Hellen und praktisch eingerichteten Räume des neuen Hauses statt. Um ffr2 Uhr fand im Stadtgarten­saal das Festessen statt und abends vereinigten sich die Festgäste zu einer Vorstellung im Kgl. Wil- helma-Theater.

Stuttgart, 27. Mai. Die bei der Zentral- vermittlungsstelle für Obstverwertung auf eine Rund­frage über den voraussichtlichen Ertrag der Kirschen­ernte eingelaufenen Berichte lassen eine sehr große Ernte erwarten. Neuffen kündigt 10000 Zentner an, Schnaith über 10 000, Beuren 2500, Stetten 8000, Strümpfelbach 5000, Neidlingen 5000, Neu­hausen a. d. Erms 3000. Grunbach 8000, Hessig­heim 2000, Glems OA. Urach 1500, Liebersbronn bei Eßlingen 1500, Winterbach 1500, Besigheim 3000, Wahlheim OA. Hesigheim 3000, Korb 1500, Uhlbach 1600 Zentner. Eine ganze Anzahl Orte sind noch mit Schätzungen bis zu 1000 Zentner ver­treten. Die Haupternte ist wieder aus dem Neuffener-, Lenninger- und Remstal zu erwarten.

Heilbronn a. N>, 27. Mai. Bei einem Bahn­durchlaß in der Nähe von Bückingen wurde der 76 Jahre alte Taglohner David Hermann von einem Automobil, das der anscheinend schwerhörige Mann nicht beachtet hatte, überfahren und so schwer verletzt, daß er kurz darauf starb.

Ludwigsburg, 27. Mai. Eine brave Tat. Als gestern auf der Station Thamm ein Schnellzug von Bietigheim heranbrauste, geriet das zwei Jahre alte Kind eines dortigen Wirts auf das Gleis. Der Stationsvorsteher besaß die Geistesgegenwart, das Kind mit eigener Lebensgefahr im letzten Moment von den Schienen wegzureißen. Seine mutige Tat findet allgemeine Anerkennung. Unerklärlich ist es, wie das Kind auf das Gleis geraten konnte.

Ulm, 27. Mai. Die Polizei hat hier drei Fahrraddiebe erwischt. Zwei waren mit gestoh­lenen Fahrrädern aus Pasing angeradelt gekommen und halten versucht, die Näder hier zu versilbern. Dabei wurden sie abgesaßt. Der eine ist ein Kauf­mann aus Weißenstein, der andere ebenfalls ein Kaufmann aus Pforzheim. Ein lediger Glasschleifer eignete sich in Pforzheim ein Rad an und fuhr hier­her. Auch er fiel der Polizei in die Hände.

Ebingen, 27. Mai. Ueber die Bluttat bei Straßberg wird noch bekannt, daß der Täter, der Trikotweber Brunner, mit der Ermordeten, der Direktrice Wißmann, die in der Filiale der würt- tembergisch-hohenzollerischen Trikotwarenfabrik in Winterlingen beschäftigt war, bis in die neueste Zeit ein Verhältnis hatte. Bei der Mordtat muß sich ein furchtbarer Kampf abgespielt haben; eine größere Strecke des Wäldchens, in dem die Tat geschah, ist zerstampft, ein Bäumchen ist abgeknickt und an mehreren Stellen befinden sich Blutlachen. Nach der Tat begab sich der Mörder nach Straßberg, soll dort geäußert haben, er habe im Wald einRehle gemetzelt", fuhr dann mit dem Zug nach Sigmaringen und stellte sich selbst dem Gericht. Tags zuvor soll er gesagt haben, er habe das letztem«! gebeichtet. Auch andere Bemerkungen deuten darauf hin, daß Brunner etwas im Sinne hatte.

Die Perle von Killigensande.

Erzählung von R. Hy mann.

8) -- (Nachdruck verboten.)

Ich muß mir ein neues Boot kaufen," sprach der Kranke einige Tage später zu seiner Frau, als er dachte, wieder aufstehen zu können.

Natürlich mußt du das," pflichtete Kamilla bei.

Aber ich habe kein Geld, Perle."

Das ist schlimm. Was sollen wir beginnen?"

Wenn ich kein Boot habe, kann ich nichts verdienen."

Könntest du nicht mit einem von den andern zusammen arbeiten?"

Was denkst du? Soll ich einen Sklaven aus mir machen? Könntest du das ernstlich wünschen?"

Aber ich weiß keinen Weg, Bertram, dir zu einem Boot zu verhelfen."

Hast du kein Geld?"

Ich? Nein. Aber ich will die Mutter bitten"

Nein!" Bertram hielt sie zurück.Ich will nicht, daß'Mutter von allem erfährt. Du mußt sie nicht in alle unsere Geheimnisse einweihen. Hast du den Arzt bezahlt?"

Ja."Dann hat dir Mutter doch Geld gegeben."

Sie hat mir die letzten Ersparnisse angewiesen Vaters Geld."

Davon kannst du mir doch so viel geben, daß ich mir wieder ein Boot kaufen kann."

Vaihingen a. Enz. 27. Mai. Auf dem Weit­feld ist gestern nachmittag ein unbekannter Fessel­ballonContinental" gelandet. Wahrscheinlich handelt es sich um einen bayerischen Ballon, mit dem ein Offizier in Feising eine Notlandung vor­genommen hatte, worauf der Ballon sich ohne den Offizier in die Lüfte erhob.

Horb, 27. Mai. In einem Ameisenhaufen fanden junge Leute einen Totenschädel und ver­schiedene Knochen vor. Es wurde festgestellt, daß es sich dabei um Leichenteile eines vor längerer Zeit im Walde bei Nordstetten aufgefundenen Toten handelt.

Aus StaSt» Bezirk unö Umgebung.

Von jetzt ab sind Ferngespräche auch mit Frankreich zugelassen. Orte und Gebühren können am Fernsprechschalter in Erfahrung gebracht werden.

Neuenbürg, 25. Mai. In diesen Tagen ist eine Denkschrift zum Plan einer normal spurigen Nebenbahn Neuenbürg Marxzell über Gräfenhausen, Arnbach, Schwann, Conweiler, Feld- rennach und Langenalb erschienen. Im Jahre 1903 schon haben die Gemeinden Gräfenhausen, Schwann, Conweiler, Feldrennach und Langenalb den Auftrag zum Plan einer normalspurigen Nebenbahn Brötz­ingen-Marxzell gegeben, welcher auch dem Kgl. Ministerium vorgelegt wurde; jedoch haben alle Be­mühungen seither noch zu keinem Ergebnis geführt. Es wurde nun dem Hrn. Regierungsbaumeister Wallersteiner aus Nürnberg der Auftrag gegeben, ein neues Projekt auszuarbeiten, das nicht vom Bahnhof Brötzingen, sondern vom Bahnhof Neuen­bürg ausgehen soll. Durch die neue Linienführung vereinfachen sich die Verhältnisse insofern, als nun- § mehr die Bahn auf württembergischem Gebiet beginnt und auf badischem Gebiet endigt, während die Bahn nach dem früheren Projekt in der badischen Gemark­ung Pforzheim-Brötzingen begann, sodann auf würt- tembergisches Gebiet übertrat, um schließlich badischen Boden wieder zu berühren. Insbesondere hat auch das neuere Projekt den weiteren Vorteil, daß eine unmittelbare Verbindung hergestellt wird zwischen Herrenalb und Neuenbürg. Beim neuen Projekt er­hält die Linie eine gegenüber früher um 5 Kilometer verkürzte Baulänge, allerdings ergibt sich hierdurch keine entsprechende Verminderung der Baukosten, weil zwischen Neuenbürg und Gräfenhausen ein Tunnel von 708 Meter Länge herzustellen ist; da­gegen wird durch die Verkürzung um über 5 Kilo­meter eine entsprechende Minderung der Betriebs­kosten herbeigeführt. Die Gründe für die Wahl der normalspurigen Bahn sind jetzt gegenüber dem früheren Projekt in noch verstärkterem Maße vor­handen, da vorgesehen ist, daß die Arbeiterzüge der Nebenbahn vom Bahnhof Neuenbürg aus auf die Haupstrecke Neuenbürg-Pforzheim übergeleitet werden sollen. Die Gesamtkosten der projektierten Bahn würden sich auf ca. 3 510 000 belaufen. Die jährlichen Betriebseinnahmen sollen etwa 100 000 betragen, die Betriebsausgaben hiergegen rund 55 000 In dem Schlußwort verweist das Ko-

Aber das wäre Vertrauensbruch gegen die Mutter.

Vertrauensbruch! Sollen wir vielleicht die Ersparnisse aufessen?" Und als sie heftig mit dem Kopf schüttelte, fuhr er fort:Na also, dann muß ! ich doch etwas verdienen."

^Das ist richtig."

§Gib mir also das Geld. Ich zahle dir jede ; Woche einen kleinen Teil zurück. Mutter weiß nichts

- und wir haben keinen Schaden."

Versprichst du es zurück zu zahlen, Bertram?" Sicher."

Kamilla holte das Geld und zählte ihm zehn ! Goldstücke auf. Den Beutel verbarg sie wieder in ^ seinem Versteck.

! Am nächsten Tage fuhr Bertram mit dem Schiffe ! eines Kameraden nach der Küste hinüber, um ein ^ Boot zu kaufen. Mutter Maria war wieder so weit ! hergestellt, daß sie das Bett verlassen konnte, wenn ' Kamilla sie beim Gehen stützte. Die alte Frau suchte

- ihr Lieblingsplätzchen vor dem Hause auf, wo den » ganzen Tag das Licht der Sonne lag und die Augen ' auf die See gerichtet, saß sie da und träumte stunden-

- lang von vergangenen Zeiten und von den Toten.

? Es war der Tag, da die Steuern erhoben wurden, j Ein Steuerbote mit einigen Gendarmen landete

- morgens auf der Insel und nachdem er bereits die

- Häuser besucht hatte, kam er auch zu Mutter Maria.

!Seid willkommen," sagte die alte Frau, sich ! mühsam an einem Stocke erhebend,ja, ja, es geht

abwärts, Herr. Es wird auch Zeit schließlich ' wird's mein Alter im Himmel überdrüssig, wenn ich

mitee noch auf den regen Verkehr mit der gegen­wärtig schon bestehenden Kraftwagen-Gesellschaft Neuenbürg-Herrenalb, die im Sommer 1910 nahezu 14 000 Personen befördert hat. Auch wäre ferner ein Arbeiterverkehr von etwa 1300 Personen zu be­wältigen, welcher auch der Nebenbahn zufallen würde. Für den Güterverkehr käme die große Holzindustrie, welche in der Gegend betrieben wird, in Betracht. Das Komitee gibt sich daher der Hoffnung hin, daß im Hinblick auf die Möglichkeit der Fortentwicklung der von der Bahn zu erschließenden Gegend recht bald die beteiligten hohen Staatsregierungen wie auch die Stände von Württemberg und Baden den Bau der Bahn NeuenbürgMarxzell beschließen werden. Mit Recht nimmt das Komitee wohl an, daß es nicht in der Absicht der Vertreter des Lan­des liegt, den stetig und vorsichtig eingeleiteten Plan der Anlage von Nebenbahnen, welche als Zubringer des Verkehrs für die bestehenden Bahnen dienen sollen, zu unterbrechen. Es dürfte vielmehr dem ausgleichenden Gerechtigkeitsgefühl entsprechen, daß diejenigen Landesteile, welche bisher die Vorteile des Eisenbahnverkehrs entbehrten und daher stetig an Wohlstand einbüßten, in tunlichster Bälde in das Eisenbahnnetz einbezogen werden.

Pforzheim, 27. Mai. Das hiesige Schöffen­gericht verurteilte den Reitlehrer Fritz, früher in Stuttgart, wegen einer Ohrfeige zu einer Woche Gefängnis. Die Ohrfeige halte er dem Bijouterie- fabrikanten K. öffentlich in der Reitschule gegeben, weil ihm dieser im Namen des Reitvereins in einer Form kündigte, in der Fritz mit Recht eine Belei­digung fand.

Verfolgung unschuldiger Tiere. Mit dem Einzug der warmen Jahreszeit haben auch wieder eine Reihe von nützlichen Tieren ihren ge­schützten Winteraufenthaltsort verlassen und gehen ihrem Lebensunterhalt nach. Leider werden viele davon von unwissenden, gedankenlosen oder aber­gläubischen Menschen verfolgt und vernichtet. Und doch sind es gerade die nützlichsten und für den Haushalt der Natur unentbehrlichsten Tiere. So ist vor allen Dingen die Fledermaus ein Gegen­stand abergläubischer Furcht und roher Verfolgung. Man wirst diesem harmlosen Tier vor, daß es den Speck im Kamin benage, den Frauen das Haar verwirre, auch mancherlei Unglück bringe und sonst noch allerlei Unfug treibe. Sie wird deshalb ge­fangen und von rohen Menschen oft lebendig an das Scheunentor genagelt. Wer aber die Lebensweise dieses Tierchens kennt, weiß, daß es durch das Wegfangen schädlicher Nachtschmetterlinge und anderer Insekten, die in der Dämmerung fliegen, großen Nutzen stiftet, und daß es als Insektenfresser sich niemals an den Speck wagt. Gerade dadurch, daß die Fledermaus in der Dämmerung fliegt und so den schädlichen Nachtinsekten auf die Nähte geht, ist ihr Nutzen umso höher anzuschlagen. Aehnlich ist es mit der Eule. Sie ist für den abergläubischen Menschen der Totenvogel. IhrKiwitt" hören sie alsKomm mit" und glauben, daß sie damit den Tod eines Menschen ankündige. Auch sie wird oft planlos geschossen und gefangen. Und doch wird

allzulange hier unten verweile. Aber tretet ein, ihr Herren!

Kamilla kam herein.

Hole des Geld, mein Kind! Nimm es von j den Ersparnissen. Die Steuern müssen bezahlt werden. ! Kamilla ging hinaus und Mutter Maria plauderte ^ währenddessen mit den Beamten von vergangenen ! Zeilen, da ihr Mann noch gelebt, und ließ sich über ! die neuesten politischen Ereignisse aufklären. Der ^ Steuereinnehmer war eigentlich ihre einzige Zeitung, ^ auf die sie wider Willen abonniert war und die j regelmäßig einmal im Jahre erschien.

^ Endlich kam Kamilla wieder herein verstört, ' keines Wortes mächtig.

Was ist passiert, Kind?" fragte die Alte.

Das Geld, Mutter"

Das Geld schnell, sprich was ist's?"

Es ist gestohlen, Mutter!"

Gestohlen? Gestohlen? Alles?"

Alles, Mutter!"

Mutter Maria sank in ihren Lehnstuhl zurück.

Alles gestohlen I" murmelte sie unaufhörlich, als sei es unmöglich, nicht faßbar, ein Rätsel, dem gegen­über ihr Verstand versagte. Der Steuereinnehmer und die Gendarmen hatten sich erhoben.

Aber es eilt ja nicht so, Mütterchen. Schickt mir das Geld gelegentlich hinüber. Ich lasse Euren Posten offen. Oder ich lege die Kleinigkeit aus. Wir kennen uns doch, Mütterchen, nicht wahr?"

Aber Mütterchen Maria regte sich nicht. Sie war blau im Gesicht und ihre Augen waren trüb.