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Neuenbürg, Samstag den 3. Januar 1914.

72. Jahrgang.

Politische Ischresrrmd scharr.

W.

In Oesterreich dauerten die Nationalitäten­wettkämpfe fsrt, wenn vielleicht auch nicht in so scharfer Form wie in den.vorangegangenen.Jahren; die wiederum unternommenen Versuche, einen Aus­gleich speziell zwischen den Deutschhöhmen und den Tschechen zustEde zu bringen, scheiterten abermals. In Böhmen veranlaßte die Krisis in den Finanzen dieses Kronlandes dis Einsetzung einer besonderen Verwaltungskomsrisfion. Großes Aufsehen erregten der Militärbefreiungsftandal und die Skandalaffäre Dlugosz Stopinski. Irr Ungarn fand ein Kabinelts- wechset statt, das Ministerium Lukacs trat zurück und wurde durch ein Kabinett Tissa ersetzt. Die Balkarckrisis berührte auch Ossierreich-Ungarn wegen seiner hervorragenden Interessen im europäischen r Orient wannigfach; mit Montenegro und Serbien kam es ,zu Konflikten, die indes keine ernsteren .Folgen hatten.

Italien sah zum ersten Male die Eroberung des neue« .Wahlgesetzes, welches das System der allgemeinen Wahlen einsührte; die Wahlen zur De- . putiertenkarnmer ergaben eine gwße Mehrheit Kr das Ministerium Giolitti. Das italienische Königs­paar stattete seinen Gegenbesuch am Stockholmer Höfe ab; a^f ihrer Reise nach der schwedischen Hauptstadt hatten die italienische« Majestäten in Kiel eine Zusammenkunft mit dem deutschen Kaiser- paavr. In ihrem neuen afrikanischen Kolonialbesitz hatten dir Italiener wiederholt weitere heftige Kämpfe mit den aufsäsfischen Beduincnstämmen der Cyrenaika zu bestehen.

Für England bildete das wichtigste Problem der inneren Politik im Jahre 1913 die Frage der Gewährung von Homerule oder Selbstverwaltung an Irland; nach lebhaften Verhandlungen genehmigte das Unterhaus die -betreffende Vorlage gegen die Stimmen der unionistischen Opposition. Doch steht -bereits jetzt fest, daß des konservative Oberhaus die .Homerulebill abermals ablehnen wird. In den auswärtigen Beziehungen Englands konnte speziell in dem Veshältnis zu Deutschland eine wesentliche Besserung erzielt werden. Ein wichtiger diplomatischer Akt wurde m London vollzogen, die Unterzeichnung des Präliminsrfriedensoertrages zwischen der Türkei und dem Balkanbund auf Grund der von der Lon­doner Botschafterkonferenz festgesetzten Bedingungen vom 86. Mai 4913.

In Rußland stellte das hervorragendste Er­eignis des Jahres die glanzvolle Begehung des ZOOjährigen Jubiläums des Herrscherhauses der Romanow dar; wichtigere Vorgänge in der inneren russiischen Politik kZnnen nicht gemeinsam registriert werden. An seiner auswärtigen Politik hielt Ruß­land im allgemeinen an dem Bündnis mit Frankreich und der Entente mit England fest; in den Balkan­händeln machte sich wiederholt der russische Einfluß geltend. Einen bemerkenswerten Erfolg erzielte die russische Politik im fernen Osten, durch den Abschluß des russisch-chinesischen Abkommens über die Auto­nomie der äußeren Mongolei.

Auf der Balkanhalbinsel folgte dem sieg­reichen Kriege der Balkanstaaten gegen die Türkei, durch welchen letztere den allergrößten Teil ihres europäischen Besitzes verlor, der Bruderkrieg zwischen Bulgarien einerseits, Serbien, Griechenland und Montenegro andererseits wegen der Verteilung der gemachten Beute nach. Hierbei erlitt Bulgarien unerwarteterweise eine furchtbare Niederlage, seine Truppen wurden auf allen Punkten des neuen Kriegsschauplatzes geschlagen. Infolge des energischen Eingreifens Rumäniens, das sogar seine Truppen in das bulgarische Nachbarland einmarschieren ließ, kam es zur Friedenskonferenz in Bukarest und zum Friedensschluß. durch welchen Bulgarien gezwungen wurde, seine Ansprüche auf das mazedonische Gebiet

zugunsten Griechenlands und Serbiens zum größten Teile «.ufzugeben. Außerdem mußte es Rumänien die von diesem Staate geforderte Grenzberichtigung gewähren. Die Türkei aber benutzt« den Bruderkrieg zwischen den Balkanstaaten, um Adrianopel wieder zu besetzen, das ihr auch geblieben ist. Bemerkens­werte Balkanvorgänge waren sonst noch die Ermord­ung des Königs Georg von Griechenland in Saloniki und die Thronbesteigung des Königs Konstantin, der jungtürkische Staatsstreich, und die Ermordung des Großwesirrs Mahmud Schefket Pascha und die Blockade Skutaris durch eine internationale Flotte. Schließlich wurde Montenegro zum Verzicht auf das erobene Skutari genötigt, welche Stadt seitdem bis auf weiteres von einem internationalen Truppenkorps besetzt gehalten wird. Das durch die Beschlüsse der Londoner Botschafter-Konferenz ins Leben gerufen« neue Fürstentum Albanien wird den bisherigen Prinzen Wilhelm zu Wied zu seinem ersten Herr­scher erhalten.

In Frankreich gab es einen Wechsel in der Präsidentschaft der Republik; anstelle des infolge Ablaufes seiner Amtsperiode zurückgetretenen Präsi­denten Fallisres wurde Psincarä zum Oberhaupt der Republik am 1.7. Januar gewählt. Mehrfach fanden Kabmettswechsel statt; dem wegen der Wahlreform zu Fall gekommenen Kabinett Briand folgte ein Ministerium Barthou und letzterem wiederum das jetzige Ministerium Doumergue nach. Das Gesetz über die dreijährige Dienstzeit, die Antwort Frank­reichs auf die jüngste Heeresvorlage Deutschlands,- wurde am 1?. Juli von «re». Deputierienrümmer und bald darauf vom Senat genehmigt. Mehrfach er­eigneten sich deutsch-französische Zwischenfälle, so in Nancy, Luneville und Arracourt.

Bei den übrigen europäischen Staaten seien in Kürze die folgenden wesentlichsten Jahresbegeben­heiten erwähnt: Auf belgischem Boden, in Gent, wurde eine Weltausstellung veranstaltet. In Hol­land trat das konservativ-klerikale Kabinett Heems- kork infolge des ihm ungünstigen Ergebnisses der Kammerwahlen zurück und wurde durch ein liberales Kabinett van der Linden ersetzt. Im Haag fand ein neuer Friedenskongreß statt. In Spanien folgte dem zurückgetretenen liberalen Ministerium Romanones ein konservatives Kabinett Dato nach. Mit den feindlichen Eingeborenen-Stämmen im nörd­lichsten Marokko hatten die Spanier wiederum schwere Kämpfe zu führen. In Portugal ereig­neten sich erneute monarchistische Unruhen. Was das außereuropäische Ausland anbelangt, so möge hier folgendes erwähnt sein: Der neue demokratische Präsident der Vereinigten Staaten, Wilson, trat am 4. März sein Amt an. Der Kongreß ge­nehmigte den neuen amerikanischen Zolltarif. Der Panamakanal wurde von den Amerikanern vollendet. In Mexiko dauert der blutige Bürgerkrieg noch immer fort. In China fand eine neue Revolution statt, welche aber vom Präsidenten Juanschikai kräftig niedergeschlagen wurde. Gescheitert ist das Projekt einer größeren Ausländsanleihe Chinas. InIapan kam ein neues Kabinett Uamamoto ans Staatsruder. Im Johannesburger Minenbezirk in Südafrika war ein größerer Bergarbeiterstreik; in der Kolonie Natal gab es ziemlich ernste Unruhen der indischen Arbeiter.

RunSiehau.

Vom deutschen Kaiser sind anläßlich der aus­gezeichneten hingebenden Pflege, welche dem bei den großen französischen Herbftmanövern des Jahres 1913 durch einen Automobilunfall schwerverletzten deutschen Militärattache Oberstleutnant v. Winterfeldt zuteil geworden ist, und weiter in Hinblick auf die ihm in Frankreich bekundeten lebhaften Sympathien an eine größere Anzahl französischer Persönlichkeiten Ordens- auszeichnungen und Ehrengaben verliehen worden.

Ferner hat der Kaiser für die Wohltätigkeits- anstalten in Grisolles 6000 Francs gespendet.

Aus Paris schreibt man: Die der Regierung nahestehendeRepublique" schließt einen Artikel über die Auszeichnungen des deutschen Kaisers nach Grisolles mit den Worten, daß die Tatsache für die Beziehungen beider Völker einen günstigeren Einfluß ausübe, als alle gekünstelten diplomatischen Be­mühungen. Der großherzige Entschluß des Kaisers sei ein Vorzeichen einer Entspannung zwischen Frankreich und Deutschland, der man nur Dauer wünschen könne.

Am Dienstag abend erfolgte die feierliche Ueber- führung der Leiche der Fürstin-Mutter von Hohenzollern-Sigmaringen vom Residenzschlosse in Sigmaringen nach der Erlöserkirche bei Hedingen, in deren Mausoleum die Heimgegangene Fürstin ihre letzte Ruhestätte erhält.

Die deutsche Militärmission für die Türkei hat ihre Tätigkeit begonnen. Die ihr angehörigen Generale Posseldt und Weber sind, begleitet von türkischen Offizieren, von Konstantinopel nach Tschataldscha, Dinotika und Kirkilisse zur Vornahme militärischer Inspektionen abgerrist.

Konstantinopel, 31. Dez. Zur Ergänzung der deutschen Militärmission werden im Laufe der nächsten Woche noch weitere 20 deutsche Offi­ziere eintreffen. Der Chef der deutschen Militär­mission, General Liman von Sanders, wurde vom türkischen Kriegsministerium beauftragt, den Plan zur Befestigung non Dimotica im Wiloj-l Adria- nopel auszuarbeiten. Ueber das armenische Reform­projekt wird zur Zeit noch zwischen den auswärtigen Botschaftern und der Pforte verhandelt. Es soll eine baldige Einigung bevorstehen.

Konstantinopel. 2. Jan. Der Ministerrat hat beschlossen, dem Pariser Finanzminister Perier, der der Türkei einen Vorschuß von 1000 Millionen Francs gewährte, die Erlaubnis zur Erbauung einer Bahn von Smyrna nach den Dardanellen zu erteilen.

Der englische Schatzkanzler bezeichnte den jetzigen Augenblick als den günstigsten Moment seit 20 Jahren zur Reform der Rüstungspolitik.

London, 2. Januar. Nach hier vorliegenden Meldungen über die Lage in Mexiko sind von seiten der amerikanischen Regierung 900 Kavalleristen an der Grenze zusammengezogen worden, da man stündlich den Abzug von etwa 2000 Mann mexi­kanischer Regierungstruppen auf amerikanisches Gebiet erwartet. Die letzten Truppen, über welche Huerta verfügt, werden von etwa 4000 Rebellen in Schach gehalten. Die Rebellenführer haben unter die Bevölkerung Flugschriften verteilt, in welchen erklärt wird, daß sie alle diejenigen, welche Huerta unterstützen würden, standrechtlich erschießen lassen werden.' Aus Laredo wird gemeldet: Die Insurgenten unternahmen gestern morgen einen heftigen Sturm auf Nucvo Laredo. 200 Mann von ihnen wurden niedergemacht; auch bei den Bundestruppen wurden viele getötet. Um 9 Uhr wurden die Angreifer zurückgewiesen. Die Wieder­aufnahme des Sturmes wird erwartet.

An der mexikanisch-amerikanischen Grenze hat sich wieder einmal einer der daselbst üblichen Zwischenfälle ereignet. Einer telegraphischen Meldung aus dem texanischen Grenzorte Presidio zufolge überschritten ^mehrere hundert Mann mexikanischer Bundestruppen den RioGrande und betraien das amerikanische Ufer des Flusses. Amerikanische Truppen eilten herbei, entwaffneten die Mexikaner und zwangen sie, wieder auf mexi­kanisches Gebiet zurückzugehen.

Marseille, 2. Jan. Nach Meldungen aus Korsika herrscht dort seit zwei Tagen ein furcht­barer Schneesturm. Auf der ganzen Insel ist der Verkehr und alle Bahnverbindungen unterbrochen.