RunSschau.

Dieschwärzeste Woche" dieses Jahr­hunderts. In der vergangenen Woche (vom 12.17. Oktober) haben sich alle vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft verschworen, um diese kurze Spanne Zeit als schwarzes Blatt in der Weltgeschichte erscheinen zu lassen. Die furchtbare Bergwerkskatastrophe hat unter der Erde mehr als 350 blühende Menschenleben vernichtet, das Meer hat sich bei dem Brande desVolturno" ungeheure Opfer geholt, das Eisenbahnunglück in England kommt als dritte Katastrophe hinzu, und jetzt hat auch noch die Luft ihr Zerstörungswerk weiter fort­gesetzt, wenn man auch bei der Katastrophe des Marine-Zeppelin nicht weiß, ob die Luft oder das Feuer sich die Opfer geholt hat. Diese Woche ist durch die Fülle der verschiedenartigsten Katastrophen als dieschwärzeste Woche" des ganzen Jahrhunderts zu bezeichnen, da bisher ein Zusammentreffen so vieler Unglücksfälle auf allen Gebieten der Technik und des Verkehrs noch nicht verzeichnet worden ist. An Zahl der Verunglückten ist allerdings die ver­gangene Woche erfreulicherweise bei weitem nicht die erste. Man denke nur an das Erdbeben von Messina, das in unseren Tagen nach unvollkommener Schätzung allein fast 200 000 Menschenleben ver­nichtet hat. Die erste historische Katastrophe, von der wir genauere Einzelheiten wissen, ist der Aus­bruch des Vesuvs im Jahre 79, durch den die Städte Pompeji, Herkulanum und Voji zerstört worden sind, und bei dem ungefähr 30 000 Menschen umkamen. Derselbe Vulkan forderte im Jahre 1631 noch 20 000 Menschenleben und im Jahre 1794 fielen seinen Lavamassrn wiederum 25 000 Menschen zum Opfer. Der Aetna zerstörte durch seinen Aus­bruch vom Jahre 1669 rund 12 Ortschaften und begrub 30 000 Menschen unter seiner Asche. Zwei Jahre früher, im Jahre 1667, waren bei einem Erdbeben im Kaukasus 80000 Menschen umgekommen, und das bekannte Erdbeben von Lissabon am 1. November 1755 tötete 60 000 Menschen. Noch furchtbarere Opfer forderten die Erdbeben von Kalabrien im Jahre 1783, bei denen nicht weniger als 120 000 Menschen umkamen, und das Erdbeben in Japan im Jahre 1703, das 150 000 Opfer forderte. Auch das 19. Jahrhundert hatte einige furchtbare Katastrophen aufzuweisen, von denen nur der Zyklon am Bramaputra im November 1876 mit 150 000 Menschenopfern und 20 Jahre später, im Jahre 1896, die Sturmflut in Japan mit 30 000 Menschenopfern genannt seren. Aus dieser Darstellung der größten Katastrophen der Welt­geschichte ist zu ersehen, daß die Verluste, welche Technik und Verkehr fordern, verschwindend klein im Vergleich mit den Verlusten sind, die durch kosmische Gewalten verursacht werden. Was aber der vergangenen Woche ihren besonderen Charakter verleiht, das ist das Zusammentreffen so vieler und vielartiger Unglücksfälle, die nur auf die modernen technischen Errungenschaften zurückzuführen sind.

Braunschweig, 23. Okt. Die Stadtver-

Roman von Karl Engelhardt.

15s (Nachdruck verboten.)

Nun war sie dunkelrot geworden und suchte ihre Verlegenheit hinter einem Scherze zu verbergen.

O weh, da werde ich wie immer schlecht weg­gekommen sein. Ich höre schon in meine Ohren: emanzipiertes Frauenzimmer und so weiter und so weiter."

Ganz im Gegenteil. Doch ich will nichts aus­plaudern. Vielleicht hat er noch einmal persönlich Ge­legenheit, Ihnen zu erzählen, was damals gesprochen wurde."

Ah? Ist er nicht im Augenblicke hier in Königs­berg?" fragte sie mit möglichst harmloser Stimme.

Allerdings. Aber woher wissen Sie denn? Und Sie haben mir auch noch nicht beantwortet, wie Sie mich aufgespürt."

Von einer Familie, in der auch Herr Doktor Lichten verkehrte, wurde mir erzählt, daß er hierher gefahren sei, weil seine Schwester in kurzem Hochzeit hätte. Und da nannte man auch Ihren Namen. Erich Throndhjem, Maler ich sagte mir, daß das nur Sie sein könnten. Bei der Hochzeit meines Meisters Erich aber durfte ich doch nicht fehlen. Und da bin ich denn nun, um Sie energisch an Ihre Schülerin Karla Fannemor zu erinnern, wenn Sie die Liste der Einzuladenden aufstellen. Ein bischen auf­dringlich, nicht wahr? Aber Sie kennen mich ja."

Tbrondhjem ergriff wieder ihre Hand.

Wenn Sie wüßten, wie ich Ihnen für diese

ordnetenversammlung bewilligte mit allen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten den Betrag von 25 000 Mk. zur Ausschmückung der Stadt beim festlichen Einzug des Herzogpaares. Ein sozialdemokratisches Mitglied der Stadverord­nelenversammlung verlas im Namen seiner Partei eine Protesterklärung gegen diese Bewilligung.

Leipzig, 24. Okt. In dem Spionageprozeß gegen die Gebrüder Karl und Paul Biesalski wurde heute abend in der neunten Stunde das Urteil gefällt. Wegen versuchten Verrats mili­tärischer Geheimnisse und schweren Diestahls wurde der ältere der beiden Angeklagten, der 34 Jahre alte Schneider und Bureaugehilfe Paul Biesalski aus Sablon zu 2 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht ver­urteilt. 3 Monate der Untersuchungshaft wurden in Anrechnung gebracht. Der jüngere Bruder, der 18 Jahre alte, bereits vorbestrafte Schlaffer Karl Biesalski wurde wegen Beihilfe zum Verrat mili­tärischer Geheimnisse und schweren Einbruchsdieb­stahls unter Einrechnung einer früher verhängten 18monatigen Gefängnisstrafe zu insgesamt 3 Jahren Gefängnis verurteilt,wobei 1 Monat Untersuchungs­haft angerechnet wurde. Mildernde Umstände wurden beiden versagt. Aus der Verhandlung geht hervor, daß Paul Biesalski mit einem französischen Spion nach Metz gefahren ist, dort gemeinsam mit seinem Bruder einen Einbruchdiebftahl in das Militärbauamt verübte und dabei verschiedene Karlen und Pläne entwendete. Die Pläne übergaben sie dem Spion, der sie nach Frankreich brachte. Die gestohlenen Pläne und Karten waren aber in Wirklichkeit keine geheimzuhaltenden Gegenstände, weshalb die An­klage nur auf versuchten Verrats militärischer Ge­heimnisse lautete.

Zum badischen Fahrplan. Am Donnerstag, 23. Oktober, ist der neue Bahnhof in Karls­ruhe eröffnet worden. Mit der Inbetriebnahme ist eine Reihe von Aenderungen im Fahrplan der Großherzoglichen Badischen Staatsbahnen eingetreten. In dem amtlichen Unionkursbuch für den Winter­dienst 1913/14 sind die Fahrpläne, die vom Tage der Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs in Karls­ruhe gelten, vollständig enthalten.

München, 22. Okt. Einem Redakteur, der s. Zt. bei einem Straßenbahnunglück schwer verletzt worden war und der Antrag auf Entschädig­ung gestellt hatte, wurde nunmehr nach 3 jähriger Pcozeßdauer eine Entschädigung von 97 200 Mk. zugesprochen, die die Stadt als Besitzerin der Straßenbahn an ihn zu bezahlen hat.

Mannheim, 23. Okt. Wie dieNeue Bad­ische Landeszeitung" meldet, hat Frau Julie Lanz aus Anlaß ihres 70. Geburtstages der Beamten- und Meifterpensionsstiflung 100 000 Mk. überwiesen. Ferner erhielt jeder über 40 Jahre in der Fabrik von Lanz beschäftigte Arbeiter ein Ehrengeschenk von 500 Mk.

Frankenstein bei Kaiserslautern, 24. Oktober. In der Nacht zum Donnerstag hat sich am Eingang des Ortes ein schwerer Unfall ereignet. Das Auto

Aufdringlichkeit" dankbar bin! Sie können sich nicht denken, welche Freude Sie mir damit bereitet haben. Und ob Sie eingetaden werden!"

Sie drohte lächelnd mit dem Finger.

Keine zu große Ekstase! Vergessen Sie nicht, daß Sie wohlbestallter, glücklicher Bräutiganr sind. Und ich muß Ihnen sagen" sie wurde plötzlich ernst ich will nicht an die Vergangenheit tippen, bei Leibe nicht. Aber ich freue mich von ganzem Herzen, daß Sie doch noch das Glück gefunden haben. Ver­dient haben Sie sich's, weiß Gott."

Er schwieg einen Augenblick. Dann lenkte er ab.

Aber jetzt bleiben Sie bei mir zum Mittagessen. Ich lasse Sie nicht fort."

Nein, nein, Meister Erich. Sie wissen, ich bin nicht prüde. Deshalb läge mir nichts daran. Aber Sie sind verlobt. Und Sie könnten gelernt haben, einzusehen, daß man auch den Schein meiden muß."

Sie kennen meine Braut nicht, Fräulein Karla," fuhr er aus.

Ihre Braut nicht, allerdings. Aber die große, schwatzsüchtige Masse. Und ich möchte nicht gern schuld daran sein, daß man Sie mit Schmutz bewirft, wenn auch noch so ungerecht."

Na, dann gehen Sie in Gottes Namen!" knurrte er ingrimmig.Aber der Familie meiner Braut stelle ich Sie vor."

Meinetwegen. Da habe ich nichts dagegen."

Gleich morgen. Nicht wahr?"

Ist mir recht."

Und da fiel ihm plötzlich wieder Walter ein, auf den er ganz vergessen batte. Er lachte.

des praktischen Arztes Dr. Ludwig Stein aus Kaisers­lautern war auf dem Rückweg von Dürkheim a. H. begriffen. In dem Wagen befanden sich Dr. Stein als Lenker, außerdem noch Regierungsrat Feiertag von der pfälzischen Eisenbahndirektion in Ludwigs­hafen, Professor Seuffert und der Kreisbauamtmann Ernst Schmidt in Kaiserslautern. Das Automobil prallte an den Brückenstein. Dadurch wurden die Insassen in weitem Bogen herausgeschleudert. Regierungsrat Feiertag und Professor Seuffert blieben auf der Stelle tot, Bauamtmann Schmidt wurde schwer verletzt, während Dr. Stein ohne Schaden davonkam.

Aus Heisingsors wird gemeldet: Der finnische DampferVestkusten" geriet in der Nähe von Vasa auf Grund, wurde leck und sank mit der gesamten Besatzung von 40 Mann.

Wie aus Newyork gekabelt wird, schlug am Donnerstag ein Blitzstrahl in das 6. Kavallerie­regiment, das sich auf dem Marsch zwischen Texas- City und Galveston befand. Drei Mann und verschiedene Pferde wurden getötet.

New-Aork, 24. Okt. Nach einem Telegramm aus New-Orleans hat ein furchtbarer Zyklon Louisana verwüstet. 30 Tote und über 200 Schwerverletzte sind bis jetzt schon gezählt worden. Der Schaden ist außerordentlich groß.

Chicago, 24. Okt. 40000 Maschinisten und Heizer von 90 Westbahnen verlangen eine Lohn­erhöhung, die eine Mehrausgabe von 50 Mil­lionen jährlich erfordern würde.

Dawson (Neu-Mrxiko), 23. Okt. Infolge der gestrigen Explosion "auf der Hirschschlucht- Kohlengrube sind 130 bis 180 Bergleute eingeschlossen. Fünf sind bisher gerettet worden. Starke Abteilungen von Rettungsmannschaften ver­suchen, in das Innere der Grube einzudringen. Man glaubt, daß genügend Luftzufuhr vorhanden ist und daß eine große Zahl der Eingeschloffenen gerettet werden kann. Zahlreiche Frauen und Kinder umlagern dis Schachteingänge.

WürttLtiwLi'g.

Stuttgart, 24. Okt. Da heute früh die Post aus dem Westen ausblieb und die Schnellzüge von Karlsruhe her mit zwei- bis dreistündiger Verspätung einliefen, entstanden Gerüchte von einer Zugs­entgleisung auf den badischen Bahnen. Sie haben sich als unrichtig erwiesen. Die Verspätungen sind darauf zurückzuführen, daß die Ueberleitung des Verkehrs vom alten auf den neuen Bahnhof in Karlsruhe zu einer erheblichen Störung geführt hat. Es traten besonders Störungen in der elektrischen Weichenftellung ein, sodaß die Züge oft stundenlang warten mußten, bis sie einlaufen konnten.

Stuttgart, 21. Okt. Der Reinertrag der Gesellschaftslotterie des Württ. Krieger­bundes beträgt 31150 Mk. 83 Pfg. Je 2000 Mk. werden der Witwen- und Waisenkaffe und der allge­meinen Bundeskaffe überwiesen. 21000 Mk. bilden den Grundstock derEhrenpräsident von Wöllwarth- Spende" zu Wohlfahrtszwecken.

Da treffen Sie ja dann auch Ihren Freund und alten Bekannten von Berlin wieder."

Alten Bekannten lasse ich gelten. Aber Freund?"

Na na verstellen Sie sich nicht so. Aber ich werde schon meine Augen offen halten."

Sie war schon wieder bis über die Ohren rot ge­worden. Vor Arger offenbar.

Aber reden Sie doch keinen Unsinn. Sonst ver­schwinde ich wieder. Dann haben Sie's."

Er wehrte mit beiden Händen ab.

Nein. Lieber nicht. Ta schweig' ich ganz stille, und" er konnte es nicht verschluckenlasse die Tatsachen reden."

Sie sind doch unverbesserlich," schalt sie mit komischem Arger.Nun gehe ich auch zur Strafe."

Auch wenn ich Abbitte leiste?"

Auch dann. Also bis morgen auf Wiederiehen. Um halb zwölf Uhr denke ich?"

Einverstanden. Aber Wort gehalten!"

Habe ich das je nicht?"

Nein, wirklich. Ich bitte nur Verzeihung."

Sie schüttelten sich geschwisterlich die Hände. Dann ging sie mit festen, energischen Schritten, während er zur Begleitung bis zur Haustüre hinter­drein marschierte.

Dann kehrte er in sein Zimmer zurück. Es war ihm seltsam leicht zumute geworden durch diese Be­gegnung. Wie ein frischer Luftzug hatte sie ihn durchweht.

Und diese Stimmung hielt an. Maja freute sich am Nachmittage kindisch über seine gute Laune.