Stuttgart, 30. Nov. Zu den Meldungen über ein Ueberangebot an Schweinen in verschie­denen Bezirken des Schwarzwaldes und des Ober­landes nimmt die Süd- und Mitteldeutsche Fleischer­zeitung heute das Wort und fragt, warum denn die Preise nicht angegeben werden, zu welchen die an­geblich vorhandenen fetten Schweine pro Pfund Lebendgewicht zu bekommen sind. Der Absatz der gemästeten Schweine gehe eben als deshalb nicht so rasch von starten, weil die Bauern ihre Preise zu hoch stellten. Wahrscheinlich verlangen sie noch per Pfund Lebendgewicht 50 Pfg., was einem Schlacht­gewichtspreis von 7071 Pfg. pro Pfund entspreche. Das Blatt fragt dann:Sind das dann niedere Preise, die der Metzger anlegen soll?" Zu diesen Bemerkungen des Metzgerorgans darf aber darauf hingewiesen werden, daß in Biberach die Metzger­innung den Preis für Schweinefleisch und auch für Kalbfleisch auf 65 Pfg. herabgesetzt hat und in Stuttgart und anderen großen Städten des Landes kostet das Schweinefleisch immer noch 90 bezw. 85 und das Kalbfleisch 95 bezw. 90 Pfg.

Stuttgart, 30. Nov. Der Württ. Auto­mobilklub harte beim Kartellausschuß des Deutschen Automobilklubs den Antrag eingebracht, der Kaiser­liche Automobilklub möge bei der nächsten Konferenz der anerkannten Automobilklubs den Antrag stellen, daß die Vorschriften für den Fuhrwerksverkehr auf den Landstraßen international geregelt werden. Diesem Antrag des Württ. Automobilklubs wurde vom Kartellausschuß durch die Zusage entsprochen, daß vom Kaiserlichen Automobilklub bei der am 15. Dezember in Paris stattfindenden Konferenz der Association internationale des Automobiles-Klubs reconnus" die Frage der internationalen Regelung des Fuhrwerksverkehrs auf den Landstraßen zur Verhandlung gestellt werden wird.

Stuttgart, 30. Nov. Ein frecher Einbruch wurde heute gegen Mittag in der Ecke Silberburg­und Kornbergstraße gelegenen Wohnung ^des vor einigen Tagen verstorbenen Kanzleirates Büttner verübt. Kaum war die Leiche heute vormittag zwecks Ueberführung in die Heimat Kupferzell aus der Wohnung getragen, als ein gutgskleideter Mann in diese eindrang, um sich an dem Eigentum der Hinter­bliebenen zu vergreifen. Der auf den Vorgang auf­merksam gemachte Besitzer der im Haus befindlichen Bäckerei Schönthaler überraschte den frechen Ein­dringling und hinderte ihn an seinem Fortkommen. Herbeigerufene Fahnder verhafteten den Mann und führten ihn zur Polizeiwache.

Tübingen, 30. Novbr. Dem Privatier und Veteran Kübler, dem der König sein Bild zu seinem 80. Geburtstag eigenhändig überreichte, wurde auch vom Kaiser dessen Bild übersandt. Die Re­gimentsmusik brachte dem Jubilar ein Ständchen.

Freudenstadt, 30. Novbr. Am vergangenen Festtag ist während des Vormittagsgottesdienstes ein Einbruchsdiebstahl bei der Frau Witwe Roth- fuß unter den Arkaden verübt worden, dem, wie die Untersuchung ergab, abends ff-8 Uhr ein zweiter folgte. Es wurden aus der Ladenkasfe 810 gestohlen und allerlei Spielwaren usw. entwendet. Die am Montag eingeleitete Untersuchung ergab als Täter zwei hiesige schulpflichtige Knaben und einen im Frühjahr aus der Schule entlassenen Lehrling. Die Entdeckung wurde durch das System der Finger­abdrücke ermöglicht. Bei dem zweiten Einbruch hatten die Knaben unter den Arkaden eine Scheibe einge­drückt, durch welche sie einstiegen. Diese Scheibe zeigte nun einen deutlichen Fingerabdruck, der sofort darauf schließen ließ, daß Schüler als die Täter in Betracht kommen. Am Dienstag früh wurden in den Schulen mit den Fingerabdrücken Vergleiche an­gestellt, es wurden auch von den gestohlenen Gegen­ständen verschiedene herumgezeigt und bald konnte ein Schüler angeben, gestern hat der und der mir etwas ähnliches gezeigt. Da auch die Fingerabdrücke genau übereinstimmten, waren die ersten beiden Täter rasch überführt und legten ein umfassendes Geständ­nis ab. Nur der dritte Täter leugnete hartnäckig, aber nach der Ueberführung in den Ortsarrest be- quemte er sich endlich auch zum Geständnis. Man gaubt, jetzt auch der Aufklärung der kürzlichen Dieb­stähle auf die Spur gekommen zu sein.

Klosterreichenbach, 25. Nov. Letzten Mitt­woch lfanden sich die Sägmühlebesitzer und Holz- interessenten des Murgtals in großer Anzahl und in Anwesenheit des Landtagsabgeordneten Gaiser zu Beratungen wegen des Ausbaus der württ. Murg- bahn zusammen. Uebereinstimmend wurde betont, wie dringend, notwendig für die im Murgtal so be­deutende Sägmühleindustrie die baldige Weiterführ­ung der Murgbahn sei. Geschehe nichts, so sei eine

große Schädigung, ja die Lahmlegung der Mühlen­werke zu befürchten wie bei der einst so blühenden Glasfabrikation, die wesentlich unter dem Drucke jder ungünstigen Verkehrsverhältnisse aus dem Murgtal verschwunden sei. Auch im Interesse der württ. Forstverwaltung dürfte die Weiterführung der Bahn liegen. Habe doch das Revier Schönmünzach fast den größten Holzreichtum unter allen Forstämtern des Landes, wäbrend die Entfernung der einzelnen Schläge von der Bahn die allerbedeutendste im Lande sei und 1036 Kilometer betrage. Es wurde be­schlossen, durch eine fünfgliedrige Abordnung mit dem Landtagsabgeordneten Gaiser an der Spitze bei der K. Regierung vorstellig zu werden.

Urach, 30. Novbr. Die Firma Haas, Wurst­fabrik, wollte durch ihren Gehilfen einen zum Schlach­ten bestimmten Farren transportieren. Der Farren überwältigte jedoch die Führer und rannte in das gegenüberliegende große Schaufenster des Flaschner- meisters Greiß, das er samt den darin befindlichen Lampen und sonstigen Waren vollständig zertrüm­merte. Zum Glück ist keiner der Führer zu Schaden gekommen.

Schramberg, 30. Nov. Ein recht praktisches Weihnachtsgeschenk erhielt die hiesige katholische Stadtpfarrkirche, nämlich einen Luftschleuder­apparat mit elektrischem Antrieb für die Orgel. Er ist nach dem neuesten System von Walcker- Ludwigsburg hergestellt. Das wohlverschlossene Schaufelrad ist oben auf der Bühne des Seitendaches angebracht, die Luft wird in einem weiten Rohr in das Gebläse direkt Hineingetrieben, der Cinschalter am Orgeltifch kann vom Organisten mühelos gehand- habt werden. Der Apparat funktioniert tadellos. Bei unvorhergesehenen Störungen in der elektrischen Stromzuführung kann das alte Handlriebrad sofort wieder in Tätigkeit treten.

Brackenheim, 30. Nov. Die vor 8 Tagen vom Gemeinderat wieder eingeführte Polizeistunde hat namentlich bei den Wirten, die früher am lau­testen nach ihr verlangt hatten, jetzt bereits starken Widerstand gefunden. Sie zogen ihre seinerzeit ge­äußerten Wünsche zurück, worauf der Gemeinderat mit 5 gegen 3 Stimmen beschloß, die Polizeistunde wieder aufzuheben.

Heilbronn a. N., 1. Dezbr. Ausströmendes Kohlen gas ist den Bewohnern des hiesigen kathol. Stadtpfarrhauses verhängnisvoll geworden. Vom Ofen aus hatte sich das Gas in das Schlafzimmer des Kaplans Gauß wie auch in das Zimmer der Haushälterin verbreitet; beide wurden bewußtlos aufgefunden. Die Wiederbelebungsversuche mittels Sauerstoffapparats waren erfreulicherweise von Er­folg begleitet.

Aus dem Lande liegen verschiedene Nachrichten über Hochwasser vor, das durch die rasche Schnee­schmelze verursacht worden ist. Besonders die Jagst ist rasch gestiegen und bei Crailsheim an verschiedenen Stellen über die Ufer getreten. Die Straßen nach Rindelbach und Rotenbach waren auf weite Strecken überflutet. Kocher und Aal gehen ebenfalls ziem­lich hoch.

Vom Hagenschieß. 30. Novbr. Eine höchst unangenehme Ueberraschung erlebte ein Landwirt in Wimsheim. Als er morgens seinen Stall betrat, lag eine schöne Kuh, im Wert von gegen 600 Mk.. verendet am Boden. Der rasch herbeigerufene Oberamtstierarzt konnte als Todesursache Milzbrand feststellen. Das Tier mußte verkocht werden. Der Staat ist schadenersatzpflichtig.

(LandesproduktenbSrse Stuttgart). Bericht vom 21. November. Die Stimmung des Getreidemarlts wird augenblicklich vollständig von den Ernteberichten Argen­tiniens bestimmt und da in abgelaufener Berichtswoche ernst- liche Klagen gemeldet wurden, hat sich die Tendenz noch weiter befestigt. Erst letzter Tage, nachdem in Argentinien ein wohliuender Regen eingetreten, welcher noch von guter Wirkung auf die Ernte sein soll, hat sich die Marktlage etwas ruhiger gestaltet. Rußland und Rumänien haben ebenfalls ihre Preise beträchtlich erhöht und es wurden wieder größere Posten Weizen von Deutschland, Frankreich und Italien angekauft. Das Angebot in Landware war etwas stärker und wurden die Zufuhren schlank von unfern Mühlen ausgenommen. Mehlpreise per 100 Kilogr. inkl. Sack Mehl Nr. 0: 32.S0 «« bis 33.50^, Nr. 1: 31.50 «« bis 32.50 Nr. 2: 30.50 «1L bis 31.50 Nr. 3 : 29. «kt bis 30.«kt, Nr. 4: 25.50 «« bis 26.50 ^ Kleie 8. bis 8.50 (ohne Sack netto Kasse).

Aus StaSt, Bezirk unS Umgebung.

Neuenbürg. (Enztalbahn.) Vom 1. Dez. ab fällt der Arbeiterzug 954 Birkenfeld ab 6.14, Pforzheim an 6.23 morgens aus. Dagegen hält Zug 956 Birkenfeld ab 6.25 morgens zum Ein­steigen in Birkenfeld an. Der Arbeiterzug 979 Pforzheim ab 5.46, Birkenfeld an 6.08 nachm, wird vom 1. Dezember ab gleichfalls eingestellt.

Anläßlich des in Stuttgart stattfindenden Veteranenappells werden am Sonntag den 4. Dezember 1910 Sonderzüge mit Wagen 2. und 4. Klasse ausgeführt. Für das Enztal kommt in Betracht:

Wildbad ab 5.22 morg.

Pforzheim an 6.07

ab 6.24

Mühlacker an 6.44

ab 6.50

Stuttgart an 8.40

Neuenbürg. Wie wir hören, wird am 4. Dezember aus Anlaß des Vortrags des Schwarz­waldvereins im Saale desAnker" der letzte Zug nach Wildbad 11 Uhr 13 Min. am Stadtbahnhof zum Einsteigen ausnahmsweise halten.

Infolge der am Seminar Nagold abgehal­tenen ersten Dienstprüfung sind u. a. nachstehende Lehramtskandidaten zur Versetzung unständiger Lehr­stellen an Volksschulen für befähigt erklärt worden: Johannes Bühler aus Rohrdorf; Rich. Dirigier aus Gechingen; Friedrich Dürr aus Mindersbach, OA. Nagold; Gottlob Holzäpfel von da; Herm. Kläger aus Nagold; Eugen Memminger aus Wildberg; Paul Möß aus Schömberg, OA. Neuen­bürg; Otto Süßer aus Althengstett; Johannes Veyl aus Deckenpfronn.

Wildbad, 28. Nov. Die Stadtverwaltung läßt den Bestrebungen des Wintersportvereins jede erdenkliche Förderung zuteil werden. So wer­den auf Kosten der Stadtgemeinde 1000 Exemplare eines, Wildbad als Wintersportplatz darstellenden Künstlerplakats hergestellt, ferner wird der Bau eines Sprunghügels, dessen Lage mit Vertretern des Schi­klub Schwarzwald in Pforzheim ausgewählt wurde, ausgeführt; endlich ist für das nächste Jahr die Herrichtung einer 23 Morgen Fläche auf den Höhen des Sommerbergs zu einem Uebungsfeld für Schiläufer in Aussicht genommen. Der letzte Sonntag brachte die Eröffnung der Rodelbahn. Der Verkehr auf den Sommerberghöhen war ein ganz enormer. Abgesehen von zahlreichen Rodlern tum­melten sich gegen 500 Schneeschuhläufer auf den Uebungsfeldern bei der Grünhütte und dem Kalten- bronnen.

/X Herrenalb, 30. Nov. Im Gasthaus zur Linde" in Gaistal hielt Handelsgärtner Ehinger von Herrenalb einen Vortrag über Obstbaum­zucht und gab dankenswerte Aufklärungen über die Entwicklung der Keim- und Fruchttriebe, Pflanzung, Düngung und Pflege der Obstbäume, die Art der Nahrungsaufnahme, Anpassung an Gelände und Klima, Auswahl geeigneter Sorten und Veredelung. Die klaren, sachkundigen Ausführungen des Redners gründeten sich in der Hauptsache auf eigene lang­jährige Erfahrungen in der Praxis und waren des­halb um so wirkungsvoller und überzeugender. Nur die ungünstige Witterung trug Schuld daran, daß der Besuch zu wünschen übrig ließ.

Neuenbürg, 30. Nov. In Nr. 40 der Hes­sischen landwirtschaftlichen Zeitschrift wird geschrieben: In meinem Keller verwendete ich schon seit Jahren einen Kniff, um die Kartoffeln vor dem Faulen zu bewahren. Da nun in diesem Jahre das Faulen allgemein gefährlich auftritt, so möchte ich mein Verfahren ein bischen an die große Glocke hängen, um damit vielen nützlich zu sein. Ich streue nämlich über je eine Lage Kartoffeln, wenn sie im Keller gelagert werden, etwas Schwefelblüte. Diese zieht viel von der Feuchtigkeit an sich und entwickelt durch diese schwefelige Säure, welche wiederum zer­setzend aus die Pilzbildung wirkt. Schwefelblüte ist überall erhältlich und kann ohne Schaden angewandt werden. Vollrat Prinz Löwenstein, Neckargemünd. Vielleicht macht der eine oder der andere Landwirt auch einen Versuch mit dem oben angegebenen Mittel.

Birkenfeld, 2. Dez. Die Volkszählung ergab 3216 ortsanwesende Personen.

Schömberg, 2. Dez. Bei der Volkszählung wurden voräufig 1353 Personen festgestellt.

** Pforzheim, 30. Nov. In stark besuchter fast vollzähliger Versammlung des hiesigen Arbeit­geberverbandes wurde die Aussperrung sämt­licher Arbeiter von Montag den 5. Dezember bis 2. Januar 1911 einstimmig beschlossen. Die seither noch tätigen arbeitswilligen Arbeiter sollen bis dahin vom Arbeitgeber unterstützt werden.

Pforzheim, 28. November. Nach der letzten Statistik über den Stand am 1. Oktober 1908 gab es in Pforzheim 1040 Betriebe in der Bijouterie, davon 607 reine Bijouteriefabriken. Beschäftigt waren 17165 Arbeiter und 8333 Arbeiterinnen.