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meldet aus Saarlouis: In vergangener Nacht wurde hier ein Unteroffizier des 30. Infanterieregiments von einem Wachtposten erschossen.
Berlin, 31. Aug. Infolge des schlechten Wetters hat der Kaiser die auf heute früh 9 Uhr angesetzte Parade abgesagt. Das in der Stadt verbreitete Gerücht, wonach der Kaiser bei dem Ritt nach dem Paradefelde mit dem Pferde gestürzt sein sollte und deswegen die Parade ausgefallen sei, ist nach Erkundigungen an maßgebender Stelle vollständig unbegründet. Die Parade fällt diesen Herbst ganz aus.
Berlin, 31. Aug. Nach einer Meldung der Vosfischen Zeitung soll entgegen dem offiziösen Dementi der Zustand des Königs Georg von Sachsen bedenklich sein. — Einem Telegramm des Lokalanzeiger zufolge hat das deutsche Schulschiff „Stosch" bei seiner Ankunft in Spanien im Hafen von Bilbao eine sehr freundliche Aufnahme gefunden. Die Bevölkerung und die Behörden wetteifern darin den deutschen Offizieren und Kadetten den Besuch in Spanien so angenehm als möglich zu machen. Große Festlichkeiten sollen zu Ehren der Gäste veranstaltet werden.
Berlin, 31. August. Die amerikanische Flotten-Demonstration gegenüber der Türkei wird stattfinden, trotzdem sich die Affäre in Beirut als nicht erheblich herausgestellt hat. Wie dem Berliner Tageblatt ans New-Aork tele- graphirt wird, erklärte der Staatssekretär des Aeußern, die Unsicherheit in der Türkei zwinge die amerikanische Negierung zum Schutz der amerikanischen Bürger, die Entsendung eines Geschwaders anzuordnen.
Berlin, 31. Aug. Eine schwere Explosion erfolgte gestern Abend in der Akkumulatoren- Fabrik A. G. vormals Böse und Cie., durch welche sämmtliche Akkumulatoren und Batterien zerstört wurden. Das durch die Explosion entstandene Feuer konnte bald gelöscht werden. Jedoch ist der entstandene Schaden ein sehr bedeutender. Die Ursache der Explosion konnte noch nicht mit Sicherheit ermittelt werden.
Berlin, 31. Aug. Der gestrige Herbststurm hat in Berlin und Vororten mannigfachen Schaden angerichtet und zahlreiche Menschenleben in Gefahr gebracht. So kenterten auf der Oberspree infolge des starken Sturmes 4 Segelboote, deren Insassen nur mit großer Mühe gerettet werden konnten. Auf der nach Mariendorf führenden Chaussee wurde durch den Sturm ein Fuhrwerk umgeworfen. Im Tiergarten wüteten die entfesselten Elemente besonders heftig. Sämmtliche Wege und Plätze waren mit abgebrochenen Zweigen und Aesten förmlich übersät.
Berlin, 1. Sept. Wie der Reichsanzeiger meldet, hat der Kaiser den Generaloberst von Hahnke und den Grafen Häseler zu Mit - gliedern des Herrenhauses auf Lebenszeit berufen.
Berlin, 1. Sept. Wie aus Halle a. d. S. berichtet wird, wurde in der vergangenen Nacht der Gemeindevorsteher Bentmann aus Zschiesewitz bei Bitterfeld von zwei Wilderern, welche er verfolgte, durch zwei Schüsse tötlich verwundet. Bentmann schleppte sich nach seiner Wohnung, wo ' er verstarb.
Berlin, 1. Sept. Die sterblichen Ueberreste des verstorbenen Lord Salisbury wurden, wie aus London gemeldet wird, gestern Nachmittag in. Harfueld im engsten Familienkreise und ohne allen Pomp im Erbbegräbnis der Familie bestattet.
Berlin, 1. Sept. Begünstigt von prächtigem Wetter fand heute Vormittag die Herbst- parade des Gardekorps auf dem Tempel- Hofer Felde statt. Die Aufstellung der Truppen war gegen 8'/- Uhr beendet. Es waren wie üblich zwei Treffen formiert, das eine aus den Fußtruppen, das zweite aus der Kavallerie, Artillerie und dem Train. Gegen 9 Uhr traf der Kaiser ein, der in der Kaserne des 1. Garde-Dragonerregiments zu Pferde gestiegen war, in der Uniform des 1. Garderegiments zu Fuß mit dem Marschallstab in der Rechten. Die Prinzen waren bei ihren Regimentern eingetreten. Nur der Kronprinz nahm nicht an der Parade teil, da er in Vertretung des Kaisers zur Eröffnung der Städteausstellung nach Dresden gereist ist. Der Kaiser ritt die Front der Truppen ab, worauf zweimaliger Vorbeimarsch erfolgte. Nach Beendigung der Parade setzte sich der Kaiser an die Spitze der Fahnenkompagnie, welche die Feldzeichen nach dem Schloß brachte. Unterwegs wurden dem Kaiser und der Kaiserin, die der Parade zu Wagen beigewohnt hatte, von der nach Tausenden zählenden Menge lebhafte Ovationen bereitet.
Chemnitz, 1. Sept. Gegenüber einer Blättermeldung, daß der Textilarbeiterverband beabsichtige, auch die hiesige Arbeiterschaft auszusperren, kann die Chemnitzer Allgemeine Zeitung auf Grund von Erkundigungen berichten, daß eine derartige Maßregel nicht beabsichtigt ist und cs auch, soweit sich übersehen läßt, nicht kommen lassen werde. Andernfalls will der Verband keine weiteren als die bereits gemachten Zugeständnisse machen. Eine Vermittelung der Regierung wird seitens des Verbandes abgelehnt.
Braunschweig, 31. Aug. An Typhus sind neueren Meldungen zufolge in letzter Woche wieder drei Kinder gestorben. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, den eigentlichen Entstehungsherd der Krankheit festzustellen.
K ö ni g sb er g, 31. Aug. Der Parteitag der Sozialdemokraten Ostpreußens beschloß gestern, die Freisinnigen bei den Landtagswahlen in ganz Ostpreußen zu unterstützen, wenn im Wahlkreise Königsberg-Fischhausen ein Landtags-Mandat den Sozialdemokraten überlassen wird.
Zürich , 29. Aug. Hier wurde der von der Staatsanwaltschaft Ulm wegen Diebstahls steckbrieflich verfolgte Gustav Weinmann von Fricken-
Lorch, 30. Aug. Begünstigt vom besten Wetter fand heute die von der Stadtgemeinde und dem Veteranen- und Kriegerverein Lorch veranstaltete Einweihung des Kriegerdenkmals und der damit verbundene Bezirkskriegertag hier statt. Der Besuch von auswärtigen Vereinen war ein über Erwarten großer. In Anwesenheit der Mitglieder des Präsidiums des Württemb. Kriegerbundes Oberforstrat Keller, Schatzmeister Münz und des Landesausschußmitglieds Frhr. v. Wöllwarth- Schnaitberg tagten vormittags 51 Delegierte des Bezirksvereins Welzheim unter ihrem Obmann, Stadtschultheiß Sigel. Mit einem dreifachen Hoch auf Kaiser und König wurde die Verhandlung geschlossen.
Beim zahlreich besuchten Festessen in der „Harmonie" brachte das Präsidialmitglied Münz den Trinkspruch auf den König, Bezirksobmann Sigel einen solchen auf das Bundespräsidium und das Präsidialmitglied Oberforstrat Keller auf den Bezirksobmann aus.
Dem Denkmaleinweihungsfeste wohnten auch der Landtagsabgcordnete Professor vr. Hieber, verschiedene Bezirksbeamte und viele Ehrengäste an. Der ganze Festverlauf war von Freude und patriotischer Begeisterung getragen. Auf ein an den König gerichtetes Huldigungstelegramm lief eine freundliche Antwort ein.
Vom Bodensee, 31. Aug. Der österreichische Vergnügungsdampfer Franz Josef erlitt während des Sturmes am 23. ds. auf der Rückreise von Meersburg nach Romanshorn—Rorschach einen Stangenbruch in einem Radkasten. Das dadurch bewirkte Gestampf und Gepolter rief unter den Passagieren eine wahre Panik hervor. Sofort wurde vom Kapitän „stopp" kommandiert und zur Entfernung des defekten Teils geschritten, welche Arbeit ca. eine Stunde in Anspruch nahm; unterdessen bäumten sich mächtige Wellen gegen das Schiff, begleitet von mächtigen Windstößen und strömendem Regen. Abends 8'/» Uhr landete das Boot endlich in Rorschach; die Passagiere waren froh, wieder festen Boden zu bekommen und drohender, da und dort auch eingetretener Seekrankheit entgangen zu sein.
Haigerloch, 31. Aug. Ein Teil des Neubaues, welchen die weißen Väter zu ihrer Niederlassung in Süddeutschland hier errichtet haben, wird nunmehr bezogen werden. Zunächst werden 6 Patres mit 30 Zöglingen den Anfang machen.
Das Institut dient insbesondere der Vorbildung für Missionszwecke in Deutsch-Südostafrika.
Wiesbaden, 1. Sept. Auf dem Wege zwischen Castel und Biebrich wurde gestern in der Frühe auf der Fahrstraße ein etwa 30jähriger anscheinend dem Arbeiterstand angehöriger Mann t o t aufgefunden. Wie die angestellten Ermittelungen ergaben, ist der Mann anscheinend von einem schweren Automobil überfahren und sofort getötet worden. Seine Persönlichkeit konnte bisher nicht festgestellt werden.
Köln, 31. Aug. Die „Köln. Volksztg."
„Ich fürchte Jsa," begann er nach einer kleinen Weile wieder, „es war ein unüberlegter Kinderstreich von dir, daß du so ohne weiteres von Buchecke fortliefst. Ich kann dir nichts bieten und du hattest dort Freunde, die dich aufrichtig liebten."
„Nicht unüberlegt handelte ich, Papa, höre zu: Man sagte mir, daß Graf Dornbusch dich zum Spiel verleitet, daß er deinen völligen Ruin herbeiführen will, um desto sicherer auf meine Hand rechnen zu können! Deshalb kam ich her!"
„Also so viele Sorgen hat sich mein kleines Mädchen um den bösen Vater gemacht," lächelte Tennewitz halb verlegen. Er schämte sich mit einem Male, daß er so vor seinem Kinde stehen mußte. Die klaren Augen des jungen Mädchens hingen fragend an dem Gesicht des Vaters, der den Blick zu Boden senkte.
Die Beiden nahmen an einem Restaurationstische Platz, und der Graf bedeutete dem Kellner, er möge so rasch als möglich etwas Eßbares bringen. Dann schaut« er lächelnd zu, wie sich Jsa das köstlich duftende Gericht schmecken ließ.
„Ah, das war herrlich," sagte sie, die Serviette weglegend, während Tennewitz von neuem begann:
„So willst du wirklich noch heute mit mir abreisen, mein Kind?"
„Jawohl, das will ich! Ich werde dein kleines Hausmütterchen sein, das unablässig bemüht ist, dir das Leben zu erleichtern."
„So mißbilligst du eS nicht mehr, daß ich meinen jetzigen Beruf ergriff?"
Er hielt zögernd inne und sah fragend auf Jsa, die lächelnd zu ihm aufblickte.
„Dem reichen Grafen," antwortete sie schnell, „konnte ich eS nicht verzeihen, daß er um einer Laune, aus Uebermut, um sich die Zeit zu vertreiben, wie ich meinte, der Menge etwas zu schäum gab und im Zirkus auftrat. Dem bedrängten, aller Mittel entblößten Manne aber kann ich das nachfühlen, wenn er zwar
auf ehrliche, aber nicht standesgemäße Weise seinen Unterhalt schafft. In den Augen eines jeden rechtlich denkenden Menschen kannst du dadurch nur gewinnen, wenn du mutig den Kampf ums Dasein aufnimmst und durch ehrliche Arbeit etwas zu verdienen suchst."
„Wo hast du denn diese Weisheit her, kleines Mädchen," staunte Tennewitz und blickte fast mit Stolz auf seine Tochter, die noch an ihrer Semmel kaute.
Die junge Dame blickte nachdenklich vor sich hin.
„Das alles schoß mir durch den Kopf, als ich erfuhr, daß — wir arm sind!"
„Wer sagte dir das?"
„Herr v. Uttrecht, der mir heute mein Wort zurückgab und unsere Verlobung auflöste. Er hielt mich wahrscheinlich für eine reiche Erbin, als er sich mit mir verlobte, und seine Liebe war nichts anderes, als eine Spekulation auf meines Vaters Geldsack. Nun ihm Graf Dornbusch die Augen geöffnet hat, zog er sich so rasch als möglich zurück."
Ein Zug unsäglicher Verachtung lag auf Jsas jungem Gesicht. Sie empfand keinen Schmerz über die Auflösung der Verlobung, und ihr Vater schien diese Nachricht sogar mit großer Freude und Genugtuung aufzunehmen. Er lachte laut und beinahe fröhlich auf, indem er die Hand seiner Tochter zärtlich drückte.
„Na, Kind," rief er, „da laß dir gratulieren, daß du diesen Uttrecht nicht zu heiraten brauchst! Ich war niemals entzückt über deine Wahl. Uttrecht ist ein armer Schlucker, der dir gar nichts bieten kann. Du hast ganz andekd Aussichten, darfst nur zugreifen. Es wäre das Verkehrteste, was du tun könntest, einen Mann zu nehmen, der nichts besitzt. Ich rate dir gut» meine Tochter, nimm den Grafen Dornbusch, er ist reich, und Geld ist immer die Hauptsache."
(Fortsetzung folgt.)