Stuttgart, 17. April. Professor Koch von der Techn. Hochschule in Stuttgart hat erfolgreiche Versuche angestellt, unterirdische Wasseradern durch Abhorchen an der Erdoberfläche festzustellen. Im letzten Sommer war an ihn die Frage herangetreten, ob in der Nähe eines Hauses auf der Paßhöhe zwischen Dornbirn und Schwarzenberg (im Bregenzer Wald) ein Grundwasserstrom sich Nachweisen ließe, ohne daß es kostspieliger Bohrungen bedürfe. Er erinnerte sich, daß er vor Jahren beim Graben eines Brunnens im Dreisamtal bei Freiberg das Rauschen des Grundwasserstromes, bevor dieser erreicht war, mit bloßem Ohre gehört hatte; es erschien ihm deshalb nicht aussichtslos, zu versuchen, ob durch Zuhilfenahme eines empfindlichen Apparates ein vorhandener unterirdischer Strom etwa schon von der Erdoberfläche aus nachweisbar sein möchte. Als geeignet erschien ihm ein — ursprünglich für medizinische Zwecke bestimmtes — „Phonendoskop". Dieses besteht im wesentlichen aus einem Metallklotz mit schalenartiger Aushöhlung, die von einer dünnen Membran (Hartgummischeibe) überdeckt ist. Eine unter der Scheibe angebrachte Spiralfeder übt auf jene einen beständigen Druck aus. Uebrigens ist die durch Aushöhlung und Membran gebildete Luftkammer nicht gänzlich abgeschlossen, sondern steht vermöge zweier durch den Metallklotz führender Oeffnungen, an die sich Hörschläuche anschließen, mit der äußeren Luft in Verbindung. Man benutzt den Apparat, indem man die Enden der Hörschläuche in die Ohren einführt und den Metallklotz mit der Hartgummischeibe auf die zu untersuchende Stelle legt. Professor Koch legte nun das Instrument an der fraglichen Stelle auf den Erdboden und war überrascht, ein starkes Geräusch zu vernehmen. Er probierte es an anderen Orten, ohne etwas zu hören und wieder an anderen, an denen Geräusche mehr oder weniger deutlich (immer in der Form eines Sausens) wahrnehmbar waren. Er begab sich darauf mit dem Instrument auf eine alleinstehende Bergkuppe, unter der ein Grundwasserstrom nicht vermutet werden konnte; tatsächlich war auch kein Geräusch zu hören. Dann legte er den Apparat rund 10 Meter oberhalb einer zutage tretenden Quelle auf die Erde; es war nur ein äußerst schwaches Geräusch vernehmbar, das aber stärker und stärker wurde, je mehr er sich mit dem Instrument seitlich bewegte, und leicht ließ sich diejenige Stelle ermitteln, an der das Sausen am kräftigsten war. die Beobachtung also gerade über dem unterirdischen Verlauf der Quelle stattfand. Im Spätjahr ließ Koch an der ersterwähnten Stelle, wo er einen Grundwasserstrom mit dem Phonendoskop gehört zu haben glaubte, einen Brunnen graben. In 5 Meter Tiefe stieß man auf eine mit Wasser durch- tränkte Schicht, die bei weiterem Graben den Grundwasserstrom in einer Kiesschicht bei 10 Meter Tiefe zutage brachte. Da die Wirkung des Instrumentes darauf beruht, daß 'das Geräusch, welches das fließende Grundwasser hervorruft, sich durch den Erdboden hindurch bis zur Erdoberfläche fortpflanzt und die Schallwellen von dieser aus sich auf das Instrument übertragen, so wird sich dasselbe zum
Nachweise stehenden oder langsam fließenden, also nur geringes Geräusch verursachenden Grundwassers nicht verwenden lassen, wohl aber nach Kochs Ansicht in gebirgigem und hügligem Gelände zum Auffinden von Grundwasserströmungen, sofern sie in mäßigen Tiefen fließen. Vielleicht ließe sich eine noch größere Empfindlichkeit durch ein elektrisches Mikrophon erzielen; Versuche in dieser Richtung sind von Professor Koch noch nicht ausgeführt worden.
Stuttgarter Lebensversicherungsbank a. G. (Alte Stuttgarter.) Nach dem Rechenschaftsbericht, der dem Aufsichtsrate der Bank in seiner Sitzung vom 6. April ds. Js. vorlag, wurden im abgelaufenen Jahre 1910, dem 56. Geschäftsjahre, 12 393 neue Anträge eingereicht über Mark 93 478 475 Kapital gegen 11324 Anträge über 85 075 300 im Vorjahre. Zur Annahme gelangten in der Todesfallversicherung 10 454 (i. V. 9 200) Versicherungen mit 77 901405 (i. V. 68 560 055) Kapital. Nach Abzug her fällig gewordenen und vorzeitig aufgegebenen Versicherungen verbleibt in der Todesfallversicherung ein Reinzuwachs von 6923 (i. V. 5627) Versicherungsscheinen mit Mk. 54724756 (i. V. 44 985 866). Der Reinzuwachs des Jahres 1910 ist der höchste, den die Bank bisher erzielte. Mit Einschluß der Altersversicherung bezifferte sich Ende 1910 der Gesamtversicherungsbestand der Bank auf 147 282 (i. V. 140 826) Versicherungen mit Mk. 957 561436 (i. V. Mk. 903 816 040) Kapital. Die Prämieneinnahme stieg von 35,3 Millionen Mark im Jahre 1909 auf 37,5 Millionen Mark im Jahre 1910. Der Zinsertrag aus den Vermögensanlagen der Bank stellte sich auf 13,6 Mill. Mark (i. V. 12,7). Für fällige Versicherungssummen und Rückkäufe waren 17,9 Millionen Mark zu zahlen, d. h. nur um ca. 72 000 Mk. mehr als im Vorjahre. Der Prämienreserve wurden 18 Millionen Mark zugeführt. Trotz des erheblich höheren Versicherungsbestandes war die durch Tod der Versicherten fällige Versicherungssumme erheblich geringer als im Vorjahre. Die Sterblichkeitsersparnis beläuft sich auf 3.4 (i. V. 3,1 Millionen Mark. Der Jahresüberschuß in der Todesfallversicherung beziffert sich auf Mk. 12 449 586 (i. V. Mk. 11549 641). Hiervon sind Mk. 12 000 041 (i. V. 11416 924) an die Dividendenreservcn der Versicherten überwiesen worden. Der große Ueberschuß ermöglichte es, daraus den Betrag von Mk. 400 000 für die beschlossene Erweiterung des Bankgebäudes bereitzustellen. In den Pensionsfonds der Beamten flössen Mk. 40 000, in die Kursausgleichungsreserve Mk. 9545. Das Bankvermögen stieg von Mk. 336165 721 Ende 1909 auf Mk. 358 423 714 Ende 1910. Darunter befinden sich Extra- und Dividendenreserven in Höhe von Mk. 67 162 407 (i. V. 63 625 769).
Stuttgart, 18. April. Am Samstag abend begab sich in einem Hause der Vogelsangstraße eine 55 Jahre alte Frau mit einer brennenden Erdöllampe in das Untergeschoß. Die Frau stürzte infolge eines epileptischen Anfalls zu Boden, so daß die Lampe zerbrach und die Kleider der Frau Feuer fingen. Die Frau ist an den Folgen der Brandwunden am andern Morgen im Kathärinenhospital gestorben.
Tübingen, 18. April. Nachdem vor einigen Tagen die Stadt Heilbronn die Erhebung einer Warenhaus st euer beschlossen hat, haben die hies. bürgerlichen Kollegien in ihrer letzten Sitzung den gleichen Beschluß auch für Tübingen gefaßt.
Eßlingen a. N., 18. April. Aus nicht aufgeklärter Ursache ist in der Nacht zum Ostersonntag in einem Hintergebäude der Farbenfabrik Barth u. Sohn, in dem große Mengen Oel lagerten. Feuer ausgebrochen, durch das das ganze Gebäude eingeäschert wurde. Das Anwesen, ein früheres Kloster, das vollständig aus Eichenholz erbaut war, war eines der schönsten Denkmale altdeutscher Bauart.
Heilbronn a. N., 18. April. Der bekannte Hochstapler Max Schiemank, der unter dem Namen eines Grafen de Passy aufgetreten war und in Frankfurt a. M. verhaftet wurde, ist in der Nacht zum Ostersonntag aus dem Untersuchungsgefängnis des hiesigen Landgerichts entflohen und spurlos verschwunden. Der Gauner hat anscheinend auch in der Untersuchungshaft die Verbindung nach außen aufrecht zu erhalten vermocht. Darauf deuten die Geldbeträge hin, die von Berlin aus vor kurzem für ihn zur Begleichung seiner Schulden eingewiesen worden sind. Die Flucht ist wahrscheinlich am Samstag abend zwischen 9 und 10 Uhr erfolgt. Der Gauner hat die Gitterstäbe durchfeilt und ist so ins Freie gelangt. Die Feile ist anscheinend in das Gefängnis eingeschmuggelt worden. Der falsche Graf hinterließ sogar noch einige Zeilen an die Behörde. Man hat von ihm noch keine Spur.
Freuden st adt, 18. April. Jetzt erst, wo die Waldwege wieder passierbar werden, sieht man, welch' großen Schaden der heurige Winter in den Waldungen angerichtet hat. In vielen Waldteilen sind eine Masse Tannenbäume geknickt und es gibt im Staats- und städtischen Wald Arbeit die Fülle, um dem Walde wieder sein gewohntes Bild zu geben.
Crailsheim, 18. April. Schlecht belohnt wurde die Freundlichkeit und das Entgegenkommen einer hiesigen Hausbesitzerin gegenüber ihrem Logisherrn. Dieser, ein seit kurzem hier in Arbeit stehender Schlossergeselle, erbat sich am Osterfest von ihr ein Gebetbuch, welchem Ansuchen von der Frau gerne entsprochen wurde. Einige Zeit später machte die Hausfrau einen Spaziergang und ließ den im Gebet vertieften jungen Mann allein zu Hause. Dieser benützte die Gelegenheit zu einem schweren Einbruch. Er erbrach und durchstöberte Kästen und Kommode und stahl verschiedene Wertpapiere, fand jedoch kein bares Geld. Dann ergriff er mit seiner mehrere 1000 Mark betragenden Beute das Weite. Die wiederholten Versuche, die Wertpapiere gegen bar Geld an den Mann zu bringen, mißlangen und führten schließlich zu seiner Verhaftung, die gestern in Hundorf bei Feuchtwangen in Mittelfranken erfolgte.
Rottweil a. N., 18. April. In Duningen zeigte gestern ein 15 Jahre alter Bursche einigen Kameraden die Handhabung eines Terzerols. Infolge Unvorsichtigkeit ging die Waffe los und der Schuß traf den 16 Jahre alten August'Kämmerer so unglücklich in die Brust, daß der Tod nach kurzer Zeit eintrat.
„Es wird ja so schlimm nicht sein. Zch sende sofort nach dem Arzt. Fasse dich doch!"
Harald selbst wartete die Ankunft des Arztes nicht ab, sondern warf sich ermüdet auf sein Lager, wo er bald in einen tiefen Schlaf verfiel. Er hatte den Auftrag gegeben, ihn bei Ankunft des Arztes s zu wecken, Als der Arzt jedoch kam. verbot Frau Marianne der Dienerschaft, den Schlaf ihres Mannes zu stören.
Als Harald am nächsten Morgen zu vorgerückter Stunde erwachte, wurde ihm durch einen Diener im Auftrag seiner Gattin ein Billett überreicht, in dem sie ihm mitteilte, daß die kleine Ilse gegen Morgen ihren Krämpfen erlegen sei. Gleichzeitig bat sie ihn, sie für diesen Tag völlig allein zu lassen, da sie seinen Anblick nicht ertragen könne.
(Fortsetzung folgt.)
sEmpfehlung.s Direktor: „Sie bewerben sich um die Stelle als Gefängnisaufseher. Ja, haben Sie denn die Befähigung dazu?" — Bewerber: „O ja, ich habe ja selbst zehn Jahre gesessen!"
sFrauenlogik.s „. . . Nicht einmal den neuen Hut willst du mir kaufen? — Und so was nennt sich Obsrzahlmeister I"
sJm Dorfwirtshaus.s Gast: „Wie — die Küche ist bereits geschlossen? Kann ich denn nicht wenigstens noch ein paar frische Eier haben?" — Wirt: „Bedauere — die Hühner schlafen auch schon!"
Gesellschaft in das Schloß zurück. Als Harald mit dem schweren Silberleuchter, den er dem Diener abgenommen hatte, eins der großen, von dem flak- kernden Lichte nur wenig erhellten Wohngemächer betrat, erhob sich plötzlich aus dem Halbdunkel eine schattenhafte Gestalt.
Laut aufschreiend taumelte er zurück und ließ den Leuchter fallen, dessen Kerzen erloschen. Mit beiden Händen vor sich hintastend, versuchte er vergebens, die Türe zu finden, und stieß einen Schrei aus, als er seinen Arm umklammert fühlte.
„Was ist dir? Was erschreckt dich so furchtbar?" fragte Frau Marianne entsetzt?"
„Ach — du bist es. Marianne?" rang es sich keuchend aus Haralds Brust.
„Aber wer sollte es denn sonst sein?"
„Ich wußte nicht, daß du nachtwandelst," sagte Harald, mit einem Versuch zu scherzen.
„Ich bin zu Scherzen nicht aufgelegt, du weißt ja, wie besorgt ich um Ilse bin. Ich fand keine Ruhe und mußte aufstehen, um mich davon zu über- s zeugen, wie es ihr geht. Gott sei Dank, sie schlummert." s
„Weshalb nur dieses fassungslose Entsetzen?" ' fragte sie, als sie in die bleichen Gesichtszüge ihres Gatten sah. „Du hast deine Nerven nicht mehr in der Gewalt und müßtest ein Sanatorium aufsuchen, wie es dir unser Hausarzt kürzlich nahe gelegt hat."
„Ich bin nur übernächtig, habe viel Sekt getrunken, und so mag mich meine Einbildung genarrt haben," sagte er, gezwungen auflachend. „Es ist vorüber, reden wir nicht mehr davon. Ich möchte
dich nur bitten, dieses graue Hauskleid nicht mehr anzuziehen, denn die graue Farbe ist mir verhaßt. Und nun wollen wir zu Ilse gehen, ihr Anblick wird mich beruhigen."
Er näherte sich der Tür des Kinderzimmers.
„Störe die Ruhe des Kindes nicht!" flehte Frau Marianne. „Du weißt, wie leicht ein Rückfall ein- treten kann."
Aber mit dem Eigensinne eines nicht ganz nüchternen Menschen beharrte Harald aus seinem Vorhaben und schob seine Frau, die sich zur Abwehr vor die Tür des Krankenzimmers gestellt hatte, zur Seite.
„Um Gottes willen, zurück!" rief Marianne mit unterdrückter Stimme, während ihre Hände ihn zu halten versuchten.
Das Kind, an dessen Bettchen die Wärterin saß, erwachte von dem Geräusch und fuhr jäh aus dem Schlafe auf. Es erkannte den Vater nicht und fing laut an zu schreien.
Mit einem Ausruf des Schreckens beugte sich die junge Mutter schützend über dass kleine Bettchen. Trotz aller Bemühungen der Mutter war das kranke ! Kind nicht zu beruhigen, von Kräyipfen gepackt, s zuckte der kleine Körper.
„Mein Kind — mein Kind stirbt!" schrie Frau von Rabenau ensetzt auf.
Harald wurde durch diesen Schrei mit einem Schlage ernüchtert und das Beschämende der Situation kam ihm voll zum Bewußtsein. Er näherte sich dem Kinderbett und stammelte: