Deutsche, die das 30. Lebensjahr zurückgelegt haben. Die Wahlen werden für dreijährige Perioden vorgenommen. Der Ständige Ausschuß des Beirats besteht aus 9 Mitgliedern und je 1 Ersatzmann; er wird alljährlich in der ersten Sitzung des Jahres gewählt.
Stuttgart, 16. August. Die Stelle eines Polizeiinspektors mit den Obliegenheiten eines ständigen Lehrers der Schutzmannschaft wurde vom Gememderat dem Stationskommandanten Hummel in Künzelsau übertragen.
Stuttgart, 15. August. Aus Anlaß der 40- jährigen Wiederkehr des Tags von Sedan veranstaltet der hiesige Ortsverein der Nationalliberalen (Deutschen) Partei am Sonntag. 4. September, abends 8 Uhr im Festsaal der Liederhalle eine Festfeier.
Stuttgart, 15. August. Eine durchgreifende Renovierung des Cannstatter Kursaals ist für die nächsten Jahre in Aussicht genommen. Zunächst ist die Vergrößerung der Bühne und deren Garderoberäume und die Einrichtung der Bühne nach dem Muster moderner Theaterbühnen vorgesehen.
Ludwigsburg, 16. August. Der Brand der Brüsseler Weltausstellung hat hier auch zu Befürchtungen über das Schicksal der großen Walker- schen Orgel Anlaß gegeben und es wurden bereits Gerüchte laut, daß dieses hervorragende Werk unserer einheimischen Industrie ebenfalls zum Opfer gefallen sei. Das ist aber erfreulicherweise nicht der Fall. Die Orgel ist in dem zu großen musikalischen Veranstaltungen bestimmten Festsaal der Ausstellung aufgestellt, die von dem Brand nicht im geringsten getroffen wurde.
Neresheim, 15. Aug. An seinem 80. Geburtstag ist gestern der frühere Landtagsabgeordnete des Bezirks Neresheim, Oberamtsbaumeister a. D. Vogler, hier gestorben. Der Verstorbene hatte sich hauptsächlich um die Erbauung der Härdtsfeld- bahn verdient gemacht. Dem Landtag gehörte er von 1886—1906 an.
Tübingen, 16. August. Aus Anlaß des 50- jährigen Todestages des am 27. Juni 1789 zu Schnaith bei Schorndorf geborenen und am 26. Juni 1860 zu Tübingen gestorbenen Komponisten Friedrich Silcher findet am 26. August d. I. eine große offizielle Silcher-Feier hier statt. Abends 5 Uhr singen sämtliche Gesangvereine Tübingens unter Leitung von Prof. Wörz am Silcherdenkmal, das im Jahre 1874 enthüllt wurde. Dann schließt sich ein Silcher-Bankett abends 8 Uhr im Museum an. Von Silchers Liedersammlungen erwähnen wir die schönen Melodien der Volkslieder „Ich weiß nicht was soll es bedeuten", „Zu Straßburg auf der Schanz", „Morgen muß ich fort von hier", Aenn- chen von Tharau". Silcher war von 1817 bis zu seinem Tode 1860 Musikdirektor der Universität Tübingen.
Freudenstadt, 15. Aug. In der letzten Sitzung der bürgerl. Kollegien wurde beschlossen, in der Kniebisvorftadt eine Kläranlage auf Rechnung der Stadtgemeinde zu bauen, unter der Voraussetzung, daß die Beteiligten die 6prozentige Verzinsung und Amortisation aus dem Bauaufwand sowie die Unterhaltung der Anlage übernehmen.
Großingersheim O.A. Besigheim. 16. Aug. Schultheiß a. D. Mössinger, der zur Luftkur auf der sogenannten „Bleiche" bei Hirsau weilte, wurde auf einem Spaziergang im Walde von einem Schlaganfall getroffen. Da er allein war, wurde er erst nach einiger Zeit hilflos aufgefunden. Er wurde in seine Wohnung verbracht, wo sich infolge des Liegens im Freien eine Lungenentzündung entwickelte. Seine Angehörigen wollten ihn in das Bezirkskrankenhaus Calw verbringen, aber auf dem Transport ist er gestorben.
Gerabronn, 15. Aug. Revierförster Fach in Kilchberg a. d. I. hat dem „Vaterlandsfreund" drei Aepfel aus den Jahrgängen 1908, 1909 und 1910 auf den Redaktionstisch gelegt. Ist es schon eine Ausnahme, einen Aepfel zwei Jahre frisch und genießbar aufzubewahren, so dürfte es zu einer großen Seltenheit gehören, die Frucht des Obstbaumes drei Jahre gesund zu erhalten. Der vorjährige Apfel ist wie vom Baum gepflückt. Die älteren Jahrgänge sind ebenfalls tadellos konserviert und lassen keineswegs das Alter erkennen. (Besonders nachahmenswert ist, daß die „Seltenheiten" der Redaktion gespendet werden.)
Enzweihingen O/A. Vaihingen a. E., 15. Aug. Dieser Tage wurde die früher im Besitze von Weiß u. Cie. gewesene Papierfabrik von Reinhold Brederecke aus Westfalen käuflich von Wolf u. Cie. übernommen. Die neue Firma betreibt eine Papier- und Pappenfabrik. Es freuen sich die Enzweihinger,
daß die einheimischen Arbeiter wieder Arbeitsgelegenheit gefunden haben und wünscht dem Unternehmen guten Erfolg.
Gündelbach O/A. Maulbronn, 15. August Bei Grabarbeiten an der Kirche in der Sakristei fand man unter einer Steinplatte einen Topf mit 200 kleinen und 10 großen Silbermünzen, welche aus dem 15.—17. Jahrhundert stammen, zum Teil noch gut erhalten sind und vermutlich in Kriegszeiten verborgen wurden.
Nus Staöt, Bezirk unS Umgebung.
* Neuenbürg, 15. Aug. Bei den Heuer stattgehabten Ergänzungswahlen zumKirchengemeinde- rat für die Periode 1910/1916 haben in der hiesigen Diözese von 6137 Wahlberechtigten 1404 abgestimmt (— 22,87°/«). Die stärkste Beteiligung zeigte sich in Schwann mit 48,6°/», die schwächste in Wildbad mit 7,4°/«. In Neuenbürg haben abgestimmt 23,3°/«. — In 11 Kirchengemeinden genügte der erste Wahlgang, in den 20 übrigen bedurfte es einer Nachwahl.
ili Herrenalb, 15. Aug. Die Zahl der seit 1. Mai angekommenen Fremden beträgt 6570 (im Vorjahr 5962), wovon zur Zeit 2142 anwesend sind. Unter den Fremden sind 6239 Reichsdeutsche, darunter jedoch nur 723 Wurttemberger. Die Ausländer verteilen sich auf folgende Staaten: Belgien 115, Frankreich 52, Rußland 36, Schweiz 32, England 27, Amerika 20 und auf die übrigen Staaten entfallen zusammen 49.
Vom Lande bei Loffenau, 13. August. Während die fortwährend nasse Witterung dieses Sommers sehr ungünstig auf das Gedeihen der Feldfrüchte einwirkt, ist sie einem Schädling dieser in der Entwicklung und Vermehrung sehr nützlich. Es sind dies die Feld sch necken, die sehr viel Schaden an- richten. Zur Zeit üben sie an den voraufgegangenen Weißrüben ihr Zerstörungswerk. Gar viele Aecker sind schon ganz kahl gefressen, so daß ein Ertrag völlig ausgeschlossen ist. Das einzige Mittel, das einigermaßen hilft, wenn es richtig angewandt wird, ist frischer Kalkstaub; am frühen Morgen oder späten Abend ausgesät, werden alle davon betroffenen Schnecken vernichtet. Um jedoch gründlich Abhilfe zu schaffen, soweit dies überhaupt möglich ist, muß das Ausstreuen des Kalkstaubes 2—3 Mal in Abständen von etwa 2 Tagen wiederholt werden.
Calw, 16. Aug. Die Sozialdemokratie hat als Kandidaten für die Reichslagswahl im 7. württembergischen Wahlkreis (Calw - Herrenberg- Nagold-Neuenbürg) in einer hier abgehaltenen Kreisversammlung den Gewerkschaftsbeamten Steinmayer aufgestellt. Als Kandidaten für die Landtagswahl in den einzelnen Oberämtern wurden die Genossen Wildemann, Bötzel, Manz und Wasner aufgestellt. Die Kreisversammlung verurteilte gleichfalls die Hofgängerei und die Budgetbewilligung der badischen Sozialdemokratie.
^ Altensteig. 14. Aug. Die Heidelbeerernte ist jetzt so ziemlich beendet. Auf hiesiger Station wurden in den letzten drei Wochen jeden Tag über 300 Körbe voll Beeren zum Versand aufgegeben; ebenso wurden mehrere Fässer mit eingeschlagenen Beeren abgesandt. Dazu kommen noch die vielen, vielen G'selzhäfen und die Unmenge Heidelbeerkuchen ; die zur Getränkebereitung verwendeten Beeren nicht zu vergessen, wie die durch die Post versandten Pakete mit „Hoabeer". Nach niederer Berechnung brachten die Heidelbeeren der hiesigen Umgegend eine Bareinnahme von mindestens 13 000 Mk. Auch die Himbeerernte fällt besser aus, als man vermutete.
8 Enztal, 14. Aug. Heute konnten in verhältnismäßiger Rüstigkeit der alte Oberholzhauer und resignierte Kirchenpfleger Samuel Friedrich Roller vom Rohrbach und seine Ehefrau Marie Agnes, geb. Bäzner, das schöne Fest der goldenen Hochzeit froh und feierlich begehen. Ein weiter Kreis von Anverwandten — leider sind die Eheleute selbst kinderlos — bezeugte dem Jubelpaar herzliche Teilnahme. Seine Majestät der König ließen den Jubilaren sein Bildnis mit Widmung auf einer goldbroncierten Gedenktafel nebst besten Segenswünschen überreichen.
Pforzheim, 15. Aug. Ende voriger Woche gelang es der Polizei, die Verüber zahlreicher Diebstähle und Einbrüche, die seit November v. Js. hier vorkamen, in den Personen verschiedener Goldschmiedslehrlinge und anderer im Alter von 14 bis 19 Jahren zu ermitteln. Die Jungen stiegen in Gärten ein, stahlen Obst, Geräte, gelegentlich wohl auch Hasen und Hühner, nahmen in Zigarrenläden und Warenhäusern zu Zeiten, wo ein starker Andrang herrschte, weg, was ihnen erreichbar war, ohne
Rücksicht auf die Art des Gegenstandes und lieferten das größtenteils ihrem Anführer ab. Sie waren nämlich eine geschlossene Gesellschaft, die den schönen Namen „die Räuberloge zur schwarzen Hand" führte und in welche nur ausgenommen werden konnte, wer schon einmal vorbestraft war. So viel bekannt, umfaßte diese romantische Gesellschaft etwa 8—9 junge Burschen, von denen der eine und der andere schon ein ziemlich großes Sündenregister aufzuweisen hat, während wieder andere es bis jetzt nur bis zur bedingten Verurteilung gebracht halten. Jetzt wird der famosen Räuberloge, wohl auch ein Produkt übler Lektüre, ein schnödes Ende bereitet.
Neuenbürg, 17. Aug. Der heutige Vierteljahrsviehmarkt war mit ca. 100 Stück Milch- fchweinen und 120 Läuferschweinen befahren. Bei fehr lebhaftem Handel galten Michschweine 20 bis 32 Läufer 51—140 das Paar.
** Feldrenn ach, 16. August. Der heutige Vieh markt, ungünstig beeinflußt durch die Ernte, war befahren mit 94 Kühen und Kalbinnen, 16 Ochsen und Stieren, 72 Rindern, 16 Kälbern, zusammen 198 Stück. Handel lebhaft bei hohen Preisen.
Calw, 16. August. Zufuhr an Rindvieh zum heutigen Viehmarkt 275 Stück. Handel wenig belebt. Verkauft wurden 16 Paar Ochsen und Stiere zu 750—1240 Mk. pro Paar, 31 Kühe zu 220—436 Mk., 46 Kalbeln und Jungvieh zu 144 bis 572 Mk., 6 Kälber zu 72—121 Mk. pro Stück. Auf den Schweinemarkt waren zugebracht 306 Stück Milchschweine, 81 Läufer, Handel schleppend bei zurückgesetzten Preisen. Erlös für das Paar Milchschweine 22—40 Mk., für Läufer 50—100 Mj.
Zürn 50jährigen Jubiläum des Turnvereins Uenenbnrg.
i.
„Frisch, fromm, fröhlich, frei!" Dieser schöne Turnerwahlspruch wurde um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit wahrer Begeisterung durch die deutschen Lande getragen. Galt es doch damals, das fchöne und edle Ideal unseres „Turnvaters Jahn", die von ihm mit seltener Hingebung und Ausdauer geschaffene und auch in schwieriger Zeitlage stets hochgehaltene Turnerei in unseren deutschen Gauen einzuführen und fortzupflanzen. Und in der Tat, bald da, bald dort fanden sich eifrige Männer offenen Sinnes seinem Rufe zu folgen und durch Gründung von Turnvereinen seine für das allgemeine Volkswohl wichtigen und gesundheitsfördernden Ratschläge und Winke auszuführen.
Nachdem sich schon im Jahre 1358 unter den hiesigen jungen Männern einiges Interesse für das Turnen bemerkbar gemacht hatte und immer mehr Zuneigung sich fand, erfolgte im Jahr 1860 die Gründung eines Turnvereins, der sich auch bald als lebensfähig erwies. Von den Gründern, die sich noch des Lebens erfreuen dürfen, seien u. a. folgende genannt: A. Streker, E. Hartmann, Wilh. Manweiler, Karl Gauß und Gottl. Bauer. Der Ausschuß setzte sich in den ersten Jahren nach verschiedenmaligem Wechsel folgendermaßen zusammen: K. Lutz, Vorstand, G. Eisele, Kassier, K. Sindlinger, Schriftführer, K. Wanser, Fechtmeister, A. Streker, I. Turnwart, K. Beichte, II. Turnwart. Unter der Leitung des Vorstandes und dessen späteren Nachfolgers, Reallehrer Fritz, übte sich die noch kleine Schar fleißig in den Turnstunden, wobei speziell dem Fechten und Exerzieren das Hauptaugenmerk geschenkt wurde, was wohl der damaligen politisch-kritischen Zeit zuzuschreiben war. Als Uebungsplatz diente ihnen der jetzige Turnplatz, und bei ungünstiger Witterung wurden im Rathaussaal Fechtübungen vorgenommen, während den Winter über das Turnen ruhte. Nach und nach erfuhr der Verein einen wesentlichen Zuwachs an Mitgliedern, so daß schon im Jahr 1865 die Anschaffung einer Fahne beschlossen wurde. Um diese zu erleichtern, wurden von 23 Mitgliedern Extrabeiträge gezeichnet und zur Deckung des entstandenen Defizits eine außerordentliche Umlage pro Mitglied zum Beschluß erhoben. Zum Fähnrich wurde Eberh. Stäbler gewählt. Als Ausdruck kameradschaftlicher Zusammengehörigkeit bei turnerischen Anlässen wurde der schöne Turnergruß „Gut Heil" eingeführt. Wie sehr den Mitgliedern damals schon an einem geordneten Vereinsleben gelegen war, um Disziplin beim Turnen durchzuführen, beweist die Tatsache, daß säumige Mitglieder bestraft und solche, die sich der Ordnung nicht fügen wollten, ohne Rücksicht auf die Person aus dem Verein ausgeschlossen wurden. Während der Herbstzeit wurde infolge der bald hereinbrechenden Dämmerung der Sonntag nachmittag zu Uebungszwecken verwendet.