hinzuarbeiten. Die Steuer soll grundsätzlich den Gemeinden verbleiben. In der Frage der Ge­währung von Beiträgen an das Seemannserholungs­heim und das Handwerkererholungsheim wurde eine einheitliche Entscheidung nicht getroffen.

Böblingen, 34. Okt. 4 Milchproduzenten aus Magstadt wurden zu je 25 Mk Geldstrafe und eine jugendliche Produzentin zu einem Verweis verurteilt, weil sie total verwässerte Milch als Vollmilch verkauft hatten. Auch die Händlerin erhielt, eine Geldstrafe von 10 Mark wegen Fahrlässigkeit. In allen diesen Fällen wurde Urleilsvrröffenckichung angeordnet.

Vom württ. Schwarzwald, 25. Oktober. (Jugend von heute.) Kommt da ein Knirps vom Dorfe herein in die Oberamtsstadt zum Redakteur des Amtsblatts mit einem beschriebenen Zettel und ersuchte um Aufnahme desArtikels". Darin heißt es:Am Donnerstag morgen ereignete sich in unserer Schule eine Bestrafung von 144 Tatzen wegen dem Rauchen an Kirchweih. Dem Oberlehrer sein rechter Arm war ganz ermattet. Auf Anzeige vom Unter­lehrer". Auch ein Zeichen des Fortschritts, daß Schulknaben die Flucht in die Oeffentlichkeit antreten.

Biberach, 25. Okt. In der Nähe der Station Kellmünz wurde das Fuhrwerk des Viehhändlers Ranz von Erolzheim. in dem Schweine und Kälber zur Bahn gebracht werden sollten, von einem Eil- zug überfahren. Die Pferde wurden getötet, der Wagen und die Schranke schwer beschädigt. Ranz kam mit dem Schrecken davon.

Friedrichshafen, 25. Ok». Der König be­sichtigte in Begleitung des Flügeladjutanten die Kaserne der Luftschifferkompagnie unter Führung des Hauptmanns Jacobi. Im Rathaus besichtigte der König unter Führung des Stadt- schultheißen Mayer die Entwürfe, die auf den von der Stadt ausgeschriebenen Wettbewerb für den Neubau einer Seebadeanstalt eingegangen sind. Die Königin besuchte das Lehrerinnenheim und stattete der Gräfin v. Zeppelin einen Besuch ab.

Friedrichshafen, 26. Okt. Anläßlich ihres 70. Geburtstages hat Frau Julie Lanz der Stadt Friedrichshafen, als dem Geburtsort ihres verstorb­enen Gatten, des Geheimrats Lanz, 10 000 Mk. gestiftet.

Friedrichshafen, 25. Okt. Die neue Ufer- prachlstraße samt dem Gondel- und Nachthafen kam auf 425000 Mk. zu stehen. Der Nachthafen allein kostete rund 100 000 Mk., die der kgl. württ. Nacht­klub trägt. Einschließlich des Gondelhafens kam die Uferstraße auf 265 000 Mk. Der größte Teil der Kosten wurde aus Staatslotterien und freiwilligen Beiträgen aufgebracht. 129 599 Mk. bleiben aber zu Lasten der Gemeindekasse, die eine 4^2°/« ige, in 70 Jahren zu tilgende Schuld von 125000 Mk. aufzunehmen genötigt war.

Bus StaSt» Bezirk unS Umgebung.

Neuenbürg, 24. Okt. Der volkswirtschaftliche Ausschuß der Zweiten Kammer behandelte gestern

zunächst die wiederholte Eingabe des Eisenbahn­komitees für eine Würmtalbahn Herrenberg- Weilderstadt-Pforzheim durchs Würmtal mit Anschluß in Ehningen bei Böblingen, sowie die Ein­gabe der Gemeinden Heimsheim. Friolzheim usw. um Erstellung einer Bahnverbindung von Ren­ningen-Weilderstadt nach Mühlacker. Der Berichterstatter Schund-Neresheim (Ztr.) kam zu dem Ergebnis, daß für die Würmtalbahn weder er­hebliche lokale Interessen, noch ein Landesinteresse vocliege, während für die Linie Renningen-Weilder- stadt nach Mühlacker erhebliche lokale, wirtschaftliche und soziale Interessen, sowie auch ein allgemeines Landesintereffe sprechen. Er beantragte deshalb Kenntnisnahme" für eine Würmtalbahn.Erwäg­ung" für Renningen-Mühlacker. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker erklärte sich mit dem Antrag einverstanden. Eine Würmtalbahn ohne Baden könne jedenfalls nicht in Frage kommen; bis jetzt habe sich aber die badische Regierung völlig ableh­nend verhalten. Der Antrag wurde einstimmig an­genommen. Ueber die Eingabe des Eisenbahn­komitees für eine normalspurige Nebenbahn Neuenbürg-Marxzell um baldige Ausführung dieser Bahn berichtete v. Kiene (Ztr.). Nach dem Projekt ist die Linie 15,7 km lang, davon liegen in Württemberg 9.4 km. Die Gesamtkosten sind auf 3 510 000 berechnet; das gibt einen kilo­metrischen Aufwand von 221 900 Es wird ein jährlicher Betriebsüberschuß von 43 300 und da­mit eine Rente von 1,33 °/o angenommen. Zwischen Neuenbürg und Gräfenhausen wäre ein Tunnel von 708 m Länge zu erbauen. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker schließt sich der Ansicht an, daß die finanzielle Seite ungünstig sei. Die Baukosten werden sich auf rund 5'/2 Millionen Mark belaufen. Wir können, da die Haltung von Baden noch nicht bekannt ist, eine zu sehr entgegenkommende Haltung nicht einnehmen. Eine außerordentliche Dringlichkeit liege nicht vor. Er sage nicht so ohne weiteres, daß das Projekt absolut nicht gebaut werden könne; weitere Erwägun"en dürften indes angezeigt sein. Das Projekt weroe sobald als möglich eingehend geprüft werden. Die Generaldirektion berechne nur einen Betriebsüberschuß von 13 000 gegenüber den 43 300 -/A des Projekts, v. Kiene stellte da­rauf den Antrag aufErwägung" des Projekts angesichts der finanziell ungünstigen Lage und des Umstandes, daß die Regierung eme wirkliche Nach­prüfung des Projekts noch nicht vorgenommen habe. Ein nationalliberaler Redner befürwortete die Linie, ein Mitglied des Bauernbundes stimmt dem Antrag des Berichterstatters zu, ebenso ein volksparteilicher Abgeordneter. Ein weiterer Redner der Volkspartei äußert sich dahin, daß Baden die Kosten der auf Baden entfallenden Strecke zu tragen habe. Der Redner der Sozialdemokratie ist mit dem Antrag des Berichterstatters einverstanden. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker bezeichnete es als selbstverständ­lich, daß Baden den badischen Teil der Strecke be­zahle. Der Antrag aufErwägung" wird hierauf einstimmig angenommen.

Urkraft der Liebe.

Roman von Karl Engelhardt.

171 (Nachdruck verboten.)

Frau Lichten kam ihr zuvor. Sie faßte ihren Kopf mit beiden Händen, beugte sich zu ihrem Ge­sichte nieder und küßte sie auf den Mund.

Nach einer Viertelstunde war Karla, wie einst Erich, dem Zauber völlig erlegen, der von dieser Familie auf alle ausströmte, die man von Herzen willkommen hieß. Sie fühlte sich so heimisch, als sei sie seit Jahren mit Achtens befreundet und vertraut.

Man unterhielt sich lebhaft und angeregt. Karla entzückte Herrn und Frau Lichten durch die Frische ihrer Antworten, die Beweglichkeit ihres Tempera­mentes und die ungesuchte Natürlichkeit ihres Wesens.

Sie erkannten bald, daß jede Besorgnis über­flüssig war, die sie allenfalls nach den Schilderungen gehabt hatten. Keine Spur von emanzipiertem Wesen, wiewohl es sofort in die Augen sprang, daß sie sich von lächerlichen Kleinigkeiten und Schwächen ihres Geschlechtes frei gemacht hatte. Zielbewußts Energie, Selbständigkeit des Denkens sprachen aus jedem ihrer Worte. Und doch fühlte man instinktiv, daß sie durch und durch Weib war.

Walter war im siebten Himmel. Mit dem Optimismus aller Verliebten schrieb er kühn ihre An­kunft nicht zum geringsten seiner Anwesenheit in Königsberg zu.

Werden Sie nun längere Zeit in Königsberg bleiben, Fräulein Fannemor?" fragte Professor Lichten.

Nein, ich wollte nur meinen alten Meister Wieder­sehen."

Ich verwahre mich gegen das alt," warf er lachend ein.

Also meinetwegen meinen jungen Meister. Und ich wollte mich mit ihm freuen."

Selbstverständlich sind Sie doch bei der Hoch­zeitsfeier unser Gast," lud Frau Mathilde Lichten in liebenswürdigstem Tone ein.

Aber natürlich, hätte ich beinahe gesagt," lachte Karla.Sehr gern, gnädige Frau. Denn ich will offen sein ich bin zum guten Teil deshalb hierher gekommen. Sie können sich nicht denken, wie sehr ich an meinem früheren Lehrer hänge. Natürlich unbe­schadet Ihrer bräutlichen Rechte," scherzte sie, zu Maja gewandt.

O bitte, bitte, ich fürchte durchaus nichts," er­widerte Maja lächelnd.

Da haben Sie recht. Auch nach meinem Gefühl muß die Liebe sieghaft, zuversichtlich und stark sein."

Ist das Theorie oder Praxis?" fragte Walter.

Natürlich nur Theorie. Wissen Sie, Mädchen meines Schlages, die sind bestimmt dazu, derlei Dinge nur theoretisch zu behandeln."

Gezwungen?" fragte er erstaunt.Da möchte ich aber doch"

Jawohl, gezwungen," fuhr sie fort.Freilich gibt es auch hier und da ein paar Ausnahmen. Aber im großen und ganzen hält man solche Frauenzimmer wie mich für überspannt, emanzipiert, mehr Mann wie Weib. .Und die will man nicht. So bleibt uns denn nichts übrig als zu spintisieren und sich in Gedanken

Neuenbürg, 24. Okt. (Reinigung der Per­sonenwagen.) Der Anstrich der Wände und der hölzernen Sitzbänke der Personenwagen, besonders der Schnell- und v Zugwagen wird oft durch unsach­gemäße Reinigung so beschädigt, daß nach verhält­nismäßig kurzer Zeit dessen Erneuerung nötig wird, wodurch neben der langen Außerdienststellung der j Wagen erhebliche Kosten verursacht werden. Die Beschädigungen entstehen durch Verwendung zu heißer j oder zu starker Seifenlösung, scharfer Mittel (Soda > usw.) von gemahlenem Bimsstein oder zu harter Bürsten, dadurch, daß die Wände und Stühle nach erfolgter Reinigung mit Seifenwasser nicht oder un­genügend mit der Seifenlösung behandelt werden, wobei diese zulang stehen bleibt und den Anstrich angreift. Es ist für die Erhaltung des Anstrichs sehr wichtig, daß nur kleinere Flächen mit Seifen­wasser auf einmal behandelt und möglichst rasch mit frischem Wasser abgewaschen werden. Dies ist umso nötiger, je stärker oder heißer die Seifenlösung ist. Die mit der Ueberwachung der Reinigungsarbeiten betrauten Beamten sind angewiesen worden, das Reinigungspersonal zu belehren und unsachgemäßer Behandlung und der Verwendung schädlicher Mittel entgegenzutreten.

Calw, 26. Okt. Die Nachricht bestätigt sich nicht, daß der aus Pforzheim stammende. 23jährige Emailarbeiter Haußmann gestorben sei, der die 16jährige Tochter eines Pforzheimer Kabinettmeisters entführt und sich dann in Sommerhardt, als der Landjäger das Pärlein überraschte, anschoß. Die hinter dem Ohr sitzende Kugel ist noch nicht entfernt. Haußmann wird wohl am Leben bleiben. Uebrigens hat er sich noch einen zweiten Schuß, der aber nur die Stirn streifte, beigebracht.

Altensteig, 24. Oktbr. (Missionar und Reiseprediger Elias Schrenk ff.) Am 21. Okt. starb in Bethel bei Bielefeld im 83. Lebensjahr der Bahnbrecher der Evangelisation für Deutschland, Elias Schrenk. Er wurde als Sohn eines Schneiders und Krämers in Hausen o. Verena geboren, erlernte zuerst den kaufmännischen Beruf und trat im 23. Lebens­jahr als Zögling ins Basler Missionsseminar ein. Später ließ er sich in Marburg und Barmen nieder, von wo aus er sich auch vielfach den Orten seiner schwäbischen Heimat widmete.

Ettlingen. 22. Oktbr. Gestern ist Mühlen­besitzer August Deubel unerwartet rasch gestorben. Er befand sich im St. Vinzentiushaus in Karlsruhe zu einer Operation eines Furunkels. Im Verlaufe der Narkose wurde Deubel von einem Herzschlage ereilt. Geradezu tragisch ist, daß eine Tochter des Verstorbenen am Samstag ihre Hochzeit feiern wollte, wozu schon alles gerüstet war.

Vermischtes.

Das Totwandern der Lachse. Der Lachs ist ein Wanderfisch. In unseren Gegenden steigt er von den Küsten der Nord- und Ostsee in den Oberlauf der Flüsse hinauf, um hier zu laichen. Während aber diese Wanderungen, so interessant sie

all das möglichst schön zurecht zu legen, was man in der Praxis doch nie erlebt."

Darf ich versuchen. Sie zu einer gegenteiligen Meinung zu bringen?" fragte Walter unternehmend.

Ein Schatten zuckte über ihr Gesicht. Dann wandte sie sich in komischer Verzweiflung an Frau Mathilde.

Da sehen Sie doch nur, Frau Professor. Man darf noch so wenig begehrenswert sein und doch ist man nicht sicher vor den glatten Worten der Herren."

Darf ich Sie versichern, daß es nicht nur Worte sind?" erwiderte er.

Sie sah auf den Professor, der lächelnd zuhörte.

Es ist doch schrecklich, Herr Professor? Nicht wahr? Sogar in Ihrer Gegenwart."

Hoffen Sie nicht auf Unterstützung bei mir, Fräu­lein Fannemor," entgegnete er gut gelaunt.War selbst einmal jung."

Also nirgends Schutz? Dann bleibt mir nur noch die Flucht."

Und sie erhob sich.

Aber Sie wollen doch noch nicht gehen?" riesen Maja und Walter gleichzeitig.

Aber gewiß. Ich bin ja so schon vorschrifts­widrig lange hier. Aber" sie wandte sich verbind­lich zu Frau MathildeSie haben mich sofort in einer Weise empfangen, die mich jede äußere Förm­lichkeit vergessen ließ."

Und die soll auch, hoffentlich, nie unfern Verkehr trüben," antwortete die alte Dame.

(Fortsetzung folgt.)