Württemberg.

Stuttgart, 14. Nov. Zur Landtagsersatz­wahl in Tuttlingen bemerkt heute derBeob­achter": Die Volkspartei ist der Auffassung, daß während der Legislaturperiode auch künftig, solange sich die parteipolitische Lage nicht geändert hat, wie bei den allgemeinen Wahlen vor einem Jahr eine Bekämpfung der Liberalen untereinander zu vermeiden ist. Die Volkspartei hat sich darauf beschränkt, diese ihre politische Ansicht der Deutschen Partei milzuteilen, welche ihrerseits auf dem gleichen Standpunkt steht.

Stuttgart, 11. Nov. (Die Meldepflicht der Reservisten und Landwehrleute.) Re­servisten und Landwehrleute haben bekanntlich bei Wohnungswechsel dem zuständigen Bezirkskommando Mitteilung zu machen und sich bei einem Fortzuge nach außerhalb bei dem alten Bezirkskommando ab- und bei dem neuen anzumelden. Verstöße gegen diese Meldepflicht werden in, neuerer Zeit sehr streng bestraft, da ermittelt worden ist, daß diese Pflicht oft sehr lau behandelt wird. So hatte sich dieser Tage der Reservist Albert Riedel- Stuttgart vor dem Kriegsgericht in Breslau zu verantworten, da er es unterlassen hatte, seinem Bezirkskommando Stuttgart von seinem Fortzuge und dem Bezirkskommando Breslau von seinem Zuzuge Meldung zu erstatten. Die Unterlassung wurde alsunerlaubte Entfernung" aufgefaßt und mit einer Strafe von vier Monaten Gefäng­nis geahndet.

Stuttgart, 11. Novbr. Gegen die geplante Gründung eines Bundes enthaltsamer Turner in der Deutschen Turnerschaft wendet sich der Vor­sitzende und Aelteste der Deutschen Turnerschaft, Dr. Ferdinand Goetz, in der Deutschen Turnzeitung. Er sagt, daß wenn die Absicht des Gründens dieses Bundes auch eine ganz gute sein möge, sie doch über das Ziel hinausgehe. Sie werde zum ge­fährlichen Störenfried, weil nicht besonnene, klare Arbeit und erreichbare Ziele sie belebten, sondern der Fanatismus. Goetz richtet an die Turner die Mahnung:Arbeitet treu und mit gutem Beispiel für Mäßigkeit, bekämpft in sachlicher Weise üble Sitten, aber bleibet uns vom Halse mit der Forderung völliger Enthaltsamkeit! Ein mäßiger Genuß von geistigen Getränken, der nicht zur täglichen Gewohn­heit wird, ist und bleibt unschädlich und wird, solange der Herrgott Wein und Malz und Hopfen wachsen läßt und dem Menschen Durst gegeben hat, in frohen Stunden die Menschheit und auch die Turner zu Lust und Frohsinn anregen l Uebermaß ist in allem, besonders im Trinken, Essen, Lieben, Arbeiten, körperlichen Uebungen schädlich, sogar im Schlafen, und das Zuviel soll und muß von vernünftigen Menschen bekämpft und besonders muß der Jugend dessen Schädlichkeit eingebläut werden!"

Stuttgart, 14. Nov. Wie demBeobachter" geschrieben wird, soll der Metallarbeiterverband bei der Firma Bosch seit dem Streik so gut wie nichts mehr zu suchen haben. Es dürfen keine Zeitungen mehr verbreitet und keine Beiträge mehr eingezogen werden. Seit kurzer Zeit werden den Arbeitssuchenden Eintritts sch eine zur Unterschrift vor­gelegt, worin sich jeder verpflichtet, innerhalb drei Wochen aus dem Deutschen Metallarbeiterverband auszutreten. Der Verband habe im August 1200 Mitglieder durch Austritt verloren und bis zum Schluß des Quartals seien es rund 3000 geworden.

Stuttgart, 11. Nov. (Rechtsschutz.) Die vom Verband landw. Genossenschaften in Württem­berg eingerichtete Beratungsstelle für Rechtschutz scheint noch nicht überall genügend bekannt zu sein. Der Rechtsschutz gewährt den verbandszugehörigen Genossenschaften, sowie auch den einzelnen Mit­gliedern, gegen den geringen Jahresbeitrag von 10 pro Mitglied in allen den Einkauf landwirt­schaftlicher Bedarfsgegenstände und den Absatz der Produckte, das Genossenschafts-. Geld-, Kredit-, Hypotheken-, Steuer- und Versicherungswesen be­rührenden Fragen, soweit sie mit dem landwirtschaft­lichen Betrieb Zusammenhängen, kostenlose Rechts­auskunft. Die Gesuche um Rechtsauskunft sind schriftlich an die Beratungsstelle zu richten. Ist mündliche Beratung des Anfragenden notwendig, so wird derselbe unter Uebernahme der Kosten an einen in der Nähe seines Wohnorts ansässigen Rechts­anwalt verwiesen. Ist zur Wahrung des begrün­deten Anspruchs die Durchführung eines Prozesses erforderlich, so können auch Prozeßkosten übernommen werden. Die Inanspruchnahme der Beratungsstelle ist eine sehr lebhafte. Schon verschiedenemal wurden unter Garantieübernahme der Prozeßkosten seitens der Beratungsstelle Prozesse geführt. Welch' große Vorteile der Verband seinen Mitgliedern durch die

Beratungsstelle gibt, das zeigt der letzte Prozeßfall. Hier waren dem Nachsuchenden beim Ueberfahren einer Brücke durch das Verschieben der darüber ge­legten Prügel seine beiden Kühe ins Wasser gestürzt und dabei eine ertrunken. Der zur Unterhaltung der Brücke Verpflichtete verwies den Geschädigten mit seinen Schadenersatzansprüchen an die Haftpflicht- Versicherungsgesellschaft, welche aber jede Entschädig­ung ablehnte. Auf dieses hin wandte sich der Ge­schädigte mit seiner Angelegenheit an die Beratungs­stelle, welche unter Uebernahme der Prozeßkosten einen Rechtsanwalt mit der Durchführung des Pro­zesses beauftragte.' Der Geschädigte erhielt jetzt zu seiner vollen Zufriedenheit eine Barentschädigung von 300 auch mußten alle Prozeßkosten von der Gegenpartei getragen werden.

Ludwigsburg, 8. Nov. (Zum Dragoner- Jubiläum.) Nach den neuesten Bestimmungen wird am 6. Dezember eine Begrüßung des Kaisers durch die bürgerlichen Kollegien stattfinden und zwar am Stuttgarter Tor vormittags 10 Uhr, wenn sich der Kaiser mit dem König zu den militärischen Veran­staltungen im mittleren Schloßhofe begibt. Am Vorabend um 8 Uhr findet eine Begrüßung der schon hier eingetroffenen ehemaligen Offiziere usw. im Kasino statt. Am Haupttag vereinigen sich nach­mittags 6 Uhr die ehemaligen und jetzigen Offiziere, Sanitäts- und Veterinäroffiziere und Beamten im Kasino des Infanterie-Regiments Nr. 121 bei einem Festessen. Am 7. Dezember findet um 12.30 Uhr im Kasino ein Frühstück für die noch hier weilenden Offiziere usw. statt.

Ulm, 13. Nov. Der Kaufmann Aug. Wilhelm Karcher von Karlsruhe gab sich hier, in Blau beuren und Ehingen in Wirtschaften als Hauptlehrer von Biberach aus und brachte vor, er solle im Auf­trag von drei Lehrern für Schulklassen, die einen Ausflug unternehmen wollten, das Mittagessen be­stellen. Dabei ließ er durchblicken. daß er ver­gessen habe, beim Fortgehen ein Goldstück einzustecken. Der Andeutung, daß ihm mit einigen Mark Dar­lehen aus der Verlegenheit geholfen wäre, gaben die Wirtsleute Gehör und verhalfen dem falschen Hauptlehrer zu 20 Mk., 6 Mk. und 2 Mk. Dar­lehen. Wegen Betrugs im Rückfall wurde Karcher zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

Ravensburg, 13. Novbr. (Der gefoppte Kinderfreund.) Hier ist es zur Zeit ein Sport der lieben Jugend, abends die Hausglocken in Be­wegung zu setzen und nachher davonzulaufen. Ein ganz Kleiner suchte auch diesem Sport zu huldigen, konnte aber die Glocke nicht erreichen, bis ein des Weges kommender Herr die vergeblichen Bemühungen bemerkte und das Bürschlein aus lauter Mitleid emporhob. Als der Kleine seinen Zweck erreicht hatte, machte er sich schleunigst davon mit den Worten:Jetzt müasse mer aber schnell springe, sonscht kriaga mer de Kopf voll". Da merkte der Kinderfreund was er angestellt hatte und machte sich eben auch davon.

«US StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Neuenbürg, 13. Novbr. Einmerkwürdiger Herbst", so wird demStaatsanz." aus dem Rems­tal geschrieben: Noch in diesen Tagen treibt man das Vieh auf die Weide, und da und dort wird noch Wiesenfutter und Klee geschnitten. In den Wäldern findet man reife Heidelbeeren; auf dem vorletzten Gmünder Wochenmarkt wurden sogar solche feilgeboten. Auch reife Rod- und Himbeeren und Frühlingsblumen, wie Himmelsschlüssel, sind gar nicht selten anzutreffen. Bei Erdarbeiten werden völlig entwickelte Maikäfer ganz nahe an der Bodenober­fläche gefunden. Nun sind aber mit dem 9. Nov. starke Niederschläge eingetreten, die natürlich auch eine erhebliche Abkühlung brachten. Es regnete am Sonntag den 9. ds., dann am folgenden Dienstag und Mittwoch fast unaufhörlich Tag und Nacht, so daß auch dem Wasserstand der Flüsse, der durch das vorherige lange trockene und schöne Herbstwetter überall sehr zurückgegangen war, wieder kräftig auf­geholfen worden ist. Bei Beantwortung der Frage:Wie wird der Winter werden?" verläßt sich das Volk auf die von altersher bestehenden Sprüchlein, wie:Sitzt das Laub noch fest am Ast, kommt der Winter als böser Gast,"Wenn's Laub spät fällt, kommt starke Kält" undBlühn die Bäume im November aufs neu, dann währt der Winter bis zum Mai". Wenn es nun auf das Sprüchlein ankommt:Wenn um Martini Nebel sind, so wird der Winter meist gelind," so hätten wir, da es an diesem Martinslag (Dienstag d. 11. dieser Woche) viel Nebel und Regen gab, also keinen strengen Winter zu gewärtigen. Noch wichtiger als

der Martinstag gilt aber der Tag Skt. Elisabeth (19. Nov.); von ihm heißt es:Skt. Elisabeth sagt's an, was der Winter für ein Mann." Der neue Wettermacher, Stadipf. Schmucker, hat für die zweite Hälfte ds. Mon. wieder zeitweise heiteres Wetter vorhergesagt. Schon vom 16. ds. an (Sonntag) soll die Temperatur morgens unter den Gefrierpunkt fallen und mit dem 21. ds. soll die Kälte sich steigern, in den höheren Lagen sei Schnee zu er­warten. Auf diesen Wettersturz soll wieder starker Frost folgen, der fast ohne Unterbrechung bis zur Mitte des Dezember anhalten soll. Nun heißt es abwarten! Auf die Regentage, die wir in dieser ganzen Woche über hatten, würde man wieder eine Reihe von heiteren Tagen mit Freude begrüßen.

Neuenbürg, 12. Nov. (Noch ein Verein.) Wir kranken am Uebermaß des Vereinswesens. Es soll uns ferne liegen, einem einzelnen Verein, gleich­viel welcher Art er sei, zu nahe zu treten, wenn es auch erlaubt sein muß, über die Lebensnotwendigkeit mancher der immer zahlreicher aus dem Boden schießenden Vereine Gedanken eigener Art zu haben. Aber bedauern muß es der Volksfreund, wenn unter dem wachsenden Maß von Vereinspflichten demjenigen Verein" Abbruch geschieht, dem von Naturwegen das erste Anrecht auf herzhafte Fürsorge und Pflege gehört, der Familie. Ein mehrfacher Vereinsoorstand und begehrter Komileebeisitzer so schreibt nicht übel ein Zeilbetrachter war durch die Vielfalt seiner Vereine so in Beschlag genommen, daß ihm für die eigenen Kinder kein Abend mehr frei blieb. Da kam der stiefväterlich behandelten Hausgemeinde ein erlösender Gedanke. Die Kinder jenes Mannes beschlossen, einen Verein zu gründen und ihren Vater zum ersten Vorsitzenden zu wählen, damit er ihnen einmal in der Woche eine Vereinsstunde halte. 81 von e vors sollt's nicht wahr sein, so ist's doch jedenfalls gut erfunden.

Wann verjähren die Steuern? Bisher war aus den Rathäusern und in sonstigen Verwaltungen vielfach die Anfchauung und Praxis vorherrschend, daß Steuerreste in 30 Jahren verjähren. In einem besonderen Falle hat nun die Stadtverwaltung Heil­bronn eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts­hofes herbeigeführt, die, der Neckarzeitung zufolge, dahin lautet, daß die Steuerschulden in 3 Jahren verjähren. Die Entscheidung ist wichtig und verdient Beachtung.

** Feldrennach, 13. Nov. Nächsten Dienstag den 18. ds. Mts. findet Heuer der letzte hiesige Monatsviehmarkt statt. Zu dessen Frequentierung wird hiemit eingeladen.

Calw, 12. Nov. Auf dem heute stattgefundenen Vieh- und Schweinemarkt waren zugeffihrt: 274 Stück Milchschweine, Preis 2855 Mk. pro Paar. 98 Stück Läufer, Preis 59150 Mk. pro Paar. Wegen des Regenwetters war der Handel flau und wurde nicht alles abgesetzt. Zufuhr auf dem Viehmarkt: 313 Stück. Farren 3, Ochsen und Stiere 56, Kühe 114, Kalbeln und Jungvieh 130, Kälber 10 Stück. Verkauft wurden: Ochsen und Stiere 20 Stück, Preis 7601370 Mk. pro Paar. Kühe 55 Stück. Preis 260570 Mk. per Stück. Kalbeln und Jungvieh 75 Stück, Preis 140 bis 575 Mk. per Stück. Kälber 10 Stück, Preis 70 bis 120 Mk. per Stück.

Ettlingen, 13. Nov. Der gestrige Schweine­markt war befahren mit 153 Ferkeln und 23 Läufern. Preis der Ferkel 2030 Mk., Preis der Läufer 5565 Mk. das Paar. Der Geschäftsgang war gut.

Neuenbürg, 15.Nov. Dem heutigen Schweine­markt waren 29 Stück Milchschweine zugeführt. Für das Paar wurden 3032 ^ bezahlt. Handel flau, Käufer fehlten.

Literarisches.

Ein lieber alter Freund unserer Kiudcrwelt,

der vom Berliner Tierschutzverein herausgegebene Tier­schutzkalender, ist soeben sür das Jahr 1914 erschienen. Auch diesmal 48 Seiten stark, mit einem hübschen bunten Umschlag verziert, stellt er sich schon äußerlich dem farben­frohen Auge des Kindes als willkommene Gabe dar. Ge­mütvolle kleine, teils lustige, teils ernste Geschichten, deren Wirkung noch durch 21 Illustrationen erhöht wird, wechseln mit Gedichten und Rätseln ab. Selbst ein in Musik gesetztes Liedchen findet sich vor. Das Büchlein wirkt sittlich befruchtend und anregend aus das Kindcrherz, es erweitert und vertieft die Liebe zur Natur. Auch für Erwachsene ist manches gesagt. Sentimentalität hastet diesem Kalender nicht an. Sein billiger Preis ist nur durch die Massenauflage von 1800000 Stück möglich. Das einzelne Heft kostet im Deutsch«Oesterreichischen Postgebiet, vom Verlag, Berlin L1V. 48, Wilhelmstr. 28, zugesandt, einschl. Porto, 10 Pfg., 5 Stück kosten 35 Pfg., 10 Stück 70 Pfg., 20 Stück 1 Mk. 30 Pfg., 50 Stück 3 Mk., 100 Stück nur 5 Mk., alles einschließl. Porto. Auf je 10 Stück gibt es noch 1 Ka» lender zu.

Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des Enztälers (Inhaber G. Conradi) in Neuenbürg.