und Fremdenverkehr, die die Württ.-Hohenzoll. Vereinigung für Fremdenverkehr am 1. April 1912 im Aussteüungsgebäude der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel in der Schloßstraße eröffnen wird, wird eine reine Reise- und Verkehrsausstellung sein, in der außer den Bädern, Kurorten, Sportsplätzen, landschaftlichen Schönheiten und sonstigen Sehenswürdigkeiten des Landes, die in Gemälden, Dioramen, Modellen usw. zur Darstellung kommen, nur die in Beziehung zum Reiseverkehr stehenden Industrie-Erzeugnisse ausgestellt werden. Bereits beginnt sich für die Ausstellung ein lebhaftes Interesse zu zeigen, und es laufen erfreulicherweise Anmeldungen von Industrie, Handel und-Gewerbe ein. So hat sich bereits eine hiesige Lederwarenfabrik angemeldet, die in einem Automobil eine ganze Automobil-Reiseausstattung ausstellen wird. Ferner wird eine Kostümfabrik schwäbische Volkstrachten, ein Verlag Architekturbilder und Originallithographien aus Schwaben, ein anderer Kunstblätter aus dem Gebiete der Luftschiffahrt, verschiedene Firmen Touristenproviant ausstellen usw. Die Abteilung für Kurorte, Sommerfrischen usw., die ja bekanntlich in der Internationalen Ausstellung für Reise« und Fremdenverkehr in Berlin im letzten Frühjahr ausgestellt war, wird eine wesentliche Erweiterung erfahren, da auch die Verkehrsvereine und Stadtgemeinden, die die Berliner Ausstellung nicht beschickten, für die Stuttgarter Ausstellung ein erhöhtes Interesse zeigen. Die Ausstellung, die mindestens zwei Monate dauern wird, ist eine vorzügliche Gelegenheit zu wirksamster Reklame, umsomehr, als sie zu einer Zeit stattfindet, in der Stuttgart einen be« sonders lebhaften Fremdenverkehr hat.
Stuttgart, 14. Okt. Ueber die gesetzlichen Bestimmungen über den „Haustrunk" sind viele Wirte immer noch nicht genügend unterrichtet. Die „Deutsche Wirtsztg." macht deshalb auf den 8 11 des neuen Weingesetzes, der die Frage des Haustrunks regelt, besonders aufmerksam. Unter Haustrunk versteht das Gesetz ein Getränke, das hergestrllt ist aus Traubenmaische, Traubenmost, Rückständen der Weinbereitung oder aus getrockneten Weinbeeren unter Zusatz von Zucker und Wasser in beliebiger Menge. Dagegen darf ein Haustrunk aus einem Verschnitt von Wein mit Obstmoft oder durch Aufguß von Obstmost auf Traubentrester, wie dies vor dem Inkrafttreten des neuen Weingesetzes allgemein üblich war, nicht mehr hergestellt werden. Vergehen gegen diese Bestimmungen werden als Verfehlungen im Sinne des § 9 des neuen Weingesetzes (Nachmachen von Wein) angesehen und neben der Einziehung resp. Vernichtung des Getränkes mit Strafe gemäß § 26 Z. 1 belegt. Auf die Herstellung von Haustrunk finden auch die Vorschriften des 8 4 (Kellerbehandlung) entsprechende Anwendung. Sehr wichtig ist der Abs. 3 des 8 11. der folgendermaßen lautet: Wer Wein gewerbsmäßig in Verkehr bringt, ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die Herstellung von Haustrunk unter Angabe der herzustellenden Menge und der zur Verarbeitung bestimmten Stoffe anzuzeigen. Die Herstellung kann durch Anordnung der zuständigen Behörde beschränkt oder unter besondere Aufschrift gestellt werden. Die zuständige Behörde ist die Ortspolizeibehörde. Die als Haustrunk hergestellten Getränke dürfen übrigens nur im eigenen Haushalt des Herstellers verwendet oder ohne besonderen Entgelt an die in seinem Betrieb beschäftigten Personen zum eigenen Verbrauch abgegeben werden. Bei Auflösung des Haushalts oder Aufgabe des Betriebes kann die zuständige Behörde die Veräußerung des etwa vorhandenen Vorrats von Haustrunk gestatten. Die Fässer, in welchen Haustrunk enthalten ist, müssen, wenn sie in Kellern gemeinsam mit Wein lagern, die deutliche Aufschrift „Haustrunk" tragen.
Stuttgart, 16. Okt. Um seinem Vater einen Possen zu spielen schlug der 18 Jahre alte Joh. Nasser eine Erdöllampe und eine Marmorplatte zusammen und ließ im Keller das Mostfaß laufen. Wegen Sachbeschädigung stand er nun vor Gericht, zugleich des schweren Diebstahls angeklagt. Cr hat einem Bruder einen Geldbeutel mit 5 Mk. Inhalt gestohlen. Die Strafkammer verurteilte den Gutedel zu 3 Monaten 15 Tagen Gefängnis abzüglich 1 Monat Untersuchungshaft.
Friedrichshafen, 17. Okt. Das Luftschiff I. 2 9 ist um 11 Uhr nach Baden-Oos abgefahren. Die Führung des Luftschiffs haben Oberingenieur Dürr, Kapitän Lau und Kapitän Gruud. Von der militärischen Abnahmekommiffion machen die Fahrt mit: Oberst Messing, Oberst Schmiedecke, Major Groß und Major Neumann. — Um 3 Uhr ist das Luftschiff in Oos gelandet.
Heilbronn, 17. Oktbr. In der Nacht zum Montag versuchte der Einbrecher Kuhn in seiner Zelle die Wand zu durchbohren. Durch den Lärm wurde ein Oberaufseher aufmerksam, der die weiteren Versuche verhinderte.
Neckars»!»!, 17. Okt. Aus Berlin kommt die telegr. Nachricht über einen schweren Automobilunfall des Direktors der Neckarsulmer Fahrrad- und Automobilwerke Hardt und seines Chauffeurs Wöhr. Direktor Hardt, der seine Firma auf der Internationalen Automobilausstellung vertritt, war auf einer Fahrt im Grunewald mit einem Vorführungswagen begriffen, als ein Kind unmittelbar vor dem Kraftwagen, der in mäßigem Tempo fuhr, die Straße kreuzen wollte. Der Chauffeur bremste sofort mit aller Kraft, doch wurde durch den plötzlichen Ruck der Wagen heftig gegen die Bordschwelle geschleudert und üb er sch lug sich. Die Insassen flogen in hohem Bogen heraus und wurden mit schweren Verletzungen vom Platze getragen.
Freuden st ad t, 16. Okt. Nach dem glänzenden Abschluß der heurigen Saison setzt wieder eine rege Unternehmungslust ein; über 30 Wohngebäude und Villen sind bereits fertig gestellt, teils in der Ausführung begriffen. Unter den größeren Entwürfen der nächsten Zukunft steht namentlich der Bau eines Berghotels auf dem Kienberg (800 w) durch den neuen Besitzer des Restaurant „Friedrichshöhe" G. Rheinhardt im Vordergrund.
Freudenstadt, 16. Okt. Zur Hebung des Wintersports wünscht der Hotelbesitzerverein eine Rodelbahn mit elektrischem Aufzug, eine Schlittschuhbahn und eine Bobsleigbahn in Freudenstadt und stellt einen namhaften Beitrag in Aussicht. Der Gemeinderat sprach sich mit großer Mehrheit gegen Verwilligung eines städtischen Beitrags aus.
Baiersbronn. 17. Sept. Das 23 Jahre alte Dienstmädchen Marie Züfle von hier, das in der Nacht vom 23. auf 24. Juni d. I. im D-Zug 24 in der Nähe von Karlsruhe ein neugeborenes Kind zum Abortfenster hinausgeworfen hatte, wurde, da die Geschworenen die Schuldfrage im Sinne der erhobenen Anklage verneinten, freigesprochen. — In der gleichen Schwurgerichtssitzung in Karlsruhe wurde die 22 Jahre alte Dienstmagd Klara Geßler aus Untergrombach, die am 12. Sept. ihr Kind in den Abort geworfen und getötet hatte, mit 1 Jahr 1 Monat Gefängnis bestraft.
Ulm, 17. Okt. Vollständig ausgereifte zuckersüße Kirschen wurden am Kirchweihfest auf einem Baume bei der Straße von Lonsee nach Ettlenschieß unweit des letzteren Ortes gepflückt. Der Baum hängt noch voll mit Früchten und gewährt einen um diese Jahreszeit entzückenden Anblick. Alle Jahre trägt er den ganzen Sommer über Blüten und gleichzeitig grüne, halb- und ganzreife Kirschen. Die Versuche, von diesem Wunderbaum Zweige auf andere Kirschenbäume zu pfropfen, sind noch jedesmal mißlungen. Der Baum ist schon ziemlich alt und wird leider wenig geschont, was die vielen abgeschlagenen Aeste und Zweige beweisen.
(Landesproduktenbörse Stuttgart). Bericht vom 16. Oktober. In der Lage des Getreidegeschäftes hat sich wenig geändert und hielt die Ruhe und Geschästslosigkeit auch in abgelaufener Berichtswoche an. Die Angebote vom Ausland waren eine Kleinigkeit niedriger, da aber inländische Ware immer noch billiger, decken die Mühlen ihren Bedarf hauptsächlich darin. Der Wasserstand auf dem Rhein hat sich weiter gebessert und sind die Frachten setzt auch etwas billiger. Die Witterung in den letzten Wochen war für die Landwirtschaft überaus günstig; die Bestellung der Saaten konnte unter den besten Verhältnissen stattfinden und das Herbstfutter hat sich auch noch gut entwickelt. — Mehlpreise per 100 Kilogr. in«. Sack Mehl Nr. 0: 34.50 ^ bis 35.50 Nr. 1: 33.50 -tt bis 34.50 Nr. 2; 32.50 bis 33.50
Nr. 3: 31.— bis 32.— Nr. 4: 27.50 bis 28.50
Kleie 13.— ^ bis l3.50^l (ohne Sack netto Kasse).
Herbstuachrichten vom 14./16. Oktober.
Weinpreise für je 3 lil.
Stuttgart. (Stadtkelter.) Die Lese hat begonnen. Preis 290—805 ^ Vieles verstellt. — Degerloch. Die Lese hat heute allgemein begonnen. Das meiste ist verstellt. Preis 280 -4L — Gablenberg. Die Lese ist im Gang. Käufe zu 800—330 ^ Vieles verstellt. Feil noch ca. 200 Hektoliter. — Strümpselbach i. R. Lese ist beendigt. Verkauf lebhaft zn 250—260 ^
Der 1911er Rüdesheimer. Unter feierlichem Glockengeläute hat jetzt die allgemeine Weinlese in der Gemarkung Rüdesheim begonnen, nachdem die Lese in einigen Nebenlagen und in der benachbarten Gemeinde Eibingen so ziemlich beendet ist. Man rechnet auf einen halben Herbst, also eine recht erfreuliche Quantität, und von der Qualität glaubt man in Engelszungen reden zu müssen. Jedenfalls ist der Most von wunderbarer Süße und strömt in einer so erstaunlichen Fülle von der Kelter, daß man in diesem Jahre sür ein Legel Trauben (50 Liter) fast die gleiche Menge Most rechnet, während man sonst hier 20 Prozent in Abzug bringt. Die Winzer suchen natürlich, soweit sie nicht selbst keltern, die höchstmöglichen Trauben- ' und Mostpreise zu erzielen, und sich so aus drückenden
Verpflichtungen, die ihnen eine Reihe von Fehljahren auf. lud, möglichst rasch zu lösen. Die bisher gelesenen, zerkleinerten Trauben werden das Ohm (— vier Legel zu 50 Liter) mit 160—180 ^ bezahlt, das Pfund Trauben mit mindestens 50 (Drei Pfund Trauben rechnet man allgemein auf ein Liter Wein.) Der vom eigentlichen Rüdes- heimer Berg gewonnene Most wird weit mehr als rund 200 bringen, bezahlte doch ein Händler aus Bingen sür angesteigerten Most aus einem Gute der Frühmefserei 451 »4L das Ohm.
Schwäbische Gedenktage.
Am 17. Oktober 1688 öffnete Heilbronn im sog. pfälzischen Erbschaftskrieg dem französischen General Montclar die Tore.
Am 18. Oktober 1685 ist^Prinz Georg Friedrich von Württemberg, der Sohn des Herzogs Eberhard III. bei der Belagerung von Kaschau durch eine Kanonenkugel getötet worden.
Am 18. Oktober 1799 ist in Metzingen Christian Friedrich Schönbein als Sohn eines Färbers geboren. Er war zuletzt ordentlicher Professor der Chemie in Basel, berühmt als Entdecker des Ozons und Erfinder der Schießbaumwolle. Er starb am 29. Aug. 1868 in Baden-Baden.
Am 18. Oktober 1813 führte General Graf von Normann eine württ. Brigade (etwa 1000 Reiter mit 2 Geschützen) in der Schlacht bei Leipzig zu den Verbündeten über. König Friedrich erließ dafür gegen Normann einen Haftbefehl, die Brigade wurde bei ihrer Rückkehr entwaffnet und sämtliche Offiziere derselben um eine Stufe degradiert.
Am 20. Oktober 1805 streckte bei Ulm die österreichische Armee unter General Mack die Waffen vor Napoleon.
Am 21. Oktober 1641 starb in Paris der Generalmajor Bernhard Schoffalizky von Mukodell, der am 31. August 1591 zu Brackenheim geboren war. Sein Vater war Obervogt daselbst. Schon früh nahm Bernhard Schoffalizky Kriegsdienste bei den Franzosen, Holländern, Malthesern und Venezianern. Im 30jährigen Kriege trat er in württem- bergische Dienste und dann in schwedische. In den letzten Jahren seines Lebens kämpfte er meistens an der Seite des Herzogs Bernhard von Weimar. Zuletzt wurde er als Unterhändler zum Kardinal Richelieu nach Paris gesandt. Dort wurde er krank und starb. Sein Leichnam wurde zuerst in einer Straßburger Kirche, dann 20 Jahre später in der Johanniskirche zu Brackenheim beigesetzt.
Am 24. Oktober 1793 ist Herzog Karl von Württemberg gestorben.
Der 24. Oktober 1648 ist auch für Württemberg bemerkenswert als Tag des Westfälischen Friedensschlusses. Den Friedensvertrag hat nämlich der württembergische Unterhändler bei den Verhandlungen, Johann Konrad Varnbüler, verfaßt, dem Württemberg das meiste zu verdanken hat, daß es so günstig beim Friedensschluß abschnitt. Als Lohn für seine Verdienste wurde Varnbüler 1650 .mit Schloß. Burg und Gütern Hemmingen belohnt.
Kus Stadt, Bez irk u nd Umgebung.
Bekanntmachung, betreffend die Zuteilung der evangelischen Volksschulen des Oberamtsbezirks Calw an die neuerrichteten, im Hauptamt zu versehenden Bezirksschulämter Nagold und Neuenbürg. Laut Bekanntmachung des K gl. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens vom 30. September 1911 (Amtsbl. S. 143) sind unterstellt: 1. Dem Kgl. Bezirksschulamt Nagold: Die evangelischen Volksschulen in Calw, Agenbach, Aichhalden, Altbulach, Breilenberg, Dachtel, Decken- pfronn, Emberg, Gechingen, Holzbronn, Hornberg, Liebelsberg, Martinsmoos, Neubulach, Neuweiler, Oberhaugstett, Oberkollwangen, Rötenbach, Schmieh, Sommenhardt, Stammheim, Teinach, Zavelstein, Zwerenberg. 2. Dem Kgl. Bezirksschulamt Neuenbürg: Die evangelischen Volksschulen in Aichelberg, Altburg, Althengstett, Alzenberg, Hirsau, Liebenzell, Meistern mit Hünerberg, Monakam, Möttlingen, Neuhengstett, Oberkollbach, Oberreichenbach, Ostelsheim, Ottenbronn, Simmozheim, Unter- haugstett, Unterreichenbach mit Dennjächt, Würzbach. — Der Dienstantritt der neuernannten Bezirksschulinspektoren ist auf 1. November 1911 festgesetzt.
Neuenbürg, 18. Oktbr. Der Friseurgehilfe Wilhelm Haberstroh hat sich heute Nacht mit einer Zimmerflinte, ohne daß dies von den Hausbewohnern bemerkt wurde, erschossen. Als der Gehilfe heute morgen nicht bei der Arbeit erschien und man nach ihm sah, fand man ihn tot auf seinem Bette vor. Was den jungen Mann in den Tod trieb, ist bis jetzt unaufgeklärt.
Neuenbürg, 14. Oktbr. (Beglaubigung von Handzeichen.) Es kommt nicht selten vor, daß
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