Dienstzeit abgehen, eine „kleine" Dienstprämie von 500 und den Anstellungsschein für den Unterbeamtendienst zu geben. Dadurch würde der Stand der Militäranwärter, der durchgebildeten befähigteren Unteroffiziere mit Zivilversorgungsschein, gehoben und ihre Beamtenlaufbahn beschleunigt, da der Ansturm auf die mittleren Stellen nachließe. Der Militäranwärterunterricht, zu dem jetzt auch Kurzschrift und Maschinenschreiben gehört, wird gleichzeitig erheblich ausgedehnt. Bei der Eisenbahn sind schon jetzt die Militäranwärterstellen nicht ganz gedeckt, bei der Post werden sie vermehrt; es ist also mit einem stärkeren Abgang alter Unteroffiziere und infolgedessen mit günstigen Beförderungsaussichten für Kapitulanten zu rechnen, die augenblicklich beim Militär eintreten oder zum Bleiben sich entschließen. Der Unteroffizier erhält völlig kostenlos die Vorbereitung für den mittleren Beamtendienst und überdies zu seiner Aussteuer hierfür die von 1914 ab etatsmäßig erhöhte Prämie von 1500 ^
Neuenbürg, 10. Nov. (Vom Wertzuwachssteuergesetz.) Nach dem Reichsgesetz über Aender- ungen im Finanzwesen sind die Zuwachssteuerämter befugt, mit Genehmigung der Oderbehörde von der Veranlagung und Erhebung der Zuwachssteuer insoweit abzusehen, als die Veranlagungskosten außer Verhältnis zum Ertrage stehen würden. Die Ministerien des Innern und der Finanzen haben nun die Zuwachssteuerämter (Kameralämter) allgemein ermächtigt, von der Veranlagung und Erhebung der Steuer in allen Gemeinden abzusehen, deren Anteil an der Zuwachssteuer im Rechnungsjahr 1912 weniger als 100 Mk. betragen hat. Dies kann auch in anderen Gemeinden erfolgen, wenn der Ertrag im Jahre 1912 nur infolge außerordentlicher Umstände die Höhe von 100 Mk. überschritten hat. Diese Ministerialverfügung wird vielfach fälschlich dahin ausgelegt, daß nunmehr in allen Zuwachssteuerfällen in den vorgesehenen Gemeinden die Veranlagung und Erhebung unterbleibt. Es ist dem aber nicht so. Nur für die nach dem 30. Juni 1913 eintretenden und noch nicht veranlagten Fälle der Steuerpflicht gilt diese Ermächtigung. Sämtliche Zuwachssteuerfälle, die vor dem 30. Juni angefallen sind, unterliegen der Veranlagung und zwar voll, der Reichssteueranteil mit 50"/» ist auch erst für die nach dem 30. Juni 1913 eintretenden Fälle weggefallen. Wer also vor dem 30. Juni 1913 zuwachssteuerpflichtig wurde, hat zu zahlen, wenn auch die Veranlagung erst später erfolgt und wenn der Steuerpflichtige auch in einer Gemeinde steuerpflichtige Rechtsgeschäfte gemacht hat. in der im Rechnungsjahr 1912 der Zuwachssteueranteil unter 100 Mk. geblieben ist.
Wildbad, 10. Nov. Die Erweiterungsbauten am Hotel Bellevue schreiten rasch vorwärts. Eines der Hintergebäude ist schon unter Dach und bis weit in die Nachtstunden hinein wird emsig gearbeitet, um die Fertigstellung des großen Ganzen möglichst rasch zu fördern. Auch der Neubau des Gasthofs zum „Löwen" geht rasch vorwärts. Ein kleines Heer von ArbeitÄleuten ist an den beiden Bauunternehmen
Urkraft der Kieke.
Roman von Karl Engelhardt. gOs (Nachdruck verboten.)
„Jetzt bleibst du aber lange hier, nicht wahr, Karla?" fragte Maja.
„Hier in Kranz? Ich wollte ungefähr vierzehn Tage bleiben."
„Was? Nur vierzehn Tage?" protestierte Throndh- jem. „Nein, das gibt es nicht. So bald lassen wir Sie nicht fort. Darauf machen Sie sich gefaßt."
„Jawohl, Karla," pflichtete Maja bei. «Erich hat recht. Vierzehn Tage ist viel zu wenig."
„Na, wir werden ja sehen," lachte Karla. „Aber wie ist es denn? Bei dem schönen Wetter werden wir doch nicht immer in unseren Pfählen bleiben. Ich bin auch eigentlich Kurgast."
„Nein, selbstverständlich machen wir Spaziergänge," erwiderte Erich.
„Abgemacht. Wann fangen wir an? Heute nachmittag? Oder morgen früh?"
„Ich bin mit heute nachmittag einverstanden. Und du, Maja?"
Ein Freudenschein huschte über ihr Gesicht.
„Ich soll auch mit?"
„Aber Maja," schalt Karla, „am Ende nicht. Das wäre noch schöner, dich zu Hause zu lassen. Abgesehen davon solltest du deinen Mann nie allein fortlassen, aber noch viel weniger mit mir."
„O — Karla, ich würde ihn dir ruhig anvertrauen," scherzte nun auch die junge Frau.
beschäftigt und findet in der jetzigen Jahreszeit besonders willkommenen Verdienst. Auch für viele Geschäftsleute bedeutet diese rege Bautätigkeit einen nicht zu unterschätzenden Gewinn. (W. Ehr.)
Liebenzell, 10. Novbr. Für den Dichter Hermann Kurz, der hier viel als Kurgast weilte, wird anläßlich seines 100. Geburtstages ein Denkstein errichtet werden. Es ist ein großer Felsblock, der die Inschrift tragen soll: „Dem Dichter Hermann Kurz, geboren am 30. November 1813 zum hundertsten Geburtstag".
Pforzheim, 10. Novbr. Die neue Auer- brücke ist gestern dem Verkehr sang- und klanglos übergeben worden, nachdem vorige Woche eine große Belastungsprobe erfolgreich stattgehabt hatte. Daß sich die Beleuchtungsmasten besonders geschmackvoll ausnehmen würden, kann man nicht gerade behaupten. Man hätte bei dieser Brücke, die sowieso stiefmütterlich genug behandelt ist. wohl etwas anderes erwarten dürfen. Ob der dekorative Schmuck, der noch geplant ist, an dem Gesamteindruck der Brücke viel ändern wird, fragt sich sehr. Wiewohl heute früh z. B. die Lampen auf der neuen Brücke in hellstem Licht erstrahlten, zogen es doch sehr viele Fußgänger vor, den alten Steg zu benützen, wiewohl dieser einen Umweg bedeutet und auch weniger sauber ist als die große breite Brücke mit ihren Steinplattengehsteigen. Das Publikum wird sich erst sehr langsam an diese Brücke gewöhnen müssen.
** Pforzheim, 11. Nov. Heute brannte es in unserer Nähe schon wieder. In Niefern brannten die Häuser und Scheuern des Goldarbeiters Gg. Wilh. Fischer und des Werkführers Karl Kling heute nachmittag nieder, wodurch ein Schaden von ca. 10 000 entstanden sein dürfte.
Pforzheim, 10. Nov. In dem benachbarten Dorf Eisingen brannten heute früh 1 Uhr vier Wohnhäuser und drei Scheunen nieder, dabei der dem Kirchenbaufond gehörige Gemeindesaal. Die anderen Brandgeschädigten sind Schmied Emil Karst, Landwirt Wilh. Karst, sowie Hilfsarbeiter Jakob Kautz und Zimmermann Aug. Kunzmann. Schaden ca. 70000 Es liegt Brandstiftung vor. — Als verdächtig, die letzten großen Brände in der Pforz- heimer Vorstadt Brötzingen angestiftet zu haben, wurde der in einem der betreffenden Häuser wohnhaft gewesene verheiratete Schreiner Nikodemus Doll von Niederwasser verhaftet.
Langenalb, 10. Nov. Bei der am Samstag stattgefundenen Bürgermeisterwahl wurde Schmied Friedrich Dresse! mit 63 Stimmen gewählt. Alt- bürgermeifter Johann Binder erhielt 47 Stimmen, zwei Stimmen waren zersplittert. Von 117 Wahlberechtigten haben 112 abgestimmt.
Marxzelli. Albtal, 10. Nov. In einer gestern nachmittag unter dem Vorsitz des früheren Landtagsabgeordneten Gierich stattgehabten gut besuchten Versammlung im Hotel Bellevue, in der 17 Bezirksgemeinden offiziell vertreten waren, und der auch der neugewählte Landtagsabgeordnete Schöpfte beiwohnte, wurde nach dem Referat des Zeichners Tubach
„So — so? So sicher bist du seiner? Na — es ist ja auch kein Wunder! Wenn man dich kennt."
„Pfui! Wenn du zu schmeicheln anfängst, kündige ich dir die Freundschaft."
Bald darauf ging Karla. Unter frobem Lachen trennte man sich. Um drei Uhr wollte man wieder beisammen sein.
„Darf ich Sie nach Hause begleiten?" fragte Erich.
„Nein, danke. Es ist Heller Tag. Und ich bin an das Alleingehen gewöhnt. An mich wagt sich auch keiner."
Erich und Maja blickten ihr vom Fenster aus nach, wie sie den Häusern des Städtchens zuschritt. Fest und sicher, aber elastisch und federnd. Scheinbar verkörpertes Zielbewußtsein und Gesundheit.
Und als ihr Maja so nachsah, beneidete sie ihre neue Freundin um ihre Sicherheit und Bestimmtheit. Und auch ein klein wenig um die Kunst, Frohsinn und Heiterkeit um sich zu verbreiten.
Erich dachte nach, woher der Einfluß käme, den dieses junge Geschöpf, unverkennbar auf ihn ausübte. Und seine Gedanken drehten sich noch um sie und die Standrede, die sie ihm auf dem Herwege gehalten, als er plötzlich zwei weiche Arme sich um seinen Nacken schlingen fühlte und die vor Erregung bebende Stimme seines jungen Weibes hörte:
„Ich bin heute so glücklich, Erich-!"
Als sie ihn in ihrer weichen Stimmung von der Seite lang angesehen hatte, da waren ihr in plötzlicher Aufwallung alle Vorsätze geschwunden, die sie sich gefaßt. Und ihre Liebe, ihre Sehnsucht, ihr heißes Verlangen quoll in ihr über.
(Rüppurr) eine Resolution, die sich gegen die beabsichtigte Verlegung der Endstation der Albtalbahn in Karlsruhe richtet, einstimmig angenommen.
Ettlingen, 10. Novbr. Die heutige zweite Bürgermeislerwahl verlief wiederum ergebnislos. Von 82 Wahlberechtigten haben 63 abgestimmt; von den abgegebenen Stimmen entfielen 32 auf Finanz- assessor Flügner, auf Gemeinderat Trautmann 25 und auf Aktuar Frank 1 Stimme. Ungültig waren 5 der abgegebenen Stimmzettel. Da die absolute Mehrheit, 42 Stimmen, keiner der Kandidaten auf sich vereinigen konnte, ist die Wahl ergebnislos und Ettlingen erhält einen Bürgermeister von Staatswegen.
vermischtes.
Die schmuggelnde „Krankenschwester." Aus Feldkirch wird der „Neuen Zürcher Zeitung" geschrieben: Während der letzten Feiertage kam in der Grenzstation Buchs mit dem Nachtschnellzug Zürich-Jnnsbruck-Wien eine Krankenschwester an, die wegen ihrer außergewöhnlichen Körperentwicklung den österreichischen Zollbeamten auffiel. Die Schwester mußte sich daher in das Zimmer begeben und wohl oder übel die Leibesvisitation über sich ergehen lassen. Dabei stellte sich heraus, daß die Schwester 1l?/s KZ Saccharin bei sich trug. Als der Zollbeamte die Saccharin-Schwester nun weinend vor sich sah. erfaßte ihn Mitleid und er ließ sie wieder laufen.
Ein humorvoller Stadtrat. Gegen den Stadtrat von Aarau, der dieser Tage sich der Feuerprobe einer Wiederwahl unterzogen hat, hatte die jklitikfrohe „Neue Aargauer Zeitung" manches auszusetzen, wobei sich die Kritikerin kein Blatt vor den Mund nahm. Der Stadtrat nahm sich die herbe Kritik sehr zu Herzen, was man aus dem Bulletin der Gemeinderatsverhandlungen entnehmen kann, wo wörtlich zu lesen steht: „Zu Nutz und Frommen späterer Generationen wird zu den Akten genommen die Nr. 257 der „N. Aarg. Ztg." vom 23. Oktober 1913, worin unter dem Titel „Zu den Aarauer Stadtrratswahlen" ausgeführt wird, daß der Gemeinderat der Amtsperiode 1910—1913 nichts, aber auch gar nichts recht gemacht, vieles, was er hätte machen sollen, unterlassen, und stets nur auf der Bärenhaut gelegen hat."
Eine schlagfertige Antwort. In den „Signalen für die musikalische Welt" lesen wir folgendes nette Geschichtchen: Der Dirigent eines gemischten Chores, von dem behauptet wird, daß er seine außerordentlichen Erfolge zum Teil der einzigartigen Grobheit verdankt, mit der er die Mitglieder behandelt, überließ den Stab während gelegentlicher Abwesenheit einem ehrgeizigen jungen Assistenten. Der aber nahm sich vor, dem Meister zum wenigsten im Punkte der Grobheit gleichzukommen. Als nun bei der ersten Probe ein wertvolles Mitglied des Tenors, ein angesehener Kaufmann, sich gestattete, eine Vierlelstunde später anzutreten, meinte der junge Dirigent ironisch: „Ihre Uhr geht wohl nach?" Mit der größten Gelassenheit erwiderte der Kaufmann und Tenor: „Nein, aber mein Geschäft geht vor."
Als er ihre feuchtglänzenden Augen zu ihm emporschimmern sah, da beugte ihn eine unwiderstehliche Macht nieder zu ihr. Und er drückte seinen Mund aus ihre sehnend entgegenstrebenden Lippen.
Mitten in dieser Zärtlichkeit aber faßte es ihn plötzlich wie Kälte an. Er besann sich wieder auf all das, was in den letzten Wochen in ihm vorgegangen war. Er erinnerte sich aufs neue an seine eingebildete Unfähigkeit, in dieser Liebe, die Maja durchglühte, auszugehen. Und seine Zärtlichkeit kam ihm fast wie ein Unrecht vor.
Impulsiv und daher rauher als er gewollt, schob er Maja zurück. Daß sie ganz erschreckt, mit großen Augen zu ihm aufsah.
„O — Erich —?" stammelte sie, während sich ihr Blick verschleierte.
„Ich will vor dem Mittagessen noch schnell einen Brief schreiben. Entschuldige, Maja!"
Und er ging in sein Zimmer.
Da liefen ihr langsam zwei dicke Tränen über die Wangen. Ihre Glücksstimmuug war verschwunden. Sie fühlte nicht mehr den Sonueuschein, der in das Zimmer strömte.-
VII.
Punkt drei Uhr trat Karla ein. Erich und Maja erwarteten sie bereits zum NuZgchen gerüstet. Und die kleine Gruppe machte sich auf den Weg.
Erichs Verstimmung, die er noch während des Mittagessens gezeigt, schien anhalten zu wollen. So heiter und vergnügt er sich beim Frühstück gezeigt, so wortkarg und ernst war er jetzt. (Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des EnztälerS (Inhaber G. Conradi) in Neuenbürg.