Ulm, 30. Juli. Von der 4. Batterie des 49. Feldartillerie-Regiments ist der Kanonier Viktor Straub als zweites Opfer des Typhus gestorben. Im Lazarett liegen noch 2 Mann in schwerem tyhpösem Fieber, zwei weitere, die gleichfalls am Typhus erkrankt waren, befinden sich auf dem Wege der Besserung.
Horb, 30. Juli. Unter dem Verdacht, Wechsel gefälscht zu haben, ist der unlängst in Konkurs geratene Sägwerksbesitzsr A. Mayer als Untersuchungsgefangener ins Gefängnis des hiesigen Amtsgerichts eingeliefert worden.
Von der Eschach, 29. Juli. Infolge der Trockenheit ist fast das ganze Flußbett wasserleer, selbst in tiefen Gumpen ist keines mehr zu finden. Obwohl Forellen, Schleien, Hechte und Weißfische bei dem niedrigen Wasserstand noch zu Hunderten weggefangen wurden, liegen jetzt doch in den Schlammpfützen, auf den Sandbänken und in den knorrigen Wurzeln des Gebüsches kleinere und größere Fische zu Tausenden umher und verbreiten einen pestilenzartigen Geruch. Die Fischleichen sind von ganzen Schwärmen von Ungeziefer umgeben. Jahre wird es dauern, bis der Fischstand in dem Flüßchen sich wieder einigermaßen entwickelt hat.
Göppingen, 29. Juli. Der ungeheure Verbrauch von Wasser in den Gärten, aber auch in den Prioathaushaltungen hat in der letzten Zeit an unsere Wasserleitung Anforderungen gestellt, denen sie auf die Dauer nicht mehr gewachsen ist. Es wird deshalb jeden Abend 7 Uhr das Wasser abgestellt und erst früh 6 Uhr wieder in die Leitungen eingelassen.
Vaihingen a. E.. 26. Juli. Die Lohmühle der Rotgerbermeisterschaft ist für 18 000 ^ in den Besitz des Mühlenbesitzers Ad. Bausch übergegangen.
Stuttgart, 29. Juli. (Obstmarktbericht.) Tafelobstpreise auf dem heutigen Stuttgarter Engros-Markt: Kirschen 12—18 »«, Stachelbeeren 14 -16 »«, Himbeeren 45 .6, Birnen 12 - 25 »«, Pfirsiche 80—45 »«, Aepsel 15 bis 24 Reineklauden 25 »«, Walderdbeeren 50—60 Johannisbeeren 19—20.«, Heidelbeeren 27—30 ^, Aprikosen 25—50»«, Pflaumen 18- 20»«, Brombeeren 50»« je der Zentner. Marktlage: Bei sehr starker Zufuhr rascher Absatz. Preise halten sich andauernd für alle Obstarren. In ausländischen Früchten machen sich nur Birnen aus der Pfalz und Italien und sranz. Tomaten (13 -s per Pfund) bemerkbar. Kirschen und Himbeeren gehen zu Ende.
Bus SlaSt» Bezirk unS Umgebung.
Wildbad, 27. Juli. Dem „Schwab. Merk." wird von hier geschrieben: Der Beginn der Norddeutschen Sommerfellen bringt auch unserer Badestadt den Anfang der Hochsaison. Hotels. Pensionen und Privathäuser sind seit mehreren Wochen fast vollständig besetzt. Die Zahl der Kurgäste hat bereits 12 000 überschritten; an Bädern werden täglich über 1700 abgegeben. Außer den Kurgästen sind, besonders an den Sonntagen, viele Ausflügler und Scharen von Wanderern zu bemerken. Mehr und mehr wird Wildbad als Ausgangspunkt für Schwarzwaldwanderungen benützt. Nicht zum wenigsten ist diese große Steigerung des Fremdenverkehrs der Erbauung der Bergbahn zuzuschreiben. Am letzten Sonntag wurden nicht weniger als 4329 Personen
Wetterwolken.
Roman von M. v. Buch.
1 ) - (Nachdruck verboten.)
Hui — hui — sausten die Stürme über das Land. Frühlingsstürme waren es, denn der Tag Mariä Lichtmeß, nach dem bekanntlich kein Fuchs dem Eise traut, war längst vorüber.
Blauschwarz breitete sich der Himmel über der Stadt Wien. In den Straßen lag ein fahles Licht, es war fast, als sei es noch nicht Tag geworden, obgleich die Uhr am Stephansturme die zehnte Stunde angab. In der kaiserlichen Hofburg in ihrem Ankleidezimmer befand sich die Kaiserin Maria Theresia, eine reife und üppige Frauengestalt, die soeben den Händen ihrer geschickten Kammerfrau entschlüpft war.
Die Fürstin schien mit ihrem Aussehen zufrieden. Sie betrachtete sich in dem großen venezianischen Spiegel, der über ihrem reich vergoldeten Toilettentische hing, mit freundlichen Augen. Ja, je länger sie strahlte, je strahlender wurden ihre Blicke, und ein reizendes, liebenswürdiges Lächeln umspielte den vollen Mund, der das Charakteristische der Habsburger. die stark entwickelte Unterlippe, zeigte.
„Es ist gut." sagte sie zu der Kammerfrau, die einige Schritte vor ihrer kaiserlichen Herrin stand. „Nun das letzte," und damit schleuderte sie die roten Saffianpantöffelchen von den mit weißseidenen Strümpfen umspannten Füßchen. „Zieh mir die s Schuhe an." >
r befördert. Durch die Bergbahn wird auch den weniger rüstigen Fußgängern unter den Badegästen die Möglichkeit gegeben, den prächtigen endlosen Hochwald der Sommerbergebene auf wohlgepflegten Fußwegen zu durchstreifen und die würzige ozonreiche Höhenluft zu genießen. Das vom K. Badkommissariat ausgestellte Vergnügungsprogramm ist Heuer besonders reichhaltig. Neben den täglich dreimal stattfindenden Konzerten des unter Leitung des K. Musikdirektors Prem stehenden K. Kurorchesters bieten Sonntags und Donnerstags die Kammermusik und Sinfoniekonzerte mit hervorragenden Solisten den Musikfreunden hohe künstlerische Genüsse. Mittwochs und Samstags führen in dem neuen Kursaal Tanzreunionen dem Zuschauer ein glänzendes Bild des gesellschaftlichen Badelebens vor Augen. Großen Anklang finden die Beleuchtungen, die sich an den Dienstagen abwechselnd verzeichnen. Die vorgestrige Beleuchtung des Kurhauses mit Anlagen gewährte einen wundervollen Anblick. Eine bedeutende Anziehungskraft üben auch die von dem K. Badkommissariat in diesem Jahr zum erstenmal veranstalteten Autogesellschaftsfahrten nach den benachbarten württ. und badischen Schwarzwaldbädern, auf den Hohenzollern usw. aus. Sehr guten Besuch hatten die in den letzten beiden Wochen gehaltenen Vortragsabende von Marcel Salzer und der Berliner Sängerin Frl. Bozena-Bradsky zu verzeichnen. Große Erfolge erzielt das unter Herzog!, altenburgischer Leitung stehende K. Kurtheater. Wie man sieht, sind das K. Badekowmissariat und die Stadtverwaltung bemüht, den Anforderungen, die an einen internationalen Badeort gestellt werden, in jeder Hinsicht gerecht zu werden.
/XHerrenalb. 30. Juli. Von einem eigen tümlichen Mißgeschick wurde dieser Tage ein hiesiger Geschäftsmann getroffen. Hr. Lauer, Besitzer der j Köckler'schen Sägmühle, wollte in Landau (Pfalz) ! gelegentlich einer Zwangsversteigerung Holzvorräte er- ^ werben. Kaum hatte er sich auf dem Anwesen eingefunden, so wurde er von dem Besitzer, sowie von dessen Frau und Brüdern unter Scheltworten zum Verlassen des Platzes aufgefordert. Als dies nicht sofort geschah. nahm einer der Brüder einen starken Prügel und schlug Lauer mit einem wuchtigen Schlag auf den Kopf zu Boden. Der Verletzte wurde bewußtlos ins Krankenhaus gebracht, wo er sich glücklicherweise bald wieder erholte. Die rohe Tat wird zu einem gerichtlichen Nachspiel führen.
** Feldrennach, 29. Juli. Bekanntlich streben die Orte des unteren Amts schon 8 Jahre lang die Einführung elektrischer Energie an. Nach Ueber- windung von Schwierigkeiten aller Art traten vor 2 Jahren diese und die Waldgemeinden dem Gemeinde- j verband Elektrizitätswerk Calw bei. Die Wald- i
gemeinden sind schon einige Zeit fast durchweg unter Strom und nach etwa einjähriger Bauzeit werden derzeit die unteren Amtsorte nach und nach in Betrieb genommen. In den Orten Dennach, Schwann und Feldrennach, welche letzte Woche in Betrieb kamen, ist merkbare Freude über die endliche Versorgung mit Licht und Kraft zu konstatieren. Möge die Mühe und das Risiko der Verbandsgemeinden durch eine anhaltend gute Rentabilität ihres Unter-
Die Kammerfrau gehorchte schweigend. Die hohen Stöckelschuhe wurden der Kaiserin angezogen. „Endlich, Mirzl," plauderte die lebensfrohe Fürstin, „endlich, lang genug hast mich drangsaliert. Wie glücklich könnte doch unsereiner sein, wenn ihm die Mühe des Toilettenmachens erspart bliebe! Und du, schlechte Seele, kannst mir in dieser Beziehung nimmer genug tun. Immer schöner willst du mich haben. Schäm dich was! Eine alte Frau, wie ich bin!"
Das letzte kam lächelnd heraus. Die Kaiserin wollte alles andere sein, und war es auch in der Tat denn eine alte Frau.
„Schon gut," meinte sie, als die Dienerin, leicht verneinend, den Kopf schüttelte und vorwurfsvoll zu ihrer schönen Herrin aufsah, „schon gut, ich weiß ja, wie du es meinst."
Die Kammerfrau sagte nichts. Sie war ein schweigsames Wesen, und diese ihre Eigenschaft machte sie der Kaiserin besonders wertvoll. Mirzl wußte, daß sie zwei Ohren und einen Mund besaß, daß sie also mehr hören als sagen sollte, und das war eine Kenntnis, deren Befolgung für jeden Menschen und besonders für den, der an Fürstenhöfen weilt, wertvoll ist.
Mirzl hörte vieles und konnte darüber schweigen. Am Hofe gab es freilich manch einen, dem die schweigsame Kammerfrau gefährlich schien; allein niemand wagte, sie auf unsicheren Verdacht hin an- i zuklagen, denn das Vertrauen, das sie bei der i Kaiserin genoß, schien nicht zu erschüttern.
nehmens gekrönt werden. Diese ist dann zweifellos außer Frage gestellt, wenn in allen Verbandsgemeinden der Anschluß aller erfolgt nach dem Sprichwort: „Einigkeit macht stark."
8. Bieselsberg, 31. Juli. Am Samstag vormittag wurde hier in einem Hause eingebrochen und hiebei eine Damenuhr mit Kette und anderen Schmucksachen gestohlen. Der Täter wurde noch an demselben Tag in der Person des Dienstknechtes Ernst Wacker von Feldrennach ermittelt und festgenommen. — Derselbe hat in letzter Zeit im hiesigen Bezirk, sowie im angrenzenden badischen mehrere Diebstähle verübt.
ß. Oberlengenhardt. 31. Juli. Gestern nachmittag etwa um 5 Uhr wurde zwischen hier und Schwarzenberg an einem 8 Jahre alten Mädchen ein Sittlichkeitsverbrechen verübt. Der Täter wurde von dem Vater des verletzten Kindes mit hinzugekommenen Personen eingeholt und erhielt auch sofort die ihm für diese Tat gebührende Tracht Prügel, so daß seine Ueberführung ins Krankenhaus geboten erschien.
Pforzheim, 28. Juli. Unter seltsamen Umständen büßte Fabrikant M. Reichel sein Leben ein. Gestern war in dem Souterrain des Geschäfts Reichels eine Flasche mit Salpetersäure verbrochen. Um den stechenden Dampf der Säure zu vertreiben, bedeckte Reichel dieselbe mit Sägmehl. Als er in das Kontor zurückkam, klagte er plötzlich über großes Uebelbefinden und wurde derart krank, daß er in einer Droschke zunächst in seine Wohnung und später ins Krankenhaus verbracht werden mußte. Dort starb abends 6 Uhr der erst 37 Jahre alte Mann. Er hinterläßt eine junge Witwe mit zwei noch kleineren Kindern.
Zum Fall Jatho.
Nachdem in Nr. 112 und 116 des Enztälers zwei Geistliche, Sachverständige, wenn man so sagen darf, sich zum Fall Jatho geäußert haben, möchte auch ein einfaches Glied der evangelischen Kirche zur Sache das Wort nehmen.
Ist es denn so ungeheuer wichtig, wenn in Köln ein evangelischer Geistlicher seines Amtes entsetzt wird? So etwas kommt doch ab und zuvor? Gewiß; dieser Fall ist von großer Wichtigkeit, und es ist richtig, was Renz-Ottenhausen in Nr. 116 des Enztälers sagt, daß hier etwas geschehen ist, was für die Zukunft unserer evangelischen Kirche noch von großer Bedeutung werden kann. Um es gleich zu sagen: Das Schicksal Jathos kann morgen so und so viele andere Geistliche ereilen; bekenntnistreuen Eiferern müßte es eine Leichtigkeit sein, durch Herausreißen einzelner Sätze aus ihren Predigten ein« Abweichung von der offiziellen Kirchenlehre festzustellen und darauf eine Anklage bei der Kirchenbehörde aufzubauen. Viele Geistliche, namentlich jüngere, weichen, die einen mehr, die andern weniger als Jatho, vom Bekenntnis der Kirche ab. Das ist ja auch, wenn man die Ergebnisse der Religionswissenschaft bedenkt, nicht weiter verwunderlich. Viele Kirchengenossen nehmen daran auch weiter keinen Anstoß mehr, manchen mag diese Tatsache noch eine
Während Mirzl die silberne Schnalle am Schuh schloß, blickte die Fürstin auf das leichtgeneigte Haupt.
„Mirzl. was ist dir, was ist geschehen, du hast geweint?" fragte sie erschreckt.
„Halten zu Gnaden, Majestät, ein bischen Kopfweh."
„Die Kaiserin lächelte gütig.
„Nun. Mirzl, das Kopfweh, ist immer Entschuldigung, auch wenn das Herz weh tut. Ich kenne das. Hab' Vertrauen, sag mir, was dich quält. Und vor allem sag, kann ich dir helfen?"
„Majestät sind sehr gütig . . ."
Die Kaiserin, die leicht ungeduldig werden konnte, stampfte mit dem Fuß. „Ob ich dir helfen kann, sollst mir sagen."
Mirzl schüttelte den Kopf.
„Nein, Majestät."
„Geh, du bist langweilig mit deinem „Nein, Majestät!" Wenn ich nur wüßt, was dir fehlt .
Endlich kam es heraus, stockend und zagend.
„Mein Sohn macht mir Sorge," gestand Mirzl, „ich gräme mich halt um den Franzl."
„Nun, nun," tröstete die Fürstin, „mit den jungen Leuten muß man Geduld haben. Ist er in Liebesaffären verwickelt? Was hat der Schlingel denn Böses angerichtet?"
„Böses grad nit, er sagt sogar, daß ihm Gutes geschehen ist. Er geht nach Dresden, wo er durch Vermittlung seines jetzigen Herrn, des Grafen Kaunitz, eine Stelle bei einem vornehmen Herrn angenommen hat."