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130.

Reuen bürg, Montag den 15. August 1910.

68. Jahrgang.

RunStchau.

Kassel, 14. Aug. Zu der feierlichen Weihe einer Anzahl von Fahnen versammelten sich heute vormittag im Thronsaal des Residenzpalais zu Kassel der Kaiser in der Uniform eines Generalfeld­marschalls. die Kaiserin, Prinzessin Viktoria Luise. Prinz Oskar und die Damen und Herren der Umgebungen, ferner Kriegsminister von Heeringen und die kommandierenden Generale der betreffenden Armeekorps. Um 11 Uhr wurde im Palais die Nagelung der Fahnen der Truppen­teile vorgenommen. Es folgte der Weiheakt auf dem Friedrichsplatz. Um den Feldaltar stand die Militärgeistlichkeit des Standortes Kassel. Den Friedrichsplatz umgaben im Viereck die Truppen der Garnison und daran anschließend die Veteranen, von denen sich über 5000 eingefunden hatten. Hinter den Truppen und Veteranen fanden die Krieger­vereine Aufstellung, dahinter ein vieltausendköpfiges Publikum. Während die Fahnen auf den Platz gebracht wurden und ihre Träger in offenem Halb­kreis zu Seiten des Altars Aufstellung nahmen, erschien der Kaiser mit dem Prinzen Oskar zu Fuß auf dem Platz. Die Kaiserin wohnte dem Weiheakt mit ihrem Gefolge vom Balkon des Palais aus bei. Nach einem Tedeum vollzog der evangelische Feldprobst Wölfing in Gegenwart des katholischen Feldprobstes Dr. Volkmar die Weihe. Eine Batterie des Feldartillerieregiments Nr. 11 gab einen Salut von 101 Schüsse ab. Das Niederländische Dankgebet schloß die Feier. Hiernach ritt der Kaiser die Front der Truppen und der Veteranen ab. Die Kaiserin mit Prinzessin Viktoria Luise folgten im offenen Wagen. Die Veteranen grüßten die Maje­stäten durch stürmische Hurrarufe. Es folgte ein Vorbeimarsch der Ehrenkompagnie mit den neuen Feldzeichen, sowie der übrigen Truppen in Kom­pagniefront und ein Vorbeimarsch der Veteranen. Die Musik spielte die Wacht am Rhein und den Pariser Einzugsmarsch. Auf der Rückfahrt nach Wilhelmshöhe wurden die Majestäten von stürmischen Kundgebungen begrüßt.

Wilhelmshaven, 14. August. Die beiden LinienschiffeWeißenburg" undKurfürst Friedrich Wilhelm" sind heute mit Kontreadmiral Koch und 26 türkischen Offizieren an Bord nach der Türkei in See gegangen.

Hamburg, 13. August. Die Werftarbeiter- Bewegungemacht sich jetzt im Hamburger Hafen­verkehr ernfmch fühlbar. Die Hamburg - Amerika- Linie hat bereits fremde Arbeiter herangezogen. Zahlreiche Schiffe erleiden Verzögerungen in der Abfertigung, und einige Schiffsreedereien, die auf die lange Hinausschiebung der Arbeiten nicht warten können, haben bereits ihre Schiffe direkt nach den nächstgelegenen englischen Seehäfen dirigiert, um dort die Arbeiten vornehmen zu lassen. Unter der Ar­beiterschaft verlautet, daß vpn maßgebender Seite bereits Schritte eingeleitet seien, um zwischen der Arbeiterorganisation und dem Zentralverband der Arbeitgeber zu vermitteln. Der in dieser Woche zu Halle a. S. tagende Verbandstag des Zentralver­bands der Fabrikarbeiter Deutschlands hat eine Er­höhung der Wochenbeiträge um 5 Pfg. beschlossen mit Rücksicht darauf, daß man sich in^der nächsten Zeit auf größere Kämpfe und Aussperrungen, nament­lich in der Papier- und Zementindustrie, gefaßt machen müsse.

Berlin, 12. Aug. In der dritten Morgen­stunde wurde heute der Landwirt Rudolf Moser aus der Höchstenstraße vor seinem Hause liegend er­mordet und beraubt aufgefunden. 22 000 Mark die er bei sich getragen hatte, sowie seine goldene Uhr, fehlten und sind ihm geraubt worden. Als der Tat dringend verdächtig ist der 44 Jahre alte Agent Johann Gehl, ein mehrfach vorbestrafter Mensch, der seit gestern verschwunden ist.

Der verhaftete Mädchenschulrektor Bock in Berlin ließ durch seinen Rechtsanwalt erklären, es sei unrichtig, daß bisher auch nur ein einziger Fall von sittlichen Verfehlungen nachgewiesen sei. Es handle sich nur um eine Anzeige wegen eines Schulmädchens, das die betreffende Beschuldigung schon wiederholt zurückgenommen habe. Im übrigen kämen nur ein oder zwei Fälle von längst schon entlassenen Mädchen in Frage und auch da bestreite er jede Schuld.

In den Frankfurter Lahmeyer-Werken wurde sämtlichen kaufmännischen und technischen Beamten auf 1. April 1911 gekündigt. Ob diese Maßnahme nur mit einer durchgreifenden Reorgani­sation oder, wie behauptet wird, mit einer voll­ständigen Auflassung des hiesigen Fabrikationsbetriebs zusammenhängt, ist vorläufig noch nicht zu erfahren.

Nürnberg, 12. Aug. Der Schmuggel im Möbelwagen. Ein großer Schmugglerprozeß ge­langte vor der hiesigen Strafkammer zur Verhand­lung. Im Januar ds. Js. hatte die Nürnberger Kriminalpolizei einen glücklichen Fang gemacht, in­dem sie einen Mann verhaftete, der gewerbsmäßig große Mengen Saccharin aus der Schweiz über Deutschland nach Oesterreich hinüberschmuggelte. Die Verhandlung brachte an den Tag, in wie raffi­nierter Weise der Angeklagte, der Häuslersohn Heinrich Schmidt aus Schnellenzipf, verstanden hatte, die Behörden hinters Licht zu führen. Einmal ließ er sich für 600 Kronen eigens einen Möbelwagen bauen, in dem er angeblich Möbel aus der Schweiz nach Deutschland brachte. Der Wagen hatte eine doppelte Decke, in der das Saccharin über die Grenze geschmuggelt wurde. Seine Kleidung hatte dst Schmuggler teilweise so oberflächlich zufammen- genäht, daß bei etwaigem Festhalten der betreffende Teil in den Händen des Beamten blieb, während der Delinquent entwischen konnte. Das Urteil lautete auf eineinhalb Jahre Gefängnis und 7350 Mark Geldstrafe, an deren Stelle im Unvermögensfalle noch weitere 13 Monate Gefängnis treten.

Frankfurt a. M., 12. Aug. In dem über­füllten Auditorium des Städt. Krankenhauses sprach heute mittag Professor Herzheimer über die mit dem Präparat 606 an Patienten des Kranken­hauses erzielten Resultate und kam zu dem Ergebnis, das Mittel sei von überraschender, selbst verblüffender Wirkung und dabei unschädlich. Geh. Rat Ehrlich selbst teilte mit, daß Nachrichten über 3300 be­handelte Fälle vorliegen, doch dürfte die Zahl der mit dem Präparat Behandelten schon über 4000 betragen. Von 2000 Fällen könne gesagt werden, daß die Kranken durch eine Injektion tatsächlich vom Grabe gerettet wurden. Bisher seien nur vier Todesfälle beobachtet worden. Von drei dieser Todesfälle sei mit großer Wahrscheinlichkeit anzu­nehmen, daß nicht das Mittel als solches, sondern die körperliche Beschaffenheit des Patienten die Todes­ursache gewesen fei. Gegenüber den von Zeitungen berichteten Erblindungsfällen sei zu konstatieren, daß kein einziger Fall von Sehnerverkrankung oder son­stiger Erkrankung des Auges durch das Präparat bemerkt worden sei. Es lasse sich noch nicht sagen, ob die Dauerwirkung des Präparats eine vollkommene sei, da deren Beurteilung mindestens zwei bis drei Jahre erfordere. Es sei jedoch zu hoffen, daß das Präparat nicht nur eine prompte, sondern auch eine dauernde Wirkung bewerkstellige.

Neuenburg bei Müllheim i. Bad., 9. August. Auf den Rheinübergang der schwarzen Dragoner folgte heute das 5. Jägerregiment zu Pferde. Diesem Rheinübergang sah man in militärischen Kreisen mit großer Spannung entgegen, weil er die erste der­artige Uebung des Regiments war. Das Ruder­kommando des 5. Jägerregiments war von den Dra­gonern in der Handhabung des Ruders instruiert worden. Der Verlauf zeigte, daß die Jäger ge­lehrige Schüler waren. Zur Ueberführung wurden

in der Hauptsache der Rheinbauinspektion gehörige Langwaidlinge verwendet. Wie bei den Dragonern, so befand sich auch bei den Jägern die Einschiffungs­stelle beim Materialplatz dicht unterhalb der Schiff­brücke ; die Landungsstelle befand sich etwa 900 bis 1000 Meter unterhalb der Brücke auf dem badischen Ufer. Die Uebung dauerte zwei Stunden; sie be­gann um i/r9 Uhr und endigte um '/-II Uhr und verlief ohne den geringsten Unfall.

Von der bad. Grenze, 14. Aug. Der Ent­scheid in der Angelegenheit des Lagers für den Truppenübungsplatz des 14. (badischen) Armee­korps ist nun endlich gefallen; das Lager kommt in die Nähe von Stetten a. k. M. zu stehen. Diese Gemeinde hat einen Zuschuß von 72 000 Mk. zu den Kosten bewilligt.

Mannheim,11. Aug. (Ein netter Bräutigam). Der 23 Jahre alte Roman Grupp unterhielt seit langer Zeit mit der Näherin Gleichen Horneff aus Lugwigshafen ein Liebesverhältnis und demnächst sollte die Hochzeit stattfinden. Dieser Tage hatte Grupp seinem Schwiegervater 60 Mark entwendet. Heute morgen bestellte er nun seine Braut, um sie darüber zu befragen, wie sich der Vater zu dem Diebstahl geäußert habe. Das Mädchen teilte ihm mit, daß der Vater Anzeige erstatten werde. Da­rüber wurde Grupp so aufgeregt, daß er sein Messer ergriff und schließlich auf das Mädchen losstach. Dann verletzte er sich selbst so schwer, daß er als­bald tot zusammenbrach. Das bedauernswerte Mädchen wurde ins Krankenhaus gebracht.

London, 11. Aug. Die Union Castle Com- pagny eröffnet am 14. September einen monat­lichen Passagier- und Frachtdienst rings um Afrika durch den Suezkanal. Die Passagiere können in London oder Marseille an Bord gehen und erreichen Mombassa in 17 Tagen. Die Fahrt um Afrika wird weniger als zwei Monate in An­spruch nehmen. Die Dampfer sollen alle bedeutenden Häfen der Ostküste anlaufen.

Dem Journal zufolge arbeitet man gegenwärtig im französischen Kriegsministerium das Regle­ment aus, nach dem die an den diesjährigen großen Manövern teilnehmenden Aeroplane gegen­einander manöverieren sollen. Als Grundsatz soll gellen, daß jeder Aeroplan, der von einem anderen an Höhe unmittelbar übertroffen und beschossen wird, als unterlGen zu betrachten ist. Er soll dann für diesen Tgg^außer Gefecht gesetzt werden.

Aus Paris wird gemeldet: In dem Dorfe Gergloff en St. Thoin fanden die Behörden eine 36 Jahre alte Frau, die von ihren Verwandten seit einem Jahre in einem Stalle eingeschlossen war. Die Unglückliche verfügte über eine Rente von 8000 Francs. Ihr Schwager wurde in Untersuchungshaft genommen.

Budapest, 12. Aug. Der amtliche Saaten­standsbericht schätzt den Ertrag von Weizen auf 51,48 Millionen Quarters (Ertrag im Vorjahr 30,85), Roggen 14,56 (im Vorjahre 11,96), Gerste 13,99 (im Vorjahre 15,65), Hafer 11,66 (i. V. 13,92), Mais 47,82 (i. V. 41,11), Kartoffeln 48,11 (i. V. 49,94) Millionen Quarters.

Tokio, 12.Aug. Durch Ueberschwemmungen wurden in der letzten Zeit außerordentlich große Verwüstungen angerichtet. Ganze Städte und Dörfer wurden weggerissen und viele Menschenleben vernichtet. In einem Stadtteil von Tokio wurden allein 30 000 Häuser unter Wasser gesetzt. Die Eisenbahnverbindungen in den Ueberschwemmungs- gegenden wurden unterbrochen. An vielen Orten sind die Bewohner von Hungersnot bedroht. Der angerichtete Schaden beläuft sich auf Millionen Dens.

Tokio, 13. Aug. Die Ueberschwemmungen nehmen zu. Gas und Elektrizität beginnen zu mangeln. Zehntausende sind ohne Obdach und haben in Tempeln und Schulen Zuflucht gefunden. Ihre Lage ist überaus traurig. Mehrere Tausende sind