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Fernsprecher Nr. 4.
„Enztäler, Neuenbürg".
71.
Neuenbürg, Samstag den 4. Mai 1912.
79. Jahrgang.
Run-schau.
Die Beratung der Wehrvorlagen im Reichstag hat eine ebenso erfreuliche Einmütigkeit der bürgerlichen Parteien ergeben, wie auf der andern Seite die Prüfung der Deckungsvorlagen in einer besonderen Kommission die unerläßliche ernste Würdigung dieses neuen finanzpolitischen Problems erwarten läßt. Wenn hier schwankende Grundlagen geschaffen würden, so wäre das nicht minder zu bedauern, als wenn sich um die Heeresforderungen selbst ein würdeloses Feilschen entsponnen hätte. — Die Beratung des Kolonialetats im Reichstage ist ohne nach außen- hin besonders hervorstechende Momente vorübergegangen, doch hat sie eine Erscheinung gezeitigt, die eine eigene Registrierung verdient: es ist die fast uneingeschränkte Anerkennung unserer Kolonialpolitik durch den Zentrumsabgeordneten Erzberger, von dem man bekanntermaßen schon recht oft andere Töne gehört hat. Erzberger bezeichnet die Fortschritte unserer ja noch jungen Kolonialpolitik als glänzend, z. B. speziell die finanzielle Entwicklung Ostafrikas; in diesem Maße seien die Fortschritte gar nicht zu erwarten gewesen. Den prinzipiell ablehnenden Standpunkt der Sozialdemokratie gegenüber aller Kolonialpolitik bezeichnet der Zentrumsredner als um Jahrzehnte rückständig gegenüber der zunehmenden Einsicht des deutschen Volkes, das in seiner Gesamtheit von der Notwendigkeit dieser Politik überzeugt sei. Auch die Arbeiter, die christlichen und nationalen, hätten bereits von sich aus gefordert, daß das Reich da und dort höhere Summen für dis Kolonialpolitik einsetze. Es wird niemand verkennen, daß diese Aeußerungen aus Zentrumsmund uns ein anderes Bild aufmachen, als wir es lange gewohnt waren.
Der Reichstag erledigte am Mittwoch in einem starkbeschleunigten Tempo, das offenbar durch die Drohung des Präsidenten Kaempfmit einer eventuellen Abendsitzung herbeigeführt wurde, den allergrößten Teil des Kolonialetats. Zunächst wurde indessen die allgemeine kolonialpolitische Debatte noch eine zeitlang fortgesetzt. Die Debatte, welche keine sonderlich neuen Gesichtspunkte mehr aufwies, endete mit Bewilligung des Gehalts des Kolonialstaalssekretärs. Nachdem debattelos der gesamte übrige Etat des Reichskolonialamtes bewilligt worden war. wurde zuvörderst der Etat für Ostafrika behandelt und nach längerer Erörterung angenommen. Bei der Besprechung des Etats für Kamerun griff der Kolonialstaatssekretär Dr. Sols wiederholt in die Diskussion ein, teils, um sich zum Kameruner Südbahnprojekt zu äußern, teils, um sich über die angeregte Verlegung des Regierungssitzes der Kolonie Kamerun von Buea nach Duala und über die Frage der Ausnutzung der Wälder von Kamerun auszulassen. Der Reichstag stimmte hierauf auch dem Etat für Kamerun zu und genehmigte alsdann noch debattelos die Etats für Togo und Neuguinea. Am Donnerstag beendigte der Reichstag die Beratung des Kolonialetats und beschäftigte sich ferner mit den Anträgen, betr. die Aenderung der Geschäftsordnung des Hauses.
Berlin. 3. Mai. (Reichstag). Am Bundesratstisch Staatssekretär Delbrück und Unterstaatssekretär Wahnschaffe. Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 1 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die Beratung der von der verstärkten Geschäftsordnungskommission getroffenen Abänderung der Bestimmungen der Geschäftsordnung über Interpellationen.
Berlin, 3. Mai. Die Budgetkommission des Reichstags bewilligte heute sämtliche Forderungen der Wehrvorlage an Infanterie, Kavallerie, Fuß artillerie, Pionieren und Train für Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg.
Berlin, 3. Mai. Die Branntweinsteuerkommission des Reichstags nahm die 3 und 4 der Vorlage mit der Aenderung an, daß in § 3 statt 30 1 50 I und in § 4 statt 1,75 Mk. 1.13 Mk. gesetzt wurden, ß 5 wurde in folgender, vom Abq.
t Herold beantragten Fassung angenommen: Die Verbrauchsabgabe ermäßigt sich süc die vor dem 1. April 1912 betriebsfähig hergestellten landwirtschaftlichen Brennereien von mehr als 10, aber nicht mehr als 100 bl Alkohol um 0.12, bei einer Jahreserzeugung von mehr als 100, aber nicht mehr als 300 bl um 0,10 Mk. für das Liter Alkohol für den Teil der Jahreserzeugung, der innerhalb des für das Betriebsjahr 1911/12 zugewiesenen Kontingents liegt.
Berlin, 3. Mai. Um die Verabschiedung der Wehrvorlagen noch vor Pfingsten zu sichern, sind die Fraktionen des Reichstags übereingekommen, Duellfrage und andere Fragen, die nicht im direkten Zusammenhang mit den Wehrvorlagen stehen, vorläufig auszuschalten. Nach Absichten der Rechten und des Zentrums soll die endgültige Abstimmung über die Wehrvorlagen und die Deckungsvorlagen in einer Sitzung vorgenommen werden, damit beide Vorlagen von derselben Mehrheit angenommen werden können. — Man sieht, wie hartnäckig man auf dieser Seite an dem von der Regierung abgelehnten Gedanken eines Mantelgesetzes festhält.
In der bayerischen Abgeordnetenkammer fanden am Mittwoch wieder einmal stürmische Auseinandersetzungen zwischen den Liberalen und den Sozialdemokraten einerseits, dem Zentrum anderseits ^ statt, sodaß die Sitzung vorzeitig geschlossen werden ! mußte.
! Der Aufruf zu einer National-Flugspende i hat in allen Teilen Deutschlands Widerhall gefunden. ; In vielen Bundesstaaten haben sich Sonderausschüsse j gebildet. Viele Zeitungsredaktionen haben sich in den Dienst der Sache gestellt. Namhafte Beiträge sind bereits gezeichnet. — Wie nicht anders zu erwarten war, hat der Aufruf auch jenseits der Vogesen Aufsehen erregt. Besonders der „Matin" verfolgt die deutsche Flugspende-Sammlung mit eifersüchtiger Wachsamkeit.
Die Spanier sind durch die Erklärung des französischen Protektorats über Marokko verstimmt, schon deshalb, weil nach der Ernennung des Generals Liautey zum französischen Generalresidenten in Fez der dortige Gesandte Spaniens hinter dem Generalresidenten zurücktreten würde. Wie Madrider Meldungen wissen wollen, plane Spanien zur Beantwortung der französischen Protektoratserklärung die Besetzung von Arzila und Tetuan und kündigen ! entsprechende Schritte des spanischen Ministers des ! Aeußern bei allen in Marokko interessierten Mächten l an. Die Lage für die Spanier im nördlichen Marokko
- gestaltet sich immer kritischer. Die am Kertflusse ^ zusammengezogene Harka der Riffkabylen verstärkt j sich durch fortgesetzten Zuzug aus den Stämmen des
Innern stetig und soll Miene machen, wieder zum j Angriffe auf die der Harka an Zahl erheblich nach-
- stehenden spanischen Truppen vorzugehen. Madrider Blätter verlangen deshalb die unverzügliche Entsendung weiterer spanischer Verstärkungen nach Melilla.
! In Portugal macht sich die royalistische Be- ^ wegung wieder stärker beweglich. An verschiedenen j Punkten der Grenze haben neue Kämpfe zwischen § royalistischen Trupps und Militärabteilungen statt- ! gefunden. Eine größere Aktion der royalistischen ! Verschwörer zur Wiederherstellung der Monarchie gilt als bevorstehend.
In Paris geht jetzt die polizeiliche Jagd nach den Genossen Bonnots und Dubois, nachdem l diese beiden berüchtigten Verbrecher ein gewaltsames ^ Ende gefunden haben, weiter. Hauptsächlich wird j der ebenfalls sehr gefährliche Garnier eifrig gesucht, aber bis jetzt nur mit negativem Erfolg.
Württemberg.
Stuttgart, 3. Mai. Die Zweite Kammer hat sich in ihrer heutigen Sitzung mit der Ausführung der Landeswasserversorgung (Langen- auer P ojekt) einstimmig einverstanden erklärt. Zu Beainn der Be'p'eckuna der Anfrage der Abgg.
Baumann u. Gen. gab der Abg. Rembold-Aalen (Ztr.) die von Mitgliedern sämtlicher Fraktionen abgegebene Zustimmungserklärung zur Ausführung des Projekts bekannt. Er bezeichnete es als erfreulich, daß in dieser wichtigen Angelegenheit ein einheitlicher Standpunkt von allen Fraktionen des Hauses eingenommen werde. Finanzminister v. Geßler erklärte, daß er im wesentlichen mit dem vom Vorredner vertretenen Standtpunkt übereinstimme und betonte, daß ähnliche außerordentliche Verhältnisse auf dem Gebiete der Wasserversorgung im Lande nicht leicht wiederkehrten. Der Minister glaubte annehmen zu dürfen, daß Konsequenzen für andere Anlagen, insbesondere für elektrische Zentralen, auch nach dem Standpunkt der Erklärung der Parteien nicht abgeleitet werden könnten. Er wünschte, daß die nähere Regelung der finanziellen Abmachungen z mit den Gemeinden der Staatsregierung überlassen ! bleibe. Es sprachen hierauf Redner sämtlicher
- Fraktionen die Zustimmung ihrer Parteien zu der j Erklärung aus, so der Abg. v. Gauß im Namen s der Volkspartei, der Abg. Fischer im Namen der i Sozialdemokratie und der Abg. Ströbel im Namen i der konservativen Partei, sowie der Abg. Bau mann j im Namen der nationalliberalen Partei. Der letztere
- Redner brachte verschiedene beachtenswerte Anreg- l ungen vor, so u. a. die, daß an Stelle der vom j Finanzminister vorgeschlagenen 30jährigen Amorti- ! sation die vom Minister des Innern vorgeschlagene j 40 jährige Amortisation trete. Es wurde dann über
einen Antrag Rembold-Aalen (Ztr.) abgestimmt, ! wonach die erwähnte Erklärung der Parteien zum ! Beschluß erhoben wird, und dieser Antrag wurde j vom Hause einstimmig angenommen. — Alsdann wurde die Beratung des Gesetzentwurfs über die s Dienstverhältnisse der Oberamtsärzte fortgesetzt.
^ Cannstatt, 3. Mai. (Königsparade.) Von
- 8 Uhr ab erfolgte heute vormittag der Anmarsch der I Truppen der Stuttgarter, Cannstatter und Ludwigs- j burger Garnisonen auf den Cannstatter Exerzierplatz.
! Die Truppen stellten sich in drei Treffen auf und s zwar mit Front gegen den Wirtemberg. Im ersten i Treffen standen die Infanterieregimente! 119, 125 ! und 121, direkt hinter dem Genadierreg. Königin ! Olga (1. württ.) Nr. 119 und Inf. Reg. 121 die ! Maschinengewehrabteilungen mit je 9 Bespannungen, j Das II. Treffen bideten die 3 Kavallerieregimenter.
Im III. Treffen standen die 1. Abteilung Feldart.- Regts. König Karl (1. württ.) Nr. 13, das Feldart.- Regt. Prinzregent Luitpold von Bayern, das vierte Feldart. Regt. 65, sowie das Trainbataillon Nr. 13. Die Parade wurde kommandiert vom Kommandeur der 26. Division, Generalleutnant v. Gerock. Das I. Treffen stand unter dem Kommando des Generalmajors v. Berrer, das II. unter dem das Generalmajors Herzog von Urach, das III. unter dem des Generalmajors v. Dorrer. Als der König sich auf den rechten Flügel des I. Treffens begab, präsentierten die Truppen, die Musikkapellen intonierten die Königshymne. Die Truppen begrüßten den König mit einem dreimaligen Hurra, worauf die Fronten abgeritten wurden, nachdem der kommandierende General Herzog Albrecht den Frontrapport überreicht hatte. Nach dem Abreiten der Treffen formierten die Truppen sich zum Parademarsch, die Infanterie ohne Gepäck, die Kavallerie, Artillerie, Train und Maschinengewehr-Abteilung in voller Packung. Der erste Vorbeimarsch der Infanterie erfolgte in Kompagniefronten, ebenso der Maschinengewehrabteilungen. Kavallerie und Artillerie kamen in Eskadron- bezw. Batteriefronten, der Train in Kompagniefront vorüber. Der zweite Vorbeimarsch wurde von der Infanterie in Regimentskolonne, von Kavallerie, Artillerie und Train in Regimentsfronten bezw. Abteilungsfronten und im Trab ausgeführt. Der König hielt sodann Kritik ab und nahm Meld- ! ungen entgegen. Die Parade war vom schönsten Wetter begünstigt.