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118.

Neuenbürg, Freitag den 26. Juli 1912.

70. Jahrgang.

Run-schau.

Berlin, 25. Juli. Der verhäOiismäßig seltene Fall, daß in Preußen Armeeunteroffiziere den Rang von Offizieren erhalten, ist in den letzten Tagen zweimal vorgekommen. Dem bisherigen Wacht­meister Höhne im 2. Gardeulanenregiment und dem pensionierten Oberwachtmeister Möller, der bisher in der zweiten Gendarmen-Brigade diente, wurden vom Kaiser der Charakter als Leutnant verliehen.

London. 25. Juli. Der deutsche Botschafter Freiherr Marschall von Bieberstein und Ge­mahlin waren gestern beim König zur Frühstücks­tafel geladen.

London, 25. Juli. In politischen Kreisen gewinnt von Tag zu Tag die Ansicht an Boden, man müsse von der gegenwärtigen Praxis der jähr­lichen Bestimmungen des Flottenbauprogramms abgehen und nach deutschem Muster eine Vorlage einbringen, die den Ausbau der Flotte in systematischer Weise auf eine Reihe von Jahren regelt.

London, 24. Juli. Aus angeblich bester Quelle erfahren die Londoner Evening News, daß eine Beschleunigung im Schiffsbau erfolgen soll, in dem Sinn, daß vier Panzerschiffe vor nächsten Juli auf Stapel gelegt werden, statt am Ende des Finanzjahres. Die kanadischen Schlachtschiffe find hierin inbegriffen.

London, 24. Juli. Die Polizei will eine Verschwörung aufgedeckt haben, die den Zweck hatte, den Landsitz von Minister Harcourt in Brand zu stecken. Dieser verhaftete die bekannte Komponistin Eihel Smith, die sich in letzter Zeit rege an der Frauenbewegung beteiligt hat. Die Ver­haftung der Künstlerin hat großes Aufsehen hervor­gerufen. Frau Smith, eine sehr energische Dame, erklärte jedoch, vollständig unschuldig zu sein.

Konstantinopel, 25. Juli. Soeben wird bekannt, daß der Marineminister Mahmud Muktar Pascha wieder um seine Entlassung gebeten habe, ferner hat der Albanese Ferid Pascha, dem das Ministerium des Innern angeboten worden war, von seinem Aufenthalt in der Schweiz aus den Posten abgelehnt. In vielen Kreisen hält man eine neue Ministerkrisis für bevorstehend, die zur Er­nennung Kiamil Paschas führen wird.

Konftantinopel, 25. Juli. Der Marine­minister Mukhtar Pascha ist zurückgetreten. Zu seinem Nachfolger wird wahrscheinlich ein Marine­offizier ernannt werden. Die gestrige Komiteesitzung verlief sehr stürmisch.

Berlin, 25. Juli. Aus Saloniki wird dem Tag" berichtet: Während der gegenwärtig in Prisch- tina herrschenden Unordnung gelang es den Sträf­lingen aus dem Gefängnis auszubrechen. Sie über­fielen das Gendarmerielokal, bemächtigten sich der Gewehre und Munition und wollten fliehen. Die Gendarmen jagten den Flüchtlingen nach, wobei heftig geschossen wurde. 15 Sträflinge und Gen­darmen wurden gelötet, 17 Personen verwundet. 18 Sträflingen gelang die Flucht. Die Ansammlung der Anmuten in Prischtina gewinnt an Umfang. Die Rebellenführer erklärten, nicht eher ruhen zu wollen, bis nicht auch die Kammer von Mitgliedern des Komitees gesäubert sei.

Zur schweren Erkrankung des Kaisers von Japan. Kaiser Mutsuhito von Japan ist seit einigen Tagen an einem Magen- und Nierenleiden schwer erkrankt. Da er im Alter von 60 Jahren steht, so ist allem Anschein nach ernste Gefahr vor­handen. Er regiert seit dem 31. Januar 1867. Der ganze gewaltige Aufschwung, den Japan in den letzten Jahrzehnten genommen hat, ist ein Verdienst des Monarchen. Als er zur Regierung kam, existierte in Japan noch der mittelalterliche Feudalstaat. Mutsuhito beseitigte zunächst im Jahre 1868 die Herrschaft des Shoguns, des allmächtigen Neben­kaisers, und ging dann an das große Werk seines

Lebens, die Modernisierung Japans. Es gelang ihm nicht nur. alle Errungenschaften der europäischen Zivilisation in Japan einzuführen, sondern auch in relativ kurzer Zeit die Großmachtstellung Japans zu begründen. Der Krieg gegen China 18941895 brachte der reorganisierten Armee des Kaisers die ersten Erfolge, die dann durch die glorreichen Sieze im Kriege gegen Rußland besiegelt wurden. Am 11. Februar 1889 gab der Kaiser, der bis dahin Alleinherrscher gewesen war, dem Lande seine Ver­fassung. Der Kaiser ist seit dem Jahre 1869 mit der Kaiserin Haruko aus dem Hause Fudschuvara- Jtschutscho vermählt. Ihr ältester Sohn Haru no Miya Joshihito, 1879 geboren, wurde am 3. Nov. 1889 zum Kotaischi (Thronerben) erklärt. Der kaiserliche Palast in Tokio ist größer als der Vatikan mit seinen Gärten und die Höfe des Pekinger Palastes, die beiden Residenzen, die sonst wohl die größten sind, zusammengenommen. In seinen Ställen stehen mehr als 3000 Tiere; der Mikado selbst be­vorzugt australische Pferde. Gewaltig ist der Reich­tum des Herrschers, der außer seiner Zivilliste von 6 Millionen Mark über die ungeheuren Schätze und Besitzungen seiner Vorfahren verfügt. Doch sind Kaiser Mutsuhitos Lebensgewohnheiten höchst einfach. Seine Mußestunden verbringt er neben dem Reiten mit Lesen von Büchern und Zeitschriften. Bisweilen versuchte er sich selbst als Dichter und strebte im Wetteifer mit seiner Gemahlin nach dem friedlichen Lorbeer der Poesie.

Berlin, 25. Juli. In der Pariser Kaserne der republikanischen Garde herrscht seit einigen Tagen eine Epidemie, deren Ursache noch nicht völlig aufgeklärt ist. Nach den bisherigen ärztlichen Unter­suchungen dürfte es sich um Vergiftungserscheinungen handeln. Die Krankheit äußert sich in der Weise, daß die Erkrankten von Magenkrämpfen befallen werden, die mehrere Stunden andauern und sehr schmerzhaft sind. Bis zur Stunde sind 60 Gardisten und 11 Unteroffiziere erkrankt. 12 befinden sich in Lebensgefahr. Hervorzuheben ist, daß die Erkrank­ungen lediglich bei den unverheirateten Gardisten vorgekommen find, die in der Kaserne ihre Mahl­zeit einnehmen. Die außerhalb wohnenden ver­heirateten Gardisten sind sämtlich gesund. An leitender Stelle bemüht man sich, über diese Epidemie strengstes Stillschweigen zu bewahren. Die Kaserne ist streng isoliert. Aus Aeußerungen einiger Gardisten geht hervor, daß die Militärärzte den Ausbruch einer Typhusepidemie erwarten.

Leipzig, 25. Juli. Auch die Stadt Leipzig soll jetzt eine Luftschiffhalle bekommen. Die Vorarbeiten werden baldigst in Angriff genommen werden.

Bremgarten, 24. Juli. Das Gut Wein- ftetten ist an Graf von Berkheim in Weinheim ver­kauft worden. Der Kaufpreis beträgt 185 000

Achern, 24. Juli. Der Streik in der hiesigen Flaschenfabrik hat sehr unangenehme Folgen für die Arbeiter gezeitigt. Die Firma hat nicht nur 120 Arbeiter ausgesperrt, sie hat auch den Arbeitern, die in den der Firma gehörigen Arbeiterhäusern wohnen, auf 30. ds. Mts. die Wohnung gekündigt, eine Maßnahme, von der 40 Familien betroffen werden. Bei den Differenzen handelt es sich nicht um eine Lohnbewegung, sondern der Grund ist Nichtanerkennung des Arbeiterausschusses.

Aus dem Murgtal, 24. Juli. Unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Jung fand in Gernsbach eine stark besuchte Bürgerversammlung statt, um zu dem Plan einer elektrischen Bahn von Gernsbach nach Baden-Baden Stellung zu nehmen. Die Aus­führungen zu Gunsten der Bahn fanden allseitigen Beifall. Die Städte Baden-Baden und Gernsbach werden die Erbauung der Bahn durch Abgabe von Grund und Boden und Bereitstellung von Geld­mitteln unterstützen, da eine bedeutende Zunahme ' des Fremdenverkehrs erwartet wird.

Vier Berliner Touristen bestiegen, wie aus Mün' chen gemeldet wird, den Ortler ohne Führer. Bei dem Abstieg verirrten sie sich und wären verloren gewesen, hätte nicht die Pächterin des Bayernhauses Hilferufe gehört. Auf ihre Ver­anlassung eilte rin Bergführer zu Hilfe und rettete nach dreistündiger Mühe die völlig Erschöpften.

Kempten, 24. Juli. Vor einiger Zeit kehrte in Seifriedsberg ein junger Bauernsohn aus Ame­rika zurück, wo er mehrere Jahre gearbeitet hatte. Die Mutter des Heimgekehrten erlitt vor freudiger Aufregung einen Herzschlag, der ihren Tagen ein jähes Ziel setzte.

Der Erntearbeiterstreik in Südungarn nimmt immer bedrohlichere Dimensionen an. Gegen­wärtig sollen bereits 20 000 Erntearbeiter streiken. Viele Gutsbesitzer erleiden unermeßlichen Schaden, weil überreifes Getreide ausfällt und verdirbt. Viel­fach wird auch bereits abgemähtes Getreide von Streikenden in Brand gesteckt. Es werden aus verschiedenen Gegenden zehn solcher Brandstiftungen großen Stils gemeldet. Der Streik soll von der Budapest» sozialdemokratischen Parteileitung aus politischen Gründen inszeniert sein.

Ostende, 24. Juli. Einer Prinzessin von Thurn und Taxis sind in einem hiesigen Hotel wertvolle Schmucksachen gestohlen worden. Die Angaben über den Wert derselben schwanken zwischen 200 000 und 400 000 Francs.

Innsbruck, 23. Juli. Der Postmeister Wimmer in Jrdning unterschlug 54000 Kronen Amtsgelder und ging damit flüchtig.

Lemberg, 23. Juli. Der hiesige bekannte Wechsel-Eseompteur Gabel ist nach Veruntreuung von 200000 Kronen flüchtig geworden. Von der Behörde wurde ein Steckbrief hinter ihm erlassen.

London, 24. Juli. In der Nähe der Guild- hall und der Bank von England, geriet eine große Luxuspapierfabrik in Flammen. Trotzdem die Feuerwehr in kürzester Zeit am Platze war, war es nicht möglich, alle Personen aus den furchtbaren Gluten zu retten, zehn in der Fabrik beschäftigte Mädchen sind bei lebendigem Leib verbrannt Viele andere ihrer Arbeitskolleginnen konnten zwar noch gerettet werden, erlitten jedoch entsetzliche Brandwunden.

London, 22. Juli. Aus San Francisco in Kalifornien wird hierher telegraphiert, daß in der Ortschaft Mazuma im Staate Newada ein furcht­barer Wolkenbruch niederging. 50 Personen kamen dabei um. Am schwersten haben die Bewohner der zahlreichen Grubendiftrikte in Newada gelitten. Mehrere 100 Familien sind obdachlos.

Newyork, 25. Juli. Das 55 Fuß lange Motorboot Detroit mit einer Besatzung von vier Mann und 5500 Liter Gasöl an Bord verließ gestern unter Führung des Kapitän Th. Leming Newyork zur Fahrt über den atlantischen Ozean mit St. Petersburg als Endziel.

Aus Uniontown (Pennsylvanien) kommt die Meldung: In den drei Meilen von der Stadt ent­fernten Superbakohlengruben sind fünfzig Berg­arbeiter von hereinbrechenden Waffermassen über­rascht worden. Man vermutet, daß alle er­trunken sind. Die Flut stürzte von den Bergen herab. Vermutlich ist dort ein großes Wasser­reservoir geborsten.

Pittsburg, 25. Juli. Wolkenbruchartige Regengüsse haben gestern in West-Pennsylvanien, Ost-Ohio und in West-Virginia ungeheuren Schaden angerichtet. Von allen Seiten wird die Zerstörung zahlreicher Häuser, Brücken und Telegraphenleitungen, die Unterbrechung der Eisenbahnen und die Ver­nichtung der Ernte gemeldet. Viele Personen sind ertrunken. Die Straßen find mit Häuser­trümmern verschüttet. Zahlreiche Familien find obdachlos.