Behörden-Einrichtung auf dem Gebiete der frei­willigen Gerichtsbarkeit wurde eine Resolution an­genommen, in der die Regierung und die Landstände ersucht werden, von Aenderungen der Organisation abzusehen. Als Ort der nächsten Landesversammlung wurde Ludwigsburg bestimmt.

Eßlingen, 22. Juli. Schreinermeister Mößner von hier hat das deutsche Bundesjubiläumsschießen in Frankfurt besucht. Als er von einem Straßen­bahnwagen absteigen wollte, kam er zu Fall und brach den Fuß, sodaß er in einem Krankenhaus in Frankfurt untergebracht werden mußte.

Friedrichshafen, 22. Juli. Der Ferien­sonderzug, der, wie angekündigt, am Samstag nacht von Stuttgart abgelassen wurde, traf Sonntag früh um 3 Uhr 35 Min. hier ein und war mit 14 Wagen voll besetzt, ebenso ein nötig gewordener Nachzug mit 8 Wagen. Die Passagiere fuhren trotz der ge­ringsten Aussicht auf gutes Wetter mit Sonderschiffen über den See.

Der Weltrekordhöhenflug des Fliegers Hirth von Cannstatt, den dieser bei der dies­jährigen Leipziger Flugwoche am 6. Juli mit einem Rumpler-Eindecker mit Mercedesmotor aufstellte, wird aller Voraussicht nach mit 4420 Metern aner­kannt werden. Wie seinerzeit gemeldet, hatte Hirth bei seinem Flug einen Höhenmesser benutzt, der nur bis 4000 Meter Höhe anzeigte. Bei einer nach­träglichen Prüfung der Quecksilbersäule wurde jedoch einwandfrei festgestellt, daß Hirth eine Höhe von 4520 Meter erreicht haben mußte. Unter Abzug der 100 Meter, welche der Leipziger Flugplatz über dem Meeresspiegel lieg, würde sich also ein Rekord­flug von 4420 Metern ergeben. Die Veranstalter haben bereits beim Deutschen Luftfahrerverband beantragt, diese Leistung als Weltrekord zu regi­strieren. Damit würde Hirth nicht nur den alten Weltrekord von Garros (3900 Meter) für Flüge ohne Fluggast geschlagen haben, sondern auch den während der Wiener Flugwoche von dem österreich­ischen Oberleutnant v. Blaschke aufgestellten neuen Weltrekord mit Fluggast von 4260 Metern Höhe überboten haben.

Waiblingen, 22. Juli. Die am Wehr bei Endersbach aus der Rems geländete Leiche eines Mädchens wurde als die der 12 Jahre alten Tochter des Sattlers Nußbaumer in Steinreinach erkannt. Das Mädchen soll beim Baden in der Rems er­trunken sein.

Oberndorf, 22. Juli. Eine seltene Jagdbeute hat der Forstwart Dreher von Epsendorf im Schlichemtale gemacht. Er schoß eine etwa l'/r Jahre alte Gemse im Gewicht von 18 Kilo, die zweifel­los aus den Alpen zu uns gekommen ist.

Eybach O/A. Geislingen, 22. Juli. Oberhalb der Waldhauser Steige stürzte ein Fels stück im Gewicht von ca. 10 Zentner ab und schlug die Mauer eines Wohnhauses ein. Die Bewohner kamen mit dem Schrecken davon, haben jedoch den Schaden zu leiden, da für solche Naturereignisse niemand haftbar ist.

Niederwangen O/A. Wangen i. A., 22. Juli. Bei Schultheiß Schneider wurde ein frecher Ein­bruch verübt. Der Dieb durchbohrte einen Fenster­rahmen, entwendete eine zufällig im Schreibpult aufbewahrte goldene Uhr samt Kette im Werte von ca. 200 Mk. und leerte ein Portemonnaie und die Ladenkasse im Gesamtbetrag von ca. 80 Mk. Eine am Tatort zurückgelassene Zange dürfte zur Ent­deckung des Diebes führen.

Rottenbürg, 23. Juli. Der Gesangenen- stand im K. Landesgefängnis ist zur Zeit so gering, daß zum Betrieb des Steinbruchs eine Anzahl Arbeiter angenommen werden mußten.

Rottenburg, 22. Juli. Durch Hagelschlag wurden die Markungen Bondorf und Seebronn sowie Ergenzingen schwer betroffen. Verschiedene Leute erlitten einen Schaden von 50 °/o, besonders an den Hopfengärten und Obstbäumen.

Aalen, 22. Juli. Infolge der starken Regen­fälle der letzten Tage ist der Kocher zwischen Hütt- jingen und Abtsgmünd über die Ufer getreten und hat das Tal weithin überschwemmt. Der Schaden in Gärten und Feldern ist sehr bedeutend.

Unwetter in früheren Zeiten. Da gegen­wärtig aus dem ganzen Lande von schweren Un­wettern berichtet wird, ist es vielen Lesern vielleicht interessant, zu erfahren, was in Sattlers Chronik, Ulm 1769Württemberg unter den Herzogen" aus dem Jahr 1508 berichtet wird. Es heißt da:In diesem Jahr fiel den 30. Juli in dem Stuttgarder und Heßlacher Thal ein solcher Wolkenbruch, welcher der Stadt Stuttgard den gänzlichen Untergang drohete. Die Gewalt des Wassers war so groß, daß an theils Orten die Mauren, einige Häuser und Scheu-

ren einstürzten, verschiedene Personen ertrunken, und ein schwerer Amboß aus der Eßlinger Vorstadt auf den Markt gespült wurde, auch sehr viel Wein in den Kellern und das Vieh in den Ställen zugrunde gienge. Die benachbarten Reichs- und Land-Städte und Klöster schickten Kärren und Wägen um die Erde und Schlamm aus der Stadt zu führen und der Bürgerschaft zu Hüls zu kommen. Viele Wein­berge wurden verwüstet. Dem Herzog (Ulrich) gieng solches Unglück zu Gemüthe, daß er der Stadt die Martinisteuer selbigen Jahres erliesse und zu wei­teren Gnadenbezeugungen sich erbothe".

(LandeSproduktenbSrse Stuttgart). Bericht vom 22. Juli. Das starke Weichen der amerikanischen Termin» kurse und das prachtvolle Erntewetter haben in den ersten Tagen der abgelaufenen Berichtsperiode verstauend auf den Getreidemarkt eingewirkt; als jedoch von verschiedenen Gegenden starke RegenfLlle gemeldet und insbesondere wieder Befürchtungen wegen Schließung der Dardanellen austraten, hat sich die Tendenz wieder wesentlich fester gestaltet. Die Kauflust war wiederum schwach, da sowohl die Mühlen als auch der Handel keine Unternehmungslust zeigen und immer nur den nächsten Bedarf decken, dies ist auch der Grund, warum greifbare Ware stets gesucht bleibt. Aus heutiger Börse herrschte wenig Kauflust und kamen keine nennenswerten Abschlüsse zustande. Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack Mehl Nr. 0: 34. bis 34.50 Nr. 1: 38. bis 33.50 Nr. 2: 32. bis 32.50 Nr. 3: 80.50 bis 31. Nr. 4: 27. bis 27.50

Kleie II. bis 12 . (ohne Sack netto Kaffe.)

vermischtes.

Eine Kardinals predigt gegen die Frauen­mode. Der Patriarch von Venedig, Kardinal Cavallari, hielt am Peter-Paulstage eine Aufsehen erregende Predigt über die moderne Frauentracht, die sich ganz in der neuerdings vom Papst inaugurierten Kampfrichtung bewegte. Nach einigen einleitenden Worten heißt es in der Homilie:Als der heilige Petrus an die Neubekehrten in den verschiedenen Provinzen des Römischen Reiches schrieb, sagte er zu ihnen:Die Frauen sollen ein keusches Betragen haben und sollen bedenken, daß ihre schönste Zier nicht in den materiellen Kleidern des Körpers, in dem Haarputz oder in den an Gold und Edelsteinen reichen Gewändern besteht, sondern in dem von Tugend und von Verdiensten strahlenden inneren Leben, welches allein sie dem Gott, dem zu gefallen sie sich bestreben müssen, lieb und angenehm machen kann. Könnte man in unseren Tagen so etwas sagen? Ihr seht ja, wie anders die Tracht ist, die so viele christliche Frauen heute tragen! Man braucht nur zu beobachten, wie sie sich kleiden, um zu er­kennen, daß bei so vielen von ihnen auch nicht ein Krümchen der Keuschheit, mit welcher jene ersten Christinnen geschmückt waren, vorhanden ist. Setzen wir, so weit sich das hier tun läßt, auseinander, was man meint, wenn man sagt, eine Frau sei un­anständig gekleidet. Wir verstehen darunter den Gebrauch solcher Kleider, welche die Arme und einen guten Teil der Brust unbedeckt lassen; bestenfalls sind sie an diesen Stellen mit Spitzen oder ganz dünnem Tüll garniert, so daß man meinen könnte, sie seien eigens gemacht, die krankhafte Neu­gier und die Lüsternheit der Männer noch mehr an­zureizen. Wir verstehen darunter ferner jene Kleider, die so eng anliegen, daß sich bei der Frau, die sie trägt, wenn sie sich bewegt, alle Körperformen genau markieren, so daß auch der letzte Rest natür­licher Scham schwindet. Ich glaube genug gesagt zu haben, um fragen zu können: Darf sich eine christ­liche Frau so kleiden? Wo ist die Scham bei den Frauen, die die moderne Tracht tragen? Ich erkläre öffentlich, daß ich niemals gestatten werde, daß bei der heiligen Firmung in meinem Palaste unanständig gekleidete Frauen als Patinnen fungieren oder auch nur als Zuschauerinnen dem Feste beiwohnen. Ich bin dort in meinem Hause, und in meinem Hause habe ich ein Recht, Frauen, die die Heiligkeit des Sakraments nicht achten, zurückzuweisen. Sollten Frauen, die sich in der geschilderten Weise kleiden, niemals von sündhaften Gedanken befallen werden? Ol nehmen wir nicht die Schlichtheit und Einfalt an, wo nicht einmal die Spur davon vorhanden ist. Die wahre Ursache in der unkeuschen Kleidung liegt in der Sinnlichkeit, die die Herzen tyrannisiert, die verführen und verführt sein will. Ich glaube deshalb nicht zu übertreiben, wenn ich sage, daß die Geschöpfe, die sich in der jetzt so beliebten unver­schämten Weise kleiden, immer im Zustand der Sünde leben". Der Patriarch ruft die Familien­väter zum Kampfe auf, damit der gegenwärtigen Mode ein Ende mit Schrecken bereitet werde.

Damenstrümpfe aus Gold. Die Wiener Mode, einst berühmt und tonangebend, wird in diesem Herbst eine bizarre Neuheit auf den Markt bringen. Wenn die Wiener Modedamen aus Bädern und Sommerfrischen heimkehren, werden sie alsletzte

Neuheit" Damenstrümpfe aus'Gold vorfinden. Der goldene Damenstrumpf umschließt das Bein mit gol­denen Maschen und paßt sich dem Goldschuh an. Diese Strümpfe werden aus echtem Gold hergestellt, und wer sie erstehen will, muß schon ein reichliches Taschengeld sein Eigentum nennen. Das Paar kostet nämlich die Kleinigkeit von 125 Kronen. Etwas billiger im Preise stellen sich die silbernen Strümpfe, die aus feinen Silberfäden angefertigt sind.

Die Geldstrafe in der Ehe. Die Frau eines amerikanischen Farmers mit Namen Arthur Binetti hat kürzlich aus einem sehr merkwürdigen Grund die Scheidungsklage gegen ihren Gemahl angestrengt. Die Eheleute lebten nämlich in Güter­trennung, und die Frau war viel reicher als der Mann. Dies benutzte der ehrenwerte Binetti um sich auf raffinierte Weise zu bereichern. Er legte kraft seiner eheherrschlichen Gewalt seiner schöneren Hälfte fortgesetzt für die leichtesten Vergehen em­pfindliche Geldstrafen auf. Die Frau zahlte zunächst stillschweigend, legte sich aber im Geheimen ein ge­naues Tagebuch über die Gerichtsbarkeit ihres Mannes an. Und als er ihr zu arg wurde, reichte sie die Scheidungsklage ein und übergab ihre Auf­zeichnungen dem Gericht. In der Verhandlung er­regte die Vorlesung des merkwürdigen Dokuments große Heiterkeit. So lautet die Eintragung zu einem Tage:Ein Dollar für angebrannte Kotelettes, 10 Dollars für Plaudern mit dem Briefträger, 10 Dollars, weil sie vergaß Seife zu kaufen, 12 Dollars, weil sie Zucker kaufte, ohne sich zuvor zu erkundigen, wo es billigeren gibt". Das Gericht hat diese er­bauliche Ehe sofort geschieden.

Verbotene Küsse. Man schreibt uns aus Paris: Unter allen Verliebten der Republik erregt ein kleines Ereignis der letzten Tage Helle Entrüstung. Auf der Vorortlinie zwischen Paris und Pantin war ein Liebespärchen so glücklich, ein leeres Wagen­abteil zu erwischen, und benutzte natürlich die kurze Zeit der Einsamkeit, sich hin und wieder ein Küßchen in Ehren zu geben, als plötzlich ein grämlich drein­blickender Schaffner vor ihnen stand und sie barsch ersuchte, sichanständig zu benehmen". In aller Entrüstung erhob der junge Mann Einspruch:Ich benehme mich durchaus anständig, wenn ich meine Braut küsse. Im Gegenteil, es ist nicht nur mein Vorrecht und mein Vergnügen, sondern auch meine Pflicht! Und wenn es mir Spaß macht, fange ich gleich wieder an". Der Schaffner hatte augenschein­lich eine andere Meinung von dem, was sich schickt, und da der Zug in diesem Augenblick über die Station Pantin einfuhr, so führte er die Sünder vor den Stationsvorsteher.Aber Herr Vorsteher", schluchzte nun das eingeschüchterte Mädchen,wir taten doch nichts böses; wir haben nur einander ge­küßt, und das verbietet kein Gesetz!"Da sind Sie sehr im Irrtum", erwiderte der Stationsvorsteher würdevoll,in unserm Reglement ist das durchaus verboten". Ganz Paris brennt nun darauf, das Reglement" kennen zu lernen, das den Liebesleuten das Küssen verbietet.

sSchreckenskind.jNun, mein kleiner Mann", sagte der Pastor, der einen Besuch machte,tust du denn auch immer, was deine Mutter dir sagt?" Aber gewiß", antwortete der fünfjährige Junge, und Papa auch."

Rätsel.

Mit Gleichmut und mit stoisch ernsten Zügen Begleite ich die kummervolle Zeit.

Die frohen Tage seh' dahin ich fliegen.

Und gebe kalt auch ihnen das Geleit.

Mit strenger Mahnung leb' ich dir zur Seite Und ehre dich des Augenblickes Pflicht,

Doch sprech' ich immer, immer nur von heute, Vergangenheit und Zukunft nenn' ich nicht.

So treu ich dir auch meinen Rat erteile:

Du blickst auf mich nur flüchtig dann und wann; Wenn ich ermüdet, ausruh' eine Weile,

So treibst du mich zu neuem Eifer an.

Mit einem Dolch zielst du nach meinem Herzen, Und tauchst ihn tief in meinen Busen ein.

Nicht achtend so viel unverdienter Schmerzen- Verlängerst du bedächtig meine Pein.

Doch läßt die Strafe schnelle mich gesunden.

Gibt mir noch einmal meiner Jugend Glück, Verdoppelt die mir zugemess'nen Stunden,

Und führet Kraft und Lebensmut zurück.

Obwohl ich eine Kette meist muß tragen.

So geh' ich ungehindert doch und frei.

Doch neu entflammt dein Zorn du läßt mich

schlagen

Und horchst begierig auf mein Klageschrei.

Druck und Verlag der L. Meeh'scheu Buchdruckeret de« Snztäler« (Inhaber S. Conradt) in Neuenbürg.