Lienzingen, 29. März. Zur Feier der Sil­ken Hochzeit unseres Königspaares wurde unserer Gemeinde eine seltene Anregung zu teil durch einen Lichtbildervortrag in der Kirche. Hr. Stadt­vikar Stübler-Neuenbürg, der hiezu gewonnen war, führte eine Reihe photograpische Aufnahmen, die er auf seiner Reise durch Aegypten und Palästina, meist selbst gemacht, vor. Da stiegen die Pyramiden von Gizeh, die alten Tempel und Trümmerstätten des Nillandes vor uns auf wie auch das bunte Leben und Treiben der orientalischen Städte mit ihren malerischen Volkstrachten. Wir wurden über Jaffa nach Jerusalem geführt mit seinen Moscheen und Kirchen, mit seinen Pilgern und Bettlern. Wir sahen die heiligen Stätten und das Syrische Waisen­haus, das Tote Meer und den Jordan. Der Heim­weg ging über Damaskus, Konstantinopel und im Eilzug gings Bild auf Bild durch das schöne Griechen­land. Mit Spannung folgte die große Zuhörerschaft den sachkundigen Ausführungen des Redners. Eine kurze patriotische Ansprache mit Choralgesang schloß die erhebende Feier. (Bürgerfrd.)

Haberschlacht, 29. März. Bis gestern abend haben 6 hiesige Schulkinder bereits 3200 Puppen des Heu- und Sauerwurms abgeliefert. Damit sind schon über 100000 Sauerwürmer vernichtet. Ein Knabe hat in 4 Nachmittagen nach der Schul­zeit 108 Stück gesammelt und will sich damit ein neues Lesebuch verdienen. Man steht daran, daß in der Tat Puppen genug vorhanden sind. Und da man noch nicht gewiß weiß, ob die Rebenblüte rasch vorübergeht, so daß der Sauerwurm wenig schaden kann, so empfiehlt es sich, doch die Puppen nach Möglichkeit zu vernichten. Es wäre im Interesse der ganzen Gemeinde zu wünschen, daß sich mehr Kinder ans Puppensammeln machten.

Freudenstadt, 29. März. Mit Rücksicht auf den kürzlichen Einsturz am Schenkenzeller Tunnel, wird die Generaldirektion den Tunnel aufwärts um 30 Meter verlängern lassen. Mit den Arbeiten wird demnächst begonnen werden.

Aalen, 27. März. Einen guten Gedanken hat jüngst ein älterer hiesiger Bürger ausgeführt. Er benützte die unfreiwillige Ruhe während einer Krank­heit. um alte Aalener Erinnerungen auszuzeichnen und übergab diese auf vielseitiges Verlangen dem Druck (Gebhard Stützel, Aus der guten alten Zeit Aalens; Aalen, Stierlin'sche Druckerei.) Damit be­sitzt jetzt Aalen eine feine Chronik des vorigen Jahr- nunderts, nicht in trocken-langweiligem Ton gehalten, sondern voll frischen Humors. Wenn dieses Beispiel weitere Nachahmung im Schwabenlande finden würde, würde dadurch die schwäbische Geschichts­schreibung eine wesentliche Förderung erfahren.

Heidenheim, 29. März. (Regimentstöchter.) In Oggenhausen ist schemts auch das weibliche

Der Flach aas Hklmlmck.

Roman von B. Corony.

5) - (Nachdruck verboten.)

Die kurze, entschiedene Art seiner Tante, die jeder ausweichenden Antwort zuvorzukommen schien, warf alle seine Berechnungen über den Haufen. Die scharfen, strengen Augen der alten Dame schienen bis auf den Grund seiner Seele zu blicken. Er änderte deshalb seine Taktik.

Er setzte seiner Tante offen auseinander, daß die ungünstige finanzielle Lage seines Vaters für seine Reise mitbestimmend gewesen war. Gleichzeitig suchte er ihr Mitleid dadurch zu erwecken, daß er ihr seine Liebe zu Baronesse von Kronau gestand und eine Verbindung mit der jungen Dame für aussichtslos erklärte, wenn es nicht gelang, das Aeußerste von dem väterlichen Gute Röcknitz abzu­wenden.

Fräulein von Rabenau ließ ihn ruhig zu Ende sprechen und bemerkte dann in ruhigem, sachlichem Tone:Deine Sache steht durchaus nicht so hoff­nungslos wie du sie ausmalst. Du hast doch land­wirtschaftliche Studien betrieben und kannst deine reichen Kenntnisse verwerten."

Ja, aber doch nur als Besitzer von Röcknitz," meinte Harald.

Das ist ein Vorurteil," entgegnete Fräulein von Rabenau.Sieht sich dein Vater gezwungen, Röck­nitz zu verkaufen, so findest du leicht Stellung auf einem fremden Gute, verwertest deine Kenntnisse und sammelst neue, die dir später, wenn du dein eigener Herr bist, von Nutzen sein werden."

Und meine Heirat mit der Baronesse von Kro­nau?" warf Harald bitter ein.Glaubst du, daß ihr Vater einen Gutsoerwalter zum Schwiegersohn nehmen würde?"

Geschlecht militärlustig. Kamen da gestern mit dem Rekrutenwagen ebensoviele holde Maidele als stramme Rekruten angefahren. Das läßt sich hören, wenn die Emanzipation unserer lieben Schwäbinnen an diesem patriotischen Punkt ansetzen will. Dann nur herein, vielgeschmähter, haßerfüllter Hosenrock! Jetzt hat er seinen Berechtigungsschein glänzend er­worben.

Aus StaSt, Bezirk unS Umgebung.

Seine Majestät der König hat die Stelle desBadinspektors in Wildbad dem Bauamts- Werkmeister Vogt bei dem Bezirksbauamt Calw übertragen.

§. Neuenbürg, 28. März. Der Eigentümer des am Sonntag in Dennach abgebrannten Ge­bäudes wurde wegen Verdachts der Brandstiftung in Untersuchungshaft genommen und nach 2 Tagen wieder entlassen.

j:s Neuenbürg. Im Laufe der letzten Woche wurde hier die alljährliche Gesellenprüfung ab­gehalten. Zu dieser waren 46 Lehrlinge aus hiesigem, teilweise auch aus dem Calwer Bezirk angemeldet, von denen 43 zur Prüfung erschienen sind, darunter 14 Bäcker (Maisenbacher und Schill-Neuenbürg, Faaß-Arnbach, Anwärter, Wurster und Rentschler- Calmbach, Ruff-Dobel, Sprenger-Höfen, Geckle- Herrenalb, Fischer-Schömberg, Adam, Bäuerle, Sieb und Rall-Wildbad); 6 Schreiner (Dieterle- Höfen, Mundinger und Wendel-Wildbad, Schaible- Rotensol, Vollmer-Birkenfeld, Zimmermann-Bern- bach); 5 Zimmerer (Federmann-Schömberg. Rapp- Höfen, Krauth-Waldrennach, Schnaufer-Maisenbach, Bischer-Conweiler); 5 Metzger (Heß-Wildbad, Pfeiffer-Herrenalb, Seyfried Calmbach, Weymüller- Unterreichenbach, Zeltmann-Loffenau); 4 Schlosser (Bertsch-Loffenau, Döffinger-Neuenbürg, Pfau und Mapp-Wildbad); 3 Schuhmacher (Lendener-Birken­feld, Rentschler-Calmbach, Weik-Unterreichenbach); 2 Gipser (Pfeiffer-Herrenalb und Sckmid-Wildbad); 1 Maler (Weber-Neuenbürg); 1 Schmied (Lächler- Unterreichenbach); 1 Wagner (Mayer-Neuenbürg) und 1 Tapezier (Maier-Höfen). Bestanden sind diesmal alle Geprüften. Im allgemeinen war wiederum ein Fortschritt, besonders in den praktischen Leistungen, wahrzunehmen, mit denen die Fach- kenntnisse jedoch nicht gleichen Schritt halten. Es ist unbedingt zu fordern, daß die Lehrmeister sich mehr als bisher bemühen, ihren Lehrlingen auch alle die zu späterer Ausübung ihres Berufes unerläß­lichen theoretischen Kenntnisse beizubringen und sie zu denkender Erfassung desselben zu erziehen. Den HH. Prüfungsmeistern, die sich mit viel Geschick, Eifer und Hingabe ihrer nicht immer leichten Auf­gabe unterzogen haben, sei auch an dieser Stelle gedankt. Noch möchten wir zu zahlreicher Besichtig-

Jn solchen Dingen kommt es nicht ausschließlich auf den väterlichen Willen an, entgegnete Fräulein von Rabenau.Hängt die Baronesse mit ganzer Seele an dir, so wird sie wohl warten, bis du in der Lage bist, um ihre Hand zu bitten. Nach mensch­lichem Ermessen wirst du einst Besitzer von Helms­bruck. Es dürfte dir nicht unbekannt sein, daß nach den testamentarischen Bestimmungen deiner Groß­mutter Helmsbruck nach meinem Ableben an deinen l Vater und seine Nachkommen fallen muß."

Eben, weil ich das weiß,'entgegnete Harald rasch,denke ich, daß es dir leicht sein muß, uns schon jetzt mit einem Teil des Vermögens, auf das wir einmal Anspruch haben, in unserer bedrängten Lage beizustehen."

Das ist ein Verlangen, dem ich niemals Nach­kommen werde," sagte Fräulein von Rabenau kurz und bestimmt.

Aus Haß gegen meine Eltern?" fragte Harald.

Nein! Ich bin von Haß und Liebe gleichweit entfernt. Es gab Zeiten, wo ich noch eine für alle ; Eindrücke empfängliche Seele besaß. Sie sind längst ^ vorüber. Heute machen weder Drohungen noch ! Schmeicheleien auf mich Eindruck. Sage deinem ! Vater, daß ich mich bemühen will, seine wenig ^ brüderliche Handlungsweise zu vergessen. Ich be- ! trachte deine Sendung als beendet." i Aber Harald wollte sich nicht so schnell abfertigen lassen. Es schien ihm, als ob seine Tante zwar eine verbitterte, aber im Grunde ihres Herzens doch versöhnliche Natur sei. die Gefühlsregungen nicht unzugänglich war. Und so sagte er mit besonders herzlicher Betonung:

Ich kam zu dir als zu unserer letzten Hoffnung und wir würden dich stets als unsere Retterin und Wohltäterin verehren, wenn du unseren Wünschen Gehör schenktest. Vielleicht war es nur der Mangel

ung der am kommenden Sonntag und Montag im Zeichensaal des hiesigen Schulhauses ausgestellten Prüfungsarbeiten, der sogen.Gesellenstücke", freund- lichst einladen.

Nagold, 30. März. Die 23 Zöglinge des ältesten Kurses des Seminars haben in den letzten Tagen unter Leitung des Regierungsrats Dr. Reinöhl die mündliche erste Dienstprüfung mit Erfolg ab­gelegt. Bei dem derzeitigen Lehrermangel werden sie sofort Verwendung finden.

Alten steig, 30 März. Auf 1. April geht die hiesige Filiale des Bruderhauses Reutlingen in den Besitz der Stadt über. Die meisten Zöglinge kommen in die Papierfabrik Dettingen bei Urach, die andern nach Göttelfingen OA. Freudenstadt.

Pforzheim, 29. März. Die Polizei verhaftete den 38 Jahre alten Maurer G. Fr. Zoller aus Enzberg, hier wohnhaft, der seine vier noch schul­pflichtigen Kinder zu Diebstählen angehalten hatte. Die gestohlenen Sachen mußten die Kinder ihm nach Hause bringen. Bei einer in der Wohnung des Zoller vorgenommenen Haussuchung fand die Polizei u. a. 4000 Bogen Schreibpapier, 2 Kistchen Schuh­nägel, 2 Gewehre, mehrere Schuhe und Pantoffeln, 12 Pakete Seifenpulver, eine Anzahl Pakete mit Tabak, Bleistifte und Pinseln.

Pforzheim, 30. März. Hier wurden die In­haber der Möbelhandlung Schwersenz Nachfolger, namens Emil Schäfer und Jakob Müller, wegen Verdachts des betrügerischen Bankerotts verhaftet. Sie sollen Vermögensstücke beiseite geschafft haben. Im benachbarten Huchenfeld wurde gestern früh der 73jährige Holzarbeiter Georg Feil beim Absägen einer Tanne von dem stürzenden Baum auf den Kopf getroffen und totgeschlagen.

Pforzheim, 30. März. In unserer Gegend wird riesig gewildert. Gestern hat man mit Hilfe des Polizeihundes Hassan einen solchen Wilderer ermittelt, den 18jährigen Goldschmied Karl Kopp in Niefern. Er hatte bei dem fürchterlichen Schnee­treiben am Sonntag im Wald ein Reh geschossen und mit Hilfe seiner Mutter das Fleisch vorerst im Acker vergraben und die Haut unter dem Dunghaufen versteckt. Holzarbeiter sahen im Walde blutige Spuren und die Forstwarte bezw. Gendarmen bestellten den Polizeihund, der die Spur bis ins Haus des Kopp verfolgte und die mit Rehhaaren bedeckte Hose Kopps verbellte, auch das Fleisch und Fell ausscharrte. Derselbe Hund hat übrigens auch einen 18jährigen Müllersburschen in Gondelsheim entlarvt, der aus Rache dem Bürgermeister Unkraut auf seinen Acker säte. Der Hund nahm die Spur auf dem Acker auf und lief bis in die Mühle, wo er den Burschen verbellte, der gestand.

an Liebe, der dich so verbittert hat. Wir wollen nach Kräften versuchen, dich wieder mit dem Schick­sal auszusöhnen. Du beriefst mich doch in einer bestimmten Absicht hierher. Es kann unmöglich nur deshalb geschehen sein, um mich zu verhöhnen."

Fräulein von Rabenau sah Harald lange und forschend an. so daß er bereits neue Hoffnung zu schöpfen begann.

Ich wich von der Gewohnheit, niemand Zutritt zu mir zu gewähren, nur deshalb ab," sagte sie, jedes ihrer Worte scharf betonend,weil die Be­ziehungen zwischen mir und meinen Verwandten end­lich klargestellt werden müssen. Als deine Groß­mutter mich zur Universalerbin einsetzte, wollte sie ein altes Unrecht gutmachen. Es war zu spät. Mit ihrem ganzen Reichtum ließ sich das, was ich in frühester Jugend entbehren mußte, nicht wieder zu­rückkaufen. Gealtert, sowohl äußerlich als innerlich, wußte ich mit dem Goldregen, der sich plötzlich über mich ergoß, nichts mehr anzufangen. Der Sterben­den letzter Wille verpflichtete mich zur Annahme ihres Vermächtnisses. Ich gelobte mir, mich genau an den Wortlaut des Testaments zu halten und eine treue Vollstreckerin ihres letzten Willens zu sein. Dieses Gelöbnis erfülle ich und weiche nicht um Haaresbreite davon ab. Von dem großen Vermögen verbrauche ich für meine Person nichts. Ein tüch­tiger Landwirt vermag vielleicht mehr aus dem Gut herauszuwirtschaften als ich. Wäre dieser Landwirt aber dein Vater, so würden die Einnahmen trotzdem l die Ausgaben kaum die Hälfte decken. Ich halte mir keine Dienerschaft und verbrauche nicht mehr, als ich durch meiner Hände Arbeit verdiene. WaS ihr später mit eurem Reichtum beginnt, ist nicht meine Sache, aber so lange ich lebe, erhaltet ihr keinen Heller. Das mußte ich dir sagen; und nun wünsche ich dir glückliche Reise.

(Fortsetzung folgt.)