Rommelshausen, 30. Jan. Auf der Straße von Waiblingen hierher ließ Großbuchbindereibesitzer Koch in Stuttgart durch seinen Chauffeur ein neu­gekauftes Automobil probieren. Beim Schüttel­graben versagte die Bremse und in sausendem Galopp gings die ca. 18 Meter hohe Böschung hinab in den Schüttelgraben. Der Chauffeur und ein weiterer Insasse wurden herausgeschleudert, wobei jener ver­letzt wurde. Der zweite Insasse kam mit dem Schrecken davon. Das zertrümmerte Auto wurde nach Stuttgart befördert.

(Laudesprodukt« nbörse Stuttgart). Bericht vom 30. Januar. Die heutige Börse verkehrt in ruhiger, ab­wartender Haltung und kommen nur einige kleinere Ab­schlüsse zustande. Der diesjährige Frühjahrssaatsruchtmarkt findet am Montag den 13. Februar d. I., von vormittags 10 Uhr ab im Lokal der Landesproduktenbörse (Stadt- garten) in Stutigart statt. Muster sind bis spätestens Sams­tag den 1l. Februar vormittags an das Sekretariat der Börse einzusenden. Mehlpreiseper 100 Kilogr. inkl. Sack Mehl Nr. 0: 33. bis 34. Nr. 1: 82. - bis 33 Nr. 2: 31. -4L bis 32 Nr. 3: 2S.S0 -4L bis 80.50 -4L, Nr. 4: 26. bis 27. Kleie 8.75 bis S.25 -L (ohne Sack netto Kasse).

vermischtes.

Neuenbürg. (Die Landesfarben.) Das Schwarzweißrot der deutschen Reichsfahne und das Schwarzrot der württembergischen Landesfahne kommen unter den Fahnenfarben der verschiedenen Länder nicht wieder vor. Dagegen teilen sich in das Blauweiß Bayern, Portugal, Schwarzburg- Sonderhausen. Weißblau haben Griechenland und Schwarzburg-Rudolstadt. Grünweiß sind die Farben von Sachsen-Coburg und Sachsen-Meiningen, weiß­grün von Königreich Sachsen und Sachsen-Altenburg. Rotweiß zeigt die Fahne von Aegypten, Bremen, Hessen, Monako und der Schweiz. Rotweißblau gebührt Nordamerika, Niederlande, Luxemburg und Norwegen. Blaugelbrot zeigen die beiden Mecklen­burg und Rumänien. Weißrot ist die Farbe von Hamburg und Lübeck. Die Landesfarbe von Ita­lien ist grünweißrot. China hat gelb, Brasilien grüngelb, Lippe gelbrot, Oesterreich schwarzgelb, Spanien rotgelb als Hoheitssarbe. Die Farbe von Baden ist gelbrotgelb, von Belgien schwarzgelbrot, Großbritannien rotgelbblau, Marokko grüngelbblau, Persien grüngelbweiß, Sachsen-Weimar schwarzgelb­grün, Türkei grüngelbrot, der beiden Reuß schwarz­rotgelb. Bulgarien schwört auf Weißgrünrot, der Däne auf Rotweißrot, der Franzose auf Blauweißrot, der Montenegriner auf Rotblauweiß, der Russe auf Weißblaurot, der Schaumburg-Lippesche Untertan auf Weißrotblau, der Serbe auf Rothlauweiß und der Waldecker auf Schwarzrotgelb. Japan hat violettweiße. Lichtenstein rotblaue, Oldenburg blau­rote, Schweden blaugelbe und Preußen schwarzweiße Fahnen. Die päpstliche Hausfarbe ist gelbweiß.

Was das Prozessieren kostet, beweist folgender Fall. Ein Mann wurde wegen einer ge­lieferten, auf 151 Mk. berechneten Pumpe verklagt. Im Termin wandte er ein, die Pumpe sei nur 70 Mk. wert, worauf Experten ernannt wurden, welche die Pumpe dem Werte von 151 Mk. ent­sprechend fanden. Das abgegebene Gutachten kostete 89 Mk. Das Urteil legt dem Angeklagten nicht allein die eingeklagte Summe, die Kosten für die Expertise, sondern noch neben den Gerichts- auch die beiden Anwaltskosten zur Last, so daß den Beklagten jetzt die Pumpe auf 400 Mk. zu stehen kam.

Eine Liebesprobe. Ein junger Ehemann, der von einer Reise zurückkehrte, wollte seine Frau prüfen, wie weit ihre Aufopferung für ihn wohl ginge. Er stellte sich sehr verstimmt und sagte end­lich auf ihr vieles inständiges Bitten, ihm sei durch den Todesengel sein Ende prophezeit und die nächste Nacht, als der Zeitpunkt bezeichnet worden, in welchem er ihn abholen würde. Morgen müsse er also die Welt verlassen, wenn nicht ein anderes Wesen für ihn einstehen würde, was der Todesengel als einzige Bedingung zu seiner Erhaltung gemacht habe. Die Frau, mochte sie nun an die Wahrheit der Geschichte glauben oder die Sache für eine Grille ihres Mannes Hallen, umarmte diesen zärtlich und bot sich als Stellvertreterin an. Nach einem schein­baren Widerstande nahm der Mann endlich das Anerbieten an und die beiden Ehegatten, deren Schlafzimmer aneinanderstießen, wechselten für diese Nacht die Betten. Um die Geisterstunde ging auch wirklich die Tür auf und es näherte sich etwas lang­sam mit kurzen, pickenden Tönen dem Bette. An­fangs war die junge Frau ziemlich standhaft ge­blieben, dann aber erwachte die Liebe zum Leben in ihr und sie sprach leise:In der anderen Kam­mer liegt er." Als der Ton jedoch immer näher kam, wiederholte die Frau die Worte immer ver­

nehmbarer und zuletzt schrie sie so laut, daß ihr Mann lachend aus dem Nebenzimmer herbeikam und sie zu ihrer Beschämung erkennen mußte, daß der Geist nichts anderes als der Haushahn war, der einem zu ihrem Bette führenden Streifen Hafer pickend gefolgt war.

Vom Storchflug. Nach einer Mitteilung der Vogelwarte Rossiten wurde kürzlich in Natal ein Storch erlegt, der am 6. Juli 1909 von der Warte mit einem Ringe gezeichnet worden war. Der etwa 67 Monate alte Storch hatte also eine Strecke von rund 9500 Kilometer zurückgelegt. Wie schnell übrigens Vögel fliegen, lehrt ein Versuch, den man vor einiger Zeit mit einer Schwalbe und Brief­tauben in Compiegne machte. Die Schwalbe, deren Nest in Antwerpen stand, flog mit blitzartiger Schnelligkeit, ohne sich wie die gleichzeitig aufge­lassenen Brieftauben erst unter unsicherem Hin- und Herfliegen zu orientieren, sofort in der zum Ziele führenden Richtung davon und erreichte nach einer Stunde und acht Minuten ihr 355 Kilometer ent­ferntes Nest, während die Tauben erst drei Stunden später am Ziel anlangten. Es ergibt sich daraus für die Tauben eine Geschwindigkeit von 15 Meter, für die Schwalbe eine solche von 58 Meter in der Sekunde. Bei derartiger Geschwindigkeit würden die Schwalben zur Zurücklegung ihres jährlichen Zuges von Afrika bis in unsere Gegend nicht länger als einen halben Tag gebrauchen, was übrigens auch mit den Erfahrungen der Beobachter der Zugvögel im Einklang steht.

Kampf zwischen Gänsen und einem Adler. Auf dem White River in Arkansas schwamm eine Schar Gänse ruhig im Flusse, als plötzlich ein Adler auf sie herabstieß. In demselben Augenblicke tauch­ten jedoch sämtliche Gänse unter und der Adler mußte ohne Beute abziehen. Mach mehrfach wieder­holten Angriffen gelang es diesem endlich, eine Gans zu erfassen. Ec wollte sich mit seiner Beute davon­machen, allein sofort drängten sich alle Gänse um das zappelnde Opfer, packten das Gefieder des Ad­lers mit ihren Schnäbeln und hielten ihn trotz dessen Schnabelhieben fest, so daß er sich nicht erheben konnte. Schließlich zog der Adler nach einem hart näckigen Kampf, der gegen 30 Minuten lang in er­bitterter Weise geführt wurde, ohne Beute von dannen. Der Fluß war ringsum blutig gefärbt; unzählige Federn, die in der Hitze des Gefechtes verloren gingen, bedeckten den Wasserspiegel; keine der Gänse war jedoch lebensgefährlich verletzt.

Lichtmeß!

Der morgige 2. Februar führt im Volksmunde den Namen Lichtmeß. Eine alte Bauernregel sagt: Lichtmessen ist der Winter halb gemessen. Mit diesem Tage ist der Berg des Winters erstiegen. Im Herzen des Landmanns regt sich die Hoffnung auf den kommenden Frühling und die Freude auf das alsdann wieder beginnende Ackerwerk. Was aber bedeutet die verheißungsvoll klingende Bezeich­nung Lichtmeß? Die meisten bringen dieselbe mit der besonders um diese Zeit bemerkbaren, beträcht­lichen Zunahme des Lichtes, d. h. der Tage, in Zu­sammenhang und meinen, dieselbe sei eben nun so auffällig und bedeutend, daß man sie, nach Stunden natürlich, messen, d. h. bemessen und berechnen könne. Indes, diese Deutung, so einleuchtend sie vielleicht zuerst erscheint, ist unzutreffend. Der Name Licht­meß ist vielmehr kirchlichen Ursprungs. An diesem Tage nämlich werden in der katholischen Kirche während des Gottesdienstes (Messe) die zum kirch­lichen Gebrauch bestimmten Kerzen durch Bespreng- ung mit Weihwasser geweiht, woher die Feier und der ganze Tag den Namen Lichter-Messe erhielt, woraus Lichtmeß wurde. An diese Lichter-Messe schloß sich in alter Zeit in der Kirche eine große Prozession mit Lichtern und Fackeln. Im Oberelsaß werden an diesem Tage geweihte Kerzen den Kranken auf den Nachttisch gesetzt, die dadurch ruhigen Schlaf und Genesung erlangen sollen. Ein anderer Brauch ist im Badischen üblich. Man versengt dort jedem Hausgenossen am Lichtmeßtage ein wenig von seinem Haar; das schützt gegen Krankheit. Derjenige aber, bei dem das Haar nicht Feuer fangen will, muß in demselben Jahre sterben. Aehnliche Gebräuche werden aus sehr vielen Gegenden berichtet, beson­ders auch aus Bayern. Wohl kaum gibt es einen Tag im ganzen Jahreslaufe, der nach dem Volks­glauben von so einschneidender Bedeutung für das Nalurleben wäre wie gerade der 2. Februar. Da Lichtmeß etwa in die Mitte zwischen Winters- und Frühlingsanfang fällt, so gilt dieser Tag als Grenz­scheide zwischen der Winterbeschäftigung, dem Spinnen usw., und den eisten Frühlingsarbeiten in Garten und Feld, mit Hacke und Schippe. Ver­

schiedene Bauernregeln knüpfen an Lichtmeß an. An diesem Tage darf nicht schönes Wetter sein, sonst gibt's ein ungünstiges Jahr. Aus der Zeit, da es auch in Deutschland noch Wölfe gab, stammt die Wetterregel: Zu Lichtmeß sieht der Bauer lieber den Wolf im Schafstalle, denn die Sonne. Denselben Sinn, nämlich, daß am Lichtmeßtage nicht schönes Wetter sein darf, hat eine englische und auch friesische Sitte, an diesem Tage ein Bund Stroh zu einer weiblichen Figur zusammenzubinden und ins Freie zu stellen. Wird sie naß, so gibt's ein gutes Jahr, bleibt sie dagegen trocken, so gibt es viele taube Aehren.

RStselfrage.

Auf der Visitenkarte der KünstlerinHulda Nibier" stand außer diesem Namen noch ein Wort, das den speziellen Beruf der Dame angab. Dies Wort enthielt dieselben elf Buchstaben wie der Name selbst.

Welches Wort ist gemeint?

Auflösung des Zahlen Rätsels in Nr. 14. Limburg. Gummi, Rum, Uri, Ilm, Ulm, Burg.

Murg.

Richtig gelöst von Mine Eberle, Lina Assenheimer, Luise Döffinger und Klara Mayer in Neuenbürg; Lydia Wild und Otto Wild, WilhelmShöhe; Karl Bachteler in Arnbach.

Kriegschronik von 187071.

31. Januar/1. Februar.

Beginn des 21tägigen Waffenstillstandes unter Ausschluß des Departements. Cote 'd Or, Doubs, Jura und der Festung Beifort. Ueberfall von La Plauee, Gefecht bei Vaux, Genlis, Beschießung, feindlicher Vorposten vor Dijon.

179. Depesche vom Kriegsschauplatz. Ver­

sailles. General v. Manteuffel meldet: Die Tro­phäen im Gefechte der 14. Division bei Choffois und Sombacourt am 29. bestehen in 10 Geschützen und 7 Mitrailleusen; 3 Generale, 46 Offiziere und etwa 4000 Mann wurden gefangen. Am 30. nahm die 7. Brigade mit ganz geringem Verluste Frasne, machte etwa 2000 Gefangene und erbeutete 3 Adler. Beim weiteren Vormarsch nach Pontarlier fand man die Straße mit Waffen bedeckt. Der dortigen fran» j zösischen Armee ist jeder Ausweg auf französischem j Gebiet versperrt. v. Podbielski. l

Versailles. Der Kaiser und der Kronprinz besichtigen heute die Stadt und Schloß St. Cloud, !

den Sommersitz des gefangenen Kaisers Napoleon, ^

den die Franzosen in Brand geschossen hatten. Der l

Kronprinz und einige deutsche Fürsten besuchten heute !

auch auf dem Mont Valerien das französische Riesen­geschützLa Valerie". Mit besonderem Interesse betrachteten sie diese Kanone und die enormen Vor­räte an Granaten, die dort noch vorrätig gehalten waren. Andererseits bewunderten die französischen Artilleristen die deutschen Belagerungsgeschütze und erklärten, daß die Bedienungsmannschaften in den !

Pariser Forts meistens sehr bald nach den ersten ;

Schüssen der Preußen ihre Geschütze verlassen mußten, da diese ungemein präzise ihr Ziel getroffen hätten.

Schloß Mendon ist gestern ein Raub der Flam­men geworden. Die Entstehungsursache ist unbekannt.

178. Depesche vom Kriegsschauplatz. Der Kaiserin Königin in Berlin. Die Bourbakische ! Armee ist gegen 80 000 Mann stark bei Pontarlier per Konvention in die neutrale Schweiz übergetreten. Das ist also die vierte französische Armee, die zum Weiterkampf unfähig gemacht ist. Wilhelm.

180. Depesche vom Kriegsschauplatz. Pou- tarlier. Die französische Armee wurde am 30.,

31. und 1. in mitunter hartnäckigen Artilleriegarden- Gefechten, besonders bei La Clouse, zwischen Pon­tarlier und der Grenze, vollständig ins Grenzgebiet zurückgedrängt. Es fielen in die Hände der Süd­armee: 2 Adler, 19 Geschütze und Mitrailleusen,

2 Generale, gegen 15 000 Gefangene, viele hundert Proviantwagen und zahlreiches Material an Waffen. Eigener Verlust etwa 600 Mann tot und verwundet. General Hann v. Weyhern hat gestern nach leichten Gefechten Dijon genommen.

Graf Wartensleben.

Wien. DerFigaro" bringt eine geschmacklose KarikaturGeneralprobe in Versailles zum Sieges­einzug in Berlin". Kaiser Wilhelm im Krönungs­ornat eine kanonenstarrende Krone auf dem Kopfe, die neunschwänzige Katze in der Hand, übt eine Pose. Bismarck trägt einen Soufleurkasten und spricht aus diesem dem Könige vor, im Gefolge die gekrönten und geschmückten deutschen Fürsten, allen, karrikiert.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me« h in Neuenbürg.