glühendem Franzosenhaß beseelten Streitkräften der Marokkaner bedroht und bedürfen deshalb dringend Verstärkungen. Die französische Regierung hat denn auch bekanntlich beschlossen, schleunigst Verstärkungen in der für afrikanische Verhältnisse immerhin bedeutenden Gesamthöhe von 43 000 Mann nach Marokko zu werfen, wozu Truppen sowohl aus Algerien und Tunis, als auch vom Senegalgebiet und aus dem Mutterlands selbst beordert worden sind. Aber bereits zeigt es sich, daß selbst diese ansehnliche Truppenmacht nicht genügen wird, um die Aufstandbestrebungen der Marokkaner gegen die französische Herrschaft zu unterdrücken. Besagen doch weitere Meldungen über den Stand der Dinge, daß die Franzosen jeden zollbreit Landes neben den von ihnen bereits besetzten Gebieten Marokkos tatsächlich erst erobern müßten und daß ihnen daher noch weit schwerere Kämpfe mit den Marokkanern bevorstünden als bislang; eine ganz neue große militärische Aktion sei für die Franzosen nicht zu umgehen und eine solche erfordere noch weitere bedeutende Truppenverstärkungen. Gewiegte Kenner der marokkanischen Verhältnisse meinen denn auch, daß die Franzosen zur vollständigen Eroberung Marokkos mindestens noch etwa 6 Jahre bedürfen und daß sie hierzu mindestens 150 000 Mann Truppen nötig haben würden. Hiermit eröffnet sich also für Frankreich die Aussicht auf einen jahrelangen opferreichen Kolonialkrieg in Afrika, der natürlich auf die Aktionsfähigkeit Frankreichs in den großen Fragen der Weltpolitik mehr oder weniger hindernd zurückwirken müßte.
WürttLMber-g.
Stuttgart, 18. Mai. Die Zweite Kammer beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit der ersten Beratung des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zum Viehseuchengesetz. Abg. Keilbach (Z) stellte den Antrag auf Verweisung des Entwurfs an den Ausschuß für innere Verwaltung. Im Verlauf der ziemlich ausführlichen Debatte, die vielfach einen polemischen Charakter trug, erklärte Minister v. Pis chek, der Entwurf habe im allgemeinen eine freundliche Aufnahme gefunden. Der Zweck, eine möglichst rasche Festsetzung und Auszahlung der Entschädigungen zu erlangen, werde am besten erreicht durch Zentralisation beim Medizinalkollegium. Als das Richtige sei ein Netz von Ortsviehversicherungsvereinen erkannt worden. Schließlich wurde der Entwurf nebst den Beschlüssen der Ersten Kammer und der Ziffer 3 eines Antrags Kraut und Genossen an den Ausschuß für innere Verwaltung überwiesen. Das Haus ging dann über zur Beratung des Antrags des Abg. Dr. Eisele (Vp ), betr. landesgesetzliche Regelungder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Nach diesem Antrag soll dis Regierung ersucht werden, die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. soweit sie nicht durch Reichsgesetz geordnet ist, nicht durch Ministerialverfügung sondern durch Landesgesetz zu regeln und einen entsprechenden Gesetzentwurf den Ständen womöglich noch im Laufe des kommenden Winters vorzulegen. Entgegen dem Antrag des Ausschusses für innere Verwaltung, der
dahin ging, den Antrag Eisele abzulehnen, wurde der Antrag Eisele vom Hause mit knapper Mehrheit angenommen. Es folgte dann die Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf betr. dieEber-undZiegen- bockhaltung. Der Entwurf wurde mit 71 gegen 5 Stimmen angenommen.
Stuttgart, 17. Mai. Durch Minifterial-Ver- fügung ist der Urlaub der württemb. Verkehrsbeamten neu geregelt worden. Zu dieser Neuregelung bemerkt die „Deutsche Eifenbahnbeamten- Zeitung": Die Neuregelung hat eine Reihe von sachlichen und besonders von formellen Verbesserungen gebracht.
Stuttgart, 15. Mai. Der gute Besuch, dessen sich die Landesausstellung für Reise- und Fremdenverkehr zu erfreuen hat, läßt es wünschenswert erscheinen, die Ausstellung, die schon am 1. Juni geschlossen werden sollte, noch einen Monat länger dauern zu lassen. Es ist deshalb an die Zentralstelle ein Gesuch um Ueberlassung des Ausstellungsgebäudes bis zum 1. Juli gerichtet worden.
Stuttgart, 16. Mai. Der berühmte Tenorist Enrico Caruso wird am 1. und 3. Oktober im großen Hause des neuen K. Hoftheaters ein zweimaliges Gastspiel veranstalten. Die Preise sind fabelhaft hoch. Sie bewegen sich zwischen 30 und 2 Mark. Letzteren bezahlt man für die letzte Reihe im dritten Rang. Die erste Reihe im dritten Rang kostet die Kleinigkeit von 8 Mark.
Reutlingen, 18. Mai. Es war zu erwarten, daß auf die unnatürlich heißen Tage zu Anfang dieser Woche, an denen die Durchschnittstemperatur bis um 12 Grad Celsius überschritten wurde, ein Rückschlag nicht ausbleiben werde. Man hatte angesichts der abnormen Wärme über die Wetterheiligen und die kalte Sophie gespottet, aber sie bewiesen schnell, daß die alte Furcht vor ihnen als den Weindieben und Obstvernichtern nicht unbegründet sei. Nachdem am Mittwoch eine Depression mit schweren Gewittern sich angekündizt und im Laufe des Donnerstag unter Sturm über uns weggezogen war, gelangten wir am Freitag auf ihre Rückseite und bekamen das typische Aprilwetter, bestehend aus starken Regenböen und abwechselndem Sonnenschein. Auf der Reutlinger Alb brachte am Freitag vormittag nach 7 Uhr eine solche Bö ein heftiges Schneetreiben, das bis gegen 9 Uhr dauerte und über die grünen Fluren einen weißen Mantel breitete, der freilich unter dem Einfluß des gleich darauf fallenden Regens sich schnell in eine Sulz und dann in Wasser verwandelte. Große Besorgnis herrschte unter den Bewohnern, zumal da auf der Hochfläche der Alb auch die Obstbäume erst in diesen Tagen in volle Blüte getreten waren. Da aber der Wind im Laufe des Freitags die gefürchtete Drehung von Westen nach Nordwesten nicht vollzog, sondern eher aus südlicher Richtung zu wehen begann und der Himmel die Nacht über bedeckt blieb, ist der allgemein befürchtete Nachtfrost glücklicherweise ausgeblieben.
Schorndorf, 18. Mai. Die Deutsche Partei hat beschlossen, den Reichstagsabgeordneten Otto
Keinath als Kandidaten für die Landtagswahl im Bezirk Schorndorf aufzustellen.
Oberndorf, 18. Mai. Dem Bauern Johannes Stoll im benachbarten Böchingen wurde die siebte Tochter geboren, bei der die Königin Patenstelle übernommen hat. Vor zwei Jahren schon wurde der glückliche Vater mit dem siebten Knaben beschenkt bei dem damals der König Pate war. Sämtliche 14 Kinder erfreuen sich der besten Gesundheit.
Großeislingen, 17. Mai. (Gemeine Tat.) In der hiesigen Pfarrkirche wurde der prachtvoll aufgebaute Maialtar auf bübische Weise zerstört, indem eine Säure über die Blumenstöcke gespritzt wurde, sodaß sie zu Grunde gingen. Der Pfarrer sah sich gezwungen, zu verkünden, daß, wenn der Altar nochmals beschädigt werde, die Maiandacht eingestellt werden müsse. Für den Täter wäre eine Tracht ungebrannte Asche angebracht.
Ulm. 18. Mai. In Laupheim soll die Leiche eines Mannes, der sich erhängt hatte, in eine Kiste verpackt und als Frachtgut mit anderen Stückgütern nach Tübingen in die Anatomie verschickt worden sein.
Weingarten, 18. Mai. Der Blutfreitag brachte wieder große Massen Pilgerscharen hierher. Am Vorabend hielt in der altehrwürdigen Abteikirche Pater Maurus Ladenburger vom Kloster Beuron die Festpredig!. Am Freitag früh um 4 Uhr verkündeten Böllerschüsse, daß der Blutfreitag angebrochen war und bald darauf strömten ungezählte Scharen von Gläubigen dem Kirchberg zu. Auf dem großen Kasernsnplatz erfolgte inzwischen die Aufstellung der Reiter für den Blutritt, deren Zahl sich auf ca. 1200 belief. Gegen 10 Uhr erfolgte die Rückkehr vom Kirchberg und das hl. Blut wurde vom Erzabt Jldephons Schober aus Beuron, umgeben von zahlreichem Klerus in festlichem Ornat in die Kirche getragen, wo ein Pontifikalamt stattfand. Stadtschultheiß Reich spielte mit Meisterschaft die neurestaurierte Orgel. Die ganzen Veranstaltungen, namentlich auch der Blutritt, waren von schönem Wetter begünstigt.
Biberach, 14. Mai. Durch die Vergeßlichkeit einer etwa 70jährigen Frau wäre beinahe einer hiesigen Familie namenloses Unglück zugefügt worden. Ein Postunterbeamter hatte der Frau im Juli 1911 den Betrag von 11 ^ ausgehändigt, welche Summe ein in der Schweiz lebender Sohn seiner Mutter per Post übersandte. Erst im Januar d. I. schrieb bie Frau ihrem Sohn, sie Habs das Geld nicht erhalten, worauf der Sohn sich an die K. Gsneral- direktion in Stuttgart wandte. Die Sache wurde nun auf dem Postamts hier untersucht und es stellte sich heraus, daß der Briefträger M. die 11 ^ ausbezahlt haben müsse, welcher auch beteuerte, daß er der Frau das Geld übergeben habe. Dagegen erklärte die Frau, das Geld nicht erhalten zu haben. M. kam in den Verdacht der Unterschlagung und Urkundenfälschung und wurde auch seit Januar zeitweise außer Dienst gestellt. Vor acht Tagen hielt die K. Staatsanwaltschaft hier eine Zeugenvernehmung ab, die zu keinem Resultat führte. Am Mittwoch fand die Frau nach nochmaligem Suchen in
Der Diamant -es alten Frik.
Autorisierte Uebersetzung aus dem Norwegischen des Fredrik Biller von Friedrich Känel.
INachdruck verboten.)
„„Ja, Du hast recht, aber die Zeitangabe? Die Uhr an der Stirne des Elefanten?""
Statt zu antworten, schritt Monk zu einer kleinen Weckeruhr, die auf meinem Schreibtisch stand. Zuerst richtete er '"die Zeiger, während er das Zifferblatt sorgfältig vor uns verbarg. Dann nickte er uns zu, daß wir ihm folgen sollten, worauf er nach einem großen Wandspiegel auf der anderen Seite des Zimmers ging. Er schob Klara und mich vor den Spiegel. Er selbst stellte sich hinter uns und hielt die Uhr in die Höhe.
„Schaut nun in den Spiegel und sagt mir, wie spät es ist!"
„„Neun Minuten über halb sieben Uhr,"" antworteten Klara und ich zugleich.
„Jetzt dreht Euch um und seht nach, ohne den Spiegel zu benutzen! Nun, was sagt Ihr dazu? Es fehlen neun Minuten an halb sieben Uhr, nicht wahr?"
Jetzt war an mir und Klara die Reihe, nachdenklich zu werden.
„„Du meinst also, daß das ganze Bild gefälscht ist? Gleichsam verkehrt, so daß rechts links ist und umgekehrt?""
„Ich meine," antwortete Monk lebhaft, „daß diese Photographie in Ordnung ist. Die Person, welche sie darstellt, ist Eveline Reiersen. In dem Augen-
blick, als sie photographiert wurde, trug sie die Hutfeder auf der linken Seite; in der linken Hand hielt sie den Diamanten und an der rechten trug sie einen Ring. Die Uhr zeigte gleichzeitig neun Minuten weniger als halb sieben Uhr-"
„„Aber wie so-""
„Das werde ich Euch gleich sagen. Das ganze Geheimnis liegt darin, daß die Photographie in einem Spiegel genommen worden ist!"
„„In einem Spiegel?""
„Ja, in einem Spiegel."
„„Wahrhaftig, Du hast recht; das erklärt alles!"" rief ich aus.
„Ja, alles, und noch ein wenig mehr, woran Du vielleicht nicht gedacht hast. Gott sei Dank, die Schuppen sind mir von den Augen gefallen und ich bin wieder sehend!"
»»Jetzt haben wir nicht Zeit, in biblischen Redensarten zu sprechen, mein lieber Monk; wir wollen hören, was Du mit Deinem „und noch ein wenig mehr" meinst?""
„Ja, Du Haft recht, ich muß in einer moderneren Sprache reden. Gut! soweit sind wir gekommen, daß wir wissen, wie das Bild in einem Spiegel genommen worden ist. Aber in welchem Spiegel?"
„„Nun, das magst Du ergründen; ich und Klara haben unsere Pflicht gethan.""
»Daß Ihr das gethan habt, ist sicher; ich werde mit dem Rest wohl fertig werden glaube ich. An der Wand gegenüber dem Schrank im Museum ist ganz richtig ein Spiegel, und zwar ein ziemlich großer;
und in diesem Spiegel ist die Photographie ausgenommen worden."
„„Aber dann muß ja derjenige, der das Bild genommen hat, gleich neben Eveline gestanden haben, und er müßte wohl mit auf der Photographie erschienen sein,"" bemerkte Klara.
„Ganz richtig. Aber er hat so weit zur Seite gestanden, daß er selbst nicht innerhalb des Spiegelrahmens erschienen ist. Damit nicht auch der Rahmen auf dem Bilde sichtbar würde, hat er die beiden Seiten beschnitten. Deshalb ist das Bild so schmal."
„„Das alles ist ganz schön,"" wandte ich aus Monks Erklärungen ein; „„aber ein Umstand wirft Deine ganze schöne Theorie über den Haufen. Ist denn glaubhaft, daß Eveline eine Person neben ihr hat stehen und sie in einem Spiegel photographieren lassen, während sie einen Diamanten stiehlt, oder besser gesagt, daß sie gerade einen Diamanten stehle, während sie photographiert wird?""
„Ja, bis vor einem Augenblick verursachte mir dieser Umstand die größten Schwierigkeiten, als ich meine Theorie aufstellte. Aber ich habe diese Frage glücklicherweise gelöst und die Lösung eröffnet uns noch weitere Aussichten."
„„Damals, als Du Deine Theorie aufstelltest, sagst Du! Meinst Du die wenigen Sekunden seit dem Moment, als Du mit stierem Blick dastandest und Dich „blind" schaltest?""
(Fortsetzung folgt.)