Gewerbevereine angezeigt sei, weil wir schon seit ca. 50 Jahren Gewerbevereine haben, während in Nord­deutschland noch größere Gebiete solche nicht auf­weisen können. Dann betonte der Vortragende, daß der Stand der mittleren Kaufleute und Gewerbe­treibenden in unserer Zeit sehr ungünstig, schlecht sei, hob die Ursachen hervor und gab hierauf die nötigen Winke, wie abgeholfen werden könne. Der Ruf nach Staatshilfe allein genüge nicht, Gründung von Kredit- und Einkaufsgenossenschaften, Zusammen­schluß zum Bekämpfen der Auswüchse im Submis­sionswesen u. a. wirken besser als Staatshilfe. Hauptsache sei aber, wie Schuldirektor Kerschensteiner- München fordere: gute Schulbildung der Heran­wachsenden Jungen, gründliche Fachbildung und staatsbürgerliche Ausbildung der Lehrlinge. Eine längere Debatte knüpfte sich an den Vorschlag der Handwerkskammer Reutlingen über Einschränkung der Lehrlingshaltung. Er wurde rundweg abgelehnt; denn Auswüchse wie in T., wo ein Bäckermeister mehrere Lehrlinge halte, an sie dann morgens die Backwaren verkaufe und diese vom Verhausieren ihren Verdienst hätten, seien doch sehr vereinzelt. Eher sollten die Meister in kleineren Plätzen noch mehr Lehrlinge halten dürfen, weil sie keine Gesellen bekommen können, da die Lehrlinge meist nach Be­endigung der Lehrzeit in die größeren Städte ab­wandern. Als Gauvorort für die nächsten zwei Jahre wurde Nagold gewählt, da Wildbad gar nicht vertreten war, Haiterbach wegen ungünstiger Lage darauf verzichtete und Pfalzgrafenweiler als jüngster Verein den länger bestehenden Vereinen die Ehre überließ. Auswüchse wegen Wirtshausbesuchs der gewerbeschulpflichtigen Jugend, die ein Hand­werksmeister vorbrachte, wurden von einem Lehrer dahin beantwortet, daß der Wirt strafbar ist, wenn er an schulpflichtige Lehrlinge im Ort Getränke ver­abreicht und daß die Polizei, die ja in kleineren Orten die jungen Leute kenne, einschreiten sollte. Aber auch die Meister müssen da helfend eingreifen. Zum Schluß ermahnte der Vorsitzende noch, bei den kommenden Wahlen in den Reichstag die Interessen der Gewerbetreibenden zu wahren.

Calw, 29. Okt. Zu der gestern vom Landwirt­schaftlichen Bezirksverein veranstalteten Jungvieh­prämiierung waren 8 Farren und 36 Rinder zuge­führt, wovon 32 prämiiert wurden. Als Preisrichter waren tätig die HH.: Oberamtstierarzt Böpple von Neuenbürg, Gutsbesitzer Link von Trölleshof und Oekonom Bühler von Gültlingen, Erste Preise mit je 25 ^ erhielten für Farren: I. G. Braun Witwe, Liebelsberg; Friedrich Kopp, Möttlingen und Gottlob Luz, Deckenpfronn. Für Rinder: Wilhelm Lutz, Liebelsberg, Christian Clauß, Oberhaugftett, Hugo Rau, Calw und Gottlob Dongus, Deckenpfronn.

Calw, 30. Okt. Auf dem letzten Wochenmarkt am Feiertag Simon und Judä fand eine sehr starke Zufuhr an Kartoffeln und Kraut statt. Die Kar­toffeln, die zum größten Teil sehr schöner Qualität waren, kosteten 4 per Zentner. Der Preis ist somit dem des Vorjahres sich gleich. Auf dem Krautmarkt wurden anfangs 13 per 100 Stück erlöst, später ging der Preis allgemein auf 8 zurück. Das Pfund Butter war ausnahmsweise billig; von 1 ^ 25 ging der Preis auf 1 ^ 05 fff zurück.

Pforzheim, 30. Okt. Die von ihrem erst seit Iffs Jahren angetrauten zweiten Gatten des Glaser­gehilfen Fritz Bärmann, einem im Jahr 1865 zu Oberrößlau in Bayern geborenen trunksüchtigen Mann getrennt lebende Luise verw. Braun, geb. Ott, die 1864 zu Calmbach geboren war, erhielt, wie schon gemeldet, auf dem Weg zur Arbeit auf der Straße gegenüber dem Haus, als sie sich nach längerer Auseinandersetzung mit dem Mann entfernen wollte, drei Schüsse in die Seite. Sie brach zusammen und wurde dann, nachdem der Täter, der noch vergebens zwei weitere Schüsse auf sie abgeben wollte, sich geflüchtet hatte, nach dem Krankenhaus verbracht, wo sie noch am Vormittag verstarb. Bärmann, welcher die Leute, die sich nähern wollten, mit Tot­schießen bedrohte, flüchtete sich nach der Tat über den Schoferweg und durch die Hälden nach der Stadt und von da nach Dillstein. Es gelang schließlich, ihn festzunehmen. Noch am Samstag nachmittag wurde die Leiche der Frau geöffnet. Bärmann wurde zuvor seinem Opfer gegenüber gestellt, bekundete aber dabei wenig Reue. Die Tragödie forderte am Sams­tag abend noch ein weiteres Opfer. Die Frau hinter­ließ. nachdem ihr erst vor 5 Wochen ein I6jähriges Mädchen durch den Tod entrissen worden war, aus erster Ehe noch 3 Söhne, den 24jährigen kränklichen und nur halb arbeitsfähigen Ausläufer Eugen Braun, den 17jährigen Lehrling Karl und den 7jährigen Richard. Den ältesten Sohn Eugen erfaßte bei der

Nachricht von dem Ende seiner Mutter die Ver­zweiflung. Der junge Mensch machte durch einen Schuß ins Herz seinem Leben ein Ende.

Pforzheim, 31. Oktober. Außerordentlich gut besucht ist Tag für Tag der Zirkus Charles. Selbst die besten Plätze wie Logen und Sperrsitze sind stets voll besetzt. Miß Charles kann sich nach ihren Produktionen mit den Löwen wahrlich nicht über mangelhafte Würdigung beklagen. Das Zirkus­gebäude dröhnt von dem Beifall der jubelnden Menge, und straßenweit kann man dieses Beifalls­getöse hören. Auch Hr. Wagner wird für seine schwierige Arbeit mit den Königstigern durch zu­stimmenden Applaus belohnt. Am Mittwoch und Donnerstag finden wieder je 2 Vorstellungen statt.

Pforzheim, 31. Oktober. Einem schweren Diebstahl ist der von hier stammende Ritterguts­besitzer Moritz Benckiser, Sohn des früheren Hammerwerksbesitzers August Benckiser, zum Opfer gefallen. In Abwesenheit des Besitzers stahl der Hausdiener Hoffmann, der die Schlüssel zum Schloß in Verwahrung hatte, in dem Benckiser gehörigen Schloß Thundorf (Unterfranken) für 180 000 Mk. Schmucksachen und 20 000 Mk. Bargeld. Der schon länger daselbst im Dienst stehende Hoffmann hat das in ihn gesetzte Vertrauen also schlecht gelohnt.

Pforzheim, 30. Okt. Ganz unheimliche Wirk­ungen hatte derNeue" bei einem Einwohner der hiesigen Vorstadt Brötzingen. Nach einer schweren Sitzung entledigte er sich um Mitternacht mitten in der Stadt auf der Straße seiner sämtlichen Kleider und lief eine halbe Stunde weit nach Brötzingen nach Hause, wo man ihn mit sehr gemischten Ge­fühlen empfing. Als Leute in Pforzheim die Kleider unweit des Wassers fanden, glaubte man an einen Selbstmord. Erst später klärte sich die betrunkene Geschichte auf.

Für die Geschäftswelt. Mit dem Schluß des laufenden Kalenderjahres verjähren die meisten Forderungen aus den Jahren 1907 und 1909. Die Verjährung wird durch Schuldanerkenntnis, Teilzahlung. Klage oder Zahlungsbefehl unterbrochen. Ausgabe von Rechnungen oder bloße Anmahnung unterbricht die Verjährung nicht.

vermischtes.

Allerheiligen und Allerseelen.

Die beiden ersten Tage des Monats November sind kirchliche Feiertage, allerdings nur für die katho­lische Christenheit. Am 1. November feiert die katholische Kirche ihr Allerheiligenfest. Sein Ursprung hängt wohl mit der von Papst Gregor III. errichteten Vatikanischen Kapelle zusammen, die dem Erlöser, den Aposteln und allen Heiligen geweiht sein sollte. Andere meinen, an Bonifazius IV. er­innern zu müssen, der 610 das heidnische Pantheon zum Panhagion (Gesamtheiligtum) aller Märtyrer umgewandelt habe. 835 wurde Allerheiligen durch Papst Gregor IV. zum allgemeinen Kirchenfest er­hoben. Ludwig der Fromme hat sich sehr dafür interessiert. Der berühmte Franziskaner Bonaventura (ff 1274) deutele es als eine Zusammenfassung aller Heiligenfeiern im Jahre. Luther hat in seine Kirchenpostille auch eine Allerheiligenpredigt ausge­nommen, trat dann aber entschieden für Abschaffung dieses Festes ein. Spätere Versuche, Allerheiligen zu einem evangelischen Feste umzugestalten, blieben erfolglos. Der 2. November ist das katholische Totenfest, der Allerseelentag. Die Feier kam im 10. Jahrhundert in den Kreisen der strengen Cluniazensermönche auf und bekam später allgemein kirchlichen Charakter. Es geht in katholischen Landen der Volksglaube, daß die armen Seelen in der Allerseelennacht auf ein paar Stunden den Ort ihrer Pein verlassen und die frühere Heimat besuchen dürfen. Zu ihrer Bewirtung stellt man kalte Milch und Wecken hin oder läßt sonst etwas vom Abend­brot übrig. Auch als Lostag gilt Allerseelen. So meint man z. B. im Jnntale, daß, wer um Mitter­nacht dreimal eine Totenbahre um die Kirche zieht, alle Wünsche erfüllt bekomme. Natürlich werden an Allerseelen die Gräber reich geschmückt. Auch die Sitte, gegen Abend Lichte auf die Grabhügel zu stecken und anzuzünden, kommt wohl noch vor.

Künzelsau, 21. Oktbr. (Was der Neue tut.) Sitzt da am Mittwoch abend in Jngelfingen eine fröhliche Zecherschar im Wirtshaus, lobt den Neuen und spricht ihm tüchtig zu. Zur Unterhaltung werden fröhliche Lieder angestimmt. Das Lokal liegt eine Treppe hoch. Schon ist es 11 Uhr, da wird die Tür ungestüm aufgerissen und herein schreitet, stolz, mit erhobenem Kopf eine alte Kuh. Sucht sie ihren Herrn, der sie um schnödes Geld so treulos

an den Juden verkauft hall Will sie sich einen Elfer zu Gemüt führen. Dem Hausknecht, dem sie so zutraulich die Hand geleckt, wird sie's wohl an­vertraut haben I Zum allgemeinen Gaudium schreitet das Tier von einem Tisch zum anderen und be­trachtet mit Muße alle, die hier zu mitternächtiger Stunde dem Bachus huldigen. Auch im Nebenzimmer sind Leute. Die Alte macht auch hier ihre Aufwart­ung, die Türe ist ja gerade weit genug, sich mit einiger Anstrengung durchzuzwängen. Das Hallo, mit dem sie empfangen wird, schreckt sie nicht. Ver­ständnisinnig betrachtet sie die große Weinflasche auf dem Tisch und schleckt nach dem Weinseligen, der eben sein Glas zum Munde führt, als wolle sie sagen: Du hast genug, her damit I Doch es wird nichts aus solchem Genuß, das Glas ist zu klein für das Kuhmaul. Das Moggele zieht sich gemäch­lich schreitend in den verborgensten Winkel seines Stalles zurück. Nachträglich hört man, es habe eine Wette gegolten.

Als der Hauptmann von Köpenick durch seinen frechen Gaunerstreich die ganze Welt erheiterte, da konnte man in Frankreich nur eine Stimme hören: So etwas ist eben nur in Deutschland mög­lich, wo der Respekt vor der Uniform alles andere unterdrückt. In Granville hat sich jetzt gezeigt, daß der Respekt vor der Uniform in Frankreich noch viel größer ist als in Deutschland. Vom Obersten bis zum Schuhmacher sind alle Bewohner, alle Beamten von Granville auf die goldstrotzende Uni­form und den Titel des Herrn Durand de Bellefond de Gournet hineingefallen. Einen vollen Monat ist Durand in seiner Uniform mit seinen gleichfalls uniformierten Angestellten im Lande herumgereist. Der Notar stellte ihm sein Automobil zur Verfügung, die Wache präsentierte das Gewehr, die Post lieferte ihm alle Briefschaften aus, die an d?n Herrn Administrateur" irgend einen anderen ge­richtet waren; man verkaufte ihm ein Schloß, in dem er eine Kolonialschule einrichten konnte; man glaubte ohne weiteres, daß er eine hohe Mission zu erfüllen hätte; Schüler und Lehrer meldeten sich in Scharen und zahlten die geforderte Kaution. Diese Uniform muß fabelhaft gewirkt haben. Es war eine richtige Operettenuniform, ein federbesetzter Zweispitz, wie ihn die Präfekten tragen, dazu der Waffenrock eines höheren Offiziers mit unzähligen goldenen Schnüren und Litzen und um den Leib eine dreifarbige Schärpe der Bürgermeister. In dieser Uniform nahm er an der Seite des kommandierenden Generals an den Manövern teil, so fuhr er nach Brest, um die Verladung des Pulvertransports, den er in Granville abgefangen hatte, zu beaufsichtigen. Er schien doch etwas davon zu verstehen. Seine Autorität war offenbar so groß, daß die Eisenbahn­verwaltung, als die zwei Wagen mit Pulver in Granville ankamen, mit schöner Selbstverständlichkeit ihn benachrichtigte. So ließ er sich eine militärische Wache geben und leitete die Weiterbeförderung. Schließlich hat ihn doch wohl seine Eitelkeit zu Fall gebracht. Er wollte durchaus doch auch die Ehren­legion haben. Und so verlieh er sie sich. Ein indis­kreter Mensch wollte sein Diplom sehen, und als er das nicht vorweisen konnte, da wurde der erste Arg­wohn geweckt. Nun ist er von der Höhe seines Ruhms gestürzt. Man lacht über die Bürger von Granville und über die schier unglaublichen Unter­nehmungen desDirektors der höheren Kolonial­schule, der von der Regierung beauftragt ist, Gestüte in Abessinien einzurichten."

Homonym.

Er ist ein Grübler. Wirst den Mann Als Mittelpunkt in einem Werke finden,

Das seinen Namen trägt. Doch dann Den zweiten Sinn mir zu ergründen Versuche schnell. Sie ist brutal Zu Zeiten, wenn sie sich erhebt.

Machtlos vielleicht einmal,

Jndeß zu drohen stets bereit.

Auflösung der Aufgabe iu Nr. 170.

Die Zahl 40.

Richtig gelöst von Oskar Rühle in Gräfenhausen, Rudolf Mast und Willy Mast in Rotenbach.

Auflösung der Aufgabe iu Nr. 172.

5 Rebhühner und 11 Hasen.

Richtig gelöst von Christian Hermann und Gustav Bischofs in Neuenbürg; Fr. König, Gustav Maulbetsch, Holzhauer, Gustav Seyfried, Hermann Jäger, Straßenwarts» sohn und Karl Metzler, Zimmerwann in Calmbach; Wilhelmina Burkhardt in Dennach; Frida Bohlinger und Lina Bohlinger in Feldrennach; Emil König in Gräfenhausen; Wilhelm Romoser in Kullenmühle bei Herrenalb; Marie Barth in Neumarkt a/Rott, Oberbayern; Karl Stahl, Mechaniker in Oberlengenhardt; Rudolf Mast in Rotenbach; Georg Oehlschläger jr. in Schömberg.

Druck und Verlag der C. Meeh'scheu Buchdruckerei deö EuztälerS (Inhaber G. Couradi) in Neuenbürg.