dieselben aber keine Strafanträge stellten. In der Nacht vom 22.-23. Juli d. Js. brach in Hoheneck gegen Mitternacht in dem zusammengebauten Wohnhaus mit Scheune des Taglöhncrs Christian Kuhnle Feuer aus und zwar in der Scheune, wodurch sie vollständig zerstört wurden. Morgens zwischen 2 und 3 Uhr entstand in der Scheune der Witwe Ade, welche mit dem bewohnten Schulhaus ein gemeinsames Dach hat, und neben dem gleichfalls bewohnten Rathaus liegt, aufs neue Feuer und zwar unter dem Garbenloch, wo eine Partie Stroh brannte und auch Vorräte in dem oberen Stockwerk zu brennen angefangen hatten. Das Feuer wurde aber noch rechtzeitig unterdrückt. Dieser Brandstiftungen war der Angeklagte beschuldigt, der sie aber leugnete. Die Zeugenvernehmung wird morgen fortgesetzt. Die Verhandlung geht erst am Montag zu Ende, da morgen nachmittag in Hoheneck ein Augenschein vorgenommen wird.
Eßlingen, 23. Okt. Gestern wurde dem Amtsgericht dahier der Metzger Christof Kaiser und seine Ehefrau aus Wendlingen eingeliefert, die im Verdacht der Brandstiftung bei dem gestern früh in ihrer Scheuer ausgebrochenen Brande stehen. Das Feuer wurde so zeitig entdeckt, daß es von der Feuerwehr gelöscht werden konnte, ohne größeren Schaden angerichtet zu haben. Die Scheuer, in welcher der Brand ausgebrochen ist, sollte am 1. November abgebrochen werden.
Alpirsbach, 23. Okt. Das Opfer eines Mordes scheint der etwa 70 Jahre alte Traubenwirt von Loßburg geworden zu sein. Ein Mädchen bemerkte gestern Morgen auf dem Weg zur Schule dessen Leichnam bei der sog. Farbmühle hier in der Kinzig liegend. Nach dem Ergebnis der vorgenommenen Sektion der Leiche ist ein Unglücksfall sehr unwahrscheinlich. Schwere Schlag- und Schnittwunden am Kopf deuten vielmehr auf einen Mord hin. Der alte Mann war vorgestern nachmittag hier, um 200 zur Führung eines Prozesses zu holen. Er scheint auf dem Heimweg in der Nacht ermordet und in die Kinzig geworfen worden zu sein.
Bietigheim, 22. Okt. Bei dem siebenten Knaben des Eisenbahnhilfswärters Gottlieb Rommel hat der König Patenstelle übernommen und das übliche Geschenk überreichen lassen.
Neckarsulm, 23. Okt. Im Salzwerk Heilbronn verunglückte gestern nachmittag der verheiratete 56 Jahre alte Bergmann Bauer von hier dadurch, daß er bei den Sprengungsarbeiten nach einer Zündladung, die ausnahmsweise lange auf sich warten ließ, sehen wollte. Plötzlich entlud sich der Schuß und brachte ihm schwere Verletzungen am Leibe bei.
Neresheim, 21. Okt. Gestern feierte in Kösingen der frühere Landpostbote Franz Beyrle mit seiner Ehefrau die goldene Hochzeit unter An
teilnahme der ganzen Gemeinde. Zahlreiche Geschenke ehrten die alten Leute, an erster Stelle ein Geldgeschenk des Königs. Beyrle war 31 Jahre lang Landpostbote für 3 Gemeinden, mit deren postalischer Bedienung jetzt 2 Angestellte beschäftigt sind; er legte in dieser Zeit täglich eine Wegstrecke von über 30 Kilometer zu Fuß zurück. Beide Eheleute stehen im 80. Lebensjahr !und sind körperlich und geistig noch vollständig rüstig.
Ulm, 22. Okt. Das preußische Kriegsministerium hat das K. Gouvernement hier aufgefordert, mit der Stadt Ulm eine Vereinbarung zu treffen betreffs Zahlung der ersten Rate für das in städtischen Besitz übergegangene Festungsgelände. Das K. Gouvernement und die Stadtverwaltung sind übereingekommen, hiefür den 15. März 1904 anzusetzen. Wenn, wie der Stadtvorstand hofft, die letzten 5 Raten vom Reiche nachgelassen werden, muß die Stadt Ulm bis zum Jahre 1919 jährlich 194 000 bezahlen.
Schloß Friedrichshafen, 22. Oktober. Se. Maj. der König begab sich heute morgen mit Ihren König!. Hoheiten den Herzogen Albrecht, Robert und Ulrich und Seiner Durchlaucht dem Herzog von Teck mit der Bahn nach Hoßkirch. Die Jagd fand in den benachbarten hofkammerlichen Waldungen, das Frühstück bei Ringgenburg statt. Nach Schluß der Jagd fand sich das gesamte Knabeninstitut Wilhelmsdorf unter Führung seines Vorstands Ziegler ein und begrüßte den König mit Musik und Gesang. Der König unterhielt sich längere Zeit mit denselben und nahm sodann den Vorbeimarsch der Schüler entgegen. In Königseggwald hatte der Kriegerverein Aufstellung genommen. Seine Majestät ließen halten, nahmen die Meldung des Vorstands entgegen und begrüßten den Verein beim Abschreiten der Front. In Aulendorf verabschiedeten sich die Herzoge Albrecht, Robert und Ulrich und die Mehrzahl der übrigen Jagdgäste, während Seine Majestät mit dem Herzog von Teck und Gefolge hieher zurückkehrten, wo die Ankunft gegen 6 Uhr erfolgte.
Köln a. Rh., 23. Okt. Bei einem Brande in Ehrenfelde sind wie die „Köln. Volksztg." berichtet, zwei Kinder und eine Frau in den Flammen umgekommen. Ein weiteres Kind wird noch vermißt.
Berlin, 23.Okt. Anläßlich des Geburtsfestes der Kaiserin fand gestern im Neuen Palais ein Hofkonzert statt, bei welchem auch der 10jährige Violin-Virtuose Franz v. Vecsey mitwirkte. Das Kaiserpaar zeichnete den kleinen Künstler wiederholt durch lebhaften Beifall aus und unterhielt sich nach dem Konzert längere Zeit mit ihm. Der Kaiser bemerkte, er hätte etwas so Wunderbares noch nicht gehört. Die Kaiserin befragte ihn über seinen Studiengang und ob ihm das Spiel keine
Mühe mache. Nach Schluß des Konzertes waren die mitwirkenden Künstler Gäste des Kaiserpaares.
Berlin, 23. Oktober. Der elektrische Siemens-Wagen fuhr heute bei den fortgesetzten Probefahrten stellenweise mit der Geschwindigkeit von 207 km pro Stunde.
Berlin, 23. Okt. Der Präsident des Reichs-Militärgerichts General Freiherr von Gemmin g e n ist heute früh in seiner hiesigen Wohnung gestorben.
Braunschweig, 23. Okt. Eine gestern Abend hier abgehaltene Bürgervcrsammlung faßte den Beschluß, eine Schutzvereinigung gegen die Warenhäuser zu gründen.
Halle a. d. S., 23. Okt. Vor der hiesigen Strafkammer kam heute der schon einmal wegen der vom Angeklagten gestellten Wahrheitsbeweisanträge vertagte Prozeß gegen den Reichstagsabgeordneten Redakteur Kunert wegen Beleidigung der deutschen Chinakrieger nochmals zur Verhandlung. Der Gerichtshof beschloß, wie die Saalezeitung meldet, die Angelegenheit wiederum zu vertagen, um Beweis zu erheben wegen der vom Angeklagten gestellten Anträge und um die Akten vom Kriegsminister einzufordern über die Fälle die zur Bestrafung von Soldaten wegen Ausschreitungen in China geführt haben. In der ersten Verhandlung hatte der Staatsanwalt gegen Kunert drei Monate Gefängnis beantragt.
London, 23. Okt. Der Expreßzug Leeds-Manchester entgleiste in einem Tunnel infolge Zusammenstoßes mit einem anderen Zuge. Die Wagen des Expreßzuges wurden an der Tunnelmauer zertrümmert. Man glaubt, daß es sich um eine ungeheure Katastrophe handelt. Einzelheiten fehlen noch.
— Ein Wiener Blatt veröffentlicht die Namensliste derjenigen serbischen Offiziere, die sich für den Königsmord angeblich bezahlen ließen. Nach dieser Liste erhielt Oberstleutnant Naumowitsch 45 000 Fr., Oberst Maschin (der spätere Minister der öffentl. Arbeiten) 30000, der frühere Kriegsminister Zolarew 24000, Hauptmann Rostitsch 24000, Hauptmann Ziviwitsch 12000 Fr. Andere Offiziere wurden mit 2000 bis 5000 Fr. abgefertigt. Außerdem erhielt Avakumowitsch, der dann Ministerpräsident wurde, 50000 Fr. Die Gesamtsumme der verteilten Gelder beträgt 300000 Fr.
Deutsche Art als Vorbild für die Japaner. Die in Jokohama erscheinende und frisch aufstrebende „Deutsche Japanpost" gibt einen Leitartikel des japanischen „Jimmin" wieder, in welchem dieses Blatt auffordert, sich in allem Deutschland zum Muster zu nehmen. In Japan führe man vom Regierungsbeamten bis zum Schul-
„Von ihr?!"
„Von Margarethe?"
„Ja — sie bittet mich, um elf Uhr, wenn alles im Schlöffe still geworden ist, in den Speisesaal zu kommen, sie müsse mit mir sprechen. Unterzeichnet Margot Martin. Siehst du, daß sie selbst fühlt, wie nötig eine Aussprache ist? Wie weit ist die Uhr? Zehn und ein halb! Noch eine halbe Stunde Zeit!"
„Ein seltsames Abenteuer, Onkel," meinte Konrad lächelnd. „Ein Rendezvous in der Nacht."
„Scherze nicht, mein Junge. Dieses Mädchen sah so tief unglücklich aus, daß ein sehr gewichtiger Grund vorliegen muß, daß sie ihre Familie, ihre Heimat verleugnet."
„Du wirst gehen?"
„Natürlich werde ich gehen. Sie wendet sich in ihrer Not an mich; es wäre herzlos, wollte ich ihrem Ruf nicht Folge leisten."
„Onkel," sagte Konrad zögernd, „mir ist ein Verdacht aufgestiegen."
„Ein Verdacht?"
„Ja. Hast du nicht das Erschrecken Margarethens gesehen, als der Kapitän zu ihr trat. Der Kapitän sprach auch leise zu ihr und sie hörte ihm zu, mit gesenktem Haupt, während eine heiße Glut in ihre Wangen stieg.
„Du glaubst, daß sie und der Kapitän ein Liebesverhältnis haben?"
„Ja Onkel!"
„Das wäre allervings ein Schlüffe! zu ihrem rätselhaften Wesen. Nun, wir werden ja sehen. Jedenfalls werde ich ihrer Bitte folgen."
Er nahm den einen Armleuchter vom Tisch und wollte sich entfernen.
„Soll ich dich begleiten, Onkel?"
„Nein, erwarte mich hier,"
„Wie du wünschest, Onkel."
Der General horchte eine Weile an der Tür. Ihre Schlafzimmer befanden sich in einem Seitenflügel des Schlosses, der durch eine schmale Treppe mit dem Hauptkorridor verbunden war. Dieser führte direkt zu dem altertümlichen Speisesaal im Erdgeschoß, der somit von dem Zimmer des Generals leicht und unbemerkt zu erreichen war.
Die Wohnräume der Familie befanden sich im ersten Stockwerk des Hauptgebäudes; der Kapitän, der Forstmeister und die übrigen Gäste schliefen in dem entgegengesetzten Flügel; die Dienerschaft mit wenigen Ausnahmen in den Nebengebäuden oder im Kellergeschoß.
Das Schloß lag in tiefster Ruhe da. Der General schloß die Türe seines Zimmers leise und stieg die schmale Treppe zu dem Hauptkorridor hinab. Aus der Ferne schimmerte ihm ein Lichtstrahl entgegen; er kam aus der nur halb geschloffenen Türe des alten Speisesaales.
XU.
Als der General den nur durch die Kerzen eines Armleuchters und das noch schwach brennende Feuer im Kamin in spärliches rötliches Licht getauchten Speisesaal betrat, erhob sich eine dunkle, schlanke Gestalt aus dem hohen Lehnstuhl vor dem Kamin.
Es war Margarethe. Einen Augenblick sahen der General und Margarethe sich in stummer Frage an. Dann stellte Herr von Brunken den Leuchter auf den nächsten Tisch und streckte dem jungen Mädchen beide Hände entgegen.
„Margarethe," sagte er mild und doch ernst, „Sie wollten mich sprechen — hier bin ich, zu jeder Hilfe bereit."
Margarethe eilte auf ihn zu, ergriff seine Hände, küßte sie und wollte vor ihm auf die Knie sinken. Aber der General zog sie empor an seine Brust und küßte ihren blonden Scheitel.
(Fortsetzung folgt.)