sei durch Uebernahme derSchwabenrvarle" wieder ! ein eigenes Organ geschaffen worden. Die Auf­wärtsbewegung, die die Partei überall im deutschen Reiche zur Zeit erlebe, habe auch in Württemberg kräftig eingesetzt. Landtagsabgeordneter Oberbürger­meister Dr. Keck-Göppingen sprach hierauf über Steuerfragen. Die Frage, ob Ertragssteuer oder Vermögenssteuer werde sich wohl zu Gunsten der letzteren entscheiden, da das Problem des Schuld­abzugs bei den Ertragssteuern eine befriedigende Lösung nicht leicht werde finden können. Durchaus notwendig sei die Einräumung einer größeren Selb­ständigkeit und Bewegungsfreiheit an die größeren württ. Gemeinden bezüglich der Deckung des Finanz­bedarfs. Die Ertragssteuern sollten künftig lediglich den Gemeinden dienen. Die Revision der Gewerbe­steuer könne unter gar keinen Umständen aufgeschoben werden, möge das Reformwerk einen Gang nehmen, welchen es wolle. Reichstagsabgeordneter Keinath - Stuttgart hielt hierauf einen glänzenden, von hervor­ragender Sachkunde zeugenden Vortrag überReichs- politik. Das Balkangewitter sei glücklich vorüber­gegangen, bei uns habe es erfreulicherweise nicht eingeschlagen. Aber man hatte überall die Empfindung, als ob dabei auch ein Stück unserer deutschen Zukunft mit entschieden werde. Es gebe auch Leute, die der Ansicht seien, daß dieser eherne Schritt der Welt­geschichte nicht immer den rechten Widerhall im Reichstag gefunden habe. Bei seinem Wieder­zusammentritt liege dem Reichstag ein ziemlich be­trächtlicher Stoß unerledigter Entwürfe und Kom- misfionsbeschlüfse vor, so die Frage der Konkurrenz­klausel, die wohl nicht zu allgemeiner Befriedigung werde gelöst werden, der nationalliberale Antrag wegen reichsgesetzlicher Regelung des Submissions­wesens, die Forderung nach reichsgesetzlicher Regelung des Wohnungswesens, der Gesetzentwurf über das Petroleummonopol. Mit der neuen Wehrvorlage sei auch ein Gedanke durchgeführt, der in diesen Tagen sein 100jähriges Bestehen feiern könne: die allgemeine Wehrpflicht. Anzuerkennen sei, daß alle bürgerlichen Parteien sich der Einsicht von der Not­wendigkeit der neuen Rüstung nicht verschlossen hätten. Das Nationalgefühl und Veranwortlichkeitsgefühl der Parteien sei bei uns Gott sei Dank im Wachsen begriffen. Der Bedrohung der einzelstaatlichen Finanzen durch die Reichsfinanzgesetzgebung müsse man mit ernster Sorge entgegensetzen. Der Redner bezeichnet sich als Gegner einer Reichsvermögens­steuer, weil dadurch den Bundesstaaten die letzte Möglichkeit genommen werde, ihren Staatshaushalt in Balance zu halten. Bei der Konzentration des Liberalismus in der Arbeit werde die Nationalliberale Partei nicht vergessen, daß diese nicht über die nationalen Vorstellungen hinweggehe, vielmehr werde sie den Gedanken pflegen, daß eine freie Kultur nur möglich ist, wenn sie geschützt ist durch eigene Macht und Stärke. Der Präsident des Deutschen Bauern­bundes, der preußische Landlagsabgeordnete Guts­besitzer Wachhorst de Wente sprach zum Schluß über wirtschaftliche Fragen und über den Schutz der nationalen Arbeit. Heutzutage lebe man

in der Zeit der Berufsorganisationen. Wenn diese , bestrebt seien, ihre Interessen zu vertreten, sei es selbstverständliche Pflicht für den Abgeordneten, sich nicht zum ausschließlichen Werkzeug irgend einer dieser Organisationen zu machen, sondern über diesen Organisationen zu stehen und bemüht zu sein, die Interessen auszugleichen. i

Eningen u. A., 13. Okt. Das Dampfsäge- ^ werk von Gotthilf Eger in Eningen bei Reutlingen ging durch Kauf in den Besitz des Karl Zwerens von Reutlingen über. Die Uebernahme erfolgt am 1. Januar 1914.

Münsingen, 15. Okt. In Bernloch hatte ein Bauer eine Kuh gekauft. Als er mit ihr heimwärts ! ziehen wollte, griff ihn das Tier an, warf ihn zu j Boden und trat auf ihm herum. Der Mann mußte > im Wagen heimgefahren werden. i

Oehringen, 15. Okt. Bei der Versetzung ! eines Gartenhauses des Kupferschmieds Meister ! war auch der zu Besuch hier weilende Sohn behilf- ! lich. Offenbar durch Nachgeben einer Winde bekam ! das Gartenhaus das Uebergewicht und erdrückte den i Bedauernswerten, der sich nicht mehr hatte in Sicher- ! heit bringen können. Die Sanitätskolonne konnte nur noch einen Toten nach Hause bringen.

Künzelsau, 15. Okt. (O Schmerz laß' nach!) Ein Wirt in Amrichshausen bringt im Amts­blatt folgenden Herzenserguß:Denjenigen, der mich während der Einquartierungstage vom 21. bis 22. Sept. d. I. wegen Uebertretung der Polizeistunden (§ 365) angezeigt hat, betrachte ich als einen ganz ordinären i niederträchtigen Menschen".

Mainhardt, 15. Okt. In manchen Wald- j teilen des Mainhardter Waldes gibt es so viele reife Heidelbeeren, daß es sich lohnt, sie zu pflücken.

Neckarsulm, 15. Okt. Am Montag und gestern wurde in unseren Weinbergen stramm ge­herbstet. Es wurde viel gesucht und wenig gefunden. Bei der hiesigen Weingärtnergesellschaft werden etwa 30 Hektoliter insgesamt abgeliefert und zum Verkauf ausgeschrieben. Die Quantität ist also sehr gering; umso besser stellt sich die Qualität. Der 1913er wird einen guten Tropfen abgeben. Wie in anderen Gegenden, so ist auch hier die Tatsache zu verzeichnen, daß manche Stellen des Rebgeländes einen ganz schönen Behang haben, wie z. B. in Erlenbach einzelne Flecken einen Glücksherbst abgeben.

Lauffen a. N., 15. Okt. Die Traubenlese ist beendet. Sang- und klanglos verlief sie Heuer. In kleinen Kübelchen trugen die Leute ihre wenigen Träubchen heim. Ein Herbst ist vorbeigegangen so gering, daß selbst die ältesten Personen sich keines solchen erinnern können. Noch keine 100 Hektoliter von 600 Morgen im Ertrage stehender Weinberge das ist der ganze Lohn der sauren Arbeit und der vielen Mühen und Kosten, die der Weingärtner das Jahr über hatte. Die Keltern mit ihren schönen, neuen, hydraulischen Pressen bleiben verschlossen, nur weniges konnte verkauft werden zum Preise von 200 Mk. dem Eimer nach.

Biberach, 15. Okt. Die Erdbebenwarte zeigte gestern vormittag 9 Uhr 26 Minuten ein starkes Erdbeben an.

Stuttgart, 16. Oktober. (Vom Markt.) Auf dem heutigen Großmarkt kosteten Aepfel 1228 »f, Birnen 12 bis 30 Preiselbeeren 35 ausländische Trauben 18 bis 26 2 -, Quitten 2225 »s per Pfund. Auf dem Kartoffel, großmarkt war der Preis für runde 2,502,80 ^ per Zentner. 100 Stück Filderkraut kosteten 1216

vermischtes.

Von der Alb, 16. Okt. Dachte da ein Bäuer­lein sein leeres Mostfaß selbst zu reinigen, da es in diesem obstarmen Herbst nicht auch noch einen Küfer leiden mochte. Die Sache ging nicht schlecht von statten. Die Reifen gelockert und den Deckel heraus­genommen und darauf losgefegt! Als das Faß in der Oktobersonne getrocknet war, wollte der gute Mann den Deckel wieder darauf machen, allein trotz allem Probieren brachte er die Arbeit nicht zum Abschluß. Da fährt ihm ein praktischer Gedanke durchs Hirn: er stellt seinen Buben in das Faß, der den Deckel aufwärts drückt und hält. So gings und die Arbeit gelang trefflich, aber o weh, jetzt kam der Bub daran, der schrie etwas besorgt zum Spundloch heraus:Du, Vater, etz ka' i jo nemme raus!" Da mußte schließlich doch der Küfer her und für den Spott hatte der Mann nicht zu sorgen.

Prosit! Recht würzigen Most hat sich ein Bürger in einem Dorfe gekeltert. Nach jeder Kost­probe mundete das Selbstprodukt komischer, ohne daß die Ursache des sonderbaren Geschmacks er­gründet werden konnte. Das Rätsel löste sich, als die Ehefrau nach einem Sack neuer Zwiebeln Umschau hielt, der seinen Platz neben dem Kelterobst gefunden halte, nun aber leer war, weil der Mann im Eifer die Zwiebeln mitgekeltert hatte.

München, 8. Okt. Nicht falsch spekuliert hatte ein Buchhändler, der ein Inserat in einer großen Anzahl von Tageszeitungen erließ, das folgenden Wortlaut hatte:

Was muß ein junges Mäd- chen vor der Ehe wissen? Aus­führliches Werk gegen Nachnahme von 2.40 Mark".

Einem so verlockenden Angebot konnten natürlich zahlreiche ebenso wissensdurftige wie heiratslustige junge Mädchen nicht widerstehen und der findige Buchhändler erhielt über 25 000 Bestellungen. Was die Bestellerinnen aber nicht erwartet hatten, war ein Kochbuch, das ihnen nun unter Nachnahme von 2.40 Mk. zuging. Aber wie so oft ist Undank der Welt Lahn. Der Buchhändler, der sich darum verdient gemacht hatte, daß sich die heiratslustigen Mädchen in der wichtigsten Hausfrauenkunst (die Liebe des Mannes geht ja bekanntlich durch den Magen) unterrichten konnten, wurde von einigen bösen Konkurrenten auf Unterlassung dieser Anzeige verklagt. Interessant ist nun, daß der Buchhändler in dem noch nicht beendeten Prozeß stolz erklären konnte, daß auch nicht eine einzige Bestellerin reklamiert hätte. Na also!

Urkraft der Kieke.

Roman von Karl Engelhardt.

8) (Nachdruck verboten.)

Alles um ihn her versank. Das Bild des Toten trat an die Stelle. Unwillkürlich schwebte aber noch ein anderes Antlitz durch feine Phantasie, nebelhaft, schattengleich-.

Maja-Fräulein Lichten-?!"

Er traute seinen Augen nicht. Er starrte sie an, wie eine Erscheinung. Ihr Kopf fuhr empor. Sie war nicht weniger erschrocken wie er. Schamvoll und scheu glühten ihre Augen zu ihm auf. Sie konnte kein Wort Hervorbringen.

Fräulein Lichten," begann er wieder,Sie-

Sie hier-?"

«Ich-meine Eltern kommen erst nach,"

stammelte sie. Blutröte übergoß ihr Gesicht.Da dachte ich daran, daß-was Sie mir vor­

gestern erzählten. Und ich suchte. Und fand es."

Sie kommen zu der Toten?"

«Ich-hatte soviel Mitleid mit der Armen,"

sagte sie leise. Sie konnte doch nicht sagen, daß sie viel, viel mehr Mitleid mit ihm selber hatte. Daß der Gedanke an ihn sie zu diesem Grabe gezogen hatte.

Es durchschoß ihn in glühenden Strömen. Das Blut stieg ihm brennend zu den Augen, daß sie sich verschleierten.

Dieser Zug von Herzensgüte und Gefühlstiefe überwältigte ihn. Er dachte nicht an die Umgebung. Er streckte Maja die Hand hin.

»Dank. Dank. Fräulein-Maja." auoll es

aus ihm hervor.Sie sind ein Engel. Wie soll ich Ihnen danken!" .

In tiefinnerer Freude hatte sie ihre Finger in die dargebotene Hand gelegt, unbekümmert um die Leute.

Ein tränenfeuchter Blick traf ihn.

Da übermannte ihn das Gefühl, das durch all die Erregungen der letzten Tage und Stunden aufs höchste gespannt war.

Er preßte ihre Hand, und seine Lippen flüsterten, kaum hörbarMaja-!"

Er fühlte an ihrer Hand, wie ein Beben ihre Ge­stalt durchrann. Ihre Finger zuckten in seiner Hand. Sie hielten sich immer noch, über das Grab hinüber. Keines dachte daran. Die Vergangenheit war aus­gelöscht für den Augenblick.

Dann sanken langsam ihre Arme. Sein Blick fiel auf das Grab und das Kreuz.Berta Throndhjem." Jäh durchzuckte es ihn. Rasch beugte er sich nieder, um etwas an den Blumen zu ordnen, die in reicher Fülle den Hügel bedeckten.

Schweigend sah sie ihm zu. Und das Herz klopfte ihr stürmisch.

Er richtete sich auf, blickte noch ein paar Augen­blicke ernst und stumm auf das Grab und wandte sich langsam.

Wir wollen gehen."

Wir-! Wie dieses Wörtchen sie traf-!

Sie folgte ihm gehorsam.

Und er ging voran. Die Gedanken jagten sich in seinem Kopfe. So sehr, daß es ihm unmöglich war, sich zur Klarheit durchzuringen. Nur eines fühlte er. Das leuchtete wie eine Sonne.

Nun konnte er nicht mehr zurück. Sein Weg war ihm klar vorgezeichnet. Für sein Benehmen von vor­hin gab es nur eine Auslegung. Wenn er kein Schuft sein wollte.

Als sie vor dem Eingänge angekommen waren, bog er in einen Seitenweg ein, der wenig begangen wurde.

Sie schritten jetzt nebeneinander her.

Fräulein Maja,-darf ich Ihren Vater

um sein höchstes Kleinod bitten?"

Jetzt war es heraus. Die Freude, die Über­raschung griffen ihr so mächtig ans Herz, daß ihr fast die Knie versagten. Sie vermochte nicht zu ant­worten.

Da fragte er noch einmal:

Geben Sie mir keine Antwort?"

Sie sah zu ihm auf und ihre ganze, tiefe Liebe leuchtete aus ihren dunklen Augen.

Wenn ich Sie glücklich machen kann-!"

sagte sie mit halblauter, aber fester Stimme.

Ich danke Ihnen, Fräulein Maja." Er kehrte wieder um.Also dann bis morgen, nicht wahr?"

Wollen Sie nicht warten, bis meine Eltern kommen?"

Nein, ich möchte nicht vor morgen mit ihnen reden. Es stürmt noch alles zu mächtig in mir. Sie -Du verzeihst mir, nicht wahr?"

Sie nickte nur.

Er reichte ihr die Hand.Auf Wiedersehen-

liebe Maja!"

Auf Wiedersehen!" sagte sie innig.

(Fortsetzung folgt.)

Druck und Verlag der C.Meeh'sche» Buchdruckerei des Enztälers (Inhaber G. Conradi) in Neuenbürg.