«US StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Seine Majestät der König hat den Ge- richtsassessor Kaufs mann, AmtsanwaWür Neuen­bürg und Calw, Hilfsrichter in Neuenbürg, zum Amtsrichter in Geislingen a. St. ernannt und den Finanzamtmann Sihler in Neuenbürg auf eine Finanzamtmannstelle bei dem Hauptsteueramt Stuttgart seinem Ansuchen entsprechend versetzt. Ferner hat Seine Majestät der König den Eisenbahn­praktikanten I. Klasse Strölin zum Oberbahn­assistenten in Neuenbürg ernannt und eine Finanz­sekretärstelle bei dem Kameralamt Neuenbürg dem Finanzpraktikanten Schütt in Ludwigsburg über­tragen. Je eine technische Eisenbahnsekrelärstelle bei der K. württ. Eisenbahnbauinspektion Pforzheim wurde dem Feldmesser Killinger und dem Bau­werkmeister Volk übertragen.

Hauptlehrer Weidle in Neuenbürg, der schon längere Zeit leidend ist, wurde in den Ruhestand versetzt.

Neuenbürg, 20. Juli. Am heutigen Sonn­tag mittag wurden wir hier durch ein heftiges Erd­beben überrascht und erschreckt. Es war nach hiesiger Stadtkirchenuhr 1 Uhr 10 Minuten, als plötzlich 3 Erdstöße mit wellenförmiger Bewegung in zunehmen­der Heftigkeit erfolgten, begleitet von einem Getöse, das wie fernes Donnerrollen empfunden wurde. Wir verspürten, im Zimmer sitzend, deutlich ein Zittern und Schwanken des Hauses und hörten ebenso deut­lich das Zittern und Klirren von Zimmer- und Küchengeräte und der an den Wänden hängenden Gegenstände. In den oberen Stockwerken des Hauses war das Schwanken noch deutlicher zu spüren, so daß in den Mansardenzimmern Bilder von den Wänden fielen. Die ganze Erscheinung dürfte nach unserer Wahrnehmung auf die Zeit von 10 bis 15 Sekunden zu bemessen sein. Frauen, Männer und Kinder eilten auf die Straße, um ihre Wahrnehm­ungen über das soeben erlebte schreckliche Ereignis gegenseitig auszutauschen, indem man natürlich Ver­gleiche zog mit dem letzten großen Erdbeben vom 16./17. November 1911. Wie damals, so sind wir auch heute von schädlichen Folgen gnädig bewahrt geblieben. Wäre das Erdbeben wieder bei Nacht eingetreten, so wäre die Bestürzung und der Schrecken noch größer gewesen, so aber hat man das böse Naturereignis verhältnismäßig gut überstanden. Man wird die nun von auswärts eintreffenden näheren Nachrichten mit lebhaftem Interesse verfolgen. Merkwürdigerweise gestaltete sich am heutigen Nach­mittag das Wetter bald nach dem Erdbeben für einige Stunden so freundlich, daß man allgemein hoffte, es werde nun mit der bisherigen nassen Wit­terung ein Ende haben. Bald nach 4 Uhr aber verdüsterte sich der Himmel und die alten Gewitter­regen setzten wieder mit kürzeren oder längeren Pausen ein.

/X Herrenalb. 20. Juli. Heute nachmittag 10 Minuten nach 1 Uhr wurden hier mehrere Erd­stöße wahrgenommen, die unter der Einwohnerschaft vielfachen Schrecken verursachten.

Doktor Stillfried.

Humoristischer Roman von Dora Duncker.

341 (Nachdruck verboten.)

Amalie war froh, daß der kleine Anfall so rasch überstanden war.

«Also die Kronenhummer wenn Du nicht willst, daß sie in Hamburg bestellt werden"

Nein."

Ich habe oben in meinem Sekretär noch ein Ver­zeichnis von Gothaer Geschäften. Ich gehe gleich mal Nachsehen."

Kann ich das nicht machen, Tante?"

Laß nur, Kind. Ich muß so wie so an den Wäscheschrank. Pappenheim braucht frische Bade- wäsche."

Kaum, daß Mariechen allein geblieben war, stieß sie den Stuhl, auf dem sie am Küchentisch gesessen hatte, hastig hinter sich fort und lief wie eine kleine Wilde zwischen der Küche und den beiden Vorrats­kammern hin und her. Im Vorübergehen füllte sie den Topf noch einmal mit frischem Wasser und setzte ihn hart und heftig auf den Küchentisch.

Das ganze Leben war ihr verdorben, seit Paul Radtke plötzlich wie ausgetauscht war. Alles, was zwischen ihnen gewesen, schien von einer Stunde zur andern ausgelöscht zu sein. Er umlauerte sie, als ob sie eine Verbrecherin wäre, blickte sie mit stummem, das freilich mußte sie eingestehen, traurigem Vorwurf an, ging jeder Begegnung unter vier Augen weit aus dem Wege, aber wohl schien ihm dabei selber nicht SU sein.

** Pforzheim, 20. Juli. Heute mittag gleich nach 1 Uhr 7 Minuten wurde die hiesige Einwohner­schaft durch einen starken Erdstoß mit wellenförmiger Bewegung, dem kurz vorher ein leichter vorausge­gangen war, erschreckt. Die Wände und die Bilder an den Wänden erzitterten, ein kurzes Rollen wie das Fortbewegen lose beieinander liegender Eisen­stangen, wurde gehört, während der Himmel, wie schon den ganzen Tag, doch einen Augenblick etwas stärker getrübt war.

Calw, 19. Juli. Bei dem Umbau und der Vergrößerung des württ. Bahnhofs Weißenstein ! wurde eine beträchtliche Auffüllung im Hochwaffer- j gebiet der dort in engem Tale fließenden Nagold ! vorgenommen, durch die nach den Berechnungen eine f Erhöhung des Hochwasserspiegels um 15 Zentimeter ; herbeigeführt wird. Da durch die Einengung des ? Flußbetts bei Hochwasser die gegenüber liegenden j Grundstücke beschädigt würden, soll nach einem Vor- i schlag der Wasser- und Straßenbauinspektion, mit ! einem allerdings hohen Kostenaufwand, das Flußbett ! auf der linken Seite verbreitert werden, um dem ^ Wasser einen glatten Abfluß zu gestatten.

Altensteig, 19. Juli. Die Heidelbeeren sind im Preise gesunken; es werden jetzt nur noch j 1820 selten mehr, bezahlt. Die Zufuhr zum Bahnhof ist jetzt eine große geworden. (Ä. d. T.)

Egs. Turner als Einjährige. Von besonderem Interesse sind die jüngsten Reichstagsverhandlungen, denen zufolge die alten Wünsche der Turner, auf Grund hervorragender turnerischer Fertigkeiten ein­jährig dienen zu können, der Erfüllung ein gut Stück näher gerückt sind. Die Vollversammlung des Reichstags hat am Mittwoch den 25. Juni beschlossen, den Schülern, die die Fachschulen, Baugewerkschulen und ähnliche Bildungsanstalten durchlaufen haben, sowie guten Turnern die Berechtigung zum Ein- jährigen-Dienst zuzubilligen und es steht zu erwarten, daß diese Beschlüsse des Reichstags beim Bundesrat keinen ernsthaften Widerspruch finden werden. Hoffentlich werden alle diejenigen jungen Leute, welche sich bisher noch dem Turnen ferngehalten haben, dadurch bewogen, sich den Turnvereinen anzu­schließen und den Leibesübungen mit Eifer obzuliegen.

Pforzheim. 19. Juli. Ein unaufgeklärter Ueberfall wurde gestern nachmittag in einem Spezereiladen der Grenzstraße auf die Frau des Ladenbesitzers Räpple verübt. Ein 18jähriger Un­bekannter kam in den Laden und verlangte Zigaretten. Während die Frau sich über die Schachtel beugte, zog der Fremde einen Revolver und drückte los. Der Schuß versagte, die Frau sprang zurück, worauf der Fremde einen neuen Schuß abfeuerte. Die Kugel ging fehl. Darauf floh er. Er wurde von mehreren Personen verfolgt, konnte aber nicht eingeholt werden. Man vermutet, daß es ein Irrsinniger ist.

Pforzheim, 19. Juli. Der heutige Schweine­markt war befahren mit 67 Ferkeln. Verkauft wurden 50 zum Preis von 4654 pro Paar.

Das mindeste, was ihn treffen kann," dachte Mariechen voll Rachsucht und Zorn. Und wie vor­her griff sie nach dem irdenen Topf und setzte ihn an die Lippen, um ihr rasches, heißes Blut zu kühlen.

Da fühlte sie sich plötzlich von hinten bei der Hand gepackt und eine Stimme, nicht weniger zornig als die ihre, rief ihr ins Ohr:Sie sollen das nicht tun, Fräulein Mariechen, Sie sollen nicht I"

Um eines Gedankens Länge weiter war ihr der Topf entwunden, gleichfalls hart auf die Tischplatte gestellt worden, und dicht vor sich sah sie Radtkes aufgeregtes, betrübtes Gesicht.

Das empörte Mädchen war im Begriff, ihn heftig anzufahren, aber seine traurige Miene entwaffnete ihren Zorn. Vielleicht wollte er endlich sprechen, ihr erklären, was zwischen sie gekommen sei.

Sie hatte sich stumm abgewendet und wartete. Nichts, kein Laut. Ihr Herz klopfte immer heftiger. Endlich hielt sie es nicht mehr aus. Sie drehte sich um, da stand Paul, hielt den alten irdenen Küchen­topf in der Hand und blickte mit verzweifelter Miene zwischen ihr und dem elenden Gefäß hin und her. Ein-, zweimal öffnete er den Mund, um etwas zu sagen. Die Stimme versagte ihm. Ihr wurde ordent­lich angst. Mein Gott, was konnte es nur sein, das ihn so erregte!

Endlich trat er ein paar Schritte näher auf sie zu, erhob den Topf mit beschwörender Gebärde und sagte mit erstickter Stimme:

Fräulein Mariechen, weshalb haben Sie so viel Durst?"

Leiste Nachrichten u. Telegramme

Berlin, 20. Juli. Die hiesige bulgarische Gesandtschaft hat folgende amtliche Depeschen aus Sofia erhalten: Die bulgarischen Dörfer in der Umgebung von Tikwisch jenseits des Wardar sind am 6. Juli von den Serben verbrannt worden. Die Mädchen sind von den Serben entführt, viele da­von gelötet worden. Die übrige Bevölkerung ist geflohen. Die Städtchen Kawadartzi und Negotin find am 7. und 8. Juli niedergebrannt worden. Ein Teil der Bevölkerung ist getötet, der andere nach Bulgarien entflohen. Der Kommandant von Dedeagatsch meldet, daß die bulgarischen Dörfer in der Umgebung von Jpasala von den Türken ver­brannt worden sind. Nach Berichten ist die bulgarische Bevölkerung des Dorfes Boulgarkö bei Kotschana getötet worden. Der Kommandant der bulgarischen Truppen an der türkischen Grenze berichtet, daß viele türkische Banden, welche der türkischen Armee vorausgingen, in die christlichen Dörfer eindringen und alles, was irgendwie zu erreichen ist, plündern. Unter diesen Banden befinden sich auch türkische Soldaten, die die Bulgaren in dem Kriege gefangen genommen hatten und die vor einiger Zeit, um ihre Felder zu bestellen, von den Bulgaren freigelassen wurden. Die ganze bulgarische Bevölkerung flieht vor der türkischen Armee, die Wege sind von Flücht­lingen überfüllt.

Konftantinopel,20. Juli. Die Pforte kündigt offiziell an. daß sie beschlossen habe, die Linie Maritza-Adrianopel zu besetzen.

Konstantinopel, 20. Juli. Die Regierung hat der Armee befohlen, Thrazien und Adria­nopel zu besetzen. In einer Note an die Mächte schiebt die Regierung die Verantwortung für etwaige Feindseligkeiten Bulgarien zu.

Belgrad, 20. Juli. Gestern nachmittag be­setzten unsere Truppen Kula in Bulgarien. Der Feind zog sich auf Vidin zurück. Mit der Einnahme von Kula haben wir die serbisch-bulgarische Grenze überschritten. Unsere Truppen setzen über 4 Punkte, die alle in Bulgarien liegen, den Vormarsch fort.

Athen, 20. Juli. Nach den neuesten amtlichen Meldungen waren die bulgarischen Streitkräfte wäh­rend der viertägigen Kämpfe vor Newrokop viel zahlreicher, als man ursprünglich angenommen hatte. Die Zahl der feindlichen Kanonen betrug 22. 18 wurden von den Griechen genommen, darunter 6 mit dem Bajonett. Die Bulgaren wurden voll­ständig vernichtet. Die Wege sind besät mit Waffen, Munition und Militärausrüstungsgegen­ständen. Die griechischen Truppen besetzten New­rokop unter dem Jubel der griechischen und musel­manischen Bevölkerung.

Bukarest, 20. Juli.L'Jndöpendance Ru- maine" erfährt, daß Rumänien, Serbien und Grie­chenland sich über die Grundlagen der Friedens­bedingungen geeinigt hätten und eine Konferenz aller Kriegführenden einberufen werden solle. Als Konferenzort schlugen Serbien und Griechenland Sinaia vor.

Da brach der natürliche Übermut ihrer achtzehn Jahre aus ihr hervor. Sie lachte laut auf, sie konnte sich nicht helfen. Er sah zu komisch aus mit dem Topf in der Hand und dieser verzweifelten Miene.

Durst? den habe ich immer gehabt. Schon als Kind schalt mich die Mutter dafür aus. Sind Sie eigens zu mir gekommen, nur um mich über meinen Durst auszuforschen, Herr Radtke?"

Er antwortete nicht, sondern sah sie nur starr an.

Schon als Kind?" fragte er endlich lang gedehnt. Und Ihre Mutter schalt Sie dafür ans?"

Ich sagte es Ihnen ja."

Und Ihr Vater-?" Der arme Junge fragte es atemlos.

Der nicht. Wasser trinken ist keine Sünde, meinte er. Das müsse wohl so im Blut liegen"

Im Blut liegen," wiederholte Radtke im Grabes­ton. Dann wandte er sich ab, wischte mit der Hand über die Augen und verschwand lautlos wie er ge­kommen war über die steile Küchentreppe.

Mariechen Stillsried sah ihm nach. Einen Augenblick wollten ihr die Tränen in die Augen steigen, aber sie schluckte sie tapfer herunter.Er ist verrückt," sagte sie laut vor sich hin. Dann fiel ihr Blick auf den häßlichen braunen irdenen Topf. In dem dunkeln Instinkt, daß das armselige Ding irgend etwas mit ihrem Schicksal zu tun habe, schleuderte sie ihn wütend auf die Fliesen, daß er in unzählige Scherben zersprang.

(Fortsetzung folgt.)