele Touristen über Urach hinausfahren werden. Den Streitereien zwischen Urach und Reut­lingen werde am besten dadurch abgeholfen. daß die Parteien durch Zustimmung zu den auf Erwägung gehenden Ausschußanträgen die Streitaxt für einige Jahre begraben. Er müsse energisch bestreiten, daß Württemberg mit seinen Nebenbahnen in eine Sack gasse gekommen sei, denn sie würden mit Schnellzugs- geschwindigkeit erweitert. Der Abg. Kurz (S.) meinte, für Urach könne es nur von Vorteil sein, wenn der Abg. Bränchle in den Großen Generalstab komme und trat für die Adhäsionsbahn Honau Lichtenftein ein. Der Abg. Haußmann (V.) be­tonte. Rübling habe mit seinem Wunsch nach Be­rücksichtigung aller drei Bahnen ein Ei mit drei Dottern ausgebrütet und prophezeite, man werde in 20 Jahren einen Bodenseehafen besitzen, der Schiffe von der Nordsee erhalten werde. Dazu komme dann noch ein Hafen in Heilbronn und nun frage es sich, wie der Eisenbahnverkehr am zweckmäßigsten zwischen Nord und Süd geleitet werde. Ober und Unterland möglichst bequem zu verketten, sei ein hohes staatliches Interesse. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker behielt der Regierung und der Eisen bahnverwaltung das Recht und die Pflicht vor, gegebenenfalls Reichsmittel für strategisch wichtige Bahnen zu verlangen. Der Abg. Pflüger (S), der heute seine Jungfernrede hielt, bat das Haus, dafür zu sorgen, daß nicht unter allen Umständen das Projekt Oberlenningen-Ulm ausscheide.

Stuttgart. 31. Januar. In Gegenwart des Herzogs Albrecht als Vertreter des Königs, sowie zahlreicher Ehrengäste und der Mitglieder der bürger­lichen Kollegien wurde heute vormittag 11 Uhr die neue Markthalle durch Ansprachen des Erbauers. Prof. Elsässer, des Oberbürgermeister Lautenschlager und des besoldeten Gemeinderats Dr. Dollinger feierlich eingeweiht.

Stuttgart, 31. Januar. Der Stuttgarter Wirtsverein hielt unter dem Vorsitz von Gastwirt Sämann seine Generalversammlung, die von 180 Mitgliedern besucht war. Die Versammlung nahm einstimmig eine Resolution an, in der der Beschluß der hiesigen bürgerlichen Kollegien betr. weitere Er­höhung der städtischen Biersteuer für eine schwere Schädigung des Stuttgarter Braugewerbes und des Wirtestandes bezeichnet wird, da die Produzenten ihre Lasten in Form von Mietensteigerung oder Bierpreiserhöhung auf die Konsumenten abwälzen werden. Auch werde die weitere Steuerbelastung nicht ohne Einfluß auf die Qualität der Stuttgarter Biere bleiben. Die bürgerlichen Kollegien werden deshalb ersucht, d n Beschluß wieder aufzuheben. Dem von Gastwirt Bötzel gegebenen Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß das Stuttgarter Wirtsgewerbe unter der allgemeinen wirtschaftlichen Depression des letzten Jahres schwer zu leiden hatte. Bei den Neu­wahlen wurde zum 1. Vorsitzenden Heinrich Müller zumBottwartal" gewählt und dem seitherigen Vorsitzenden Sämann für seine ersprießliche Tätigkeit gedankt.

Stuttgart, 31. Jan. (Fleischabschlag.) Mit Ausnahme vom Ochsenfleisch, das nur um 3 Pfg. pro Pfund zurückgeht, haben die Metzger für sämtliche Fleischsorten vom 1. Februar an einen Preisabschlag um 5 Pfg. pro Pfund beschlossen.

Stuttgart, 31. Jan. Die verwitwete Frau Major Griesinger, sowie die in ihrem Fall Mit­angeklagten Widmann, Kölz und Niederer sind am Donnerstag aus der Untersuchungshaft ent­lassen worden.

Tübingen, 31. Jan. Das Schwurgericht hat die 40jährige Ehefrau Franziska des Müllers Emil Rind von Unter talheim von der Anklage der betrügerischen Brandstiftung fr eigesprochen. Die Frau, die ihre drei Kinder allein zu ernähren hat und in 11 jähriger Ehe von ihrem Mann noch keinen Pfennig zum Huushalt erhielt, fristet ihr Dasein vom Hausierhandel. Am IS. Dezember brach in ihrem Hause Feuer aus. Der Stall brannte aus, zwei Schweine, eine Ziege und eine Henne gingen zu Grunde. Die Frau, die Schulden zu bezahlen hatte, geriet aus mancherlei Anzeichen in den Verdacht, den Brand gelegt zu haben. Die Beweisgründe vermochten aber die Geschworenen von ihrer Schuld nicht zu überzeugen, weshalb ein Freispruch erfolgte.

Tübingen, 31. Jan. In dem benachbarten Dußlingen ist der 75jährige Oberlehrer Haug in den Ruhestand getreten und dabei mit dem Ver- dienstkceuz ausgezeichnet worden. Haug ist der älteste im Dienst befindliche evangelische Lehrer des Landes. Er steht seit 56 Jahren im Schuldienst und hat davon nahezu 40 Jahre in Dußlingen als ständiger Lehrer zugebracht.

Kusterdingen O/A. Tübingen, 1. Febr. Eine große Aufregung ist in unserem Ort entstanden, als bekannt wurde, daß das Fleisch einer an Blutver­giftung eingegangenen und geschlachteten Kuh zum größten Teil über Nacht gestohlen worden ist.

Heilbronn, 1. Februar. Die Sitzungen des Schwurgerichts Heilbronn im I. Quartal be­ginnen am Mittwoch, 4. Februar. Im Falle Wagner wird die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens noch vor Beginn der Sitzungen des Schwurgerichts ge­troffen werden.

Oberndorf, 1 Febr. Um eine größere Gleich­mäßigkeit in die Berechnungen der Bauhandwerker zu bringen, hat das Stadlbauamt eine Preisliste für die städtischen Bauarbeiten ausgestellt, die auch auf die privaten Bauarbeiten einen wohltätigen Einfluß ausüben wird.

Ulm, 31. Jan. Die Entscheidung des Bezirks- rais vom 19. Dezember, wonach die Pläne zum Stadtbad genehmigt wurden, ist vom K. Ministerium außer Wirksamkeit gesetzt worden, weil eine Bau- linie festgelegt wurde und in diesem Fall die alten Baugrenzen hätten eingehalten werden müssen. Vor­läufige Bauerlaubnis ist erteilt, so daß mit dem Bau unverzüglich begonnen werden kann.

Schorndorf, 1. Febr. (Die Dienstbolenfrage und die neue Versicherung) Auch hier fand, wie an anderen Orten, eine von etwa hundert Frauen be­suchte Versammlung statt, die sich mit der Frage einer gerechten Verteilung der durch die Versicherung der Dienstboten bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse auf Grund der neuen Reichsversicherungsordnung erhöhten Versicherungsbeiträge befaßte. Im Mittel­punkt der Veranstaltung stand ein Vortrag des Oberamtspflegers Kolb über die neuen Bestimmungen der Krankenversicherung bei Dienstboten. Daran schloß sich die Beantwortung von Fragen aus der Versammlung und die Beratung der Beitragsaufleil- ung. Nach verschiedenen abgelehnten Vermittlungs­vorschlägen einigte man sich auf eine Halbierung der gesamten Versicherungsbeträge. Der Vortrag, der nachmittags stattgefunden hatte, wurde abends für die Dienstboten wiederholt.

Beutelsbach, O.A. Schorndorf, 31. Januar. Bei der gestrigen Schultheißenwahl haben von 307 Wahlberechtigten 290 abgestimmt. Stimmen erhielten Oberamtssekretär Hajer-Cannstatt 136, Standesbeamter Keppler-Stuttgart 104 und Rat­schreiber Gottert-Crailsheim 49. Hajer ist somit gewählt.

Reutlingen, 29. Januar. Positives zur Be­kämpfung des Borgunwesens, unter dem insbesondere die Handwerker zu leiden haben, zu schaffen, wurde der Vorstand der hiesigen Handwerkskammer von der vor zwei Jahren abgehaltenen 30. Vollversammlung beauftragt. In Ausführung dieses Beschlusses wurde einGewerbliches Einzugs- und Auskunfts­amt e. G. m. b. H." gegründet, dessen Aufgabe es sein soll, Forderungen aller Art einzuziehen, geschäft­liche Auskünfte über Kreditwürdigkeit und Zahlungs­fähigkeit zu erteilen, die Einführung einer geordneten Buchführung zu fördern, Ratschläge bei geschäftlichen Schwierigkeiten zu erteilen und Vergleiche herbeizu­führen, sowie die Interessen der Mitglieder bei Zahlungseinstellungen und Konkursen ihrer Schuldner wahrzunehmen. Die Geschäftsführung wurde vorerst unentgeltlich dem Sekretär der hiesigen Handwerks­kammer übertragen.

Freudenstadt, 30. Jan. Der hiesigeGrenzer" schreibt: Stadtpfarrer Sch muck er-Gundelfingen, dessen Prognosen im vergangenen Monat nach unseren Ausschrieben im großen Ganzen Tag für Tag ein­getroffen sind, sendet uns für den 1.16. Februar folgende Vorhersage: An den ersten zwei Tagen dieses Monats ist der Himmel leicht bewölkt, Wind und Niederschläge sind gering, die Temperatur noch normal. Vom 3.-6. folgt nach Frühnebel vor­wiegend heiteres, trockenes Wetter, während gleich­zeitig die Kälte zunimmt. Vom 7. ab wechselt Sonnenschein mit leichten Niederschlägen bei schwacher Luftbewegung und mäßiger Kälte. Am 9. und 10. ist vorwiegend sonniges, trockenes Wetter in Aussicht, die Luftbewegung ist gering. Um den 11. wird vom Ozean her eine Sturmflut beginnen, die sich bald darauf auch in den südlichen Ländern Europas aus­

breiten wird. Vom 12.13. ist der Himmel vorübergehend noch heiter, Wind und Wolken nehmen aber zu. worauf im Hochland Schnee, in den tieferen Lagen Schnee und Regen zu erwarten ist. Mit dem 14. beginnt im allgemeinen Besserung, es folgt vorwiegend sonniges, trockenes Wetter, die Tempe­ratur sinkt wohl etwas unter den Nullpunkt, tags­über ist es jedoch meist heiter und trocken bei schwachem Winde.

Mühlacker, 31. Jan. Im nahen Dürrmenz hat eine Fabrikarbeiterin ihr 4 Wochen altes Kind in die Wohnung der Mutter ihres Geliebten gebracht. Sie ging dann weg. Die Großmutter packte das Kind, trug es vor die Wohnung der Mutter und legte das arme Geschöpf mit unbedecktem Kopfe bei einer Temperatur von 8 Grad Kälte auf die Straße. In halb erfrorenem Zustand wurde das Kleine von Leuten, die durch sein Wimmern aufmerksam geworden waren, aufgehoben. Eine gerichtliche Untersuchung des unnatürlichen Vorkommnisses ist eingeleitet.

Knittlingen O/A. Maulbronn, 31. Januar. Gestern nacht kurz nach 12 Uhr explodierte am Hause des Stadtvorstandes eine Bombe. Der kanonen- schußähnlichs Schlag weckte die Einwohnerschaft. Die umheiflisgenden Splitter richteten aber keinen nennens­werten Schaden an. Im Nebenhause des Exekutors Eienwein wurde eine Scheibe zertrümmert. Der Kanonenschlag" bestand aus einer ausgehöhlten Holz­rolle. die sachgemäß mit Nägeln und Holzschrauben verschlossen und mit verzinktem Eisendraht stark umwickelt war. Zur Ladung mögen Iffs2 Pfund Pulver Verwendung gefunden haben.

Ein prähistorisches Dorf bei Mergent­heim. Bei den Fundamentierungsarbeiten für die KuranstaltHohenlohe" im Herrentale bei Mergent­heim stieß man in der Tiefe von 4 Metern auf ein ganzes einstiges Dorf, das nach den Untersuch­ungen des Leiters des Landeskonservatoriums. Prof. Dr. Gößler in Stuttgart, der Bronzezeit um etwa 1800 vor Christus angehört. Es kamen die Reste von etwa 15 Hütten in Gestalt von Steinsockeln, Spitzsteinen und Herdplatten zum Vorschein. Zwischen den Hütten fand man weiterhin drei Urnengräber, bestehend aus je einer Haupturne mit Kohlenasche und Knochenreften und mehreren kleinen Nebenurnen. An Bronzefunden wurden Gewandnadeln, Armringe und ein Rasiermesser zu Tage gefördert.

Viel Schnee und Kälte. Der heurige Winter mit seinen hohen Kältegraden und Schneemassen gibt Veranlassung, einen Rückblick auf die Winter in früheren Jahrhunderten zu werfen. Der Chronist meldet: Anno 1441 sind vor und nach Weihnachten 37 Schnee aufeinander gefallen, ehe einer abging; die lagen 14 Wochen, bis sie wieder zerschmolzen. Diese Schnee waren so tief auch so kalt dabei, daß man von einem Ort zum andern nicht hat kommen können und weil auch in dieser Kälte die Mühlen eingefroren, war wegen des Mahlens ein so großer Mangel an Brot. 1443 ist abermal ein solcher kalter Winter worden und ist ein sehr tiefer Schnee gefallen, weswegen wieder alle Wasser also ge­froren. daß man mit Weinwägen darüber fahren können; und weil die Kälte und der Schnee bis zu Ende des Aprilen währte, war es ein elender Jammer mit dem Mahlen, bis es aufging. 1572 war ein so kalter Winter, daß das Wasser in den Bronnen gefroren. Zu Eßlingen, als man den 24. Februar das H. Abendmahl gehalten, gefror der Wein in dem Kelch. Anno 1612 war es in dem Winter so kalt, daß die Weinberge an dem H. Christtag er­froren; es gab vor Fastnacht zween Eisgüß und legte auch Matthiä einen tiefen Schnee. An den Pfingstfeiertägen von 1502 war an etlichen Orten eine so große Kälte, daß die Vögel tot von der Luft auf die Erde fielen. Anno 1606 in dem Anfang dieses Jahres fielen gar viele Schnee aufeinander und er war so tief, daß man von einem Ort zum andern schäuflen und Bahn machen mußte, da viele Menschen auch viele fruchtbare Bäume erfroren. Vom Jahre 1719 wird noch berichtet, daß den 22. Februar an dem Himmel eine ungemein große Helle wahrgenommen wurde und zwar aller Orten in Europa, in Italien, Engelland, Teutschland. In dem Frühling fiel darauf eine große Kälte ein, welche viel Krankheiten, insonderheit bei Kindern nach sich gezogen, so daß sehr viele dem Tode zu Teil worden.

Kus Staöt» Bez irk u ns Umgebung.

Neuenbürg, 31. Jan. Durch Verfügung des Kgl. Steuerkollegiums wurde das nicht berufsmäßige Ortssteueramt Conweiler dem mit dessen probe­weisen Versetzung beauftragten Landwirt Friedrich Klink übertragen.