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Reue»bürg, Montag den 31. Znli 1911.

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RunSichau.

Swinemünde, 30. Juli. Der Reichskanzler ist heute nachmittag 3.58 Uhr nach Hohem Finow abgereist. Mit ihm reiste Staassekretär v. Kiderlen - Wächter ab, der nach Berlin zurückkehrt.

Berlin, 29. Juli. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt in ihrer Wochenrundschau: lieber die Halt­ung Englands in der Marokkofrage waren so­wohl durch Aeußerungen britischer Minister und durch Artikel in der Londoner und Pariser Presse Zweifel entstanden. Die auf diese Weise in die europäische Lage hineingetragene Unruhe zu zerstreuen, war die Aufgabe, die der Premierminister Asquith sich in der von ihm vor dem Hause der Gemeinen am 27. ds. abgegebenen Erklärung gestellt hatte. Der Leiter der englischen Regierung hat die von den Pariser und Londoner Blättern angekündigte Absicht einer Einmischung Großbritanniens in territoriale Abmachungen anderer Großmächte über Gebiete von Westafrika außerhalb Marokkos für böswillige und völlig grundlose Erfindungen zurückgewiesen. Diese bestimmte Absage gegenüber den deutschfeind­lichen Drohnoten in der Presse haben wir erwartet. Daß daneben Hr. Asquith den bereits in seiner früheren Erklärung über Marokko enthaltenen Hin­weis auf die Wahrung der eigenen Interessen Eng­lands in Nordafrika unterstrichen hat, kann umso­weniger befremden, als gerade die Lage, welche im scherifischen Reiche durch Handlungen außerhalb der Akte von Algeciras enistqnden ist, ouch den Anlaß zu der jüngsten Aktion bildete und zu den Verhand­lungen mit Frankreich geführt hat.

Paris, 29. Juli. Gestern fand ein Minister­rat statt, in welchem der Minister des Aeußern de Selves über den Stand der Marokkofrage berichtete, die einen normalen Verlauf nehme. Delcassö äußerte sich nach dem Ministerrat zu einem Journalisten über die französischen Verhand­lungen. Er sagte, er sei stets überzeugt gewesen, daß in der Marokkoangelegenheit zwei große Nationen wie Frankreich und Deutschland sich am Ende ver­ständigen müßten. Er sei auch überzeugt, daß der neue Vertrag die wesentlichen Rechte der Beteiligten respektieren und für die Zukunft die Wolken zer­streuen werde, welche den Horizont beider Nationen verdunkeln könnten.

Ueber die Wahlniederlage der christlich­sozialen Partei Oesterreichs bei den letzten Reichsratswahlen soll Papst Pius X. sehr unge­halten sein. Nach einer Privatmeldung aus Rom beabsichtigt er, in Form eines Schreibens an den Erzbischof von Wien der christlich-sozialen Partei eine scharfe Rüge dafür zu erteilen, daß sie durch Mangel an Energie und Einigkeit den Sieg der Gegner ermöglicht habe. Die Worte des Papstes würden, wie man in vatikanischen Kreisen versichert, scharf und herb klingen. Dieser nachträgliche Rüffel aus dem Vatikan für die Christlich-Sozialen Oester­reichs macht freilich die schwere Niederlage, welche sie bei den Reichsratswahlen verzeichnen mußten, nicht wieder gut.

Der Gebrauch der deutschen Sprache in Masuren nimmt ständig zu. Während vor 25 Jahren auf dem flachen Lande fast zwei Drittel der Bevölkemng polnisch sprachen, ist auch dort eine Abnahme der polnisch Sprechenden um fast 30 Proz. festzustellen. Gemeinden mit rein polnisch sprechender Bevölkerung gibt es jetzt überhaupt nicht mehr. Bedeutsam ist dabei der Umstand, daß Familien, die früher rein polnisch waren und jetzt noch an derselben Stelle seßhaft sind, schon teilweise zur deutschen Sprache übergegangen sind oder in ihren Kindern deutsch wurden. Im Jahre 1890 war bei 63 Prozent aller Dorfschulkinder die Muttersprache, die zu Hause gesprochen wurde, polnisch. Im Jahre 1900 gaben von den masurischen Schulkindern noch

49 Prozent das Polnische als Muttersprache an, im Jahre 1910 nur noch 33 Prozent.

Die trockene Hitze, die in den letzten Wochen in Nordamerika, in West- und Mitteleuropa eine ungewöhnliche Höhe erreicht hat, ist nach mündlichen und schrifilichen Schilderungen nicht oder noch nicht in die Ostseeprovinzen und Polen vorgedrungen. Eine von dort am Samstag eingegangene Nachricht lautet:Wir haben hier ganz im Gegensatz zu Amerika und Westeuropa einen sehr kühlen, aber auch einen erntereichen Sommer. Die Obstbäume können die Last der Früchte kaum tragen. Die kühle Witterung ist wirklich erfrischend, und da die Regengüsse aufgehört zu haben scheinen, hindert nichts mehr, große Spaziergänge in Feld u. Wald zu machen."

Straßburg, 27. Juli. Unter der schweren Anschuldigung, den Tod zweier ihrer Hilfe anver­trauter Frauen verschuldet und eine dritte für das ganze Leben gesundheitlich geschädigt zu haben, stand die Hebamme Josefine Litzinger in Waffelnheim vor der Ferienstrafkammer des hiesigen Landgerichts. Die Angeklagte, die auf eine längere Tätigkeit in ihrem Fach zurückblickt, übernahm nach der Anklage in der Nacht vom 23. zum 24. April die gleichzeitige Entbindung zweier Frauen, obwohl sie wissen mußte, daß sie der Aufgabe nicht gewachsen war; sie ließ üch hierbei lediglich durch Gewinnsucht leiten, an dem Orte war auch eine zweite Hebamme ansässig, der die Angeklagte jedoch keine Mitteilung zugehen ließ. Sie verließ, da bei der ersten Frau die Entbindung nicht rasch genug vor sich ging, einfach die auf ihre Hilfe Angewiesene, um sich auch die andere nicht entgehen zu lassen. Sie nahm sich nicht einmal Zeit, ihre Hände vorschriftsmäßig zu desinfizieren und benützte sogar, um ja nicht aufgehalten zu sein, eine rostige Stricknadel zu einem Eingriff. Die naturnotwendige Folge war. daß ihre Patientinnen nach schweren Leiden starben. Die Angeklagte, die sich nach der Anklage stets bemühte, die Angehörigen der betreffenden Frauen an der Beiziehung eines Arztes zu hindern, wollte alle Schuld auf ihre Patientinnen schieben, hatte dabei aber wenig Glück, denn die Gutachten der Sachverständigen waren für sie nichts weniger als günstig. Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von einem Jahre und sofortige Verhaftung, welchem Anträge entsprochen wurde.

Schlettstadt. Der Wanderer, der unsere Bergwälder am frühen Morgen betritt, sieht den Boden und alle Pflanzen mit zahlreichen Kröpfchen bedeckt, die er zuerst vielleicht für Tau halten mag. Es ist auch Tau, aber Honigtau. Wer gegen die Sonne schaut, steht die Fäden silberglänzend zur Erde streben. Das ist die Zeit unserer Bienen und Imker. Leider dauert dieTracht" immer nur bis gegen 9 Uhr, weil die Hitze zu groß ist und die Tautröpfchen verhärtet, so daß die Bienen sie nicht mehr aufsaugen können. Der Ertrag ist infolgedessen nicht so groß, wie er sein könnte, wenn es wenig­stens nur hie und da regnen würde. Unglaublich viel Tannenhonig geht in diesem Jahre auch da­durch verloren, daß es an Bienen fehlt, die die reiche Ernte heimholen könnten.

Württemberg.

Stuttgart, 29. Juli. Die Zweite Kammer nahm heute zunächst den Gesetzentwurf betr. die! Uebergangssteuer von Bier in zweiter Lesung an; und beriet dann einen Antrag des Bauernbunds j betr. die Beibehaltung des Brennereikontingents- ^ wertes. Körner begründete den Antrag mit dem Hinweis auf die ungünstigen Arbeitsbedingungen unserer Brenner, für die die Aufrechterhaltung des Kontingentswertes eine Beruhigung wäre. In der ! Debatte erklärte Finanzminister v. Geßler den An­trag als überflüssig, da die Regierung eine den j Brennern günstige Stellung einnehme. Die Auf- I fassung des Abg. Feuerstein (Soz.), der den An­

trag ablehnte, als ob die Branntweingesetzgebung im Interesse der norddeutschen großen Brenner erfolgt sei. wurde vom Abg. Gröber (Ztr.) als falsch be­zeichnet, der vielmehr nachwies, daß das Gesetz ge­rade im Interesse der süddeutschen Brenner liege. Augst (Vp.) bemerkte, daß durch solche Anträge, für die gar keine Veranlassung vorliege, bloß eine Be­unruhigung in die Kreise der Brennereibesitzer hinein­getragen werde. Im Interesse unserer württem- bergischen Brennereien sei eine sofortige Abschaffung der Liebesgabe selbstverständlich undurchführbar, da­gegen sollte an eine schrittweise Aenderung des Systems herangetreten werden. Schlichte (Z) trat für Beibehaltung der Kontingentierung ein, damit die kleineren und mittleren Betriebe erhalten bleiben. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Ströbel (B.K.). der dem Abg. Augst gegenüber bemerkte, dieser habe seine Ausführungen nur aus Angst vor den Wahlen gemacht, und des Abg. Feuerstein (Soz.) wies Kübel (Natl.) darauf hin, daß die prinzipielle Stellung seiner Partei zu der Frage bei der Reichsfinanzreform zum Ausdruck gekommen sei. Er stimme gegen den Antrag, da derartige Anträge in die Reichsgesetzgebung übergreifen und zumeist aus agitatorischen Gründen gestellt würden. Nach wei­terer Debatte wurde der Antrag mit 39 gegen 30 Stimmen angenommen und die nächste Sitzung auf Dienstag nachmittag 3 Uhr mit der Tagesordnung: Vereinfachung der Staatsverwaltung, anberaumt.

Stuttgart, 26. Juli. Mit Zustimmung des Königs hat die Zentralleitung des Wohltätigkeits­vereins für Württemberg eine neue Organisation erhalten. Die seitherige Bezeichnung des Vereins ist abgeändert worden inZentralleitung für Wohl­tätigkeit in Württemberg". Zugleich wurden die Grundbestimmungen dieser öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die unter unmittelbarer Aufsicht und Fürsorge des Königs steht, neu festgestellt. Darnach besteht die Zentralleitung aus einem Vorstand und mindestens 12 weiteren, teils männlichen, teils weib­lichen Mitgliedern, die vom Königspaar auf Lebens­zeit ernannt werden und ihr Amt unentgeltlich ver­sehen. Ferner steht der Zentralleitung, namentlich zur Vorbereitung und Gutachtung von Fragen all­gemeiner Bedeutung, ein aus 12, teils männlichen, teils weiblichen ehrenamtlichen Mitgliedern bestehender Beirat zur Seite, in welchem die verschiedenen Landesteile und die wichtigsten der mit der Zentral­leitung in Verbindung stehenden Vereinigungen und Veranstaltungen im Gebiet der helfenden Nächsten­liebe vertreten sein sollen. Die allgemeinen Auf­gaben und der Geschäftskreis der Zentralleitung haben durch die neuen Grundbestimmungen eine wesentliche Erweiterung erfahren. Unter anderem wurden auch ausgenommen die Förderung der Krankenpflege, sodann besonders die Mitwirkung bei der Bekämpfung der Tuberkulose und des Lupus.

Stuttgart, 30. Juli. Bei den deutschen Ver­sicherungsanstalten liefen am 1. Juli 1911 928 882 Invalidenrenten, 95470 Altersrenten und 16 433 Krankenrenten. Die Zahl der Beitrags­erstattungen seit Bestehen der Versicherungsgesetze bis zum 1. Juli 1911 beträgt 2681100, wovon 2181 674 an weibliche Versicherte, die in die Ehe getreten sind.

Stuttgart, 27. Juli. Der Schwäbische Ueber- landflug EßlingenStuttgartUlmBodensee ist nunmehr gesichert. Etwa 80000 Mk. sind für die Veranstaltung bis jetzt gezeichnet und die bis zum Betrag von 100 000 Mk. fehlende Summe steht in allernächster Zeit zu erwarten. Der Schwäbische Ueberlandflug ist aus praktischen Gründen in den Monat September verlegt werden.

Stuttgart, 27. Juli. Die Arbeiter und Ar­beiterinnen in den Geschäftsbücherfabriken haben beschlossen, den Arbeitstarif auf 1. November zu kündigen, sie verlangen eine 1020 prozentige Lohnerhöhung und eine Reduzierung der Arbeitszeit.