führten sie nach dem Justizpalast, damit der Unter­suchungsrichter sofort eine Vernehmung vornehmen könne. Die beiden Kaufleute haben in einem dunklen Korridor sehr lange gewartet, bis einer der Herren wiederkam und sie in Freiheit setzte, da der Unter­suchungsrichter zu sehr beschäftigt sei und sie erst morgen vernehmen werde. Dadurch wurden die beiden Kaufleute stutzig, begaben sich nach dem Po­lizeipräsidium und erfuhren, daß sie zwei Gaunern zum Opfer gefallen waren.

Im Schlangenlaboratorium. Die Farmer und Siedler, die dem brasilianischen Urwald Meter um Meter Boden abringen, um die Fruchtbarkeit der tropischen Erde auszunutzen, kämpfen nicht nur gegen den Trotz Jahrtausende alter Wälder, gegen Klima und Entbehrungen, sie haben auch einen gefährlichen Feind in der Unzahl brasilianischer Giftschlangen, die alljährlich viele Menschenleben fordern. Die Statistik zeigt, daß allein im Staate San Paolo mehr als 200 Menschen im Jahre durch Schlangen­bisse umkommen und in ganz Brasilien beziffert sich die jährliche Totenliste auf mehr als 4000 Opfer dieser gefährlichen Reptilien. Die Behörden ver­suchen ihr Möglichstes, um die Ansiedler in diesem Kampfe gegen die Schlangenwelt zu unterstützen; in der Nähe der Stadt San Paolo, in Butantan, ist ein Institut erstanden, dessen Aufgabe es ist, die brasilianischen Giftschlangen und die Wirkungen ihres Giftes zu studieren; sein Endziel ist die Gewinnung eines Serums, das gegen die Schlangengifte im­munisieren soll. Ein Mitarbeiter des Avanti hat kürzlich, wie derHannoversche Courier" schreibt, dieses Institut besucht. Da es nicht leicht ist, die nötige Anzahl von Giftschlangen zu erlangen, hat man einen Garten zu einer Art Zuchtanstalt aus­gebaut, einem wahren Schlangenparadies, wo in herrlicher Natur diese tückischen Feinde des Menschen leben, gepflegt und ernährt werden. Der größte Er­folg des Instituts war bisher die Entdeckung, daß es gewisse nicht giftige Schlangen gibt, die sich fast ausschließlich von Giftschlangen ernähren. Der Be­sucher wohnte einem Kampfe zwischen zw'eien dieser Feinde bei. Est handelte sich um eine prächtige Schlange, die die Brasilianer Mascurama nennen, um den UackiäeUus drasilii der Zoologen, und um die giftige Jararaca. Kaum hatte der Rachidellus seinen Todfeind gesehen, als er sich blitzschnell auf das giftige Reptil stürzte °Nnd es mit seinem metallisch glänzenden Körper umstrickte. Dann begann die Suche nach dem Kopfe. Die Giftschlange ihrerseits wartete auf eine günstige Gelegenheit zum Bisse. Plötzlich grub sie mit einer blitzartigen Bewegung ihre Giftzähne in den Körper ihres Gegners. Man sah dann, wie der Kopf zurückschnellte und darauf bewegungslos stehen blieb, um die Wirkung des Giftes abzuwarten. Aber dem Rachidellus schien das Gift nichts anzuhaben. Er setzte die Suche nach dem Kopfe des Gegners fort, während die Gift­schlange ihn immer wieder fortzog und verbarg; schließlich aber ereilte sie doch ihr Schicksal: mit einer raschen Bewegung hatte der Rachidellus den Kopf der Gegnerin gepackt und umstrickt; ein krampf-

Auf einen Wink des Polizeibeamten machte sich der Schlosser ans Werk. In wenigen Minuten hat er,das Schloß geöffnet. Voller Hast wollte sich Hermann Klinger auf seinen Vater stürzen, aber mit fester Hand hielt ihn der Kommissar zurück.

Herr Doktor," sagte er,würden Sie liebens- würdigst"

Der Arzt war schon zu dem alten Klinger ge­treten. Er horchte eine Weile an seinem Herzen, fühlte seinen Puls und blickte ihm, indem er das Lid mit den Fingern öffnete, ins Aug.

Der Mann ist tot," sagte er dann.

Ein weher Aufschrei klang durch den Raum und nur mit großer Mühe vermochte sich Hermann auf den Füßen zu halten.

Als könne er den Worten, die er soeben ver­nommen, nicht glauben, wiederholte er noch einmal: Tot!" Dann sank er auf einen Sessel, der zur Seite des Bettes stand, während die Haushälterin mit allen Zeichen des Entsetzens in die Küche floh. Der Schlosser hatte sich wieder entfernt und der Kommissar bemühte sich nun mit dem Doktor, den Toten auf das Bett zu legen, um ihn zu untersuchen.

Als der Arzt nur einen flüchtigen Blick auf die Leiche geworfen hatte, winkte er dem Kommissar. Er deutete auf einen kleinen Brandfleck an der Seite des Hausrockes etwa in der Herzgegend. Bei näherer Untersuchung ergab sich, daß dieser Fleck auch auf der Weste und dem Hemd sichtbar war. Hier sah man außerdem noch ein paar Blutstropfen, die bereits geronnen waren.

artiges Zusammenziehen des umschlingenden Körpers, dann löst sich die tödliche Umarmung und sofort be­gann der Rachidellus den noch zuckenden Körper des überwundenen Feindes in sich hineinzuwürgen. Heute besteht im Institut eine besondere Abteilung, in der diese Feinde der Giftschlangen gezüchtet werden, während man zugleich an der Aufklärung der Be­völkerung arbeitet, damit sie diese nicht giftigen Schlangen als Bundesgenossen kennen und schonen lerne.

Eine Ehe nach dem Tode. Die Vermählung zweier toter Liebender wird aus der japanischen Stadt Shisuoka gemeldet. Das junge Paar, das von heißer Liebe zu einander ergriffen war, suchte die Einwilligung der beiderseitigen Eltern zu seiner Verbindung zu gewinnen. Aus irgend welchen Gründen versagten die Eltern des Mädchens ihre Zustimmung, und das Paar mit den gebrochenen Herzen beschloß, zu sterben. Die beiden nahmen ein Boot und fuhren aufs Meer hinaus. In einiger Entfernung vom Ufer banden sie sich mit Stricken zusammen und stürzten sich gemeinsam in die See. Am folgenden Tage, als das Paar zu Hause ver­mißt wurde, kam die Sache an die Polizei. Die Leichen der jungen Liebenden wurden ans Land getrieben und nach der offiziellen Untersuchung den Eltern ausqeliefert. Als der Bürgermeister der Stadt die Tragödie erfuhr, war er so gerührt/ daß er die beraubten Eltern vor sich rufen ließ und ihnen vorschlug, auf daß die Abgeschiedenen in der anderen Welt vereint ihr Dasein verbringen möchten, die Hochzeitsfeierlichkeiten über die beiden Leichname vollziehen zu lassen. Die Eltern waren einverstanden und die Trauung wurde in aller Form vollzogen, sogar die pflichtmäßigen Geschenke wurden zwischen den beiden Familien ausgetauscht.

Was noch zu erfinden ist: Der Pneumatik, der nicht platzt; der Wagen der keinen Lärm macht; der Automobilist, der seinen Wagen nicht verkaufen will; der Aeroplan, mit dem man fliegen kann, ohne zu stürzen; der Akkumulator, der sich nicht entlädt; der radfahrende Polizist, der keinen Auto­mobilisten aufschreibt; die Sommerwohnung, die nicht an einer staubigen Straße liegt; die Spiegel­scheibe, durch die man auch bei Regen hindurchsieht; der Hund, der sich nicht überfahren läßt; das Patent, dem die Priorität nicht streitig gemacht wird; das Automobil, das keinen Staub aufwirbelt; das Kalziumkarbid, das wie eine Rose duftet; der Rad­fahrer, der nicht glaubt, daß er schneller fährt als sein Freund; der Droschkenkutscher, der ein Trink­geld zurückweist; der Automobilfabrikant, der einge­steht, daß sein Geschäft schlecht geht.

(Mitleid.) Leutnant:Morgen, meine Gnädige, kann ich leider nicht in die Soiree kommen, wir haben große Felddienstübung mit Nachtmanöver I" Dame:Schrecklich! Im Frieden wenigstens sollte man doch die Soldaten in Frieden lassen!"

(Unangenehm.) Gerichtsdiener (zu einem Herrn, der vor dem Gerichtsgebäude auf und ab geht: Wartet der Herr hier auf jemanden?" Herr:

Es war kein Zweifel, der Tote hatte Selbstmord verübt. Die tödliche Kugel hatte das Herz getroffen und der Tod war auf der Stelle eingetreten.

Während der Arzt über seinen Befund berichtete, ließ der Kommissar seine Augen suchend umher­schweifen. Nach geraumer Zeit sagte er zum Arzte: Aber wo ist die Waffe?"

In diesem Augenblick kam Hermann Klinger, auf den die beiden gar nicht mehr geachtet hatten, zu sich.

Mit starrem Entsetzen blickte Hermann auf den toten Vater. Und während er sich über den geliebten Toten beugte, in dessen Gesellschaft er hatte ver­gnügte Tage verleben wollen, sagte der Kommissar noch einmal halblaut zu dem Arzte:Wo ist die Waffe?"

Mißmutig verließ der Beamte den Raum. Wieder hatte sich in seinem Bezirk ein Verbrechen ereignet und wieder stand man vor einem schier unlöslichen Rätsel.

Herr Klinger," sagte er zu dem jungen Manne, es werden sofort einige Beamte hierherkommen, ich muß Sie ersuchen, mit der Haushälterin sich bis auf weiteres zur Verfügung der Polizei zu halten."

Der junge Mann sah ihn erstaunt an. Er be­griff noch immer nicht, um was es sich eigentlich handelte:Ja, aber ich weiß nicht"

Der Arzt griff vermittelnd ein:

Es liegt der Verdacht vor, daß Ihr Vater ermordet worden ist!"

Ja! Mir war es vorhin, als hätte ich einen alten Bekannten von mir, einen gewissen Herrn Leber! hier hineingehen sehen." Gerichtsdiener:Ganz richtig, es war der Herr Leberl! Aber Sie. auf den warten S' lieber nicht, der kommt erst in vier Monaten wieder heraus!"

Aufgabe.

Appendorf, Blaschdorf und Clausdorf liegen an den Ecken eines Dreiecks, dessen Seiten ungleich lang sind. Geht jemand von A über B nach C, so legt er einen Weg von 11 km zurück. Geht er von A über C nach B, so beträgt der Weg, den er gemacht hat, 17 km. Wer von B über A nach C gegangen ist, hat einen Weg von 13 km zurückgelegt. Wie groß ist die Entfernung von AB, von BC von AC? _

Auflösung des Rätsels in Nr. 163.

Hebel Nebel.

Richtig gelöst von Lina Assenheimer, Aline Eberle Elsa Müller und Gerhard Mann in Neuenbürg; Helene Fretz, Philipp Glauner und Oskar Rühle in Gräfenhausen; Willy Mast in Rotenbach a/E.

Kriegschronik von MM.

15./1«. Oktober 1870.

65. Depesche vom Kriegsschauplatz.Es

ist kaum nötig, zu erwähnen, daß die von Tours aus verbreiteten Gerüchte über siegreiche Gefechte der Franzosen vor Paris erfunden und nur auf Stärk­ung der schwachen Gemüter in Frankreich berechnet sind. Unsere Cernierungstruppen halten genau die Stellungen inne, welche sie am 19. September er­reicht haben. Am 14. und 15. kleine Patrouillen­gefechte vor Paris. v. Podbielski."

Versailles. Die Wirkung der neuen bayr. Mitrailleusen, welche heute zum erstenmale gelegent­lich des Ausfalles der Pariser Besatzung in Ver­wendung genommen wurden, ist der der französischen weit überlegen. Die Kugeln der bayerischen)Kugel- spritzen" fliegen fächerartig auseinander und haben die Wirkung eines Kartätschenschusses. Eine einzige Salve hat den Franzosen mindestens 300 Mann an Toten und Verwundeten gekostet.

Kapitulation von Soissons, große Beute. Rekognoszierung bei Lailly. Besetzung von Sois­sons. Zwei Landwehrkompagnien werden im Walde von St. Jean (bei Oulchy le Chateau) überfallen.

66. Depesche vom Kriegsschauplatz.Be­

ll izel, 3 Uhr morgens. Soissons hat soeben nach viertägiger hartnäckiger Artillerie-Verteidigung kapi- pituliert. v. Krenski."

65. (ll.) Depesche vom Kriegsschauplatz. Venizel. Heute 3 Uhr Einzug des Großherzogs von Mecklenburg in Soissons. Unsere Verluste wäh­rend der dreiwöchentlichen Cernierung, täglichen Vor­postengefechte und der viertägigen Beschießung gering. 4000 Gefangene, 122 Geschütze, v. Krenski."

Neubreisach. Besatzung machte heute einen Ausfall, wobei 100 Franzosen gefangen genommen wurden. Diesseits 30 Verwundete.

Ermordet!" rief Hermann,das ist nicht mög­lich, mein Vater hatte keinen Feind."

Das wird die Untersuchung ergeben," erwiderte der Kommissar,wir müssen sehen, daß hier alles un­verändert bleibt, bis die Gerichtskommisston erscheint."

Bald erschien die benachrichtigte Gerichtskom­mission. Der Kommissar wandte sich an einen der Zivilbeamten:

Breitfeld," flüsterte er,Sie haben diesmal Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Ich will Sie allein mit den Ermittelungen betrauen."

Der Angeredete richtete sich stramm auf. Sein Auge glänzte in Heller Freude.

Ich danke Ihnen, Herr Kommissar," sagte er. ich habe zwar die Einbrecher nicht ermitteln können, aber ich hoffe diesmal die Scharte auszuwetzen und Ihre Zufriedenheit zu erwecken."

Mit peinlicher Genauigkeit wurde noch einmal das Zimmer durchsucht, in dem der Tote lag, wäh­rend der Gerichtsarzt die Leiche untersuchte. Aber alle Bemühungen waren vergeblich. Die Kugel war mitten in das Herz eingedrungen und dann im Körper stecken geblieben. Aus welcher Waffe aber war die Kugel abgefeuert worden? Das war, mit Rücksicht darauf, daß die Fensterläden nur von innen zu verriegeln und beide in das Schlafzimmer führende Türen von innen verschlossen waren, die rätselvolle Frage.

Der Untersuchungsrichter ließ sich aus dem gegen­überliegenden Zimmer Hermann rufen.

(Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck mrd Verlag von L. Merh in Neuenbürg.