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96.

Neuenbürg, Montag den 17. Juni 1912.

179 ^akraana.

RunSichau.

Berlin, 15. Juni. Der Kaiser hat heute vormittag den Botschafter Frhrn. Marschall von Biberstein in Audienz empfangen.

St. Petersburg, 15. Juni. Hier wird be­richtet. daß der Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter den Kaiser in die finnischen Schären zu seiner Be­gegnung mit dem Zaren begleiten werde. Ebenso werde der russische Minister des Aeußern Sasenow anwesend sein. Bei dieser Zusammenkunft sollte ein Meinungsaustausch über alle politisch wichtigen Fragen, soüberdieBeilegungdesitalienisch-türkischen Krieges und die chinesische Anleihe stattfinden. Die Nowvje Wremja bezeichnet die Zusammenkunft als einen wichtigen Beweis der freundschaftlichen und gut nachbarlichen Beziehungen Rußlands zu Deutschland.

Am 15. Juni werden l'/r Jahrzehnte seit dem Tage verflossen sein, an welchem der damals noch nicht 50 jährige Konteradmiral v. Tirpitz das Reichsmarineamt von seinem Vorgänger, Ad­miral Hollmann, übernahm. Wenn Deutschland in dieser Zeit sich eine machtgebietende Flotte geschaffen hat. mit der selbst die gewaltigste Seemacht der Welt ernstlich zu rechnen begonnen hat. so gebührt dem Staatssekretär v. Tirpitz hierfür neben dem Kaiser die wärmste Anerkennung der ganzen Nation. Hr. v. Tirpitz hat sich während seiner Amtsführung als hervorragender Organisator, als ein weitblickender und vorsichtiger Staatsmann und als ein sachkundiger und gewandter Minister erwiesen. Seiner klugen Gewandtheit, seiner gewinnenden Liebenswürdigkeit und seiner zielbewußten Energie sind in erster Linie seine großen Erfolge im Parlament zu verdanken. Während der Reichstag vor zwanzig Jahren um einen winzigen Kreuzer Tage lang feilschen und schachern konnte, bewilligte man dem Staatssekretär v. Tirpitz für seine großzügig angelegte Reform der deutschen Flotte anstandslos Hunderte von Millionen. So ist Admiral v. Tirpitz der eigentliche Reformator und Reorganisator unserer Flotte, der Roon der Marine geworden.

Großherzogin Marie von Luxemburg ist jetzt großjährig geworden und übernimmt nun selbst die Regierung ihres Landes.

Die Deutschen in Buenos Aires haben eine Sammlung zur Stiftung eines Militärflugzeugs für Deutschland eingeleitet. Der Vorsitzende des Deutschen Vereins, der Herausgeber derLaplata-Zeitung", sammelte in wenigen Tagen über 25 000 -/rl Die deutsche Kolonie wünscht, daß das FlugzeugBuenos Aires" getauft wird. Auch in Rio de Janeiro und Petropolis haben sich Ausschüsse gebildet, um unter den Deutschen Brasiliens Sammlungen für die deutsche nationale Flugspends zu veranstalten. Es sind bereits namhafte Beiträge eingegangen.

Der diesjährige sozialdemokratische Partei­tag, der laut Beschluß des vorjährigen Parteitages in Chemnitz abzuhalten ist, ist nunmehr vom Par- teivorstande auf die mit dem 15. September be­ginnende Woche einberufen worden. Der Partei- vorstand hat bereits eine ziemlich umfangreiche provi­sorische Tagesordnung für den Chemnitzer Parteitag aufgestellt.

Göritz a. O., 11. Juni. Ein 12 jähriges Mädchen namens Blume stieß ihren Sjähr. Bruder aus Aerger darüber, daß er sie öfters schlug, in die Oder, so daß er ertrank. Später machte das Kind einen Selbstmordversuch, indem es in die Oder sprang, wurde aber gerettet. Nunmehr behauptet das Mädchen, es sei zu der Tat von seinem Stief­vater angestiftet worden. Darauf ist gegen letzteren eine Untersuchung eingeleitet worden.

Villingen, 13. Juni. Das Hotel Kirneck wurde samt Inventar, Garten und 187 Ar Wiesen­feld von der Ortskrankenkasse Pforzheim für «8 000 ^ angekauft. Das Anwesen wird zu

einem Erholungsheim für Rekonvaleszenten einge­richtet werden.

Württemberg.

Stuttgart, 15. Juni. Der Vertrag zwischen der Stadt Stuttgart und dem Ministerium des Innern wegen der Landeswasserversorgung wurde in der heutigen Sitzung der beiden Kollegien von Stuttgart angenommen. Damit sind die vermeintlichen Schwierigkeiten, wie sie gestern noch vom Schwäb. Merkur befürchtet wurden, beseitigt.

Stuttgart, 16. Juni. Ebenso wie die kleineren Gemeinden Ludwigsburg, Zuffenhausen, Feuerbach und andere hat jetzt auch die Stadtgemeinde Stutt­gart den Vertrag mit dem Ministerium des Innern betreffend den Anschluß der Stadt an die Landeswasserverforgung aus dem Gebiete von Langenau angenommen. Die Annahme erfolgte, nachdem die neuen Verhandlungen klärend gewirkt batten und das Rücktrittsrecht der Stadt für den Fall einer Nichtgenehmigung des Vertrages durch den Landtag ausgenommen worden war. im Ge­meinderat einstimmig und im Bürgerausschuß gegen 4 Stimmen.

Stuttgart, 15. Juni. Als Kandidat für die Landtagswahl in Stuttgart Amt hat die Sozial­demokratie wieder den seitherigen Abgeordneten Karl Hildenbrand ausgestellt.

Stuttgart, 14. Juni. Der Württ. Krieger­bund umfaßte nach dem soeben herausgegebenen 35. Geschäftsbericht für das Jahr 1911 am Ende des Berichtsjahres 1899 Bundesvereine mit 116196 aktiven Mitgliedern, 423 aktiven Einzelnmitgliedern und 10 Ehrenmitgliedern. Der Bund hat einen Zuwachs von 16 Vereinen mit 736 aktiven Mit­gliedern zu verzeichnen. Das Vermögen des Bundes belief sich Ende 1911 auf 551 577 und hat sich im Berichtsjahr um 12 832 ^ vermehrt. Der Grund­stock der Veteranenstiftung König-Wilhelm-Trost hat sich aus 271 570 ^ erhöht. Die Gesamtsumme der im Berichtsjahr vom Kriegerbund und seinen Organisationen sür Zwecke der Wohlfahrtspflege auf­gewendeten Leistungen beläuft sich auf 327 646 ^ An Stelle des seitherigen Präsidenten des Krieger­bundes, Generalleutnant z. D. v. Greifs, der von seinem Amt zurückgetreten ist, ist Frhr. v. Hügel zum Präsidenten gewählt worden. Die Dank- und Anerkennungsurkunde für 25jährige ununterbrochene Wirksamkeit als Vorstand oder Mitglied der Vor­standschaft eines Bundesvereins konnte an 30 Mit­glieder, der neu eingeführte Ehrenschild zum Bundes­abzeichen für 25 jährige bezw. 50 jährige Zugehörigkeit zum Bund an 2285 Mitglieder verliehen werden.

Stuttgart, 15. Juni. Der Alte Eisenbahner­verband hat für sein Bestreben, auf dem von ihm erworbenen Bauplatz inLangenargenein Erholungs­heim für württ. Staatsdiener zu errichten, schon in erheblichem Maße in hochherziger Weise auch die finanzielle Unterstützung privater Kreise gefunden. Die großen Kohlenlieferanten der württ. Eisenbahn­verwaltungen haben eine Stiftung von 6000 ^ ge­macht, die Firma Franck Söhne in Ludwigsburg eine solche von 5000 die Firma Laiblin in Stuttgart eine solche von 1000 ein hervorragender Parlamentarier hat 500 -/A gestiftet, verschiedene andere bedeutende Persönlichkeiten je 100 ^ und kleinere Beträge. Weitere Stiftungen stehen in Aus­sicht, sodaß das humanitäre Unternehmen heute schon als durchaus gesichert betrachtet werden darf.

Stuttgart, 15. Juni. Die Beratungen des Internationalen Kongresses für Heimat- schütz wurden heute zu Ende geführt. Im Anschluß an das Referat von Dr. Bovet über Heimatschutz und Bergbahnen zeigte Dr. F. Otto-Basel eine Reihe von Lichtbildern vor, in denen die den Land- schaftsbildern zugefügten Schäden beleuchtet wurden.

Der Redner legte der Versammlung eine Resolution vor, wonach bei den Regierungen gegen alle Berg­bahnen nachdrücklich protestiert werden soll. Prof. Dr. Fuchs-Tübingen gab dann ein Referat über die Ausnützung der Wasserkräfte vom Stand­punkt des Heimatschutzes. Der Redner legte eine Reihe von Leitsätzen vor, in denen der Standpunkt der Heimatschutzbewegung zum Ausdruck kommt und kam zu dem Schluß, daß ein Schutz gegen die Aus­wüchse des Kapitalismus notwendig sei. Ueber die Schädigungen, die dem Landschaftsbild des badischen Murgtals drohen, referierte Dr. Keller, worauf der Vorsitzende den Antrag stellte, die badische Regierung um eine erneute Prüfung des Rehbock'schen Projekts zu veranlassen. Prof. Fuchs wies darauf hin, daß die Stromschnellen bei Lauffenburg nie hätten ge­opfert werden dürfen und daß der Rheinfall bei Schaffhausen nie geopfert werden dürfe. Ein weiteres Referat gab Herr James Buckland-London über das Thema:Wir haben ein Recht, die Welt schön zu erhallen". Der Redner wandte sich in der Haupt­sache gegen die Vernichtung gewisser Vogelarten, deren Federn als Schmuck für Damenhüte Ver­wendung finden und verlangte nachhaltige Maßregeln von den Kulturftaaten. Oberstudienrat Dr. Lamp ert trat für ein Verbot des Abschießens der Paradies­vögel ein und die Versammlung beschloß einen ent­sprechenden Antrag an das Reichskolonialamt und an die holländische Regierung gelangen zu lassen. In der Nachmittagssitzung wurde noch ein Referat von Advokat de Clermont Paris über Heimat­schutz und Reklame zur Verlesung gebracht und in einer Erklärung die energische Bekämpfung der Verunstaltung der Landschaft durch Reklame gefordert.

Stuttgart. 15. Juni. Entgegen dem vielfach im Lande verbreiteten Gerücht, daß die Firma Robert Bosch, Stuttgart, eine auswärtige Fabrik­filiale zu errichten beabsichtige und zu diesem Zweck ein geeignetes Gelände erwerben wolle, kann das Süddeutsche Korrespondenzbureau aus ganz zuver­lässiger Quelle mitteilen. daß eine derartige Absicht bei der Firma Robert Bosch nicht bestehe.

Dornstetten. 9. Juni. Die Hauptver­sammlung des Württ. Schwarzwaldvereins findet am 29. und 30. Juni in Dornstetten statt. Am Samstag den 29. Juni werden die geschäftlichen Verhandlungen sein, nach denselben ist Bankett in der Bahnhofrestauration. Der Sonntag ist den fest­sichen Veranstaltungen (Einweihung der Aussichts­kanzel, Waldspaziergang, Aufenthalt auf dem Fest­platz bei dem Lattenberger Hof) gewidmet.

Welzheim, 15. Juni. Regierungsdirektor v. Hieb er in Stuttgart ist von den bürgerlichen Kolle­gien zum Ehrenbürger der Stadt Welzheim ernannt worden.

Ravensburg. 15. Juni. Am 24. Juni wird hier die Landesversammlung des Württ. Kranken­kassenverbandes unter dem Vorsitz des Buch­druckereibesitzers Otto Bechtle-Eßlingen abgehalten. Dem Geschäftsbericht über das Jahr 1911 ist zu entnehmen, daß die Reichsversicherungsordnung, die am 30. Mai 1911 vom Reichstag angenommen und am 19. Juli 1911 verkündet wurde, den Verband in den letzten Jahren fortwährend in Atem gehalten und ihm weit mehr Geschäfte und Sitzungen ver­ursacht hat, als es in normalen Jahren der Fall war. Noch ist kein Ende, da die Vollzugsverfügungen zu dem Buch Krankenversicherung immer noch nicht fertiggestellt sind, was auf die außerordentlichen Schwierigkeiten zurückzuführen ist, die sich in den Weg gestellt haben. Das Kgl. Ministerium des Innern hat zum Zwecke der Durchführung der Reichs­versicherungsordnung von dem Verband in mehreren Fällen gutächtliche Aeußerungen eingefordert, welchem Verlangen bereitwilligst nachgekommen wurde.

Ellwangen, 14. Juni. Von einem tragischen Geschick wurde der 42 Jahre alte Forstamtmann Dilger in Rosenberg ereilt. Dilger war seit