Böblingen, 33. Oktober. Zum Preise von 116 000 ^ find die der in Liquidation befindlichen Zuckerfabrik Böblingen gehörigen Gebäude mit 30 Morgen Gütern an die Zuckerfabrik Stuttgart— Münster verkauft worden. Ein neuer Käufer für die Gebäude in Gestalt einer Stuttgarter Möbelfabrik wird bereits angekündigt, doch heißt es andererseits, die Zuckerfabrik Stuttgart—Münster wünsche die Gebäulichkeiten beizubehalten und in Böblingen zur Ersparung der Transportkosten für Rüben und Schnitzel die Fabrikation von Rohzucker wieder aufzunehmen.
Leonberg, 23. Okt. Wie weiter berichtet wird, hat sich das vierzehnjährige Mädchen in Ditzingen, die Tochter eines Hilfsarbeiters M., mit einem Revolver erschossen, den sie aus dem Nachttisch der Dienstherrschaft genommen hatte. Als Grund der Tat wird unbegründete Furcht vor Strafe angegeben. Das Mädchen hatte einem 16 jährigen Echuhfabrikarbeiter einen Liebesbrief geschrieben, den die Mutter erwischte und für den die Tochter nun vom Vater Bestrafung fürchtete. Von einer allzugroßen Strenge des Vaters gegen das Kind kann nicht die Rede sein.
Rottenburg, 23. Okt. Das vom Parfümeur Schnell erfundene Mittel gegen Rebschädlinge und Rebkrankheiten, Ampelophil, ist nunmehr patentamtlich geschützt und unter der Nummer 187 461 in die Patentliste eingetragen. Eine G. m. b. H. hat den Vertrieb des Mittels übernommen. Die Wirkung des Ampelophils zeigt sich darin, daß die damit behandelten beiden Weinberge heute noch trotz der Nachtfröste Belaubung zeigen und daß der von Parfümeur Schnell angesichts der sonstigen Mißernte einen befriedigenden Ertrag ergeben hat.
Tuttlingen, 24. Okt. (Ehrensold.) Die bürgerlichen Kollegien haben beschlossen, den Veteranen mit einem Einkommen von weniger als 1200 Mk. einen forilaufenden jährlichen Ehrensold von 20 Mk. pro Kopf zu gewähren. Ein Antrag auf einmalige Gewährung von insgesamt 250 Mk. war abgelehnt worden. Es kommen für den neuen Ehrensold etwa 50 Veteranen in Betracht.
Ebersbach a. Fils, 24. Okt. Die am 28. Juli erfolgte Wahl des Stadtschultheißenamtssekretärs Reichert in Nürtingen zum Ortsvorsteher von Ebersbach ist bekanntlich für ungültig erklärt worden. Reichert hat auf weitere Rechtsmittel verzichtet und mitgeteilt, daß er sich zwecks einer Neuwahl zur Verfügung stellen werde.
Ulm, 24. Okt. Die „Ulmer Zeitung", ein volksparteiliches Blatt, ist in Geldschwierigkeiten geraten. Wie die „Frankfurter Zeitung" berichtet, sieht man die Hälfte ihres Aktienkapitals als verloren an. Ende März 1912 betrug bei 100 000 Mk. Aktienkapital die Unterbilanz 21249 Mk. Die Zeitung zeigt im Handelsregister wieder einen Direktionswechsel an. Als „Direktor" wurde der früher als Faktor bei der „Ulmer Zeitung" tätig gewesene Buchdruckereibesitzer Reiser aufgestellt, der seine
Druckerei für 15 000 Mk. bar und 10 000 Mk. in Aktien an die „Ulmer Zeitung" abgetreten haben soll.
Buchau, 23. Okt. Der in Untersuchungshaft genommene Händler Pfaus von Buchau, der vor- , gestern auf den 45 jährigen Karl Anger nach einem kurzen Wortwechsel geschossen hatte, hat sich heute nacht im Gefängnis erhängt. Der in die Herzgegend getroffene Anger ist bereits gestern morgen seiner schweren Wunde erlegen.
Nachklänge zur Jahrhundertfeier.
Auf vielen Höhen flammten Feuer,
Auch in dem Schwarzwald da und dort;
Und bei der ernsten Siegesfeier Gesprochen ward manch wahres Wortl So soll bis in die fernsten Zeiten Der deutsche Geist lebendig sein;
Dann wird ein Feind nie überschreiten Die deutsche Grenze je am Rhein!
Ist Gott mit uns, wir werden bleiben Ein einig Volk in der Gefahr;
Den Feind von unfern Grenzen treiben Wie's zu der Ahnen Zeiten war!
Drum wollen wir in Fliedenszeiten Behutsam stehen auf der Wacht;
Jedoch den kleinsten Schein vermeiden —
Als prahlten wir mit unsrer Macht!
Den Frieden wollen wir erhalten.
Dies köstliche und teure Gut;
Die deutsche Kraft muß sich entfalten Zu schützen unser Gut und Blut!
Die Jugend muß vor allen Dingen Die deutsche Treue hegen rein; —
Dann kann die Nachwelt immer singen:
„Lieb Vaterland, kannst ruhig sein!"
Schwann. G. Ulshöser.
vLiMlSLhres
Der Austausch-Bäckermeister. In San Franzisko ist. wie der dort erscheinende „California- Dem." berichtet, ein Bäckermeister Hans Bach aus Nürnberg eingetroffen, um, wie er dem genannten Blatte mitteilte, im Aufträge des Zentralverbandes deutscher Bäckerinnungen in den Vereinigten Staaten die Bäckerei-Verhältnisse eingehend zu studieren. Dafür will der New Aorker Staatsverband der Bäckermeister eins seiner Mitglieder nach Deutschland entsenden. Das amerikanische Blatt schließt seinen Bericht wie folgt: Daß der Anstoß dazu von Deutschland ausgegeben wird, zeigt, daß das Handwerk dort vorwärts schreitet und Seite an Seite mit Industrie und Handel neue Mittel und Wege zu seinem Ausbau sucht und findet.
Ein Brief, der 41 Jahre unterwegs ist. Ein hübsches Postkuriosum teilt eine engl. Wochenschrift mit: Vor 2 Jahren erhielt eine große Firma in Belfast einen Brief, der den Poststempel — und zwar den Empfangsstempel — „Dublin and Belfast, !
Dezember 1,, 1870" trug. Der Brief hat sich also 41 Jahre lang in Irland herumgetrieben, und die Post konnte nicht angeben, warum er so lange verschwunden war und nun plötzlich wieder auftauchte. Bei einem anderen Falle, wo ein Brief — auch von einer Stadt Großbritanniens nach einer anderen — 11 Jahre unterwegs war, erklärte ein Postbeamter. „der Brief sei beim Ordnen vorübergehend in ein falsches Fach geraten".
K««t« Sei de« hohe« <Lev««»mi1telpkeiseu sollte jede Haussrau, wenn nur irgend möglich, ihren Küchenbedarf im Großen einkaufen. Wieviel Geld spart man z. B. schon, wenn man eine große Originalflasche Maggi's Würze kauft und daraus selbst das kleine, mit Würzesparer versehene Maggi-Fläschchen nachsüllt.
Durchgreifende Kuren
bei
HA ii. Liiviilckcii
ist der Titel eines in unserem Verlage erschienenen Büchleins, in welchem eine neue kombinierte Milch- und Pflanzen-Kur beschrieben wird. Dieses Büchlein wird gratis an jeden Kranken versandt, der es verlangt. Jeder Hals- und Lungenkranke sollte es sofort verlangen, selbst wenn sein Leiden harmloser Art zu sein scheint. Denn jede schwere Erkrankung der Lunge, vor allem die mörderische Lungenschwindsucht, beginnt mit dem „bißchen Husten", mit dem „kleinen Katarrh" und vernichtet oft in wenigen Wochen ein blühendes Menschenleben.
Das Mittel selbst besteht aus giftfreien, von alters her berühmten und auch von dem verstorbenen Pfarrer Kneipp empfohlenen Heilpflanzen. Die gute Wirkung liegt in der geschickten Zusammenstellung, die darauf berechnet ist, das Nebel von mehreren Seiten zugleich zu packen.
Es wird auch bei größter Körperschwäche gut vertragen und ist so billig, daß auch der Minderbemittelte seine segenbringende Wirkung sich zu Nutzen machen kann. Kein Arzt dürfte gegen seine Anwendung etwas etnzuwenden haben, wenn man ihn darum srägt, da es sich nicht etwa um eines der teuren und dabei oft schädlichen Geheimmittel, sondern um eine wissenschaftlich einwandfreie Sache handelt.
Damit jeder, der es benutzen will, es erst versuchen kann, ehe er Geld dafür ausgibt, senden wir
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zugleich mit dem Büchlein. Nur 20 Pfg. für Porto rc. sind in diesem Falle in Briefmarken beizufügen. Mittellosen Kranken senden wir das ganze, zu'ihrer Wiederherstellung nötige Quantum kostenlos und portofrei, wenn sie uns eine Bescheinigung ihres Psarrcrs oder der Ortspolizeibehörde über ihre Mittellosigkeit oder ihre Krankheit einsenden.
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Berlirr-Halenfee 3.
Urkraft der Kieke.
Roman von Karl Engelhardt.
16s (Nachdruck verboten.)
Walter Lichten fiel fast auf den Rücken, als er erfuhr, daß Karla Fannemor in Königsberg war und daß Throndhjem sie mitbringen wollte.
„Tu —" sagte er plötzlich zu Erich, „die liebt doch hoffentlich nicht dich, weil sie so großes Interesse an deinen Angelegenheiten nimmt?"
„Nicht doch, mein Lieber. Da hast du nichts zu fürchten. Wir sind uns ein paar gute, treue Kameraden, die der Sturm, den wir gemeinsam durchlebten, einander noch näher gebracht hat. Aber die Liebe, die du meinst und willst, die verschwendet Fräulein Fannemor sicher nicht an mich. Ta sei beruhigt."
Maja und ihre Eltern waren aufs Äußerste gespannt. Erich erzählte soviel des Guten von ihr, des Besonderen. Und zu der großen Durchschnittsmasse konnte sie ja auch gar nicht gehören nach der Schilderung, die Throndhjem von ihrer Lebensauffassung und ihrer Lebensweise gab. Und endlich der Hauptgrund ihres Interesses: Walter liebte sie.
Pünktlich um halb zwölf Uhr stand Karla am nächsten Tage vor der Wohnung Throndhjems. Er hatte sie kommen sehen und öffnete ihr selbst die Tür.
„Guten Tag! Fertig?" begrüßte sie ihn.
„Im Augenblick. Nun — nicht eintreten?" fragte er, als sie ruhig stehen blieb.
„Wozu, wenn Sie bereit sind? Holen Sie sich Hut und Überrock!"
Gleich darauf schritten sie der Stadt zu.
Kaum daß Erich den Knopf des elektrischen Läutewerkes vor der Lichtenschen Wohnung gedrückt hatte, wurde auch schon geöffnet. Und zwar von Walter. Man sah, daß er sie erwartet hatte.
„Willkommen in Königsberg!" rief er Karla zu. Als er sie sah, gingen seine Gefühle mit ihm durch, so daß er keine förmliche Begrüßung fand. Und Erich übersah er vollkommen. Was dieser mit gutmütigem Lächeln hinnahm.
„Und doppelt willkommen im Lichtenscherl. Hause!" Er hatte ihr beide Hände entgegengestreckt.
„Sie legte ihre Finger zwischen die seinen, während sie blutübergossen stand. Und ihre Mienen drückten eine Unsicherheit aus, die man an ihr gar nicht gewöhnt war. Sie suchte ihre Verlegenheit hinter einem scherzenden Tone zu verbergen.
„Aber Herr Doktor Lichten, Sie empfangen mich ja mit einem Aplomb, der eines besseren Zweckes würdig wäre."
Er freute sich kindisch und ging froh auf ihren Scherz ein. Und in seinem Jubel wurde er kühn und übermütig.
„Sie wissen ja gar nicht, welches mein Zweck ist. Vielleicht ist er gar nicht einmal so schlecht."
„Ei — Sie können ja auch scherzen. Das scheint wohl der Einfluß des Heimatbodens zu sein?" lenkte sie ab, während sie sich von ihm Scharm und Jacke nötigen ließ. „Ja, soll denn das vielleicht ein Dauerbesuch werden?" protestierte sie.
„So weit es in meiner Macht steht, ja," erwiderte Walter lebhaft. In dem Augenblicke öffnete sich auf dem Korridore eine Türe.
„Ah — hier ist meine Mutter," sagte Walter zu Karla.
Lebhaft wandte das junge Mädchen sich der Dame zu, die ihr entgegenkam. Frau Professor war mit schlichter, vornehmer Eleganz gekleidet. Das stark ergraute Haar gab ihr ein etwas ehrwürdiges Aussehen. Und aus ihren Augen sprach eine außerordentliche, bezwingende Herzlichkeit, als sie Karla die Hand reichte.
„Willkommen, Fräulein Fannemor. Sie sehen, ich konime Ihnen bereits auf dem Flur entgegen, statt etikettengemäß im Salon Ihre Vorstellung zu erwarten. Aber ich tue es absichtlich. Denn Sie sollen gleich beim Eintritt gewiß werden, daß man Ihren Besuch als keinen offiziellen auffaßt und daß Sie bei uns nicht als eine Fremde, sondern als Schülerin und Freundin unseres lieben Erich ausgenommen werden. Mögen Sie sich wohl bei uns fühlen."
Die Worte waren ihr aus dem Herzen gekommen. Sie gab viel auf den ersten Eindruck, die Professor Lichten. Und der hatte ihr Karla sofort sympathisch gemacht.
„Frau Professor — ich danke Ihnen für Ihre Worte. Wenn Sie wüßten, welches Glück Sie mir damit bereiten!" Und rasch beugte sie sich über die schlanke, weiße Hand der alten Dame, um ihre Erregung und ihre feuchten Augen zu verbergen, wegen deren sie sich innerlich einen Kindskopf schalt.
(Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des Enztälers (Inhaber G. Conradi) in Neuenbürg.