Die Aufständischen in Mexiko haben eine neue Niederlage durch die Regierungstruppen er­litten, bei Canon de Carmen. Ob nunmehr der Bürgerkrieg eine entscheidende günstige Wendung für die Regierung des Präsidenten Madero nimmt, das bleibt indes noch immer abzuwarten.

Württemberg.

Nach langen und zum Teil scharfen Auseinander­setzungen über die Frage der Landeswasser- sorgung berührt die Einmütigkeit, mit der unsere Abgeordnetenkammer für das große Projekt mit staatlicher Unterstützung eingetreten ist, recht sym­pathisch. Es steht ja außer allem Zweifel, daß mit der Ausführung des Werkes der Allgemeinheit ein großer Dienst erwiesen wird, und aus diesem Grunde wird die finanzielle Mitwirkung des Staates auch in den Kreisen als billig gewürdigt werden, die einen Nutzen davon nicht haben, zumal es sich nicht um eine einseitige Begünstigung, sondern nur um eine Erleichterung für die in Betracht kommenden Ge­meinden handelt, die die einmalige Uebernahme so großer Lasten nicht tragen könnten, während sie sich für die allmähliche Amortisierung der anfallenden Schuldenlast sehr wohl einrichten können. Von diesem Gesichtspunkte aus bedeutet das Anhandgehen des Staates ein schönes Stück Staatssozialismus, für das der gesamten Volksvertretung, die sich so einmütig hinter das Ganze gestellt hat. aufrichtige Anerkennung gebührt.

Stuttgart, 10. Mai. Eine längere Debatte entspann sich in der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer bei Beratung des Gesetzentwurfs über die Dienstverhältnisse der Oberamtsärzte beim Artikel 8, der von den Gebühren für die schulärzt­liche Untersuchung und für die Impfung der Kinder handelt. Neben den Ausschußanträgen lagen von sämtlichen Fraktionen, mit Ausnahme der Sozial­demokratie, Anträge vor. Nach dem Ausschußantrag sollen die Gemeinden verpflichtet sein, für jedes der Aufsicht des staatlichen Schularztes unterstehende Kind jährlich 20 Pfg. und für jede vom staatlichen Jmpf- arzt vorgenommene öffentliche Impfung 60 Pfg. an die Staatskasse zu entrichten, außerdem das not­wendige Hilfspersonal zur Verfügung zu stellen. Ein Antrag des Abg. Ströbel (B.K.) wünschte, daß die Kosten für die Besichtigung und Untersuchung der Kinder sowie für die Impfung auf die Staatskasse übernommen werden. Einen Mittelweg zwischen dem Ausschußantrag und dem Antrag Ströbel schlug ein deutsckparteilicher Antrag Bantleon vor, wonach die Gemeinden nur die Gebühr für die Impfung zu bezahlen verpflichtet sein sollen, während die schul­ärztlichen Untersuchungskosten auf den Staat über­wälzt werden sollen. Außerdem lagen zwei Anträge Löchner (Vp.) und v. Kiene (Ztr.) vor, die aber später wieder zurückgezogen wurden. Bei der Ab­stimmung wurde, nachdem die Uebernahme der Jmpfungskosten auf die Staatskasse abgelehnt worden war, der Antrag Ströbel, der sich nunmehr materiell mit dem deutschparteilichen Antrag deckte, mit 48 gegen 30 Stimmen bei einer Enthaltung vom Hause angenommen. Hierauf wurde der deutschparteiliche Eoentualantrag Bantleon einstimmig angenommen. Es wurde dann der Ausschußantrag zu Artikel 8 und sodann die Ausschußanträge zu Artikel 9 und 10 ohne weitere Debatte angenommen.

Stuttgart, 10. Mai. In der verflossenen Nacht wurde auf der Erdbebenwarte Hohenheim ein mittelstarker Erdstoß ausgezeichnet, der wieder aus der Ebinger Gegend zu stammen scheint. Der erste Ausschlag der Instrumente erfolgte um 12 Uhr 4 Minuten 17 Sekunden, der Maximalausschlag sechs Sekunden später.

Kniebis, 9. Mai. Herzog Albrecht von Württemberg ist heute abend zur Auerhahnjagd hier eingetroffen und hat im Gasthof zum Lamm Wohnung genommen.

Feuerbach, 9. Mai. Bei Grabarbeiten in der Rosenstraße wurden alemannische Gräber auf­gedeckt. Es wurden mehrere guterhaltene Skelette mit Bvgaben gefunden.

Zuffenhausen, 2. Mai. (Eingesandt). Die Schwäbische Tagwacht" vom 9. April berichtete, daß Stadtfchultheiß Gutenkunst wegen Steuer­hinterziehung mit einer Strafe von 7000 bedacht worden sei. Wie nun mitgeteilt wird, ist die Strafe eine bedeutend höhere; sie tritt, da gegen das Straf­urteil Widerspruch nicht erhoben werden kann, sofort in Kraft. Gegen Geometer und Gemeinderat Morlock ist ebenfalls das Verfahren wegen Steuerhinterzieh­ung eingeleitet. Zu erwähnen sei noch, daß die beiden Herren Mitglieder der örtlichen Steuerem- schützung-kommission sind.

Horb, S. Mai. Trotz der energischen Be­mühungen der Behörden, die in Rex in gen hiesigen Oberamtsausgebrochene Maul- und Klauenseuche durch Abschlachten der von der Seuche befallenen Tiere zu bekämpfen, ist es bis jetzt nicht gelungen, des unliebsamen Gastes Herr zu werden. Schon zweimal glaubte man am Ziel zu sein und nun ist die Seuche zum drittenmal ausgebrochen. Die Be­kämpfungsmaßregeln werden energisch fortgesetzt.

Friedrichshafen, 8. Mai. Die im Oktober 1909 vom Deutschen Luftflottenverein hier ins Leben gerufene Luftfahrerschule zur Heranbildung eines,hervorragend tüchtigen technischen Bedienungs­personals für Luftfahrzeuge ist nach Adlershof bei Berlin verlegt worden. In diesem Sommer beginnt dort wieder ein Lehrgang für 20 bis 24 junge Leute. Die Leitung der Anstalt liegt auch fernerhin in den Händen des Oberleutnants Neumann. Die jungen Leute, die in der Anstalt in Friedrichshafen ausge­bildet worden sind, finden zum Teil in der Luft­schiffertruppe, zum Teil in der Privatindustrie eine lohnende Verwendung; unter ihnen sind je ein Steuer­mann derSchwaben" und derViktoria Luise". Der Luftflottenverein hofft, mit der Errichtung dieser Anstalt, die große Mittel erfordert, ein nationales Werk zu vollbringen.

Friedrichshafen, 10. Mai. Wie nicht anders zu erwarten war. zeigte der Pegel heute morgen wiederum ein bedeutendes ungewöhnlich rasches Steigen um 15 cm. Eine Hochwassergefahr besteht vorläufig noch nicht. Im vorigen Jahre zeigte der Pegel am 10. Mai l'/s Meter weniger.

Aus StaSt» Bezirk unS Umgebung.

* Neuenbürg, 9. Mai. (Kirchliches) Seit Dezember 1896 besitzt die hiesige Lüadtkirche ein neues Orgelwerk. Die Kirchengemeinde verdankt dasselbe in erster Linie zwei hiesigen Bürgerssöhnen, den HH. Charles Kraft in Nizza und Konstantin Kraft in Turin (jetzt in Karlsruhe), die mit der hochherzigen Spende von 2000 ^ den Grund legten zur Bestreitung des Aufwands. An diese erste Spende reihte sich ein Legat der am 15. April 1896 hier ff Frau Franziska Alber, geb. Zeltmann, im Betrag von 1500 ^ü, wodurch die Verwirklichung des von den Gebrüdern Kraft begonnenen Unter­nehmens wesentlich gefördert wurde. Der Besitzer der hiesigen Sensenfabriken, Hr. Kommerzienrat Schmidt, schenkte der Kirchengemeinde 500 eine stattliche Summe weiterer Gaben in Beträgen von 100 bis zu 50 wurde flüssig, und so konnte Ende des Jahres 1896 das prächtige neue Orgelwerk mit seinen 16 Registern mit einem Ge­samtaufwand von 5200 ./L erstellt werden. Ein Festgottesdienst am 4. Adventsonntag und ein Orgel­konzert am Nachmittag führten das neue Orgelwerk in den Besitz und in die Liebe der dankbaren Ge­meinde ein. Der Festpredigt lagen die Schriftworte Sacharja 14. 8 u. 9 zu Grunde. Beim Nachmiitags- konzert wirkte der Kirchenchor mit unter Leitung des Chordirigenten, Hrn. Aufsichtslehrer Schramm, die Vorführung der Orgelstimmen selbst übernahm der amtlich bestellte Orgelrevident, Hr. Seminar­oberlehrer Hegele aus Nagold, jetzt Professor in Nürtingen. Der Firma E. F. Walcker - Ludwigsburg, die das Werk erstellt hatte, wurde in dem amtlichen Gutachten des Sachverständigen das Zeugnis aus­gestellt, daß die hiesige Orgel als ein in allen Teilen meistermäßig ausgeführtes Werk bezeichnet werden könne. Bald wird nun dieses Orgelwerk, das der Gemeinde 16 Jahren gedient hat, eine neue Be­reicherung erfahren, sofern der Kirchengemeinderat beabsichtigt, einen Walcker'schen Luftschleuder- motor zur Windbeschaffung erstellen zu lassen und dadurch dasOrgeltreten" entbehrlich zu machen. Zu diesem Zweck hat neuestens Hr. Konstantin Kraft-Karlsruhe dem Vorsitzenden des Kirchen­gemeinderats die reiche Gabe von 330 übersandt, und die Kirchengemeinde Neuenbürg möchte nicht versäumen, dem edlen Wohltäter und treuen Sohn seiner Heimat auch an dieser Stelle für diesen neuen Beweis der Liebe herzlich zu danken.

lD Neuenbürg, 11. Mai. Nach einem Erlaß der K. Generaldirektion der Staatseisenbahnen vom 9. Mai wird der Haltepunkt Neuenbürg-Stadt am 20. Mai ds. Js. für den Versand von Expreß­gütern im württ. Binnenverkehr eröffnet werden; die Ausdehnung auf den württembergisch-badischen Verkehr ist eingeleitet.

/sX Herrenalb, 10. Mai. Stalionsdieneri Pfeiffer von den Steinhäuslen verunglückte gestern ! nachmittags auf dem hiesigen Bahnhof in gräßlicher ! Weise durch Berührung mit den Drähten der elek- ^

Irischen Leitung. Der Schlag der Hochspannung entzündete die Kleider des Verunglückten; schwer­verletzt brachte man ihn nach Karlsruhe, wo er heute früh verschied. An seiner Bahre trauern eine Witwe und drei unversorgte Kinder. Weniger schwer wurde Wagenführer Saarbacher verletzt, der an der rechten Körperseite eine Lähmung erlitt.

Calmbach. 9. Mai. Schuhmachermeifter G. Kraz eisen erhielt heute einen sehr starken Bienen­schwarm.

Hirsau, 9. Mai. Seit Anfangs Dezember v. I. vermißte man im benachbarten bekannten Luftkurort Bleiche im Schweinbachtal den 70jährigen Privatier Saußele, der sich dort für seinen Lebensrest ein­gemietet hatte. Angeblich war er zur Sparkasse ge­gangen, um dort Geld zu erheben. Man fürchtete, daß er ermordet und beraubt worden sei. Jetzt ist Licht in die Sache gekommen. Gestern mittag 2 Uhr fand man am Rechen der Burkhardschen Sägmühle in Unterreichenbach die schon in Verwesung über­gegangene Leiche des alten Mannes. Aus dem Umstand, daß er noch alle Wertgegenstände bei sich trug, unter anderem 500 -/L in Papier und eine Summe in Gold und Silber, war zu schließen, daß er keinem Verbrechen zum Opfer fiel, sondern beim Heimgehen von Calw in der Dunkelheit in die Nagold geriet und ertrank. Jedenfalls ist die Leiche am Ufergebüsch da und dort hängen geblieben, so daß sie 5 Monate brauchte, um die wenigen Kilometer zurückzulegen.

Altensteig, 10. Mai. Der einzige, sieben­jährige Knabe des Schuhmachers Galster fiel vor einigen Tagen von einem kleinen Handwägelchen und verletzte sich am Kopf. Die Verletzung wurde zuerst kaum deachtei, war aber schwerer als man annahm, denn der Knabe ist jetzt an den Folgen dieses Unfalles gestorben.

Nagold, 8. Mai. Schultheiß Killinger, der seit nahezu 41 Jahren als Ortsvorsteher von Rohrdorf fungiert, nachdem er vorher schon vier Jahre dem Gemeinderat angehört hatte, hat in dessen letzter Sitzung milgeteilt, daß er am 1. Juli aus Rücksicht auf sein Alter und seine geschwächte Gesundheit zurückzutreten wünsche.

Pforzheim, 10. Mai. Hier wurde der ver­heiratete Eugen Albert Wiedmann aus Schwäbisch Gmünd verhaftet. Er war im Besitz von 31 halb­fertigen silbernen Kaffeelöffeln und einem silbernen Stockgriff rc, die wahrscheinlich von einem Diebstahl herrühren.

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Berlin, 10. Mai. Reichskanzler v. Bethmann- Hollweg, Staatssekretär v. Krderlen-Wächter und der Botschafter Fchr. Macschall v. Bieber­stein sind heute abend nach Karlsruhe abgereist.

Leipzig, 10. Mai. Bei Ausschachtungsarbeiten an der Völkerschlachtdenkmals-Allee wurde ein Massengrab gefunden, das Gebeine von sieben Kriegern enthielt. Besonders gut erhalten ist ein Stiesel, eine Medaille in einem Etui und mehrere Knöpfe, die die Nummer 14 tragen, wahrscheinlich eine Regimentsnummer. Die Ueberrefte werden ein­gesargt und auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt werden.

Innsbruck, 10. Mai. Im unteren Jnntal ist das Wasser noch immer im Steigen begriffen. Nach 12stündiger Unterbrechung hat der Regen wieder eingesetzt. In der Gegend von Kitzbühel sind die freien Felder mit Geröll bedeckt und die Wege zer­stört. In Fieberbrunn drohen Häuser einzustürzen. Die Straße ist kilometerweit fortgerissen. Heute früh ist Militär nach Fieberbrunn abgegangen. Auch Brixental hat heute militärische Hilfe erhallen.

Eine nicht zu unterschätzende Spar-Gelegeuheit

bietet der sich bei den Landwirren mehr und mehr verall­gemeinernde Brauch, Thomasmehl sür Herbstdüngung nicht nur früher zu beziehen, sondern auch schon im Mai oder Juni auszustreuen.

Sei es nun, daß Thomasmehl auf Brache, auf abgeerntete Wiesen, Klee- und Futterfelder oder auf bereits bestellte Hackfrucht- und Gründüngungsschläge ausgestreut wird, sei es, daß man es teilweise einlagert, immer ist die durch Len Bezug im Mai gemachte Ersparnis bedeutend. In diesem Jahre beträgt die Mai-Vergütung sogar das Doppelte als in früheren Jahren, so daß der Wagon Thomasmehl von 10000 Kilo im Durchschnitt ca. 31 Mark billiger kommt, als im Herbst.

Verantwortlich für den redaktionellen Teil: C. Meeh, für den Inseratenteil: G. Conradi in Neuenbürg.

Mit einer vierseitigen Beilage.