Versammlung des Bundes der Landwirte, die in Rietheim stattfand, hat die Kandidatur dem dortigen Schultheißen Marquardt angeboten, der sie voraussichtlich annehmen wird.

Geislingen a. St., 10. Nov. Bei den Aus­schußwahlen zur Bezirkskrankenkasse er­hielten die christlich Nationalen 1113 und die Freien Gewerkschaften 732 Stimmen.

Kuchen a. Fils, 10. Nov. Unter allgemeiner Beteiligung der Einwohnerschaft feierten heute Tobias Goll und seine Frau Marie, geb. Gunzenhauser, das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Das Jubelpaar ist noch körperlich und geistig rüstig.

Nürtingen, 10. Nov. Eine ungeheuerliche Tat verübten einige Rohlinge. Angehörige des sozial­demokratischen Textilarbeiterverbandes, bei der Firma Schmid, Spinnerei in Nürtingen. Der Fäcbermeister Goller trat von dem genannten Verbände in den Hirsch-Dunckerschen Gewerkoerein der Textilarbeiter mit noch einem seiner Kollegen über. Dadurch setzten sie sich mit ihren Familienangehörigen einer öffent­lichen Belästigung selbst auf der Straße usw. aus. die mit einem Ueberfall am Morgen des 3. Nov. auf Goller in der Fabrik endete. Die Rohlinge schlugen auf Goller mit irgendwelchen Gegenständen ein, daß er bewußtlos vom Platze getragen werden mußte. Kopf und Hände, sowie der ganze Körper waren mit blauen, blutunterlaufenen Stellen bedeckt, sodaß der Verletzte sich in ärztliche Behandlung be­geben mußte. Durch den Hirsch-Dunckerschen Ge­werkoerein wurde an die Kgl. Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. Man kann es keinem Arbeiter verdenken, wenn er sich der Gesellschaft solcher Kollegen entzieht und den Vereinigungen, in denen solche Leute die Macht haben, den Rücken kehrt. Bei den Ausschußwahlen zur Ortskrankenkasse ist diese Stimmung fast überall sehr deutlich zum Aus­druck gekommen.

Plochingen, 6. Nov. Einen mit dem Fall Wagner zusammenhängenden verwerflichen Unfug trieb hier ein Unbekannter. Zuerst in einer Wirt­schaft und bald darauf im ganzen Ort trat das Gerücht auf. daß das Schuliheißenamt durch einen anonymen Brief benachrichtigt worden sei. daß in der Nacht als Gegenstück zu Mühlhausen Plochingen vernichtet werden sollte. Trotz der Unglaublichkeit des Gerüchts ging es von Mund zu Mund und erregte große Unruhe. Dem Schultheißenamt war nicht das geringste von der ganzen Sache bekannt.

Lorch. 10. Nov. In der Nacht zum Sonntag ist das Doppelhaus des Fabrikarbeiters Gottfried Knödler und des Schmieds Georg Fritz in Plüder- hausen vollständig niedergebrannt. Ein 5jäh- riger Knabe des Fritz ist in den Flammen umge­kommen. Brandstiftung wird vermutet. Das Feuer brach kurz nach Mitternacht aus und verbreitete sich so rasch über das Haus, daß die übrigen Bewohner nur das nackie Leben retten konnten. Der ums Leben gekommene 5jährige Knabe schlief mit seinem 13 jährigen Bruder zusammen auf der Bühne. Der ältere Knabe gelangte durch einen Bühnenladen im letzten Augenblick ins Freie. Er war selbst schon stark betäubt, als ihn die Feuerwehr erreichte. Sein Brüderchen hatte er wohl noch aus dem Bett ge­rissen, aber nicht mehr zu retten vermocht. Wie derBote vom Welzheimer Wald" berichtet, ist der Mitbesitzer des abgebrannten Hauses in Plüderhausen, Fabrikarbeiter Knödler, unter dem Verdacht der Brandstiftung verhaftet worden.

Ebingen. 10. Nov. Gestern büßte hier ein zweijähriges Kind dadurch das Leben ein, daß ihm von der Suppe des Mittagessens ein Knochen­splitterchen in dem Hals stecken blieb. Trotzdem von Seiten des Arztes bald ein operativer Eingriff ge­macht wurde, starb das Kind nach kurzer Zeit.

Heilbronn. 10. Novbr. Der Mordbrenner Wagner ist im Automobil in das psychiatrische Institut nach Tübingen zur Untersuchung seines Geisteszustandes geschafft worden.

Heilbronn, 11. Nov. Mit 83 Vorstrafen trat der 48 Jahre alte Taglöhner Johann Tal- heimer von Fronrot O/A. Ellwangen vor der Strafkammer an. um sich wegen Straßenraubs zu verantworten. Er hat nachts in der Kaiserstraße hier einem Passanten die Uhr von der Weste gerissen, wurde aber verfolgt und festgenommen. Er erhielt 2 Jahre Zuchthaus und 5 Jahre Ehrverlust.

Lauffen a. N, 10. Novbr. Die Belästigung der ganzen Gegend durch die Staubentwicklung des Zementwerks hat gestern zu einer öffentlichen Protest Versammlung geführt, in der die bürger­lichen Kollegien energisch aufgefordert wurden, ge­eignete Maßnahmen ins Auge zu fassen.

Friedrichshafen. 10. November. Das neue MilitärluftschiffZ. 6" unternahm heute vor­

mittag eine einstündige Probefahrt unter Führung des Grafen Zeppelin. Die Fahrt nahm einen durchaus befrievigerden Verlauf. Das Luftschiff hat die gleichen Ausmessungen wie die übrigen Militär­luftschiffe.

Friedrichshafen. 10. Nov. Das Hotel Buch­horner Hof hier ist zahlungsunfähig. Auf Antrag der Stadtpflege wurde die Zwangsvollstreckung verfügt.

Vom Bodensee, 11. Nov. Eine aufregende Szene ereignete sich in einer Schaubude des Menagerie­besitzers Müller in Lindau. Ein großer Bär hatte den Besitzer Müller angefallen und hielt dessen linke Hand zwischen den Zähnen fest. Nur dem raschen Eingreifen der Angestellten ist es zu danken, daß das wütende Tier dem Manne nicht den ganzen Arm abbiß. Müller ist schwer verletzt.

Der gesündeste Ort Württembergs. Im Juli ds. Js. wurden Feststellungen getroffen über die Sterblichkeit in den deutschen Städten. Jetzt liegen die Zahlen aus allen deutschen Orten vor und wir können feststellen, daß in Württemberg Feuerbach zu den Orten mit der geringsten Sterb­lichkeit gehört. Die gesündesten Städte sind, wie dieMedizinische Klinik" in ihrer soeben erschienenen Nummer mitteilt, in Preußen Langerfeld mit 3.0 Sterbefällen auf 1000 Einwohner, in Bayern Landau mit 8.5, in Sachsen Döbeln mit 6.5, in Württemberg Feuerbach mit 6,8, in Baden Baden- Baden mit 9,4.

(LandeSProduktenbörse Stuttgart). Bericht vom 10. Nov. Das Getrcidegeschäst war in abgelausener Woche weniger lebhaft als in unserer letzten Berichtsperiode, da Argentinien wieder besseren Saatenstand meldete. Effektive fremde Weizen sind im Preise nicht billiger und auch für gute inländische Ware herrscht nach wie vor Interesse. An der heutigen Börse war wenig Kauflust vorhanden. Da unsere Mühlen auf einige Zeit gedeckt sind, warten sie die weitere Entwicklung des Geschäftes ab. Mehl­preise per 100 Kilogramm inkl. Sack Mehl Nr. 0: 32.75 bis 83.75 Nr. 1: 31.75 -4t bis 32.25 Nr. 2: 30.75 bis 31.25 ^t Nr. 3: 29.25 ^t bis 80.25 Nr. 4: 25.75 bis 26.75 ^ Kleie 8.50 -4t bis

9. -4L (ohne Sack netto Kasse).

Kus Staöt, Bezirk unS Umgebung.

G Neuenbürg. 11. Novbr. In den letzten Tagen weilte der Reichstagsabgeordnete des VII. Reichstagswahlkceises, Hr. Schweickhardt aus Tübingen im Bezirk, um seinen Wählern über seine Tätigkeit im Reichstag Bericht zu erstatten. Cr spracq vor zum Teil sehr gut besuchten Versamm­lungen in Calmbach, Loffenau, Herrenalb, Höfen, Neuenbürg. In seiner einfachen, schlichten, sachlichen Vortragsweise sprach er haupt­sächlich über die große weltbedeutende Frage der großen Heeresvermehrung und ihrer finanziellen Deckung. Er vermied es, in hohen tönenden WoUen mit patriotischen Redensarten um sich zu werfen. Schöne Worte sind ja billig; aber die Folge der letzten Reichstagsbeschlüsse sind so wichtig und so ernst, daß leere Phrasen auch gar nicht am Platz gewesen waren. Der Reichstag oat hier mit seltener Einmütigkeit schwere Lasten auf dos Volk über­nommen, um den Frieden des Vaterlandes sicher zu stellen. Patriotisches Handeln ist besser als patrio­tische Redensarten. Hr. Schweickhardt berichtete sehr eingehend über die zum Teil sehr schweren Verhand­lungen in den Kommissionen und im Plenum des Reichstags, bis diese größte aller bisherigen Heeres­vermehrungen von 136 000 Mann angenommen und vor allem bis die Milliarde einmaliger Ausgaben und die 200 Millionen jährlicher laufender Aus­gaben unter Dach gebracht waren. Er sprach über sie europäische Konstellation, wie sie sich durch den letzten Balkank.ieg gestaltet hat. In der Budget­kommission, der Hr. Schweickhardt seit Jahren an­gehört, wurden den Mitgliedern noch vertrauliche Mitteilungen vom Generalstab gemacht, daß die bürgerlichen Parteien die Verantwortung nicht über­nehmen konnten, die Heeresvorlage abzulehnen. Der Redner besprach den gegenwärtigen problematischen Wert des Dreibundes, der Deutschland nicht mehr viel das bieten kann, wos er früher leisten konnte, da Italien und Oeste^eich in einem zukünftigen Kriege selbst so engagier, sein werden, daß sie Deutschland wenig entlasten können. Deutschland wird mehr als je auf sich selbst angewiesen sein und im Ernstfall den Krieg gegen zwei Fronten, gegen Rußland und Frankreich, führen müssen. Hr. Schweickhardt hält sogar die östliche Gefahr für die größere. Die Volks­partei und mit ihr die Mehrheit des Reichstags hielt die Kavallerievermehrung von 6 Regimentern für zu groß, da bei den modernen Feuerwaffen die Ka­vallerie die Bedeutung nicht mehr hat, wie in früheren Kriegen. In der letzten Lesung wurden aber mit geringer Mehrheit die 6 Regimenter doch verwilligt. Srywerer als die Heeresvermehrung war

es, die ungeheuren Lasten möglichst gerecht zu ver­teilen. Es wird zweifellos in den nächsten 3 Jahren die bisher bestehende Geschäftsstockung noch verschärft werden, wenn die 1000 Millionen dem Geldmarkt entzogen werden. Die Opfer sind groß, die hier von dem deutschen Volk verlangt, die es aber auch bereit ist, zu ertragen. Nun haben die Reichen Ge­legenheit, ihren Patriotismus in klingende Münze umzusetzen. Es ist nur zu hoffen, daß beschämende Erfahrungen auf diesem Gebiet nicht zu sehr in Er­scheinung treten. Hr. Schweickhardt und mit ihm die größte Mehrheit der Zuhörer bedauerten, daß es nicht möglich war, die Steuerpflicht der Fürsten in das Gesetz zu bringen, die ja am meisten von den Folgen eines unglücklichen Krieges betroffen würden. Es wäre vor allem wegen des Eindrucks auf das Volk gewesen, das seine schweren Lasten auf sich nimmt. Der einmalige freiwillige Beitrag der Fürsten hinterläßt doch im Volk das Gefühl, daß hier etwas nicht in Ordnung ist. Es ist auch in der aanzen Reichsverfassung kein Wort von einer Steuer­freiheit der Fürsten enthalten. Hr. Schweickhardt besprach auch die Ersparnisse, die auf Drängen der Parteien und besonders der Volkspartei bei der Heeresverwaltung eingeführt wurden durch Streich­ung vieler überflüssiger Stellen, die Erleichterungen bei Reserve- und Landwehrübungen, die Milderung der Strafen bei Exzessen bei Kontrollversammlungen usw. Auch in anderer Beziehung war diesmal die Reichsregierung der Volksvertretung gegenüber ent­gegenkommender als früher. Die Regierungsvor­lagen wurden diesmal von den Parteien von Grund aus abgeände.l im Sinne größerer Gerechtigkeit; die Regieruno ließ es sich ruhig gefallen, während sie sonst meist einUnannehmbar" entgegenftellt, wenn ihre Vorlagen abgeändert werden sollen. Zum Schluß besprach Hr. Schweickhardt in sehr vorsich­tiger Weife die Friedensbeftrebungen. Er ist in dieser Beziehung kein Optimist. Aber endlich einmal muß -as Wettrüsten ein Ende nehmen; einmal gibt es eine Grenze; dann bleibt nur noch der Weg der Verständigung übrig. Anfänge hiezu sind bereits vorhanden; die Zukunft wird, wenn auch langsam, auf diesem Wege fortschreiten. In Neuenbürg referierte Hr. Schweickhardt auch über das Petro­leumsmonopol-Gesetz. das noch im Schoß der Kom­mission liegt, der er auch angehört. Aber die Materie ist so schwierig, daß man noch nicht sagen kann, was herauskommt. Die Sozialdemokratie ist sehr dafür eingenommen, da die Tendenz des Petroleums­monopols auf dem Wege des sozialdemokratischen Endziels, der Verstaatlichung aller Betriebe liegt. Hr. Schweickyardt warf nocy einen Rückblick auf seine parlamentarische Tätigkeit. Er habe immer das Ganze im Auge gehabt, habe noch nie einer ErwLrbsgrappe Versprechungen gemacht, noch nie für Sonderoorteile gestimmt, die die Allgemeinheit tragen müßte. Ec sei allen Regierungsvorlagen ohne Vor- urieil entgegengetreten. Seine Parteigrogramme seien keine Dogmen; die politischen Verhältnisse seien in beständigem Fluß und ebenso die wirtschaftlichen Verhältnisse. Doch sei er noch immer mit dem Programm der Volkspartei gut gefahren, und die politischen Verhältnisse haben sich auch vielfach in dieser Richtung entwickelt. Auch in der Frage des Schutzzolls haoen sich mit den veränderten Verhält­nissen seit dem Bestehen des Schutzzolls die An­schauungen geändert. Das, was sich eingelebt hat, kann nicht oqne weiteres wieder rückgängig gemacht werden. Mit seinen trefflichen, klaren und leiden­schaftslosen Ausführungen erntete Hr. Schweickhardt überall großen Beifall, der ihm bewies, daß er auch sein Mandat im Sinne seiner Wähler ausgeübt hatte. Die hohe Verantwortung, die auf den Abge­ordneten in solchen weltbewegenden Fragen wie bei der Heeresvermehrung ruht, wird in solchen Ver­sammlungen auch auf die Wähler abgewälzt, die durch ihren Beifall beweisen, daß der Abgeordnete in ihrem Sinne gesprochen und gehandelt hat. Hr. Schweickhardt besitzt noch wie vor 10 Jahren das Vertrauen des weitaus größten Teils der bürger­lichen Wählerschaft und dieses Vertrauen wird ihm auch fernerhin erhalten bleiben.

/^Herrenalb, 10. Nov. Vor sehr zahlreicher Zuhörerschaft referierte gestern nachmittag Reichstags­abgeordneter Schweickhardt im Hotel Post über feine Tätigkeit während der verflossenen Geschäfts­periode. Den breitesten Raum seiner klaren, nach­drucksvollen Erörterungen nahmen die Themen Wehrvorlage" undSteuerpolitik" in Anspruch. Mit Freimut übte der Redner Kritik an mancher Regierungsvorlage, so z. B. an dem Festhallen der Forderung der zuerst abgelehnten Kavallerieregimenter, an der Deckangsfrage und der Steuerfreiheit fürst- ' licher Personen. Auch eine Frage aus der Mitte