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^ 167.

Neuenbürg, Samstag den 18. Oktober 1913.

71. Jahrgang.

Rundschau.

Die Jahrhundertfeier der Völkerschlacht der Leipzig.

Wir feiern heute den großen Nationalfest­lag, wir Deutsche insgesamt, die sich als solche fühlen und nicht in der Verblendung eines öden Hasses verleugnen, was uns die Weltgeschichte am 18. Oktober vor 100 Jahren gegeben. An diesem Tage hat sich das deutsche Volk, haben sich unsere Vorfahren das Vaterland zurückerobert, die drückende Fremdherrschaft abgeschütlett, warum sollen wir, die Nachkommen jener großen Vorfahren uns dessen nicht mit Stolz und Freude erinnern, warum sollen wir diesen nicht als nationalen Festtag begehen. Die Grollenden stellen sich abseits und sagen:Wir haben keinen Teil daran". Ja warum denn nicht, kann ein Deutscher sein deutsches, sein vaterländisches Fühlen wirklich so weit verleugnen. Diese Miß­mutigen oder die sich künstlich zum Mißmut erregen, behaupten, der Tag solle zu einer Fürstenoerherrlichung gestempelt werden. Im Gegenteil, soviel ist aus der Geschichte fast jedem Kinde in Fleisch und Blut übergegangen, daß das große Jahr 1813 das Jahr der Volkserhebung oder vielmehr der Völkererhebung war, von der die Fürsten, die wahrlich lange genug zögerten, schließlich eben milgerissen wurden. Das sind Tatsachen, die als geschichtlich erwiesen vor uns stehen. Deshalb ist es doch keine Geschichtsfälschung, wenn unsere Fürsten heute den großen Tag ebenso milfeiem wie das Volk, im Gegenteil es ist das Zeichen einer erfreulichen Harmonie, daß Fürsten und Volk sich zusammen des großen Werkes der Wiedererrichtung unseres deutschen Vaterlandes freuen; sie bekunden ja damit am besten, daß sie miteinander gehen müssen, wenn sie das so schwer Errungene erhalten, weilerbauen wollen. Das ist's im Grunde, was den Nörglern den herrlichen Ehrentag vergällt.

Der Kaiser weilte die letzten Tage vor seiner Anwesenheit in Leipzig in Westdeutschland. Er wohnte daselbst zunächst der am Dienstag ftatt- gefundenen Einweihung der neuen Mosel­brücke in Trier bei, nahm darauf am Mittwoch vormittag an der Einweihung der neuen evangelischen Erlöserkirche in dem Eifelstädtchen Gerolstein teil, und traf von dort gegen 4 Uhr nachmittags des genannten Tages in Bonn ein. wo er bei seinen er­lauchten Verwandten dem Prinzen und der Prinzessin Adolf zu Schaumburg Lippe abstieg. Am Freitag abend reifte der Kaiser von Bonn nach Leipzig ab.

Leipzig, 16. Okt. In der Stadtverordneten- sitzung kam es zu lebhaften Debatten und zu Lärm­szenen gelegentlich der Beratung einer sozialdemo­kratischen Anfrage. Der Rat der Stadt hatte die sozialdemokratischen Plakate, die als Protest gegen die Enthüllung des Völkerschlachtdenkmals zu 5 Versammlungen aufliefen, trotz polizeilicher Ge­nehmigung entfernen lassen.

Die Wiener Jahrhundertfeier zur Erin­nerung an die Völkerschlacht bei Leipzig fand am Mittwoch mit der Einweihung einer Gedenktafel am Geburtshause des Fürsten Karl Schwarzenberg, des Generalissimus der verbündeten Heere in der Leipziger Schlacht, ihre Einleitung. Mit einem militärischen Empfang beim Kaiser Franz Josef im Schönbrunner Schloß fand alsdann am Donnerstag die Feier ihren Abschluß.

Großfürst Kyrill von Rußland traf nach Beendigung seines offiziellen Besuches am Dresdner Hofe am Mittwoch gegen Abend in Leipzig ein, wo er als Vertreter des Zaren bei der Einweihung der russischen Gedächtniskirche und des Völkerschlacht­denkmales bis Sonntag verweilen wird. Während seines Aufenthaltes in Dresden soll ein Anschlag gegen ihn geplant gewesen sein. Ein aus Berlin zugereister Fremder, angeblich ein Student, ist in

dieser noch etwas mysteriösen Angelegenheit von der Dresdner Polizei in Haft genommen worden. Bei dem Verhafteten wurden ein sckarfgeschliffener Dolch und ein geladener sechsläufiger Revolver aufgefunden. Es heißt, der Verdächtige gehöre der russischen Anarchistenpartei an.

Der russische Minister des Auswärtigen. Ssas- sonow, welcher bislang in dem bekannten französ. Badeorte Vichy zur Kur weilte, ist am Mittwoch von dort in Paris eingetroffen. Ssassonow wird einige Tage in der französischen Hauptstadt Aufent­halt nehmen, um mit den maßgebenden politischen Persönlichkeiten Konferenzen zu pflegen.

In Baden, wo der Großblockgedanke zu Hause ist, ist der Wahlkampf nunmehr auf der Höhe angelangt. Am Dienstag schon soll die erste Ent­scheidungsschlacht geschlagen werden. Zum drittenmale seit der Reformierung des Wahlrechts stehen sich Rechte und Linke in geschlossener Front gegenüber, fechten den Kampf um die Mehrheit im Landtag aus, aber die vorausgegangenen Kämpfe waren fast nur harmlose Vorspiele zum jetzigen, wo das Ringen fast Mann gegen Mann geht. Lückenlos hat sich die Rechte zusammengeschloffen, während im Lager der Linken einige Lücken klaffen, die den Gegner natürlich doppelt zur Entfaltung seiner Kräfte an­spannen. Man sieht deshalb dem Ausgang dieses Kampfes in der ganzen politischen Welt Deutschlands mit berechtigter Spannung entgegen.

Altengrabow, 17. Oktober. Ein Militär­eindecker mit Oberleutnant v. Freiberg als Führer und Hauptmann Häseler als Beobachter, der um l'/r Uhr morgens in Döberitz zur Fahrt nach Köln aufgestiegen mar, machte um 2^/t Uhr eine Not­landung in dem Schweinitzer Fort. Hierbei ereignete sich eine Explosion. Das Flugzeug geriet in Brand und Haupimann Häseler vom Feldartillerie Regt. Graf Waldersee, kommandiert zum Großen General­stab, wurde gelötet, während Oberleutnant v. Frei­berg Brandwunden erlitt.

Bamberg, 17. Oktober. In Kirchlautern bei Bamberg in Unterfranken stürzte heute früh ein Doppeldecker, der von Niederneuendorf kam, ab. Der Flieger Oberleutnant Koch und Sergeant Masche vom 37. Infanterieregiment sind tot.

Die Zerstörung des Marineluftschiffs L. 2.

Berlin, 17. Okt. Das Marineluftschiff L. 2 ist heute vormittag 10.15 Uhr kurz nach seinem Aufstieg vom Flugplatz Johannistal in 300 Meter Höhe explodiert. Sämtliche Insassen sind tot. An Bord befanden sich außer der Fahrbesatz­ung die Marineabnahmekommission unter Führ­ung von Korvettenkapitän Behnisch und als Ver­treter der Zeppelinwerft Kapitän Gluud. Das Gerippe des L. 2 liegt auf freiem Felde, kaum 200 Meter von der Luftschiffhalle entfernt. Von dem Luftkreuzer ist kein Teilchen mehr zu retten. Noch im Aufsteigen begriffen, erfolgte in einer Höhe von etwa 100 Metern in der vorderen Gondel eine Explosion. Das Luftschiff senkte sich, die 6 Insassen der vorderen Gondel stürzten zur Erde. Von der 26 Mann starken Besatzung s gab nur einer ein schwaches Lebenszeichen. ^ Sämtliche Mitglieder der Abnahmekommis- ' sion des Reichsmarineamts sind ums Leben ge- i kommen. Bis Mittag sind 16 Tote geborgen ^ worden. Sie waren zum Teil furchtbar zerstümmelt. i Ein Augenzeuge erzählte: Das Luftschiff hatte eben die letzten Fliegerschuppen passiert, ich verfolgte es noch mit den Blicken, als ich plötzlich das ganze Luftschiff in Flammen sah. Ich war wie erstarrt und hörte wenige Sekunden später eine furchtbare Explosion, wobei höchstwahrscheinlich die Benzin- ^ behälter explodiert waren. Mit furchtbarem Krach flogen die brennenden Trümmer auf eine Wiese, unmittelbar in der Nähe eines Gehöftes, kurz vor der Brücke des Teltowkanals nieder. Der Ort der

Katastrophe liegt dicht vor dem Flugplatz. Furcht­bare Einzelheiten werden gemeldet. Schon aus dem brennenden Wrack stürzten menschliche Körper herab. In der vorderen Gondel sah man einen vollkommen verkohlten Menschen noch aufrecht stehend. Der einzige Offizier, der schwerverletzt mit dem Leben daoonkam, schrie unter furchtbaren Qualen, als man ihn wegtrug: schlagt mich doch tot. Die Leichen sind zum Teil bis auf die Knochen verbrannt. Ein anderer Augenzeuge berichtet: Das Luftschiff hatte gerade den letzten Flugzeugschuppen passiert, als ich das ganze Luftschiff in Flammen sah. Wenige Sekunden später hörte ich eine furchtbare Explosion, wahrscheinlich von den Benzinbehältern. Wir suchten die Verletzten aus den Trümmern herauszuziehen. Die Rettungsarbeiten waren sehr erschwert durch die glühenden Drähte und die brennenden Aluminiumteile. Wir zogen die Verletzten aus den Flammen und legten sie auf die Wiese. Noch schwieriger gestalteten sich die Arbeiten bei der vor­deren Gondel. Jede Hilfe war beim besten Willen unmöglich. In der vorderen Gondel sah ich einen vollkommen verkohlten Menschen stehen. Wegen der zu großen Hitze haben wir unsere Bemühungen vor­läufig einstellen müssen. Soldaten suchen mit Beilen und Hacken die Trümmer auseinanderzuschlagen und das Aluminiumgerippe auseinanderzureißen.

Berlin, 17. Okt. Die Ursache des Unglücks wird sich wohl nie feststellen lassen. Ein Vergaser- brand wäre sehr leicht möglich. Reibungselektrizität, die die Ballonetts entzündete, ist unwahrscheinlich. Ob die funkentelegraphischen Apparate bereits in Tätigkeit waren (was zu wissen von großer Wichtig­keit wäre), ist nicht mehr feststellbar, da der einzige Schwerverletzte inzwischen auch gestorben ist. Soeben 2 Uhr fliegt dieHansa", von Hamburg kommend, über Berlin, ohne vom Unglück zu wissen.

Berlin, 17. Okt. (Amtlich.) Das Marine­luftschiff L. 2 befand sich seit seiner Uebernahme durch die Marine im Probefahrtsverhältnis und sollte heule vormittag um 8 Uhr zu einer in den Abnahmebedingungen vorgesehenen kurzen Höhen- fahrt von Johannistal aus aufsteigen. An Bord befanden sich von der etalsmäßigen Besatzung der Kommandant, der Marineingenieur und 13 Mann, ferner von dem Reichsmarineamt die Luftschiff­abnahmekommission bestehend aus einem Offizier, 2 höheren Baubeamten, 1 Marineingenieur und 3 technischen Sekretären, von der Zeppelinwerft 1 Luft­schiffkapitän, 1 Ingenieur und 2 Monteure, ferner ein Kapitänleutnant als Kommandantschüler und 1 Armeeofsizier als Gast, im ganzen also 28 Per­sonen. Kurz nach 8 Uhr vormittags wurde das Schiff aus der Halle geholt und stieg nach sorgfältiger Erprobung aller Teile, vor allem der Motore. und nach Auswechslung einer Zündmaschine in der Hinteren Gondel um 10.16 Uhr vormittags auf. Es erreichte rasch eine Höhe von 700 Metern. Um 10.19 Uhr wurde von zuverlässigen Persönlichkeiten beobachtet, daß im ersten Drittel der vorderen Motorgondel zwischen Gondel und Hülle eine Flammengarbe entstand, die zunächst das Vorschiff bis zur Spitze in Brand setzte. Das Feuer breitete sich schnell nach hinten aus und zerstörte die äußere Hülle. Für einen kurzen Augenblick waren die Hinteren Gaszellen noch unversehrt sichlbar, wurden dann aber gleichfalls vom Feuer ergriffen. In höchstens 23 Sekunden stand das ganze Schiff in Flammen und eine Explosion wurde etwa aus 700 Meter Entfernung gehört. Gleichzeitig senkte sich das Luftschiff, fiel zuerst horizontal, dann sich langsam mit der Spitze nach unten neigend bis auf etwa 40 Meter Höhe vom Erdboden. Hier erfolgte eine zweite Explosion, die, aus der schwarzen Rauchentwicklung zu schließen, vermutlich von Benzin herrührte. Beim Aufprallen auf den Erdboden erfolgte eine dritte, jedoch schwächere Explosion. Das Gerippe stürzte in sich zusammen. Die Haltemannschaflen der Marineluftschiffableilung