des Innern, um dasselbe zur Aufhebung des Verbots des Stuttgarter Pferdemarkts zu bewegen, keinen Erfolg haben würden, war vorauszusehen. Das Ministerium konnte selbstverständlich nicht das Risiko einer durch den Pferdemarktverkehr herbeigeführten erneuten Weiterverbreitung der Maul- und Klauenseuche auf sich nehmen. Unsere Geschäftsleute werden sich also mit dem Verbot abfinden müssen. Abgesehen von den Händlern haben den Hauptschaden wohl die Wirte und Hotels, denen ein paar Tage guter Einnahmen entgehen. Wahrscheinlich ist es auch, daß durch das Verbot des Marktes der Absatz der Lose der Pferdemarktlotterie, der gerade während der Markttage besonders zu florieren pflegt, eine Einbuße erfahren wird. Für die Stadlkasse selbst kommt der Ausfall des Marktes nicht in Betracht; als Reineinnahme daraus waren im Etat für 1911 nur 300 Mk. eingestellt.
Stuttgart, 15. April. Der Kandidat der Volkspartei im 14. württemb. Reichstagswahlkreis. Rechtsanwalt Hähnle, veröffentlicht im „Beobachter" folgende Erklärung: In der Zentrumspresse wird verbreitet, mein Vater habe nicht sein Vermögen versteuert und seine Erben haben daher dem württ. Steuerfirkus eine Million zweimalhunderttausend Mark nachbezahlt. Demgegenüber bitte ich Sie, öffentlich folgendes zu erklären: Es ist nicht wahr, daß mein Vater, Kommerzienrat Hans Hähnle, sein Vermögen nicht richtig oder nicht vollständig ver steuert hat. seine Erben haben daher auch keinen Pfennig Steuer nachbezahlt, wie auch die Steuerbehörde nie eine solche Nachzahlung von ihm oder seinen Erben verlangt hat.
Leonberg, 14. April. In einer sehr zahlreich besuchten Vertrauensmännerversammlung des Bundes der Landwirte und der konservativen Partei wurde einstimmig Rechtsanwalt Roth als Kandidat für die Landtagsersatzwahl aufgestellt. Roth hat die Kandidatur angenommen.
Stuttgart, 15. April. (Elektrische Volkszählung.) Dieser Tage wird auf dem kgl. württemb. statistischen Landesamt mit der elektrischen Volkszählung begonnen und dadurch auch bei uns die „Mechanisierung" an der Statistik eingeführt. Zwecks Erleichterung und Beschleunigung des Zählgeschäfts bedient man sich beim Zensus in Amerika schon seit einiger Zeit der von Holleneth erfundenen elektrischen Zählmaschine. Diese Maschine arbeitet mit matemalischer Sicherheit sobald ihr das nötige Material zugeführt wird. Das letztere besteht aus besonderen Karlen, die nach den von den Einwohnern ausgefüllten Zählpapieren angefertigt werden müssen. Hiezu dient eine eigene eigenartige Lochmaschine, die die Eintragungen von den beschriebenen Bogen in ! der Weise überträgt, daß die an verschiedenen, genau bestimmten Stellen angebrachten Löcher dasselbe ausdrücken, wie die Zahlen und die Schriftzeichen auf den Zählbogen. Die Herstellung dieser Lochkarten ist anfänglich allerdings etwas schwierig, die mit dieser Arbeit betrauten Fräulein erwerben darin ! aber bald große Fertigkeit. Die elektrische Zähl- ! Maschine selbst arbeitet mit fabelhafter Geschwindig - keil, die Löcher in den Karten schließen Kontakte,
An Fluch ms Hklmbruck. !
Roman von B. Corony. i
15) - (Nachdruck verboten.)
10. Kapitel.
Das Neuvermählte Paar weilte auf der Hochzeitsreise. Ständig auf der Jagd nach Zerstreuungen gönnte Harald sich und seiner jungen Frau kaum flüchtige Rast und Ruhe.
Sein Lachen und seine Fröhlichkeit waren ge- ! zwungen, so daß ihn seine junge Gattin oft mit ! Sorge betrachtete. ?
Harald überhäufte sie mit Beweisen seiner Liebe ! und doch wurde ihr oft so unbeschreiblich bange in ! seiner Nähe, ohne daß sie sich diese sonderbare Un- ! ruhe zu erklären wußte. !
Einen jähen und traurigen Abschluß fand die Hochzeitsreise des jungen Paares, als Harald kurz ^ nach seinem Eintreffen in Florenz, wo er mehrere ! Wochen zu verweilen gedachte, eine Depesche seiner ^ Mutter erhielt: „Kommt sofort zurück; Vater schwer ! erkrankt. Keine Stunde zu verlieren!" !
Trotzdem Harald bei dem kränklichen Zustand - seines Vaters seit Monaten auf eine solche Nachricht - gefaßt sein mußte, war er doch völlig niedergebrochen, s und Marianne hatte Mühe, ihn aufzurichten. !
„Das Verhältnis zwischen mir und meinem s Vater," sagte er traurig, „war nicht immer wie es ^ sein sollte und deshalb empfinde ich den bevorstehen- ' den Verlust doppelt schmerzlich. Ich ahnte es, daß die Luft auf Helmsbruck meinem Vater verderblich
wodurch das Zählwerk jedesmal in Tätigkeit gesetzt wird. Da es sich bei unseren Volks- und Berufszählungen ja immer um Millionen handelt, führt die Mechanisierung dieser Arbeiten eine beträchtliche Zeitersparnis und damit eine Beschleunigung des Volkszählungsgeschästs herbei. Billiger als die Zählung durch die Menschenhand wird sie aber wohl kaum werden.
Reutlingen, 15. April. Die hiesige Ortsgruppe des Deutschen Luftflottenvereins bemüht sich bekanntlich, den schwäbischen Ueberlandflug Eßlingen—Stuttgart—Ulm—Bodensee auch über die Stadt Reutlingen zu leiten. Für den Plan sollen insbesondere die hiesige Stadtverwaltung und die der Städte Metzingen, Nürtingen und Kirchheim u. T. gewonnen werden. An Mitteln werden dazu 10 000 Mk. benötigt. Der Ueberlandflug ist finanziell noch nicht ganz gesichert, da an den notwendigen 100000 Mk. noch ein größerer Betrag fehlt.
Heilbronn, 17. April. Mit der Führung von 60 türkischen Generalstäblern, Ministerialbeamten, Parlamentariern und Journalisten, die im Laufe des Sommers eine Studienreise durch Deutschland unternehmen, ist der in türkischen militärischen Kreisen wohlbekannte hiesige Chefredakteur Dr. Ernst Jäckh beauftragt worden. Den Ehrenvorsitz des Deutschen Komitees hat Generalfeldmarschall Frhr. l v. der Goltz.
! Eningen u. A, 15. April. Das Blumentag- ^ komitee überreichte jeder der. hiesigen Blumen- ! Verkäuferinnen mit einem Schreiben des Schult- ' heißen Hüzel ein aus freiwilligen Gaben bestrittenes ! eingerahmtes Bild des Königspaares zur Erinnerung an den Blumentag und zum Gelöbnis ^ unverbrüchlicher Liebe und Treue zum Herrscherhause.
Heidenheim, 15. April. Die meisten Inhaber von offenen Verkaufsstellen haben in einer gegen den Beschluß der Amtsversammlung, die Läden > Sonntags um 2 Uhr zu schließen, abgehaltenen Versammlung beschlossen, die Kreisregierung in Ell- wangen zu bitten, daß sie einer etwa durch das Oberamt im Sinne des Amtsversammlungsbeschlusses ergehenden bezirkspolizeilichen Vorschrift die Zustimmung versagen möge. Die Versammlung erklärte sich dagegen bereit, den Wünschen der Angestellten dadurch entgegenzukommen, daß die Läden an den Sonntagen um 3 Uhr nachmittags geschlossen werden ! und künftig an 9 statt wie bisher nur an 6 Sonn- ^ tagen des Jahres ganz geschloffen bleiben.
! Schnaitheim, 17. April. Heute früh 4 Uhr ! wurde ein etwa 36 Jahre alter verheirateter Mann namens Weiß, Vater mehrerer Kinder, mitten im Ort erschlagen aufgefunden. Er lebte noch ganz kurze Zeit, konnte aber nichts aussagen. Nach dem Täter wird eifrig gefahndet.
Schramberg, 18. April. Durch fahrlässiges Wegwerfen eines Zündholzes ist an der Südseite des Schloßberges ein Waldbrand ausgebrochen, der zum Glück gleich bemerkt und, ehe er einen gefährlichen Umfang annehmen konnte, gelöscht wurde. Der Fall verdient Erwähnung, damit in der Presse jetzt wieder auf die- Gefahr hingewiesen wird, die bei der herrschenden Trockenheit durch ein unacht-
scin würde. Es liegt ein Verhängnis über diesem Schloß, das sich an jeden Besitzer zu klammern scheint. Mir graut davor, wenn ich das Erbe meines Vaters antreten muß."
Marianne suchte ihm diese düsteren Gedanken, die ihr als eine Eingebung seines überreizten Zustandes erschienen, auszureden, hatte aber damit nicht viel Glück.
„Vielleicht ist die Natur deines Vaters doch widerstandsfähiger, als die Aerzte annehmen," sagte sie tröstend. „Für den Augenblick ist es nur Selbstquälerei, sich nutzlosen Grübeleien hinzugeben."
Frau Marianne beschleunigte und überwachte alle Vorbereitungen zur Rückkehr, die noch am selben Tage angetreten wurde.
Auf Helmsbruck angelangt, fanden sie den Vater noch lebend, aber bereits in Agonie. Er hatte sich eine Lungenentzündung zugezogen, die sein geschwächter Körper nicht zu widerstehen vermochte, und starb, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben.
Nun war Harald der Besitzer des Rittergutes ! Helmsbruck und des großen Rabenauschen Vermögens geworden, aber seine düstere Gemütsstimmung verließ ihn nicht. ,
Frau Marianne wurde durch diese seelische j Depression ihres Gatten sehr beunruhigt. !
„Ermanne dich und fasse frischen Lebensmut!" sagte sie einige Tage nach dem Begräbnis seines - Vaters zu Harald. „Dein Schmerz darf nicht so j weit gehen, daß du die Pflichten gegen die Lebenden > vergißt. Nimm die Verwaltung des Gutes mit '
sames Umgehen mit Feuer für die Waldungen, denen das schützende Krün noch fehlt, entstehen kann.
Biberach, 18. April. In Fi schbach wollte eine Frau ihr vor dem Hause auf der Straße spielendes Kind schnell auf die Seite schaffen, als ein daherrasendes Automobil es zu überfahren drohte. Dies gelang ihr auch. Dabei geriet sie aber selbst unter die Räder, die ihr über den Leib gingen. Das Automobil, in dem ein hiesiger Assistenzarzt fuhr, nahm die arme Frau auf und brachte sie sofort ins Bezirkskrankenhaus. Dort ist sie aber ihren inneren Verletzungen erlegen. Der Chauffeur behauptet, daß ihn keine Schuld treffe, weil ihm die Frau ins Automobil gelaufen sei. Untersuchung ist eingeleitet. — In der verlängerten Ehingerstraße, nahe dem Gasthaus zum Mond, wurde das 13jähr. Töchterchen Gertrud des Stadtpflegers Dinser von einem Automobil erfaßt und schwer verletzt. Obgleich der Chauffeur jede Schuld bestreitet und behauptet, der Unfall habe sich unter denselben Umständen zugetragsn wie der Fischbacher, indem das Opfer in das Automobil hineingelaufen sei, herrscht hier eine starke Erregung und man verlangt eine energischere Handhabung der Vorschriften für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen. Ob es wohl helfen wird? — In der Nähe von Ringschnait ist auf den Leserschen Feldern ein mit 4 Personen bemannter Ballon gelandet. Es waren 3 Offiziere und ein Zivilist, die am Gründonnerstag abend in Berlin ausgestiegen waren und nach mehr als 20- stündiger Fahrt hier niedergingen, weil sie nicht mehr genug Ballast hatten, um die Fahrt bis zum Bodensee zu wagen.
Älus Staöt» Bezirk unS Umgebung.
8 Schömberg, 16. April. Am gestrigen Ostersamstag beehrten Ihre Majestät die Königin und Ihre Kgl. Hoheit die Fürstin von Wied in Begleitung einer Hofdame das Sanatorium Schömberg mit Allerhöchst ihrem Besuch. Die hohen Herrschaften kamen im Auto über Calw—Liebenzell gegen '/-4 Uhr mittags hierher. Sie besichtigten unter Führung des Chefarztes Dr. Koch das Sanatorium, zeigten für die Anstalt und ihren Betrieb großes Interesse und ließen sich alles bis ins kleinste zeigen. Vollbefriedigt und äußerst huldvoll verließen die hohen Herrschaften nach längerem Verweilen das Sanatorium und kehrten alsdann wieder nach Stuttgart zurück.
Neuenbürg, 18 . April. Das prächtige Frühlingswetter, das mit dem Karfreitag eingezogen ist, erhielt sich zu aller Freude über die ganze Ostern — ein sonnig-warmes, herrliches Weiter. Der volle Frühling lachte den zahlreichen Spaziergängern, die sich mit molligem Behagen die liebe Sonne auf den Rücken scheinen ließen, aus allen Ecken und Winkeln der erwachenden Natur entgegen. Noch eine, wenn auch kurze Reihe solch schöner Tage, und die Blüte der Kirschen- und Frühobstbäume wird folgen.
Neuenbürg, 15. April. Ueber die Internationale Ausstellung für Reise- und Fremdenverkehr in Berlin wird von der amtlichen
Energie in deine Hand und suche in der Arbeit Trost ! und Zerstreuung. Das ist sicher auch im Sinne ^ deines verstorbenen Vaters, der sein ganzes Leben lang kein Kopfhänger gewesen ist."
„Ich kann mich mit dem Gedanken nicht vertraut machen, ein ganzes, volles Trauerjahr in dieser trostlosen Einsamkeit zu verleben," sagte Harald.
Erstaunt sah ihn seine junge Gattin an.
„Muß dir die Einsamkeit nicht gerade jetzt ein Bedürfnis sein, lieber Harald?"
„Nein," erwiderte Harald rasch. „Ich hasse die Einsamkeit, ich kann sie nicht mehr ertragen. Sie ist mir wie eine Mahnung an die Schatten des Todes."
„Ich habe in diesen Tagen in der Chronik des Schlosses geblättert," sagte Harald und seine Augen nahmen einen verzweifelten Ausdruck an. „Nur wenige Besitzer Helmbrucks starben als zufriedene Menschen. Die meisten verfolgte das Unheil. Es wird auch mich nicht verschonen."
Marianne sah ihren Mann erstaunt an.
„Für so abergläubisch hätte ich dich nicht gehalten," sagte sie ermunternd. „An diesem herrlichen Stückchen Erde haftet sicher kein Fluch. Wir wollen arbeiten und Segen um uns verbreiten."
„Das wäre ein schöner Gedanke," meinte Harald, „wenn man das Bild der Vergangenheit aus dem Gedächtnis löschen könnte."
„Was kümmert dich die Vergangenheit, da die Gegenwart schön und die Zukunft licht und klar vor uns liegt?"