Redner über die Bekämpfung der Konsumvereine - durch die Handwerkskammern. Nächste Sitzung ! Dienstag 3 Uhr. !

Stuttgart, 8. Juni. Zur Feier des 25jähr. Regierungsjubiläums des Kaisers findet am 15. Juni, dem Todestag des Kaisers Friedrich 111., in den Garnisonskirchen Militärgottesdienst statt. Am 16. Juni werden sämtliche militärischen Gebäude beflaggt. Morgens ist großes Wecken, vormittags werden Appelle mit Ansprachen abgehalten, um 11 j Uhr ist große Paroleausgabe im Hofe der großen > Jnfanteriekaserne und dann werden die Mannschaften I festlich bewirtet. '

Stuttgart, 7. Juni. Die Daten für das ; Caruso-Gastspiel sind nunmehr endgültig auf j den 3,, 6. und 9. Oktober festgelegt. Am 1. Tag j wirdTosca", am 2. TagCarmen" und am 3. ? TagRigoletto" gegeben, wo Caruso denMario z Cavaradossi". denDon Jose" und denHerzog" ; singen wird. Die Eintrittspreise sind die gleichen. ! wie im Vorjahr. Der Vorverkauf beginnt am s Donnerstag, 12. Juni, an der Hoflheaterkasse. ) Schriftliche Bestellungen werden nur von auswärts i angenommen. ^

Stuttgart, 7. Juni. Im Hause Brenner- j straße 16. in dem sich die Wirtschaft zum Brenner- ) stüble befindet, wohnt im 3. Stock in einer Schlaf- ^ kammer seit drei Jahren der 30 Jahre alte Taglöhner s Paul Kaiser. Seit drei Wochen war nun Kaiser s beschäftigungslos und lag den Tag über im Bett, i Dies war ihm von der Wirtsfrau Rehm, der die ^ Kammer gehört, schon des öfteren untersagt worden z und gestern wurde ihm mitgeteilt, daß er heute aus- S ziehen müsse, falls er bis dahin keine Beschäftigung i habe. Heute mittag kurz vor 12 Uhr begab sich !

nun Frau Rehm in die Kammer hinauf, um sie !

herzurichten, fand aber Kaiser wiederum im Belt j liegend vor. Anscheinend machte sie ihm nun einen ! Vorhalt, worauf Kaiser kurzerhand ein ziemlich ' langes Messer ergriff und es ihr fast bis ans Heft ! ins Herz stieß. Mst einem Aufschrei fiel die Frau ! zu Boden und war sofort tot. Aus den Hilferuf i

hin eilten der Wirt Rehm und ein Bewohner des j

zweiten Stockes in die Kammer hinauf. Inzwischen § hatte sich Kaiser selbst die Kehle durchschnitten, ! sodaß auch bei ihm der Tod nach kurzer Zeit ein- , trat. Die beiden Männer fanden nur noch zwei j Leichen vor. Die nähere Untersuchung der Wirtin s Rehm ergab, daß sie auch einige Stiche in den s Rücken erhalten hatte, tödlich wirkte jedoch der Stich ? ins Herz. j

Stuttgart, 7. Juni. Nach dem Anschluß der s Süddeutschen Staaten an die Preußisch-Süd-i deutsche Klassenlotterie ist die Organisation ! der Lotlerieeinnehmerstellen in Süddeutschland voll- ^ ständig durchgeführt. Die Lotterie hat durch den ! Hinzutritt von Bayern eine weitere Vermehrung an I Losen und Gewinnen erfahren. Es werden für die ! nächste, am 9. Juli beginnende 229. Klassenlotterie ! 48 000 Stammlose und 4000 Freilose mehr aus- - gegeben, so daß im ganzen 428 000 Stammlose und ! 40 000 Freilose zur Verfügung stehen. Auch die

Zahl der Gewinne ist um 24 000 vermehrt worden, so daß im ganzen 214 000 Gewinne und 2 Prämien in der nächsten Lotterie eingesetzt sind, die sich auf 5 Klassen verteilen. Als Generalvertreter der 3 Süddeutschen Bundesstaaten (Baden, Württemberg und Bayern) ist ein weiterer Direktor in die Ge­nerallotteriedirektion in Berlin eingetreten. Im ganzen sind in der 5. Klasse der Preußisch-Süd­deutschen Klassenlotterie auf durch K. Württemberg- ische Lotterie-Einnehmer vertriebene Losnummern 5172 Gewinne mit 1 752 740 Mk. und in sämtlichen 5 Klassen der 2. Lotterie überhaupt Gewinne mit! zusammen 1 913 144 Mk. entfallen. ,

Ueber den Güterhandel in Württem- ! berg gibt derStaatsanzeiger" den üblichen Jahres­bericht für 1911. Daraus geht hervor, daß die Zahl der Güterhändler wie der gewerbsmäßigen Vermittlungsagenten zunimmi. Die ersteren sind von 210 in den Jahren 1907 und 1908 auf 220, die letzteren im selben Zeitraum von 387 auf 446 angewachsen. Dagegen haben die Güterzertrümmer­ungen nach Zahl und Gesamtfläche gegenüber 1910 ? abgenommen. Es ist aber ausfallend, daß der teil- , weise erheblichen Abnahme in den 3 übrigen Landes­kreisen eine starke Zunahme im Donaukreis gegen- ! übersteht: 44 gegen 29 Zertrümmerungen im Jahr ! 1910. Einzelne Fälle, in denen Güterhändler ^ außerordentlich hohe Gewinne erzielten, sind auch l für das Jahr 1911 zu verzeichnen. Als Grund ! für die Einleitung der Zertrümmerung wurde ermittelt ! Ueberschuldung in 44 (42) Fällen. Wegzug in 33 ! (57) Fällen, Ableben des Besitzers in 31 (32) Fällen, hohes Alter oder Kränklichkeit in 50 (55) Fällen, sonstige Ursachen in 71 (70) Fällen. Wie in früh­eren Jahren so wurden auch im Jahre 1911 zahl- ! reiche Umgehungen des Verbots der stückweise« Ver- z äußerung von Grundstücken beobachtet. Und dann l führt der Bericht in der nachgerade sterotyp gewor- ^ denen Ausführung die Praktiken an, die bei der s Umgehung des Verbots benützt werden. Wenn - man diese nun so genau kennt und Jahr für Jahr s feststellen kann, warum versucht man nicht auf gesetz- i sichern Wege dieser Umgehung des Verbots entgegen­zuwirken.

Heilbronn, 8 Juni. Die zum größten Teil s abgebrannte Zuckerfabrik Heilbronn wird nach einem Beschluß des Aufsichtsrates an der alten ' Stelle wieder aufgebaut werden. Der Bau soll l hiesigen Architekten übertragen werden. Die Auf- s rämungsarbeiten auf der großen Schutlfläche nehmen s viel Zeit in Anspruch, da der in ungeheuren Mengen verbrannte Zucker sich mit dem Schult vermischt,hat und eine feste Masse bildet.

Tübingen, 5. Juni. Im laufenden Sommer­halbjahr zählt die hiesige Universität 2234 Stu­dierende, darunter 45 weibliche. Gegen das Vorjahr sind das insgesamt 186 Studierende mehr. 1223 davon sind Württemberger.

Horb, 6. Juni. Der wegen Privaturkunden­fälschung und versuchten Betrugs hier verhaftete angebliche Maler Johann Konrad Schuster aus Gärtringen O/A. Herrenberg, wohnhaft in New Dark,

ist dringend verdächtig, in den Jahren 19111913 in den Gerichtsbezirken Horb und Herrenberg durch gefälschte Schreiben an Behörden usw. und Vor­spiegelung falscher Tatsachen versucht zu haben, sich Erbschaften zu verschaffen. Er hat sich in Stuttgart, wo er sich in den letzten Jahren wiederholt aufhielt, Georg Schmidt, Kaufmann aus New Jork genannt. Sein richtiger Name ist noch nicht ermittelt. Auf einem Arme hat er eine Tätowierung mit den Buchstaben G. H. Der Untersuchungsrichter am hiesigen Amtsgericht hat dringenden Verdacht, daß der angebliche Schuster-Schmidt anderwärts Erbschafts­schwindeleien verübt oder zu verüben versucht hat.

Gmünd, 8. Juni. Unter Führung des Bezirks­kommandeurs Oberstleutnants Fab er unternahmen die Reserve- und Landwehroffiziere des Bezirks­kommandos Gmünd Ende letzter Woche eine 3lägige Reise zur Besichtigung der Schlachtfelder bei Metz. Dort fanden mililärwissenschaftliche Vorträge über die Schlachten von Mars-la-Tour und Gravelotte statt. Außerdem fand mit Genehmigung des Gou­vernements Metz die Besichtigung eines Forts von Metz statt.

Lorch, 7. Juni. Ein allgemeines Fisch­st e r b e n wurde in der Rems wahrgenommen. Barben bis zur Länge von 50 bis 60 ew und zahlreiche kleinere Fische trieben tot die Rems abwärts. Auch auf den Wiesen wurden zahlreiche Fische, die vom Hochwasser ans Land getrieben wurden, angetroffen.

Heilbronn, 6. Juni. Zum Regierungsjubi­läum des Kaisers wird die Stadt eine Stiftung von 5000 zugunsten der Veteranen machen.

Schramberg, 8. Juni. Vor der Offenburger Strafkammer ist der Steinbrecher I. Kaspar in Wolfach, der seiner Zeit bei den Wegbauten im Wolfacher Gemeindewald verschiedene Sprengstücke zu nahe ans Feuer gelegt und durch die Explosion den Tod von 4, sowie die Schwerverletzung von 8 Arbeitern verursacht hatte, zu 8 Monaten Gefängnis, abzüglich zwei Monate Untersuchungshaft verurteilt worden.

Schwenningen, 8. Juli. Die von anderer Seite verbreitete Nachricht, daß ein Teil der Uhren­fabrik von Schlenker u. Kienzle nach Villingen verlegt werde, ist falsch. Der Stammsitz der Firma verbleibt in Schwenningen, wo der Betrieb ohne jede Einschränkung weilergeführt wird.

Vaihingen a. Enz, 5. Juni. Gestern nach­mittag kam die 10 Jahre alte Berta Brett in Oberriexingen beim Baden an eine tiefe Stelle und versank. Die mitbadenden Kinder vermochten ihr nicht zu helfen. Erst nach einigen Minuten erfuhr ein in der Nähe beschäftigter Schlosser von dem Unfall. Ec sprang kurz entschlossen ins Wasser, holte das Kind vom Grund herauf und stellte mit Hilfe eines anderen Schlossers Wiederbelebungs­versuche an, die nach einer halben Stunde von Erfolg gekrönt waren.

Friedrichshafen. 7. Juni. GrafZeppelin ist, nachdem er heute vormittag die in allen Teilen wohlgelungene erste Fahrt desL. Z. 19" persönlich geleitet halte, über Stuttgart nach Baden-Baden ab-

Doklor Strllfried.

Humoristischer Roman von Dora Duncker.

10) (Nachdruck verboten.)

Ich langweile mich, Doktor."

Immer das alte Lies, Sie beschäftigen sich zu wenig, schönste Rosatie, Sie gehen nicht. Sie baden nicht obwohl Ihnen das Letztere sehr nötig wäre." fügte er mit einem Blick über ihre nicht eben adrette Erscheinung boshaft hinzu.

Ich verkühle mich zu leicht, Doktor, wenn ich mit Wasser in Berührung komme." Sie wickelte sich fester in ihre Pelzboa.Sie wissrn das doch. Und Spazieren macht mir kein Vergnügen, gar keins, wenn ich nicht interessante Gesellschaft habe."

Rosalie Mengegold warf Stillfried einen ihrer leeren schelmisch sein sollenden Blicke zu.

Ter Doktor lachte sie ganz einfach aus.

Das machen Sie einem andern weiß, schönste Rosalie. Sie fürchten, beim Spazierengehen ein Quentchen Ihrer angenehmen Fülle zu verlieren, das ist des Pudels Kern."

Die Mengegold lachte mit und zeigte ihre schönen Zähne.

Sie sind einer, Doktor! Sie können so amüsant sein! Wenn Sie nur wollten, brauchte ich mich nicht so sehr zu langweilen."

Sie dehnte sich träge.

Wird bald unfhören mit der Langenweile," meinte Stillfried obenhin, seine Uhr uas der Westen­tasche ziehend.Für heute Schbu- '--er Svrechstunde."

Ter Doktor kramte ein paar Papier^ suiamms"

und als die Mengegold inzwischen noch immer keine Anstalten gemacht hatte, sich zu erheben, ließ er sie sitzen, wo sie saß, und ging seiner Wege.

Mit einem verdrießlichen Seufzer stand sie lang­sam auf. Nach und nach schien sie es doch zu be­greifen, daß mit dem Doktor nichts anzufangen sei. Also denn ein anderer.

Mit ihrem Gelde würde sich doch endlich ein Mann finden lassen!

Rosalie Mengegold hatte das Einspännigfahren gründlich satt.

Auf der kleinen Bank unter den großen Nuß­bäumen im Wirtschaftshos saßen Mariechen Stillfried und der junge Radtke dicht beieinander. Es war Feierabendzeit. Der schöne Sommertag war im Be­griff in Dämmerung zu versinken. Tie Purpurwolken, die über den Bergen gehangen hatten, färbten sich grau und grauer und zerflatterten endlich über den Häuptern der ragenden Riesentannen, sie in blasse Schleier hüllend. Bald würde hinter dem alten Kirch­turm jenseits der Straße der Mond aufgehen und die Sterne scheinen.

Mariechen hatte ein Tuch vor den Augen und weinte leise. Radtke sprach tröstend auf sie ein.

Nach emer Weile ließ sie das Tuch sinken und sah zu ihm auf. Ihr liebliches junges Gesicht trug einen Ausdruck rührender Ergsbung.

Sie glauben es, weil Sie selbst gut sind, Herr Radtke."

Liebes Fräulein Marie!"

^Aber ich glaube es vicht, oag Onkel Frrtz im

Grunde ein guter Mensch ist, und darum will ich fort, lieber heute als morgen."

Liebes Fräulein, was ist damit gewonnen? Sie laden Ihrem Vater nur eine neue Sorge auf es sei denn. Sie gestatteten mir, Ihrem Vater"

Sie unterbrach ihn heftig.

O bitte, Herr Radtke, sprechen Sie nicht davon, nie mehr, wenn wir Freunde bleiben wollen."

Es ist gut gemeint," sagte der junge Mann be­trübt.

Ich weiß, Herr Radtke, aber mein Vater! Sie kennen ihn nicht, er hat seinen Stolz, obgleich ihm das Leben übel mitgespielt hat, und er soll ihn be­halten."

Es wäre eine Anlage gewesen, ein Geschäft für mich, weiter nichts."

Das Mädchen hörte nicht mehr auf ihn.Wenn er wüßte, daß ich Onkel Fritz gebeten habe, ihn nach Wolkenstein zu rufen, würde er mir sogar bitter zürnen, und Onkel Fritz ist doch sein Bruder, der ihm viel zu verdanken hat. Sie wissen, mein armer Papa und Tante Amalie sind Halbgeschwister von Onkel Fritz. Als die Großeltern starben, war er noch ein Knabe. Da haben die älteren Geschwister ihn er­ziehen lassen und für alles gesorgt. Tante Amalie, die ein ganz armes Mädchen war, denn die Groß­eltern hatten nichts hinterlassen, hat die ganze Mühe mit ihm gehabt und Papa, der damals noch ein großer Mann war, hat für das übrige gesorgt. Daß er ihn jetzt im Elend sitzen läßt, ist der Dank dafür, und das nennen Sie ein im Grunde guter Mensch!"

(Fortsetzung folgt-