Initiativantrag eingereicht:Die Kammer wolle be­schließen, die K. Staatsregierung zu ersuchen, den Ständen einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Verfassungsurkunde und das Landtagswahlgesetz dahin abgeändert werden, daß sämtliche Mitglieder der Zweiten Kammer in einer Anzahl größerer Wahl­bezirke auf dem Wege der Verhältniswahl gewählt werden".

Stuttgart, 7. Mai. Die Verhandlungen zwischen den Vertretern der Nationalliberalen Partei und der Fortschrittlichen Volkspartei betreffs der kommenden Landtagswahlen sind seit voriger Woche im Gange. Die Unterhandlungen nahmen bis jetzt einen befriedigenden Verlauf. Als Unterhändler sind zunächst nur tätig die Geschäftsführer, sowie je ein führendes Mitglied der beiden Parteien.

Stuttgart, 8. Mai. (Landtagskandidaturen). Der konservative Landtagsabgeordnete Schultheiß Beißwanger in Geradstetten teilt der Deutschen Reichspost mit, daß er aus gesundheitlichen und be­ruflichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, eine Kandidatur zum Landtag anzunehmen. Die konservative Partei und der Bund der Landwirte haben die Kandidatur für den Bezirk Schorndorf dem Fabri- kanten Breuninger angetragen, der dieselbe an­genommen hat.

Stuttgart, 8. Mai. Die feierliche Grund­steinlegung der von der verstorbenen Herzogin Wera gestifteten evangelischen Heilandskirche fand heute vormittag hier statt. Anwesend waren das Königspaar, die Töchter der verewigten Herzogin, die Prinzessinnen Elsa und Olga und verschiedene Mitglieder des Königshauses, außerdem Kultminister «.Fleischhauer. Stadtdekan Keeser hielt eine An­sprache, der er das Wort zu Grunde legteMein Geist freuet sich Gottes meines Heilands". Nach einem Gesang des Kirchenchors der Friedenskirche verlas Stadlpfarrer Jehle die Stiftungsurkunde; hierauf erklang das KirchenliedIch bete an die Macht der Liebe". Dann trat der König an den Grundstein heran und begleitete die Hammerschläge mit den weithin vernehmbaren WortenIm Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes". Bezeichnend für das Wesen der Herzogin Wera sind die Worte der Stiftungsurkunde, nach denen die Heilandskirchezur Ehre Gottes und in dankbarem Gedenken an die in 50 Jahren ihres Lebens in Württemberg empfangenen Wohltaten errichtet wird."

Stuttgart, 7. Mai. Unter der Anklage des Mords, des erschwerten Totschlags und des Ein­bruchsdiebstahls hat sich der am 14. April 1873 in Teinach geborene Taglöhner Georg Pfrommer vor dem Schwurgericht zu verantworten. Die An­klage beschuldigt ihn, er habe am 15. Januar zwischen Möhringen und Unteraichen den verheirateten Maurer Jakob Grob und eine schwache halbe Stunde später den Forstwart Karl Rees nieder­geschossen und im letzteren Fall die Tat mit Ueber- legung ausgeführt. Bei der Vernehmung leugnete der Angeklagte den Diebstahl. Bezüglich der anderen Anklagepunkte versucht er Notwehr geltend zu machen. Die Zeugenaussagen brachten nichts wesentlich Neues.

Stuttgart, 8. Mai. Die Schwurgerichts­verhandlung gegen den Taglöhner Georg Pfrommer wegen Mords u. A. nahm einen über­raschenden Ausgang. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten des schweren Diebstahls, des einfachen Totschlags und des Mordes schuldig. Der Staatsanwalt beantragte hierauf neben einer Zuchthausstrafe die Todesstrafe. Das Gericht war aber einstimmig der Ansicht, daß sich die Geschworenen bezüglich des Mords zu Ungunsten des Angeklagten geirrt hätten und verwies diesen Fall an das nächste Schwurgericht. Im Fall Rees war Mord bejaht worden. Wegen des schweren Diebstahls und des Totschlags begangen an dem Maurer Grob wurde der Angeklagte unter Einrechnung der gegen ihn von der Strafkammer Tübingen erkannten 10 jährigen Zuchthausstrafe zu der Gesamtstrafe von 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Verteidiger hatte die Kassierung des Mehrspruchs beantragt.

Stuttgart, 9. Mai. Der gestern zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilte Doppelmörder Pfrommer hat dem Landjäger, der ihn bewachte, eingestanden, daß er den Einbruch im Fasanenhof, den er während der ganzen Verhandlung leugnete, ebenfalls auf dem Ge­wissen habe.

Oberndorf. 8. Mai. Am Sonntag und Mon­tag fand hier unter lebhafter Beteiligung hiesiger und auswärtiger Schützenfreunde der 15. Verbands­tag des Schwarzwaldgau-Schützenverbandes statt. Aus den Verhandlungen, die unter dem Vor­sitz des Oberschützenmeisters, Geh. Rat Dr. Mauser, geführt wurden, dürfte von allgemeinem Interesse der Beschluß sein, die verschiedenen Gaue des Landes

so einzuteilen, daß auf je 100 Mitglieder ein Ver­treter entfällt, der im Deutschen Schützenbund stimm­berechtigt ist. Es soll dadurch bezweckt werden, möglichst viel württembergische Vertreter zum dies­jährigen Deutschen Schützentag nach Frankfurt a. M. zu bringen und dadurch nach Stuttgart das nächste deutsche Schützenfest zu bekommen.

Vom Bodensee, 9. Mai. Die gewaltigen Re gen Massen, die in den letzten Tagen über das ganze Bodenseegebiet niedergingen, vor allem aber die Hochwasserkatastrophe, von der Vorarlberg heimgesucht wurde, hat ein sehr rasches Steigen des Bodensees zur Folge gehabt. Während der Pegel gestern noch 3.24 m zeigte, stand er heute auf 3,48 m. Der Bahnkörper zwischen Bludenz und Feldkirch ist überschwemmt und der Betrieb mußte teilweise ein­gestellt werden.

Kus Slaöt» Bezirk unS Umgebung.

Neuenbürg. (Sitzung der bürgerlichen Kollegien am 7. Mai.) Nach Erledigung ver­schiedener laufender Geschäfte wurde eins Aeußerung darüber abgegeben, wie sich die hiesige Stadtgemeinde zur Frage der Wasserabgabe an Neubauten, die auf dem eingemeindeten Terrain errichtet werden, stellt. Es handelte sich insgesamt um 4 Gesuche; ein Ge­such wurde vorläufig zurückgezogen, zwei Gesuche werden durch eine Uebereinkunft mit der Gemeinde Gräfenhausen zur Erledigung kommen; bezüglich des vierten Gesuchs (von Stadtbaumeister Stribel) hat man sich, da hier die Verlängerung des städtischen Rohrstrangs in Betracht kommt, in Anbetracht ver­schiedener Vorgänge dahin geeinigt, daß der Nach­suchende als Beitrag zu den Kosten '/stel des Auf­wands leisten muß und es ist der Vorbehalt gemacht worden, späterhin Festsetzungen darüber zu treffen, welche Summen bei Neuanschlüssen zu zahlen sind. Da im heurigen Schuljahr die Zahl der Teil­nehmer am Lateinunterricht größer ist, als voriges Jahr, so war das Schülergeld und das Lehrerhonorar neu zu bestimmen. Nun kamen noch verschiedene Angelegenheiten des Elektrizitätswerks zur Erledigung. Der Gehalt des Werkführers wurde mit Wirkung vom 1. April 1912 an auf 1600 Mk. erhöht; er hat außerdem freie Wohnung und bekommt Licht und Kohlen unentgeltlich. Da künftighin die Stromabgabe für Licht in der Hauptsache nur nach Zähler erfolgt, so ist das Setzen von solchen in größerer Anzahl im Laufe des Sommers und Herbstes vorzunehmen. Diese Arbeiten wurden dem In­stallateur Braunwart um dis mit ihm vereinbarten Vergütungen übertragen. Nachdem die Lichtbezüge für das Gemeindehaus zur Sprache gebracht worden waren, wurde in Gemäßheit des H 10 der neuen Stromlieferungsbedingungen (vergl. Enztäler Nr. 67) folgendes bezüglich der Kraflstromabnehmer bestimmt: Diejenigen Abnehmer, welche mindestens 3000 XVV. Strom zu Kraftzwecken wünschen, erhalten bis auf Weiteres für die Zeit vom 15. Okt. bis 15. Febr. von morgens 6 bis abends 5 Uhr (in den übrigen Monaten während der gewöhnlichen Geschäftsstunden ohne Einschränkung) den Staffeltarif von 10 Pfg. pro UVV. abwärts zugebilligt; soweit in diesen Be­trieben vom 15. Oktober bis 15. Februar nach 5 Uhr abends gearbeitet werden will, wird ihnen dies ebenfalls bis auf Weiteres gestattet, für diese Zeit gilt aber dann der gewöhnliche Tarif von 20 Pfg. pro UVV. an.

Neuenbürg, 9. Mai. Auf die recht kühle, ja teilweise frostige Witterung der ersten Maitage folgte von Mitte der letzten Woche eine allmähliche Er­wärmung, bis am Sonntag vormittag ein leichter Regen auftrat, der sich in den folgenden Tagen bei oft längeren Pausen und fast schwüler Temperatur fortsetzte, sich aber am gestrigen Mittwoch recht er­giebig gestaltete. Wenn man dabei befürchten mußte, daß in der jetzigen Jahreszeit dem Regen auch ebenso schnell eine empfindliche Abkühlung folgen könnte, so sieht man sich heute darin angenehm enttäuscht, denn es folgte ein trockenes, warmes, geradezu ideales Wetter. Was diese Witterung an den Saaten und an der gesamten in der letzten Zeit etwas zurückgebliebenen Vegetation für Wunder ge­wirkt hat, das zeigt sich allüberall an Baum und Strauch in Feld und Wald. Es ist, wie man ge­meinhin sagt, solch ein mastes Wetter, daß man fast das Gras wachsen sieht. Und dies gerade jetzt, da wir unmittelbar vor den Tagen der vielfach noch gefürchtetenEismänner" stehen. Wenn wir vor einem Rückschlag d. h. vor Nachtfrösten verschont bleiben, dann dürfen wir auf ein fruchtbares Jahr hoffen. Nachschrift v. 10. Nach dem gestrigen trockenen Wetter setzt heute vormittag wieder ein warmer Regen ein; es scheint fortregnen zu wollen.

/X Herren alb. 6. Mai. Die seltene Feier des 50jährigen Bestehens durfte der Mannergesang­vereinLiederkranz" am gestrigen Sonntage be­gehen. Man sah von der Veranstaltung eines größeren Gesangfestes ab und gab damit dem Er- innerungstag von vornherein das Gepräge intimer Herzlichkeit, ungezwungenen Frohsinnsunter uns". Die Vereinsleitung hatte für das Festkonzert im großen Saale des Konversationshauses ein gediegenes Programm aufgestellt; der Beifall der großen Zu­hörerschaft war warm und wohlverdient. Insbe­sondere die Chöre mit Orchesterbegleitung, eine Neuheit für Herrenalb, BeethovensDie Himmel rühmen" und MozartsWeihe des Gesangs" kamen mit Wucht und Kraft zu eindrucksvoller Wirkung. Den Begrüßungsworten des verdienten Vorstandes, Apotheker W. Tränkler, folgte der Vortrag eines Festprologs von Frl. Erika Tränkler. Musikvor­träge und Orchesterbegleitung boten die vollständige Kapelle der Kgl. Unterosfizierschule Ettlingen unter Leitung des Obermusikmeisters A. Honrath. Wie immer fanden die Vorträge dieser ausgezeichneten Kapelle stürmische Anerkennung. Der Männerchor, dirigiert von Hauptlehrer Schanz, zeigte sich auf einer hohen Stufe musikalischer Ausbildung und kraftvoller, klangreiner Art der Wiedergabe. Löfflers Weihegruß" und ArnoldsMägdlein nimm dich in acht" waren vollgültige Beweise hiefür. Auch zwei gemischte Chöre.Die zwei Röselein" von Angerer und das heitereMer sitzet unter Aepfelbäum" von Kromer waren dankenswerte Leistungen. Mit einem frohbelebten Bankett und einer Tanzunterhaltung endete der genußreiche Festtag. Allgemein befriedigt hat die neue Wirtschaftsführung des Konversations­hauses (Hotelier Höfer). Zur Freude der Sänger war auch der frühere langjährige Dirigent des Liederkranzes, Haupllehrer Seeger aus Eßlingen, als Festteilnehmer erschienen. Der Erfolg des Abends wird die Sänger anspornen, auf dem betretenen Wege rüstig weiter zu schreiten. Diesen Gedanken sprach auch der Prolog aus, dessen Schluß wir hier beifügen wollen:

Das aber sei des Tages Frohgewinn Als ein Gelübde aus der Sänger Brust:

Der guten Sache ferner treu zu bleiben!

Schart Euch, Ihr Sänger, fest um das Panier,

Das deutsche Volkslied, diesen edlen Schatz, Um den uns reiche Völker oft beneiden.

Denn was wir lieben, lebt in unsrem Liede:

Die Ehre Gottes, die die Himmel rühmen,

Der Schutzgeist alles Schönen, Wahren, Guten,

Die frohe Wanderschaft, der deutsche Wald,

Das Vaterland, an dem wir glühend hangen,

Des Kriegers Ehrenschüd, sein Heldendrang,

Die Jugendzeit, des Frühlings Wundertage,

Der Liebe Sehnsucht, herber Schmerz des Heimwehs.

Geselligkeit, des Weines Feuerblut

Und dann das Ende: Scheidens letzter Gruß.

So präg' sich tief in Euer Herz hinein

Das Losungswort sür weitre Wanderfahrt:

Treudeutsche Art mit frohem Mut gepaart!"

Schwann, 9. Mai. Der Bienenzüchter Jakob Weiß von hier hatte heute vormittag bei seinen Völkern den ersten starken Bienenschwarm.

Eine Jungdeutschland-Ortsgruppe für Calw wurde am 6. Mai gegründet. Zu der von den Hrn. Oberstleutnant Boehringer als militär­ischer und Verwaltungsaktuar Staudenmeyer als bürgerlicher Vertrauensmann einberufenen Versamm­lung fanden sich gegen 40 Herren ein. Aus dem Referat, erstattet durch Hr. Oberstleutnant Boeh­ringer, war zu entnehmen, daß in Württemberg bis jetzt über 115 Ortsgruppen ins Leben gerufen wurden und daß unsere benachbarten Städte Nagold, Neuenbürg, Herrenberg, Horb u. a. bereits über eine ansehnliche Zahl Jungmannschaften verfügen. Der Jungdeutschlandbund, der kein konfessionelles oder politisches Gepräge trägt, umfaßt nicht bloß die schulentlassene, sondern die Jugend vom etwa 12. bis zum 18. Jahre, also auch die oberen Klassen der höheren Schulen und die beiden obersten Jahr­gänge in den Volksschulen. Sein Zweck ist die Er­weckung von Lust und Liebe zu körperlicher Betätig­ung bei der Jugend durch turnerische Uebungen, Veranstaltung von Wanderungen verbunden mit Uebungen im Orientieren, Kartenlesen, Entfernungs­schätzen, Augengewöhnung und Spielen. Mit der körperlichen Erziehung soll die Einwirkung auf den Charakter Hand in Hand gehen. Vaterlands- und Heimatsliebe, persönlicher Mut, Verantwortungs­gefühl, Selbstzucht und Kameradschaft soll wachge­rufen und genährt werden.

Nagold, 6. Mai. Am Sonntag fand hier eine Gauversammlung des Vereins württ. Verwaltungs­kandidaten statt. Besprochen wurde dabei haupt­sächlich die Ueberfüllung des Verwaltungsfachs und dabei betont, daß die Eltern nichts besseres tun können, als ihre Söhne in den nächsten Jahren vom