bezahlt. Es sollen eine Million Mark auf dem Platz verbaut und zunächst etwa 3000 Arbeiter be­schäftigt werden. Keine Gemeinde der Umgegend verfügt über ein für die Industrie derartig günstig gelegenes Gelände wie Wendlingen und man darf annehmen, daß der Platz, da nun ein Anfang ge­macht ist, auch weiterhin von der Industrie ausge­nützt wird.

Riederich O./A. Urach, 1. Mai. Bei der Schultheißenwahl erhielt der von Wildbad gebürtige Robert Schund, Schultheißenamtsassistent. 144 Stimmen, Friedr. Reichenecker 19 Stimmen. Im ganzen haben 165 Bürger abgestimmt.

Würtingen O/A. Urach, 1. Mai. Vor einiger Zeit traf hier aus London die Nachricht ein, daß auch ein hiesiger junger Mann mit derTitanic" nach Amerika reiste. Es ist der 20jährige Gott- lieb Werz. Er war als Kellner auf dem Schiff engagiert. Er und ein Freund sprangen vor dem Untergang ins Wasser und wurden von derKar- pathia", nachdem sie zwei Kilometer weit geschwom­men, ausgenommen. Dort erhielten sie auch die not­wendigen Kleidungsstücke. Seine Ersparnisse liegen auf dem Meeresgründe.

Freudenstadt, 1. Mai. Ein seltenes Jubi­läum, das den Jubilar wie den Arbeitgeber gleicher­maßen ehrt, konnte der Schriftsetzer W. Schund in der Druckerei desGrenzer" von Kaupert begehen: das 50jährige Jubiläum seiner Berufstätigkeit. Der Jubilar hat vor 50 Jahren in Ulm seine Lehrzeit begonnen und steht nahezu 45 Jahre in treuesten Diensten desGrenzers".

Ulm, 30. April. Auf der Heidenheimer Straße verunglückte der 20 Jahre alte Sohn des hiesigen Photographen Sachse tätlich. Der junge Mann fuhr gestern im Automobil des Zigarrenfabrikanten Kauf­mann auf Einladung des Besitzers nach Ulm. Dem Automobil kam ein Bauernfuhrwerk entgegen, dessen Pferde scheuten und gerade vor dem Automobil in die Mitte der Straße sprangen. Kaufmann, der das Auto selbst lenkte, vermochte durch einen scharfen Bogen einen Zusammenstoß zu vermeiden. Dabei schlug das Automobil um und begrub Sachse unter sich. Er wurde noch lebend hervorgezogen, starb aber unmittelbar darauf.

Kißlegg, 30. April. Als Posthalter Schupp die Kommission zur Pferdemusterung von Wiggen- reute nach Krumbach führte, gingen infolge Lockerung der Spielwage in der Nähe von Krumbach die Pferde durch. Der Wagen wurde umgeworfen und die Deichsel abgebrochen. Posthalter Schupp erlitt einen Beinbruch des rechten Fußes, Major Häußler eine Gehirnerschütterung, die eine längere Bewußtlosigkeit zur Folge hatte, und einen Bruch des Achselstegs, Oberamtmann Schüller Schürfungen im Gesicht. Ein weiterer Insasse rettete sich durch Abspringen.

(Lar»deSProd«tte«börse Stuttgart). Bericht vom 29. April. Durch die vollständige Sperrung der Dardanellen wurde der Gelreidehandel in neue Aufregung gebracht, da dadurch die Zufuhren aus Südrußland und Rumänien fast vollständig abgeschnitten sind. Die haussierende Bewegung hat deshalb weitere Fortschritte gemacht, jedoch war das Geschäft nicht so lebhaft als in der Vorwoche, da bei diesen

> hohen Preisen nur der nötigste Bedarf gedeckt wird. Die > ! Witterung war frühlingsmäßig und der Stand der Saaten ? , wird im allgemeinen als günstig beurteilt, nur wäre ein baldiger ! ! ausgiebiger Regen erwünscht. Mehrpreise per IVO Kit»

! gramm inklusive Sack Mehl Nr. 0: 36. bis 36.50 ^

Nr. I: 35. -« bis 35.50 Nr. 2: 34. bis 34.50 r

s Nr. 3: 32.50 «« bis 33. vk, Nr. 4: 29. bis 29 50 ^ i

^ Kleie 14. bis 15. (ohne Sack netto Kasse). !

Kus StaSt, Bezirk unS Umgebung. ?

* Wildbad, 28. April. In der stattlichen ! Zahl von mehr als 200 Leuten fanden sich heute ! Mitglieder der Jünglingsvereine des Oberamts Neuenbürg zur Bezirkskonferenz hier ein. Eröffnet - wurde die Konferenz durch einen Gottesdienst in der Kirche, wobei Pfarrer Köhler von Stuttgart, Se- j kretär der Vereine des süddeutschen Bundes, zeigte, ! wie jedes Vereinsmitglied Aufgaben habe an sich und an andern, wie wertvoll der Zusammenschluß - im Verein sei, wo jüngere und ältere Mitglieder ! zusammenstehen. Die gemeinsamen Gesänge wurden ! von den Posaunenchören des Neuenbürger und des Calmbacher Vereins begleitet. An den Gottesdienst schloß sich im Gasthof zumKühlen Brunnen" eine s alkoholfreie Zusammenkunft an. Den Mittelpunkt bildete, nach einer warmen Begrüßungsansprache durch Stadtvikar Hornberger-Wildbad. ein Referat von Pfarrer Köhler überunsere Stellung zur Jungdeutschland-Bewegung", er berichtete über die Verhandlungen, die zwischen Jünglingsbund und Jungdeutschland geführt wurden in den letzten Wochen: in Württemberg wollen beide Organisationen möglichst zusammenarbeiten. Umrahmt war dieses zeitgemäße Referat von ernsten und heiteren Dar­bietungen, wie sie von Wildbader und Birkenfelder Vereinsmitgliedern gegeben wurden. Gewiß ging jedes Vereinsmitglied von diesem schönen Fest be­friedigt und ermutigt nach Hause.

Wildbad, 1. Mai. Wie schon kürzlich nutze- teilt, wurde zum Kommandanten der hiesigen Freiw. Feuerwehr an Stelle des verst. Hoteliers Schmid Zimmermeister Fr. Kuch jun. erwählt. Zum Kom­mandantenstellvertreter ist nun Maurermeister Wilh. Schill gewählt worden.

Loffenau. 2. Mai. Hr. Friedrich Hutten- loch er, Ortssteuerbeamter, teilt den Lesern des Enztälers mit. daß er heute den 2. Mai einen ziem­lich starken Bienenschwarm bekommen hat, was als eine Seltenheit zu bezeichnen ist.

Calw, 30. April. Der Schwindler, der im Nagoldtal als Abonnentensammler für eine Mode­zeitung allerlei Betrügereien verübt und vor dem seiner Zeit öffentlich gewarnt wurde, ist in Pfalz- grafenweiler ins Garn gegangen. Er wurde dem ! Amtsgericht in Nagold zur Aburteilung zugeführt.

! Gechingen, 29. April. Das vor einigen Tagen

beim Bodenölen schwer verbrannte Mädchen, die Tochter des Schäfers Schaibte, ist ihren Brand­wunden erlegen.

Dillweißenstein, 30. April. Während in Pforzheim der Bürgerausschuß über die Wasserkraft­anlage beriet, beschloß der hiesige Bürgerausschuß mit 60 gegen 7 Stimmen der Eingemeindung in Pforzheim zuzustimmen. Damit hört, da an der

Zustimmung des Landtages zu dem erforderlichen Vereinigungsgesetz kaum zu zweifeln ist, am 1. Januar 1913 die seitherige Doppelgemeinds Dill-Weißenstein auf, ein selbständiges Gemeinwesen zu bilden.

Pforzheim, 1. Mai. Die Entscheidung über die Eingemeindung von Dill-Weißenstein ist nun auch hier gefallen. In der gestrigen Bürger­ausschußsitzung wurde über die stadträtlichen Anträge wegen der Wafferkraftanlage und der Eingemeindung von Dill-Weißenstein zusammen eingehend verhandelt und alsdann das Projekt eines Wasserkraft-Elektri­zitätswerkes zur Ausnützung der Nagoldwasserkräfte mit allen gegen 3 Stimmen, ferner die Eingemeind­ung mit allen gegen die Stimme des Slv. August Kayser genehmigt. Gleichzeitig beschloß der Bürger­ausschuß von Dill-Weißenstein mit 60 gegen 7 Stimmen die Eingemeindung mit Pforzheim. Weiter verhandelte der hiesige Bürgerausschuß über die Frage, ob bei Wsgleitung der Lappach- und anderer Quellen aus der Enz durch die Stadt Stuttgart die Inter­essen der Stadt Pforzheim in gleicher Weise gewahrt werden müssen, wie die der flußaufwärts befindlichen Wasserkraftanlagen, oder ob darauf zu verzichten sei. Nach längerer, teilweise erregter Debatte, wurde die Verzichtleistung mit 73 gegen 16 Stimmen beschlossen. Hirgegen will sich die Stadt die Konzessionen für die Kraftanlagen in Birkenfeld und Dill-Weißen­stein sichern.

Pforzheim, 29. April. In Haft genommen wurde der Metzgerlehrling Leonhard Heinkele, der seinem Prinzipal Kundengelder in der Höhe von 397 Mark unterschlug und flüchtig war; ferner der Optiker Alfred Wichmann von Stuttgart wegen Unterschlagung von ca. 1000 Mark, die er in Ver­wahrung zu nehmen erhielt.

Aus einem alten Heilbronner Zeitungsbuch vom Jahr 1844 teilt ein alter treuer Freund uns. Bl. (G. B. i. C.) dem Leserkreis des Enztälers folgendes zeit­gemäße Mittel gegen die böse Maul- und Klauenseuche mit: Man nehme: 2 Löffel voll Teer, 2 Hände voll Salz, 1 Hand voll Knoblauch,

1 Eßlöffel voll Mutterkraut, 1 Eßlöffel voll Rauen­kraut (Psstilenzkraul), 1 Eßlöffel voll Meerrettich,

2 Eßlöffel voll gebrannte Wachholderbeeren, 1 Eß­löffel voll Angelicawurzel; alles wird gut unterein­ander gemischt und ein Löffel voll morgens dem Vieh mit einem Pinsel ins Maul gestrichen. Ein Gutsbesitzer hat dieses Mittel schon im Jahre 1793 angewendet und es sei ihm auch nicht ein Stück Vieh erkrankt, während in der Nachbarschaft und Umgegend alles krepiert sei. Man probiere dies mixtum eomxo8itum. Wenns hilft, so kann es in friedliche Konkurrenz treten mit dem neuenEugu- form Hoffmann". Der freundliche Einsender teilt das Rezept keineswegs in der Absicht mit, das viel­berühmte Eugu in der Form aus dem Feld zu schlagen. Hilfts was, so hat der gütige Hr. B. mit seiner Mixtur den neuesten Rekord zu Nutz und Frommen der Allgemeinheit ausgestellt. Wir würden uns recht sehr freuen, bald über etwaige Heilerfolge berichten zu können und bitten zu diesem Zwecke, uns freundl. Mitteilungen zugehen zu lassen.

Der Diamant -es alten Lrik.

Autorisierte Uebersetzung aus dem Norwegischen des Fredrit Viller von Friedrich Känel.

tNachdruck verboten.)

Bei dem Seufzer, der Klara und mir gleichzeitig entschlüpfte, blickte Mont mit einem seltsam traurigen Lächeln auf.Ja, ich verstehe", sagte er.Das gleiche Gefühl kam auch über mich, als das Urteil fiel. Der erste Eindruck war eine unendliche Freude und Er­leichterung. Aber das sollte nicht lange dauern. Das Urteil wurde von den Zuhörern mit tiefem Schweigen angenommen, und als Sigrid in Freiheit gesetzt war und das Gerichtslokal verlassen hatte, da wurde sie mit Johlen und Pfeifen von der Menschenmenge empfangen, die sich in unglaublich kurzer Zeit dort angesammelt hatte. Man warf Steine in ihren Wagen und nur mit Mühe konnte die Polizei sie fortbringen."

Entsetzlich!"" stöhnte Klara.Wie konnten es doch die Leute übers Herz bringen, das arme Mädchen noch mehr zu quälen? Glaubte man denn, daß sie schuldig war?""

Schuldig?" Monk lächelte wieder trübe.Ich glaube, daß sich am nächsten Tage kaum zehn Menschen in Christiania fanden, die nicht davon überzeugt waren, daß Sigrid Frik den Diamanten ihres Onkels gestohlen, daß ihr Leben dunkle Geheimnisse haben müsse, die sie Geld zu schassen zwangen, und daß sie überdies den Selbstmord Eveline Reiersens verschuldet habe.

Alle Zeitungen der Stadt brachten Artikel über die Vorfälle im Gerichtssaal vom vorhergehenden Tage.

Druck «nbBerlag

DasMorgenblatt" und andere Zeitungen, die der Gerichtsordnung zu Leibe wollten, sprachen ohne allen

. Rückhalt aus, daß man hier ein Urteil gefällt habe, welches in den Augen des Volkes hinreichend sei, um ein Strafgesetz zu entwerten, das kaum erst ins Leben getreten. Die gestrigen Vorgänge bewiesen, daß ein gewandter Advokat durch Locken und Drohen letzteres speziell gegenüber den Geschworenen durch die Vor­stellung ihrer Verantwortlichkeit die Freisprechung einer Berbrecherin veranlassen könne. Selbst die liberalen Blätter verteidigten das Urteil nicht. Sie begnügten sich mit der Bemerkung, daß die Bürger des Landes sich als Geschworne noch nicht daran gewöhnt hätten, die richterliche Verantwortlichkeit zu tragen, und daß solche Dinge hoffentlich sich nicht wiederholen würden, wenn das Gesetz erst älter geworden sei.

Niemand schien an der Schuld der Freigesprochenen zu zweifeln. Besonders war es der Selbstmord Evelinens, welcher die Gemüter aufregte. Man war nämlich über­zeugt, daß diese That nur eine Folge der ungerechten Anklage gegen sie war.Die Wahrheitsfackel", dieses unpolitische Organ für das Volk", das dann später wegen Abonnentenmangels einging, brachte einen förm­lichen Hetzartikel mit der Ueberschrift:Ist das Gesetz gleich sür Reich und Arm?" Das Blatt faselte mehrere Spalten lang von dem armen jungen Mädchen, das bei der reichen Dame gedient habe, wie die reiche Dame den Diamanten stahl, um das Geld zu verjubeln, und wie hieraus das junge Mädchen von der Polizei ver­haftet, bis zum Wahnsinn gequält und zum Selbstmord getrieben worden sei; wie die Polizei, die mit der reichen

C. Meeh'schen Buchdruckerei deS Enztälers (Inhaber G. 0

Dame wohl auf vertrautem Fuße stehe, das Verbrechen zu bemänteln gesucht habe usw., und wie es dem Reichtum endlich sogar gelungen sei, die reiche Verbrecherin frei­sprechen zu lassen. Die Wirkung dieses Artikels war, daß ein großer Pöbelhause am nächsten Tage hinaus nach Friks Landhaus zog, wo man nämlich Sigrid ver­mutete, dort ein Pfeifkonzert veranstaltete und mit Steinen alle Fenster einwarf.

Der alte Frik geriet natürlich in Helle Wut. Mit Revolver und Reiterpallasch bewaffnet machte er allein einen neuen Ausfall gegen den Haufen, der das Haus umringte. Zum Glück hatte er vergessen, den Revolver mit Patronen zu laden, so daß er kein großes Unglück anrichten konnte. Er wurde sogleich umringt und gegen den Gartenzaun gedrückt. Indes gebrauchte er seinen Pallasch, wenn auch nicht mit Fertigkeit, so doch mit einer solchen Wut, daß es lange dauerte, bis ihm jemand nahen konnte. Es gelang ihm sogar, mehreren halb und ganz betrunkenen Lümmeln tüchtig Blut abzuzapfen, als sie aus ihn eindringen wollten. Schließlich wurde er aber doch entwaffnet. Man schlug ihn mit leeren Flaschen aus den Kopf und warf ihn zu Boden. Endlich erschien eine kleine Abteilung berittener Polizei; sie sprengte in die Menge hinein und befreite den Alten, worauf die Volksmasse ziemlich ruhig nach Hause ging. Der alte Frik hatte aber infolge der Mißhandlung eine Gehirn­erschütterung erlitten. Mehrere Tage schwebte er zwischen Leben und Tod. Später konnte er wegen Lähmung seiner Beine seinen Stuhl nicht mehr ohne Hilfe verlassen.

(Fortsetzung folgt.)

in Neuenbürg.