RunSschau.
Eine Erinnerungsmedaille zur hundertjährigen Erhebung Preußens gegen das französische Joch, soll an dem Tage, an dem sich der Aufruf Friedrich Wilhelm III.: „An mein Volk!" zum hundertsten Male jährt, in den Verkehr gebracht werden. Für die Erinnerungsmedaille werden voraussichtlich die Dreimarkstücke gewählt werden. Auf der Münze wird eine Szene abgebildet sein, die die Begeisterung des preußischen Volkes bei der Entgegennahme der königlichen Botschaft, die das Zeichen zur Erhebung gegen die Fremdherrschaft gab. darstellt.
Ein Engländer über deutsche Eisenbahnen. In der Daily Mail vom 27. August findet sich ein längerer Artikel mit der Ueberschrift; „Die besten Reiseeinrichtungen in Europa. — Meine Erfahrungen in Deutschland." Der Verfasser lobt darin das „großmütterliche Beamtentum" der deutschen Bahnen, das dem Reisenden viele Beschwerlichkeiten und Verlegenheiten erspare durch die Art, für alles zu sorgen, was der Reisende braucht von dem Moment an, wo er den Bahnsteig betritt, bis zu der Zeit, wo er den Zug verlassen hat und am Bahnhof in seiner Droschke sitzt. Besonders praktisch findet dieser englische Reisende die Einrichtung der Passagiergutsbeförderung; im Gegensatz zu den englischen Bahnen braucht man sich beim Umsteigen um sein Gepäck nicht zu kümmern. Voll Lobes ist er über die Freundlichkeit und Gefälligkeit der deutschen Schaffner, die ihm Aufschluß über die Reise gaben und ihm zu einem guten Sitzplatz im Zug verhalfen. Während in England ein- bis zweistündiges Warten einen Reisenden in unaussprechliche Langweile versetzen kann, so schreibt er. ist es in Deutschland eine Zeit angenehmer Erholung wegen der hübschen Wartsäle und der guten Bahnhofswirtschaften; man findet gutes Bier und Kaffee in Menge, sowie bei Nacht ausgezeichnete Beleuchtung. Aber unangenehm empfindet er bei den meisten Bahnen des Kontinents die Notwendigkeit, im Schlafwagen den Raum mit 1—3 Personen teilen zu müssen, sowie die Unmöglichkeit, zu baden, und die Schwierigkeit, sich zu rasieren. Trotzdem betrachtet der Verfasser die Einrichtungen der deutschen Eisenbahnen als die besten von 17 Ländern, die er bereist hat.
London, 9. Sept. (Journalismus auf hoher See.) Die neueste große Tageszeitung ist das „Cunard Daily Bulletin", das fortan nicht mehr als kleines Blättchen mit den wichtigsten Mareoni- Depeschen, sondern als wirkliches großes Tageblatt erscheinen soll. An Bord der Lufitania erschien dieses Blatt während der ganzen Reise über den Ozean täglich in einem Umfang bis zu 16 Seiten und brachte alle Nachrichten, die ihm aus der ganzen Welt mit Hilfe der drahtlosen Telegraphie zugegangen waren. Die Schiffspassagiere fanden darin die vollständigen Sport- und Rennberichte, eingehende Börsennotizen, und alle bedeutenden Weltereignisse; sie erhielten auch eine illustrierte Seite, Theaternotizen, leitende Artikel über „Auswanderer der Gesellschaft" und Feuilletons von bekannten Autoren. Das
„Cunard Daily Bulletin", das bei den Paffagieren der Lusitania natürlich einen glänzenden Erfolg hatte, soll in dieser großen Form in Zukunft auf allen Dampfern der Linie, die auf dem Nordatlantischen Ozean fahren, erscheinen.
London, 6 Sept. (Ein wandernder Wald.) In Wales vollzieht sich gegenwärtig das eigenartige Schauspiel, daß ein ganzer Wald seine Stelle verläßt und auf eine andere rückt. Es handelt sich um einen etwa 400 Meter breiten Waldstreifen von Rüstern, kräftigen, vollentwickelten Bäumen, der in seiner Gesamtheit auf dem steilen Abhang, auf dem er gewachsen ist, ins Rutschen gekommen ist und auf die unten vorüberführende Landstraße zuwandert. An der Stelle am oberen Rande des Hügels, die er verlassen hat, hat sich ein Graben gebildet, der voll Wasser ist. Die Fortbewegung dauerte bereits 8 oder 9 Tage. Die Bäume stehen freilich nicht mehr alle gerade aufrecht, sondern legen sich nach allen Richtungen um, und einige liegen schon vollständig nieder.
Automobilschutzwege im Harz. Ein Gebiet in Deutschland, das lange Zeit hindurch für den Automobilverkehr gesperrt war, ist der Harz. Nachdem im Oberharz der Harzklub an die modernen Beförderungsmittel Zugeständnisse gemacht hatte, blieb es nicht aus. daß auch der Südharz aus seiner Automobilfeindlichkeit herausging, zumal man eingesehen hatte, daß der Verkehr der Kraftwagen für die Fremdenindustrie von Vorteil ist. Um aber andererseits die Wanderer nicht durch Staub- und andere Uebel der Automobile vom Harz fern zu halten, ist der rührige Harzklub darauf gekommen, sogen. Automobilschutzwege durchzuführen, d. h. abseits der großen Verkehrsstraßen, die von Automobilen stark benutzt werden, sind besondere Wege für Fußgänger angelegt, wo absoluter Schutz vor Belästigungen durch Automobile gewährleistet ist. Da die Ausführung der besonderen Straßen mit erheblichen Kosten verknüpft ist, haben zahlreiche Automobilvereine in der Erkenntnis, ihrer Sache nur zu nützen, mit Beiträgen zugesteuert. Zur Nachahmung auch für unseren Schwarzwald empfohlen!
Ueber die Vermehrung der Automobile enthält die Zeitschrift der „Motorfahrer" folgende Angaben: Wie gewaltig sich die Automobil-Industrie in den letzten Jahren entwickelt hat, das kann nicht besser als durch ein paar Zahlen der Statistik illustriert werden. Noch im Jahre 1907 besaßen wir in Deutschland nur 25 815 Personen- und 1211 Lastenkraftfahrzeuge (zusammen 27 026), während nach der Zählung des Jahres 1912 63 162 Personen- und 6844 Lastenautomobile (zusammen 70 006) festgestellt wurden. In einem Zeitraum von fünf Jahren hat sich demnach die Zahl der Automobile fast verdreifacht.
Württemberg.
Die wirtschaftliche Lage im Jahre 1911. Der von der Handelskammer Stuttgart herausgegebene Jahresbericht beginnt, wie üblich, mit einem Rückblick auf d»e allgemeine wirtschaftliche
Lage und kommt im wesentlichen zu folgenden Ergebnissen: Das Wirtschaftsjahr 1911 bildete trotz vielfacher Hemmungen und Beunruhigungen eine unzweifelhafte Fortsetzung der mit 1910 wiederbegonnenen Aufwärtsbewegung und Kräftigung des deutschen Wirtschaftslebens. Besonders seinem äußeren Erfolg nach, der in der ganz erheblichen quantitativen Steigerung von Produktion und Güterverkehr, sowie des Binnen- und Außenhandels zum Ausdruck kommt, stellt es einen unter intensivster Anspannung der Kräfte erzielten bedeutsamen Fortschritt dar, während sein wirtschaftlicher Ertrag allerdings den aufgewendeten Anstrengungen vielfach nicht entsprach. Wenn es dem unermüdlichen Vorwärtsdrängen von Industrie und Handel gelungen ist. trotz aller entgegenstehenden Hemmungen und Gefahren sich nach außen nicht nur zu behaupten, sondern noch kräftig auszudehnen, so hat das deutsche Erwerbsleben damit den Beweis für seine innere Festigung, Gesundheit und weitere Entwicklungsfähigkeit erbracht. Nach jahrelangen heißen Kämpfen ist es gelungen, auf dem Wege eines Zusammenschlusses der beteiligten Kreise in Zweckverbänden und der Erschließung der erforderlichen Einnahmequellen aus dem Wasserverkehr selbst den weiteren Ausbau der deutschen Wasserstraßen finanziell zu gewährleisten und planmäßig für die nächste Zukunft festzulegen. Mit Befriedigung kann dabei hervorgehoben werden, daß den auf Seite der Interessenten geltend gemachten und zum Teil auch von den 8 württembergischen Handelskammern gemeinschaftlich erhobenen wesentlichen Bedenken gegen die ursprüngliche Fassung deS Gesetzes, in weitgehendem Maße Rechnung getragen und damit eine Basis gefunden wurde, auf der auch vordem scharfe Gegner der Vorlage heute bereit sind, mitzuarbeiten. Noch bedarf es umfangreicher Vorarbeiten zur Durchführung des großen wirtschaftlichen Werkes. An seinem Zustandekommen aber ist heute nicht mehr zu zweifeln, insonderheit wird auch für Württemberg die bestimmte Erwartung ausgesprochen werden können, daß es dem Zusammenwirken von Regierung, Ständen und Interessenten gelingen wird, die so dringend wünschenswerte Kanalisierung des Neckars tunlichst bald durchzuführen und damit der Industrie und dem Handel des Landes neue Entwicklungsmöglichkeiten zu verschaffen.
Stuttgart, 11. Sept. Im Mai ds. Js. haben die bürgerlichen Kollegien für die Veranstaltung einer Ausstellung für Gesundheitspflege im Jahre 1914 einen Kredit von 125 000 ^6 bewilligt. Diese Ausstellung soll in einer großen Lehrabteilung einen volkstümlichen Anschauungsunterricht in allgemeiner Gesundheitspflege durch eine Spezialsammlung bieten. Jedermann soll sehen und erkennen lernen, wie der Mensch leben soll, wie er lebt und wie er leben kann. Das ganze Gebiet der Hygiene soll in die Ausstellung einbezogen werden. An der Spitze des Ausstellungsamtes, das im Gustav Sieglehaus untergebracht ist, steht als Direktor vr. weä. Jngelfinger, der auf der vorjährigen Hygieneausstellung in Dresden die vielbewunderte Abteilung „Der Mensch" geschaffen hat. Das Ausstellungsamt befindet sich bereits in
Die Krillantagraffe.
Erzählung von Reinhold Ortmann.
25! (Nachdruck verboten.)
Natürlich wollte er sich damit nur die Gelegenheit zu ergiebigen Diebstählen verschaffen. Und der Erfolg beweist die Richtigkeit seiner genialen Berechnung. Da er sich in jedem Fall eines anderen Namens bedient hatte, wurde es trotz der Gleichartigkeit der Delikte nicht so leicht, auf den gemeinsamen Urheber zu raten, und der Mann setzte wohl außerdem mit gutem Grund seine Hoffnung darauf, daß sich nicht so leicht jemand die Mühe gibt, das glattrasierte Dutzendgestcht eines Lohndieners seinem Gedächtnis einzuprägen. Einzig dem Scharfsinn und der Umsicht des Herrn Waldschmidt, der über der zuerst verfolgten falschen Fährte auch die andern Möglichkeiten nicht außer Betracht ließ, sowie seiner in der Polizeipraxis erworbenen großen Personalkenntnis in der Welt der Berufsverbrecher haben wir die rasche und glückliche Aufklärung zu verdanken."
Jetzt endlich hatte auch Akos Szattly Sprache And Haltung wiedergefunden. Und seine Sprach« wie feine Haltung waren die eines Mannes, dessen tief beleidigter Stolz sich zu feiner ganzen, hoheits« vollen Größe aufrichtet.
„Ich nehme von Ihrer Erklärung Notiz, Herr Doktor," sagte er mit unnachahmlicher Würde. „Aber ich will damit nicht ausgedrückt haben, daß sie mir
genügt. Ich muß mir im Gegenteil alle weiteren Schritte Vorbehalten."
Eine leichte, stumme Verneigung war Doktor Hainroths einzige Antwort. Auch gegen Myra verbeugte er sich in der unverkennbaren Absicht der Verabschiedung. Aber sie ließ ihn nicht fort.
„Bleiben Sie noch, Herr Doktor!" sagte sie mit aller Herzlichkeit und Wärme, deren der Klang ihrer weichen Stimme fähig war. „Nachdem dieser Herr dort uns verlassen haben wird — und ich zweifle nicht, daß es sogleich geschieht — habe ich noch ein paar Worte unter vier Augen mit Ihnen zu reden."
Erstaunt blickte Hainroth von einem zum andern. Akos SzakLly aber warf sich noch einmal in die Brust und schickte sich, allem Anschein nach, eben zu irgendeiner pathetischen Erklärung an, als ihm Frau Myra die Bemühung ersparte.
„Wir haben einander wirklich nichts mehr zu sagen, mein Herr! Denn ich vermute, daß Ihnen ebensowenig daran liegt, sich mit mir über die Vorgänge in meines Vaters Hause zu unterhalten, über die ich vorhin durch Herrn Direktor Wallhofen aufgeklärt worden bin, als es jetzt noch einer Antwort auf Ihre vorhin geäußerte Bitte bedarf. Oder wünschen Sie vielleicht doch, daß wir über diese Dinge reden?"
Aber der große Geiger wünschte es nicht. Sein beleidigter Mannesstolz knickte vielmehr noch einmal recht kläglich zusammen, und nach einigen hilflosen
Worten, auf die er von keiner Seite her Antwort erhielt, war er verschwunden.
„Er behält sich vermutlich alles Weitere vor!" lachte Frau Myra hinter ihm drein. Und wie in jubelndem Uebermut fügte sie hinzu: „O, Doktor — lieber Doktor — was für eine heillose — dumme — dumme Närrin bin ich doch gewesen!"
Er begriff die Ursache ihres seltsamen Fröhlichkeitsausbruches wohl nicht sogleich. Aber es mußte ihr allem Anschein nach doch gelungen sein, ihn in einer Weise darüber aufzuklären, die auch ihn in hohem Maße befriedigte. Denn als er sie nach Verlauf einer Stunde verließ, strahlte es auch auf seinem Gesicht wie eitel Sonnenschein, und er lenkte seine Schritte geradeswegs zu dem Laden eines Graveurs, dem die Mode neuerdings gewissermaßen ein Monopol für die Herstellung der in der guten Gesellschaft benötigten Verlobungskarten verliehen hatte.
— Ende. —
Humoristisches.
Gewissenhaft. Dieb (in einer Garderobe Hut und Paletot stehlend): „Jetzt weiß ich nicht, gehört hierzu der Stock da oder der Schirm?
Druckfehler. Umgehend erhielt die Schwiegermutter auf die Ankündigung ihres Besuches vom Schwiegersöhne die Antwort, daß er sich schon jetzt auf daß Wiedersehen freue. '