könnte. Dies ist jedoch möglich durch das Radium und die ihm verwandten Stoffe.

Das spezifische Gewicht der Erde, berechnet unter Zugrundelegung des Newton'schen Gravitations­gesetzes, beträgt 5.5, das unserer schwereren Gesteins­arten 3,53.5, folglich muß der innere Teil der Erde eine wesentlich größere Dichte haben. Wichert, ein deutscher Forscher in Göttingen, denkt sich nach einer i. I. 1897 veröffentlichten Arbeit die Erde aus einem Metallkern von ziemlich gleicher Dichte und einem diesen allseitig umgebenden Gesteinsmantel zusammengesetzt, letzteren von mittlerer Dichte der bekannten Erdoberfläche. Die Dicke des Mantels berechnet er auf 13001600 km, d. h. ^l/s des Crdbalbmessers, die Schwere des Kerns auf unge­fähr 8 (Eisen 7,8), und stellt die Hypothese auf, der Kern bestehe der Hauptmasse nach aus Eisen, das entweder infolge hohen Drucks etwas dichter als das unsere, oder mit schwereren Metallen, besonders Nickel, versetzt sei. Zur Stütze seiner Annahme weist er auf die Beschaffenheit der Meteoriten, d. h. der meist als Sternschnuppen von fremden Weltkörpern auf unsere Erde niedersausenden Bruchstücke, sowie auf die von der Sonne nachweislich ausstrahlenden Eisendämpfe hin. Auch durch die von anderen For­schern über die Elastizität der Erde erzielten Re­sultate wurde festgestellt, daß dieselbe ungefähr der unseres Eisens entspricht. Unwiderleglich aber be­weisen die durch den Seismographen erhaltene» Auf­schriebe über die wellenförmige Fortpflanzung der Erschütterungen die Richtigkeit von Wicherts Auf­stellungen. Die von dem Bebenherd senkrecht nach oben gerichteten Stöße ergeben die schwächeren Schwankungen des Vorbebens, die ihnen entgegen­gesetzten, durch den Erdkern stärker fortgeleiteten. aber ihres Umwegs über die ganze Erdoberfläche wegen später eintreffenden weit kräftigeren Erschütter­ungen die des Hauptbebens. Sie führten zu der weiteren Folgerung, daß auch der Erdmantel aus 3 irgendwie differenzierten (verschiedenen) Schichten bestehe, wovon die oberste eine ungefähre Dicke von 300300 km habe. Zwischen beiden liegen teils kleinere, teils ausgedehntere Hohlräume, die noch mit einem glutflüssigen Brei, dem Magma, unge­füllt sind.

Infolge der stetig fortschreitenden Erkaltung der obersten Erdschichte muß diese mehr und mehr zu­sammenschrumpfen. Es bilden sich weitere Hohl­räume und Risse, in welche große, unter ungeheurem Druck stehende Gesteinsmaffen Hinabstürzen, was die sog. Einsturzbeben verursacht, die mitunter an der Oberfläche der Erde sichtbar werden. Ebenso können jene Räume und Erdspalten durch auftreibendes Magma, besonders bei Eintritt von Gebirgs- oder Meerwasser ge- oder überfüllt werden, was zur Bildung von Vulkanen führt. Tatsächlich müssen Erdbeben und Vulkane, weil im gleichen Gebiet liegend, eine gemeinsame Ursache haben, obwohl beide unabhängig voneinander sind.

Am häufigsten sind Erdbeben von Oktober bis Februar und hier wieder am zahlreichsten im Januar, jedenfalls infolge des stärkeren Luftdrucks. Beim Steigen des Barometers um 1 Grad vermehrt sich der Luftdruck für unser Oberamt mit ca. 5.7 qkm schon um 1?/i Millionen Zentner. Ebenso hat sich gezeigt, daß in Jahren mit gewaltigen Sonnenflecken sich auch die Erdbeben mehren, was wohl auf elektro-magnetische Ströme zurückzuführen ist.

Und unsere Aussichten für die Zukunft? Da bis zu völliger Erstarrung der Erdoberfläche in deren Innerem Uebergänge durch Kristallisation in andere Formen stattfinden, die stets mit Aenderungen der Räumlichen Größe seien es Ausdehnungen oder Zusammenziehungen verbunden sind, so müssen auch in den bereits erstarrten Teilen der Panzerdecke Druck- oder Zugspannungen hervorgerufen werden, welche als Gleichgewichtsstörungen in den obersten Schichten Erdbeben Hervorrufen. Wie schon bemerkt, senkt sich die Rheintalebene noch in jetziger Zeit und dasselbe ist auch bei der den Alpen vorgelagerten schwäbisch-bayerischen Hochebene an ihrem Südrande der Fall. Es werden also auch von hier wie von den Bruchrändern des Schwarzwaldes aus künftig noch weitere zum Teil kräftige Erschütterungen aus­gehen. die sich über unsere Südwestecke von Deutsch­land verbreiten werden. Doch ist zu hoffen, daß nach dem starken Sturzbeben des 16. November, ab­gesehen von den unvermeidlich folgende» schwächeren Nachstößen, wieder lange Zeiträume verstreichen werden, bis die äußerst langsam aber stetig sich voll­ziehenden Umbildungen in der Tiefe neue Stürze mit stärkeren Erschütterungen nach sich ziehen. Danken wir Gott, daß wir bis jetzt) von einer schwereren Katastrophe verschont geblieben sind! -r.

Aus StaSt» Bezirk unS Umgebung.

Neuenbürg, 38. Nov. Die Wiederkehr der ruhmreichen Tage von Villiers und Champigny gibt in allen Gauen des Württemberger Landes Anlaß zu kleinen Gedenkfeiern. Eine Fülle von Anreg­ungen bietet das unlängst erschienene treffliche Werk von P. DorschNoch ein Schwabenbuch. Württem­bergs Söhne in Frankreich 1870/71", das die Erinnerungen vom König auf dem Throne bis zum einfachen Veteraner im entlegenen Walddorfe kurz und packend wiedergibt und bei seinem billigen Preis von 3 Mk. verdient, von jedermann gelesen zu werden. Wir entnehmen dem prächtigen Buche, das unser» Kriegsteilnehmern ein wohlverdientes Denkmal setzt, folgende Zahlen über den Anteil der Württem­berger am Kriege. Es find in den Jahren 1870 bis 1871 aus Württemberg 823 Offiziere, Aerzte und Beamte und 29 410 Mannschaften auf franzö­sischem Boden gewesen, in den heimischen Garnisonen sind 264 Offiziere und 13 060 Mann verblieben. Von den Ausmarschierten haben 117 Offiziere und Osfiziersdienstluer und 2555 Mannschaften auf dem Schlachtfeld ihr Blut vergossen und hievon wiederum 38 Offiziere und 819 Unteroffiziere und Soldaten ihr Leben gelassen und liegen zumeist in fremder Erde begraben. Außerdem hat der Tod mehrere Hundert auf dem Krankenbett dahingerafft. Man steht, Schwabens Söhne haben vor 40 Jahren ihre Schul­digkeit getan und ihre Erinnerungen sind es wert, der Nachwelt überliefert zu werden.

Calw, 25. November. (Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit.) Das bevorstehende Schicksal der Talmühle weckt alte und angenehme Erinner­ungen an frühere Zeiten. Zwar hat sie schon längere Zeit aufgehört, eine Mahlmühle zu sein, andere Fabrikate als früher werden in ihr verfertigt. Mit einer Gastwirtschaft verbunden, wurde die Mühle von Einheimischen und Fremden viel besucht. Zu den berühmten Besuchern gehört der Dichter Viktor von Scheffel. Mehreremale besuchte er von Teinach aus die lieblich gelegene Mühle und schrieb einige Gedichte in das Besuchsbuch ein. Am bekanntesten wurde die Talmühle durch den Aufenthalt von dem Dichter Hermann Kurz. Dieser verweilte dort außerordentlich gern und benützte seinen Aufenthalt zur Abfassung verschiedener Werke und einiger köst­licher und inniger Gedichte. Er stand in freund­schaftlichem Verkehr mit den Müllersleuten und war dort ein lieber Gast.

Alten steig, 28. Nov. Nach neunmonatlicher Unterbrechung infolge der im Bezirk aufgetretenen Maul- und Klauenseuche wurde gestern hier wieder ein Jahrmarkt abgehalten. Die Zufuhr an Vieh war stark bezüglich Ochsen, Zugstieren; weniger zu­getrieben waren Melkkühe und Jungvieh. Gehandelt wurde lebhaft. Rheinländische Händler machten größere Einkäufe bei guten Preisen. Der Schweine- markt war sehr stark befahren, hauptsächlich mit Milchschweinen. Die zugeführten Läufer wurden fast sämtlich abgesetzt, das Paar zu 50100 Mk. In­folge sehr starker Zufuhr blieben die Preise für Milchschweine niederer. Man konnte das Paar von 1230 Mk. in guter Qualität bekommen.

Pforzheim, 29. Nov. Wie man hört, ist das Unternehmen der vielbesprochenen Autoomnibuslinie PforzheimBreiten erfreulicherweise so gut wie sicher, nachdem die Staats- und Gemeindezuschüsse in Höhe von ca. 5500 Mk. auf die Dauer von 7 Jahren verbürgt sind und beinahe die Hälfte des erforder­lichen Kapitals von 38000 Mk. von Pforzheimer Herren gezeichnet wurde. Das Unternehmen, eine G. m. b. H., dürste sich aller Wahrscheinlichkeit nach rentieren, so daß die Gesellschafter auf ihre Kosten kommen werden. Es soll nunmehr auch Brettener Kreisen der Bezug von Gesellschaftsanteilen zugäng­lich gemacht werden und wäre es äußerst wünschens­wert, wenn Brettener Herren vollends das fehlende Stammkapital zeichnen würden.

Ein Erdbeben wurde wieder am Dienstag früh zwischen 4 und 5 Uhr verspürt. In Pforz­heim machte es sich durch schwaches rollendes Ge­räusch und sekundenlanges Zittern bemerkbar. Diese neue Erderschütterung wurde auch in der Rheinebene bemerkt, wie Berichte aus Freiburg und Mülhausen beweisen.

Zur Erinnerung au die Tage von Villiers uud Champigny.

Der 30. November und der 2. Dezember sind für uns Württemberger ernste Gedenktage und sollen es bleiben, so lange noch Dankbarkeit und Vaterlandsliebe auf schwäbischem Boden gedeihen. Vor 41 Jahren war das stolze Paris von deutschen

; Heerscharen umlagert, vergebens suchten die franzö- ! fischen Heeresmassen den eisernen Ring zu sprengen, s der die stolze Weltstadt umschloß, i Des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr hatte vor

> Paris am 30. November 1870 die Württem- j herg er und Sachsen in aller Morgenfrühe in i Bewegung gesetzt, vier sächsische Kompagnien suchten ! sich in dem nächtlich dunkeln Champigny zurecht zu ! finden, während abgelöste Abteilungen der Württem­berger auf Ormesson marschierten. In Paris waren Nachrichten über das Vorrücken der Loire Armee ein­getroffen, man jubelte dort über einen großen fran­zösischen Sieg bei Orleans. Mächtiger Geschützdonner

! der Pariser Forts sollte die vermeintlich herannahen- ! den Retter zu weiterem Vorrücken ermutigen und

> General Ducrot bot über 100000 Mann auf, um j denselben nach Durchbrechung des deutschen Be- ! lagerungsrings die Hand zu bieten. Sieg oder Tod, j sollte die Losung sein. Die Spitzen dieser franzö- ! fischen Massen stießen nun morgens 6 Uhr auf die ! überraschten Sachsen und warfen dieselben von Cham-

> pigny, le Plant und Brie gegen Villiers und Coeuilly zurück, wodurch die Württemberger allar­miert wurden und Zeit fanden, im Verein mit den Sachsen, die Hauptstellung Jägerhof, Coeuilly, Vil­liers und Noisy le Grand zu besetzen. Durch drei Raketen hatte Ducrot das Zeichen zum allgemeinen Angriff auf die deutschen Stellungen gegeben und bald wütete vom Mont Mesly bis nach Noisy le Grand, auf einer Strecke von beinahe 3 Stunden,

! der blutigste Kampf. Wütende Angriffe der Fran­zosen scheiterten an der kaltblütigen Abwehr der Deutschen. Aber nur was der Feind im ersten An­lauf genommen hatte, was im Bereich seiner ge­waltigen Artillerie lag, das konnte er behaupten mit dem Durchbruch war es nichts. Und auch diese Genugtuung wurde ihm entrissen. In der Frühe des 2. Dezembers traf der Befehl ein: Champigny muß gestürmt werden! Schon um 7 Uhr, noch unter dem Schutz der Dunkelheit, setzten sich die vordersten Abteilungen der Württemberger in Be­wegung, die Zugänge von Champigny wurden im raschen Vorrücken besetzt, Straße um Straße, Haus um Haus genommen, ein fürchterlicher Straßenkampf bewies, daß die zähen Verteidiger vom 30. November auch im stürmischen Angriff auf Hindernisse und Befestigungen ihren Mann stellten. Als vollends tapfere Pommern die zahlreichen Lücken ergänzten und das einmal Eroberte mit äußerster Zähigkeit fefthielt en, da sank den Franzosen der Mut, sie ver­zweifelten am Erfolg und zogen nach einer schreck­lichen Nacht und einigen Kämpfen in der Frühe in Hellen Haufen ab. Pommern. Sachsen und Schwaben hatten sich Schulter an Schulter blutige Lorbeeren gepflückt und in ihrem Teil dem großen deutschen Vaterland Ehre gemacht. Ihre Tapferkeit und Ausdauer hat nach dem Zeugnis ihres obersten Kriegsherrndas Werk der Einigung Deutschlands beschleunigt." Wenn wir uns in einzelne Episoden jener grimmig kalten und doch so heißen Wintertage zurückversetzen, so geziemt es sich auch für das ganze württembergische Volk, nicht nur den noch am Leben befindlichen Helden von Villiers und Champigny den begeisterten Dank auszudrücken, sondern auch der zahlreichen Helden trauernd zu gedenken, die bei Villiers und Champigny mit ihrem Herzblut das deutsche Reich gründen halfen und die Ehre des schwäbischen Namens hoch gehalten haben. Wir Alten wissen noch aus eigener lebhafter Erinnerung, wie das ganze schwäbische Volk einesteils erschüttert war durch die Verlustliste aus den Schlachten von Villiers und Champigny, andererseits aber auch die Brust sich schwellen ließ von dem Gedanken, daß das Dichterwort sich wieder einmal bestätigt hatte: Wohl manchen Mann und manchen Held, im Frieden gut und stark im Feld, gebar das Schwa­benland." Die Schlacht von Champigny - Villiers war die Bluttaufe der württembergischen Division; 90 Offiziere und 1864 Mann starben in ihr den Heldentod für's Vaterland. Das dankbare Württem­berg hat seinen braven Söhnen in dem im vorigen Jahre enthüllten Denkmal bei Champigny ein schlichtes Ehrenzeichen errichtet. Unsere Kinder wollen wir lehren, nicht nur die Taten der Väter in allzeit lebendiger und dankbarer Erinnerung zu behalten, sondern auch fest zusammenzustehen, um das deutsche Reich, welches unsere Helden haben schaffen helfen, vor innerer Erschütterung zu bewahren, und wenn es notwendig wird, auch gegen jeden äußeren Feind ! mit Heldenmut und Begeisterung zu verteidigen.

Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des Enztälers (Inhaber G. Conradi) in Neuenbürg.