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Zugleich mit ihrer Einstellung wurde auch das Glockentürmchen auf dem Rathaus einer Renovation unterzogen.
Schramberg, 3. Okt. In der Berncck- stroße verunglückte gestern vormittag lt. „Schwarzwälder Volksfreund" ein neun Jahre altes Mädchen. Auf dem Wege zur Schule setzte sich dasselbe auf die Deichsel des zweiten zusammengehängten Wagens eines Vorbetfahrenden Fuhrwerkes, fiel von derselben herab, und die Räder gingen ihm über den Kopf, so daß der Tod alsbald eintrat.
Münfingen, 4. Okt. Ueber den gestrigen Bahnunfall bei Schöngeising wird amtlich gemeldet: In der Station Schöngeising entgleisten gestern abend gegen 6°/« Uhr 5 Wagen des von Lindau kommenden Schnellzugs. 6 Personen sind leicht verletzt. Der Verkehr wurde durch Umparkierung aufrecht erhalten. Die Entgleisung wurde anscheinend durch vorzeitige Weichenumstellung verursacht. Untersuchung ist eingeleitet.
H'eidenheim, 4. Oktober. Solange die Hausbewohner auf dem Felde beschäftigt waren, drang ein Dieb in das Haus des Gutsbesitzers Bosch in Bernau, erbrach einen Kasten und stahl 150 Er flüchtete sich in den nahen Wald.
Heilbronn, 4. Okt. (Schwurgericht.) Strafsache gegen den 18 Jahre alten Postpraktikanten Otto Blank von Oehringen wegen Unterschlagung amtlich i anvertrauter Gelder. Der Angeklagte kam Mitte Juli dieses Jahres als Stellvertreter nach Sontheim und bald darauf nach Heilbronn. Hier wie dort hat er verschiedentlich kleine Beträge unterschlagen, zusammen ca. 40 bis er sich am 4. August an einen Geldbries wagte, dem er 2 Hundertmarkscheine entnahm. Dies wurde ihm zum Verhängnis; er gestand sein Verbrechen ein und bezeigte innige Reue. Durch schlechte Gesellschaft war er zu größeren Geldansgaben verführt worden. Das Urteil gegen den jugendlichen Leichtsinn lautet auf 1 Jahr Gefängnis, wovon 1'/- Monate für die Untersuchungshaft abgehen. Auch fallen ihm die Kosten zur Last.
Gaildorf, 3. Okt. Anläßlich der Eröffnung der Bahn G aildo r f-Unte r grö- ningen ist von dem Eisenbahnkomite eine Denkschrift herausgegeben worden (Druck von Hermann Schwend in Gaildorf), in der die Geschichte und volkswirtschaftliche Bedeutung der Bahn, sowie die Bahn selbst an der Hand guter Illustrationen beschrieben ist. Auch der „Kocherbote" enthält heute aus demselben Anlaß als Sonntagsblatt eine besondere Ausgabe, in der Bilder von Gaildorf und der Bahnstrecke enthüllen sind.
Herbertingen, 30. Sept. Wie Schwindler und Hochstabler ihr Geschäft treiben, davon erzählt der.„Oberl." von hier ein Beispiel. Letzten Montag Vormittag wurde Kaufmann Schund ans Telephon berufen. Von einem angeblichen
Viehhändler Fischer aus Eßlingen wurde an ihn die Bitte gestellt, er möchte im Gasthofe zum Adler ausrichten, daß des Viehhändlers Bruder, der sich auf dem Wege von Saulgau nach Herbertingen befinde und im Adler dort einkehren werde, im Storchen in Saulgau seine Brieftasche mit 3000 Inhalt habe liegen gelassen. Dieselbe werde ihm mit nächster Post nachgeschickt. Schmid begab sich in den Adler, und richtete seinen Auftrag an die Wirtin aus. Nach etwa einer halben Stunde kam der Adressat, dem die Wirtin, nachdem er sich ein Viertel Wein und eine Wurst und Brot hatte geben lassen, den Auftrag übermittelte. In feine Rocktasche greifend, bestätigte er anscheinend erschrocken und überrascht den Abmangel seiner Brieftasche mit Inhalt. Vorgeblich im Begriff, Vieh aufzukaufen, bat er die Wirtin um einen Vorschuß von 50 bis 60 auf so lange, bis seine Brieftasche mit Inhalt mit nächster Post ankomme, da er bei Abschluß eines Handels sonst kein Aufgeld geben könne. Die Wirtin verweigerte jedoch den Vorschuß. Nun begab sich der vorgebliche Viehhändler zu Kaufmann Schmid, bedankte sich für Besorgung des Auftrags, kaufte sich eine Zigarre, und bat schließlich um denselben Vorschuß von 50—60 Schmid kam die Sache verdächtig vor und er wies den Bittsteller ab. Ohne die nächste Post abzuwarten, begab sich dieser in der Richtung nach Mengen. Dort gelang es ihm, einem Wirt und Metzger auf gleiche Weise 60 abzujagen, nach dessen Empfang er schleunigst das Weite suchte. Von einem Saul- gauer Bierfuhrmann, der bald darauf in die Wirtschaft kam, wurde der angebliche Viehhändler als Schwindler entpuppt, worauf der Geprellte demselben eiligst nachradelte, ihn auch glücklich einholle und nach Androhung von gerichtlicher Anzeige und Verabreichung einiger Gesalzenen sein Geld wieder zurückerhielt. Am Donnerstag wurde der Schwindler von der Landjägermaschaft gefangen genommen, in den Ortsarrest Hohentengen eingeliefert, wo er aber nachts über ausbrach und bis jetzt spurlos verschwand. Er soll ein erst in der letzten Zeit aus dem Haller Gefängnis entlassener Betrüger sein.
Ulm, 3. Okt.. Frau Professor Claus von hier stieg vorgestern kurz vor der Haltestelle beim Cafe Kaiser Friedrich von dem in -langsamer Gangart befindlichen Straßenbahnwagen noch rückwärts ab und fiel dabei so unglücklich, daß sie einen komplizierten Armbruch erlitt.
Vom Bodensee, 3. Okt. Auf denObst- Märkten der Bodenseestädte herrscht jetzt allenthalben reges Leben bei lebhafter Nachfrage. Mostobst gilt durchschnittlich 10—11 per Doppelztr., Tafeläpfel 14—18 A per Kx.
Friedrichshafen, 3. Okt. Zur Vermittlung des Nahverkehrs lauft auf der 5 km langen Gürtelbahnstrecke von hier nach Fischbach erstmals seit vorgestern ein elektrischer Motorwagen. Derselbe geht 5 Uhr 7 Min. ab und braucht 9 Minuten für
weit her, so daß ein leichtes Lächeln auf dem schönen Antlitz der Frau de Ma- range erschien, als sie des biedern Majors Bemühungen, sich französisch auszudrücken, bemerkte. Sie erwiderte deshalb in deutscher Sprache:
„Wir hatten die Herren noch nicht erwartet, sonst würde bereits für einen kleinen Imbiß Sorge getragen sein."
„Ach, gnädige Frau sprechen deutsch?"
„Gewiß, mein Herr. Nur mit meinem Gatten muffen Sie Nachsicht üben. Herr de Marange versteht wohl deutsch, doch spricht er eS nicht."
Dem war aber leicht abgeholfen. Premierleutnant von Schütze, Konrad und der Stabsarzt sprachen fließend französisch, wogegen cs Hanpimann Brandt und der blonde Walter es in dieser Kunst nicht weit gebracht halten.
„Ich möchte die Herren bitten, in einer halben Stunde zu einem einfachen Frühstück zu erscheinen," fuhr Frau de Marange fort. „Leider kann ich den Herren vorerst nicht viel bieten — in unserer Gegend ist heute Fasttag."
Die Gesichter Hauptmann Brandts und des blonden Walter verlängerten sich zusehends.
»Ich hoffe indessen die Herren heute Abend beim Souper entschädigen zu können. Also ich bitte, meine Herren, in einer halben Stunde."
Mit freundlich-vornehmem Neigen des Hauptes verabschiedete sie sich und entfernte sich in das Schloß.
Herr de Marange geleitete die Offiziere zu ihren Zimmern, dis in dem ersten Stocke lagen.
Konrads Zimmer befand sich neben dem seines Kommandeurs. „Äimme Geschichte," hörte er den Major brummen, „gerade auf einen Fasttag hierher zu kommen. Nach einem vierundzwanzigstündigen Biwak und Manöver noch ein Fasttag! Das fehlt gerade!"
diese Entfernung. — Auf der 19 llm langen Strecke der Hauptbahn von hier nach Ravensburg verkehrt bereits seit mehreren Jahren ein elektrischer Motorwagen. Der ruhige Gang desselben sticht besonders angenehm ab von dem geräuschvollen Lauf eines Benzinmotorwagens.
Pforzheim, 4. Okt. In Brötzingen, erschoß sich heute früh in einem Anfall von Geistesstörung der 32 Jahre alte Fässer Eottlieb Kühn, der gestern noch bei der Hochzeit seiner Schwägerin lustig und guter Dinge gewesen war. Der Grund zu der Tat kann nur in erblicher Belastung gefunden werden, da Kühn in guten Verhältnissen lebte.
Freiburg i. B., 3. Okt. Die diesjährige Landesversammlung der Zentrumspartei wird Dienstag, den 6. Oktober, nachmittags 2'/» Uhr, in Rastatt, Gasthaus zur Krone, abgchalten werden. Als Beratungsgegenstände sind vorgesehen: 1. Politische Lage in Baden. 2. Situation bei den Landtagswahlen im Allgemeinen und in den einzelnen Bezirken. 3. Aenderung der Parteiorganisation in der Richtung, daß das Zentrumskomite aus einer größeren Zahl von Mitgliedern als bisher bestehen und aus seiner Mitte heraus ein geschäftsführender Ausschuß bestellt werden soll. 4. Neuwahl des Zentral-Komites.
Berlin, 3. Okt. Der Fähnrich zur See, Hüssener erklärte, wie aus Kiel berichtet wird, die ihm zudiklierte Festungshaft in Magdeburg verbüßen zu wollen. Darauf wurde seine Abführung dorthin verfügt.
Berlin, 3. Okt. Von den Mitgliedern der Vereinigung Berliner Metallwaren-Fabrikanten waren bis gestern Abend rund 7000 Arbeiter aller Kategorien dis auf Weiteres entlassen worden. Heute dürften weitere tausend folgen. — In den Spandauer Militär-Werkstätten, wo vor einiger Zeit einer größeren Anzahl von Arbeitern wegen Mangels an Aufträgen gekündigt wurde, sind jetzt ein Teil dieser Kündigungen zurückgenommen worden.
Berlin, 3. Okt. Aus Hamburg wird gemeldet: Auf dem Rathauswalkte überfiel ein Strolch die Gemahlin des Generalkonsuls von Uruguay, Frau Browe, entriß ihr die goldene Uhr und Kette und versuchte zu entkommen. Schutzleute nahmen ihn fest.
Berlin, 3. Okt. An der Spitze seiner heutigen Ausgabe erklärt der „Vorwärts": Der Parteivorstand hat die Erörterungen, welche auf dem Dresdener Parteitage über die Mitarbeit von Parteigenossen in der bürgerlichen Preise, speziell an der „Zukunft" stattgefunden haben, noch fortgesetzt beraten. Der Vorstand ist zu dem einmütigen Beschluß gelangt, die Angelegenheit, nachdem das Material vollständig vorliegen wird, von Partei,
Konrad nahm die Angelegenheit nicht so tragisch. Er hatte den Zufall, der ihn nach Schloß Hauconcourt geführt, freudig begrüßt. Lernte er doch jetzt auch die Familie der Tochter des Marquis von Ladonchamps kennen, von der der Marquis ihm und seinem Onkel bereits erzählt hatte. Den Marquis und dessen schöne Enkelin hatte er nur einige Male flüchtig auf der Esplanade von Metz begrüßen können. Wenn er hoffte, es sollte sich ein vertraulicherer Verkehr herausbilden, so sah er sich bis jetzt getäuscht; der Marquis war sehr freundlich, sehr höflich ihm gegenüber gewesen, aber zu einer weiteren Annäherung war es nicht gekommen. Auch daS Rätsel der Erscheinung feiner Jugendgespielin der Tochter des gefallenen Hauptmanns Martens harrte noch der Lösung. Vielleicht fand er hier in Hauconcourt den Schlüffe! dazu.
Nachdem die Offiziere sich umgekleidet, begaben sie sich in den Speisesaal, wo sie von Herrn und Frau de Marange empfangen wurden. Das Gesicht des Hauptmanns und des blonden Walter hellte sich auf, als sie eins reichbesetzte Tafel erblickten; und vollständig versöhnt waren sie mit dem Fasttage, als ihnen einige delikate Eierspeisen und ein vorzüglicher Fisch serviert wurden.
Die Unterhaltung wollte nicht recht in Fluß kommen. Die Offiziere waren von dem Manöver ermüdet und zogen sich sehr bald auf ihre Zimmer zurück. Tiefe Stille herrschte im Schloß, auf dessen Park die Nachmittagssonne flimmernd ruhte. Konrad vermochte nicht zu schlafen; er ging in seinem Zimmer auf und ab und lauschte auf die tiefen Atemzüge des Majors, der in dem Nebrngemach den Schlaf des Gerechten schlief. Bis zum Souper um sieb:» Uhr waren es noch einige Stunden. Die Befehle für den folgenden Tag waren bereits empfangen und an die Kompagnien weiter gegeben; Konrad war also für heute vollkommen Herr seiner Zeit.
(Fortsetzung folgt.)