Waller Bloem), wie auch gegenüber dem Schöpfer des Prachtbaus, Geheimral Litlmann, bei dem an­schließenden Bankett im Königsbausaal in herz­lichen Wünschen der Festteilnehmer zum Ausdruck. Dabei wurde dem Generalintendanten zu Putlitz eine ganz besondere Ehrung und Ueberraschung zuteil: Der Berliner Generalintendant, Gras Hülsen-Häseler, überreichte Hrn. zu Putlitz im Auftrag des Kaisers die Brillanten zum Roten Adlerorden 1. Klasse. Beim Festmahl gab sodann als erster Redner Baron zu Putlitz dem tiefen Dankgefühl für alle diejenigen Ausdruck, die zur Vollendung des Werks beigetragen haben. Er hob das regste Interesse des Königs­paars für den Theaterbau mit besonders rühmenden Worten hervor und gab die Versicherung, daß jedes Mitglied des Hoflheaters bestrebt sein werde, diesem hohen Interesse Ehre zu machen. Dem Danke der Stadt und des ganzen Landes gab der Redner in einem von den Teilnehmern begeistert angenommenen Hoch auf das Königspaar Ausdruck. Graf Hülsen- Häseler, der Generalintendant der Berliner Hof­theater, wies darauf hin. daß die Einweihung der Stuttgarter Hoftheater nicht nur für Stuttgart, sondern für das ganze Bühnenleben ein gewaltiger Denkstein und ein bedeutungsvolles Ereignis sei und gedachte der lebenden und der verstorbenen Künstler. Mit besonders herzlichen Worten rühmte er Baron zu Putlitz' Wirksamkeit, des Mannes, der der Theater­stadt Stuttgart ihre Note und ihren Namen geschaffen habe. Mit einem Hoch auf die Stuttgarter Kunst und Künstler schloß er seine glänzenden, feinsinnigen Ausführungen. -Es folgte eine ganze Reihe weiterer Trinksprüche und Reden, so von Finanzminister v. Geßler auf den Schöpfer der neuen Hoftheater, Geheimrat Littmann und seine Mitarbeiter, worauf Geheimrat Littmann erwiderte und der hohen Ver­dienste des Stuttgarter Generalintendanten um das ganze Bauwesen gedachte, auf den er ein be­geistert aufgenommenes Hoch ausbrachte. Ober­bürgermeister Lauten schlager sprach auf die Mit­glieder des Deutschen Bühnenvereins, Hofkammer­direktor v. Wiedersheim auf das einmütige Zu­sammenwirken von Stadt und Krone in der Hof­theaterfrage. Gustav Kadelburg erfreute durch einen witzigen Trinkspruch in gebundener Rede, wo­bei er u. a. meinte,in diesem Hause durchzufallen, selbst das noch ein Vergnügen sei." In humorvoller Weise sprach Dr. Walter Bloem in einemDamen­toast" auf die DamePresse", worauf Professor Klaar von der Vossischen Zeitung erwiderte und ein Hoch auf die Leiter der deutschen Bühnen ausbrachte. Das Kleine Haus wurde heute vormittag eben­falls mit einer Festvorstellung in Gegenwart des Königspaars eröffnet. Gegeben wurde eine Szene aus FreytagsJournalisten" und der dritte Akt vonFigaros Hochzeit", die beide eine der Bedeut­ung des Tages würdige, künstlerisch vollendete Wiedergabe fanden. Es zeigte sich, daß die Er­wartungen, die man an den ganz entzückenden in­timen Raum des Kleinen Hauses stellte, vollauf gerechtfertigt sind: er ist ein wahres Meisterstück der Akustik, ein Schmuckkästchen in der Innenausstattung. Man schied nur mit Bedauern aus dem prächtigen

Hause, das von manchen, besonders auswärtigen > Festgästen als das Schönste und Vollkommenste be­zeichnet wurde, was sie je auf dem Gebiet des Theater­baus gesehen. Möchten die nunmehr ihrer Be­stimmung übergebenen Kunstinstitute -unter der bewährten Führung und zielbewußten Leitung des Generalintendanten zu Putlitz ihre kulturelle Mission voll erfüllen zum Segen nicht nur der Residenz, sondern des ganzen Landes, und möchten die Stutt­garter Hoftheater für unser württembergisches Volk das sein und bleiben, worauf sie eingerichtet sind: ein Landestheater zu Nutz und Frommen des ganzen Landes!

Stuttgart, 14. Sept. Aus Anlaß der heu­tigen Einweihung der Kgl. Hnftheater hat der König eine Reihe von Ordensauszeichnungen an solche Personen verliehen, die sich um das neue Theater besondere Verdienste erworben haben. In erster Linie das Großkreuz des Friedrichs­ordens an den Generalintendanten Baron zu Put­litz. das Kommturkreuz mit Stern des Ordens der Württembergischen Krone erhielt Hofkammer' Präsident Staatsrat von Scharpff und das Kom­turkreuz II. Klasse des Friedrichsordens Bau­direktor v. Dietrich in Stuttgart. Mit dem Ehren­kreuz der Württembergischen Krone, womit der der persönliche Adel verbunden ist. wurde aus­gezeichnet: Generalmusikdirektor vr. Max Schilling. Das Ritterkreuz des Ordens der Württemberg­ischen Krone erhielten Oberbürgermeister Lauten­schlager, Baurat Held in Tübingen. Professor Schmoh! in Stuttgart und Hofschauspieler Ludwig Kaser. Der Erbauer des Theaters Professor Max Littmann in München und Oberregisseur Hosrat Hans Meery wurden mit Titel und Rang eines Geheimen Hofrats ausgezeichnet, Hofrat Plap­pert erhielt den Professortitel. Verschiedene Titel­verleihungen fielen an andere Mitglieder der Ver­waltung und der Bühne des Theaters. Die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft am Bande des Friedrichsordens wurde verliehen: Pro­fessor Habich in Stuttgart. Konzertmeister Wend­ling. Ballettmeister Scharf, Kammersänger Decken und der Hofschauspielerin Martha Künniger.

Stuttgart, 13. Sept. Die Schaffung einer neuen Stuttgarter Verkehrsstraße, nämlich einer direkten Verbindung zwischen dem Hauptbahn- Hof und der Rotebühlstraße, durch die der Menschen­strom schon am Hauptbahnhof nach zwei Seiten ab­geleitet und die Hauptverkehrsader, die Königstraße, wesentlich entlastet würde, ist neuerdings geplant. Dem Schwäb. Merkur zufolge ist ein Projekt zustande gekommen, wonach die Rotebühlstraße in möglichst gerader Linie bis zum künftigen Hauptbahnhofgelände geführt werden soll, wobei die Roteftraße künftig nicht mehr an der Kanzleistraße enden, sondern bis zur Schloßstraße geleitet werden soll. Zu diesem Zweck soll bereits eine Anzahl Häuser der Kanzlei­straße von der Stadtverwaltung angekauft worden sein.

Stuttgart. 15. Sept. (Gegen dieFleisch- teuerung) Die Sozialdemokratie hatte heute

d-n Ki-sisnönltttr ri« »in»»- D-ninnstrntinnSnsr-

Die Dechchm im r«ff. jel-M von 1812 .

I.

Wir durchleben jetzt die Tage, in denen sich vor hundert Jahren eines der gewaltigsten Schicksale der Weltgeschichte vollzog. Vom 17. bis 19. August rang Napoleon um Smolensk, die den Russen teuere Stadt der heiligen Jungfrau, am 7. September tobte die Schlacht an der Moskwa bei Borodino, die die blutigste seit der Erfindung des Schießpulvers genannt wird, am 14. September begrüßten die Sieger mit ähnlichen Gefühlen, wie die ersten Kreuz­fahrer Jerusalem, von den Sperlingsbergen aus das in der Pracht seiner tausend Kuppeln schimmernde Moskau, der Kaiser zog in die schweigende Stadt j ein und erlebte hier die Peripetie (den Wendepunkt) ' der großen Tragödie seines Lebens.

Wir stehen diesen Ereignissen noch nahe genug, um ihre Erschütterungen in uns nachzittern zu fühlen, die mündliche Ueberlieferung von Großeltern und Urgroßeltern her ist über sie in den Familien noch nicht ganz verstummt, und doch sind sie uns schon so fern gerückt, daß wir sie als ein Schauspiel be­staunen können, das in uns, mit Aristoteles und Lessing zu reden,Mitleid und Furcht" erregt und uns durch das Auffteigen zu einer reiferen Welt­anschauung, die alles Geschehene als in der mechanischen und sittlichen Weltordnung notwendig begründet er­faßt, von diesen Gefühlen befreit. Aus diesem Doppeloerhältnis zu jenen Ereignissen läßt sich viel- i

leicht auch eine Rechtfertigung für Hundertjahrer­innerungen, Hundertjahrfeiern und Hunderljahrbücher herleiten, zu denen auch das Buch von P. Holz- hausen gehört*), das die Schicksale unserer deut­schen Volksgenossen im russischen Feldzuge zum Gegenstände hat.

Der Verfasser hat es sich keine Mühe verdrießen lassen, alles Material zusammenzubringen, und zwar nicht nur aus der gedruckten Literatur, wobei ihm alle deutschen Bibliotheken behilflich gewesen sind, sondern auch aus den handschriftlichen Aufzeichnungen der Kriegsteilnehmer, die sich in den Berliner, Dresdener, Münchener und Stuttgarter Kciegsarchiven und in den Staatsarchiven zu Stuttgart, Darmstadt, Karlsruhe usw., sowie im Privatbesitz fanden; die Uebersicht über diese gewaltige Literatur, die er am Schluffe seines Buches gibt, ist wiederum für den Geschichtsforscher besonders wertvoll und wird auch dem Laien, der sich etwa über die besonderen Schick­sale seiner engeren Landsleute unterrichten will, will­kommen sein. Die Zahl derjenigen, die sich gedrängt gefühlt haben, ihre Erlebnisse niederzuschreiben, ist auffallend groß eine Erscheinung, die ihre Er­klärung in der Größe der Ereignisse findet. Meist find es Offiziere, zum Teil hochgebildete Leute, literarisch beeinflußt oder von geschichtlichen Er­innerungen beherrscht. Die wichtigsten müssen auch hier genannt werden. Unter den Württembergern

I *) P. Holzhausen: Die Deutschen in Ruß- > land 1812 . Leben und Leiden aus der Moskauer Heer- ! fahrt. (Morawe und Scheffelt, Berlin).

sammlung ausersehen. Nach Schluß der 23 Protest­versammlungen strömten die Versammlungsteilnehmer wie bereits gemeldet, auf Verabredung dem Schloß­platz zu. Gegen 12 Uhr hatte sich dort eine nach Tausenden zählende Menschenmenge angesammelt. Redakteur Crispien hielt vom Musikpavillon aus eine Ansprache, die in einem Hoch auf die Sozial­demokratie ausklang. Inzwischen war Polizeidirektor Bittinger in Begleitung des Polizeihauptmanns er­schienen. Nach kurzer Unterhandlung des Polizei­direktors mit dem Redner erklärte dieser die Demonstra­tionsversammlung für beendigt. Nun ging es unter dem Gesang der Arbeiter Marseillaise dem Markt­platz zu. Ein Haupttrupp zog am Ministerium des Innern, vor dem ein starkes Schutzmannsaufgebot stand, vorüber. Minister v. Pischek beobachtete das Treiben vom Fenster aus. Auf dem Marktplatz sprach Westmeyrr.

Stuttgart, 15. Sept. Im überfüllten Fest­saal der Liederhalle sprach gestern abend auf Ver­anlassung der Fortschrittlichen Volkspartei v. Friedrich Naumann überLiberalismus und Well­politik".

Stuttgart, 14. Sept. Das neue Reform­gymnasium wurde heute vormittag mit einer schlichten Feier in Anwesenheit von Vertretern der staatlichen und städtischen Behörden seiner Bestimm­ung übergeben.

Stuttgart, 14. Sept. In vergangener Nacht verzeichneten die Instrumente der Erdbebenwarten in Hohenheim und Biberach ein sehr starkes Fern- beben, dessen erster Vorläufer kurz nach */-1 Uhr eintraf und dessen Herd in einer Entfernung von 1850 km wahrscheinlich an der Westküste Klein­asiens zu suchen ist.

Stuttgart, 14. Sept. Der bisherige Inhaber des Stadtgartenrestaurants und des Weinhauses am See, G. I. Koppenhöfer hat, lautSchwäb. Tag­wacht", sein Geschäft liquidiert. Der Mann stand wohl schon lange nicht mehr auf guten Füßen, aber der schlechte Sommer hat vollends den Zusammen­bruch des Geschäfts herbeigeführt. Man spricht von einer Schuldenlast von etwa 200 000 und Ak­tiva sollen nur sehr wenige vorhanden sein. Eine am vorigen Samstag abgehaltene Gläubigerversamm­lung verlief resultatlos und so ist jetzt der Konkurs hereingebrochen.

Stuttgart, 14. Sept. Ueber die Lage des Ob st markles wird berichtet: Die an manchen Plätzen sehr reiche Zwetschgenernte hat durch den anhaltenden Regen sehr gelitten, die Früchte sind zum großen Teil geplatzt und können nur noch zu Brennzwecken verwertet werden. Bei Tafeläpfeln macht sich bereits das erwartete Anziehen der Preise bemerkbar, nachdem das Fallobst abgesetzt ist. In Tafelbirnen kommen jetzt die feinsten Sorten zur Reife, die Preise halten gleichmäßig Stand. Der Mostobsthandel kommt allmählich in Fluß, seit vo­riger Woche ist der Zentnerpreis um 11.50 ^ gestiegen. Das Fallobst ist größtenteils untergebracht. Die Früchte sind Heuer einige Wochen früher reif, als in anderen Jahren, die Ernte ist durch die letzten Stürme und das anhaltende Regenwetter

treten hervor die Leutnants Martens, Aelin und Karl v. Suckow, der Oberst v. Stockmayer und der Oberarzt von Roos. Die Preußen sind mit Aus­nahme einiger zur Hauptarmee kommandierter Regi­menter in den Untergang des Heeres nicht hinein­gezogen worden, was teilweise ein Verdienst ihres Führers Jorck, in der Hauptsache aber dem glück­lichen Zufall zuzuschreiben ist, daß der linke Flügel unter Macdonald, dem sie als geschlossenes Korps angehörten, in denOstseeprovinzen unter weit günstigeren Verhältnissen kämpfte.

Es kann hier nicht die Aufgabe sein, die klar­disponierte Darstellung des gewaltigen Heerzuges und die lebensvollen Schilderungen des Verfassers im einzelnen wiederzugeben. Man hat berechnet, daß 1912 mit Einschluß der Nachschübe in Rußland 610 000 napoleonische Soldaten eingerückt waren j und daß sich davon im Januar 1813 links der ^ Weichsel noch 58 000 Mann zusammenfanden, von l denen die verhältnismäßig gut erhaltenen Preußen z und Oesterreicher 35 000 Mann ausmachten. Es j sind also in Rußland tot und gefangen zurück- ? geblieben rund 552000 Menschen, darunter nahezu 200 000 Deutsche, welche Zahl wohl noch ; übertroffen wird, wenn man die deutschen Schweizer ^ und die linksrheinischen Deutschen mitrechnet. Ge- i fangene kehrten nur in ganz geringer Zahl in die j Heimat zurück, die meisten sind elend verkommen. ? Von 182 000 Pferden sind, alles eingerechnet, 15000 ! zurückgekehrt, von 1372 Geschützen nahezu 1200 - verloren gegangen.