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und den Ausfall der Ernte erheblich gefährdet. Der Boden ist mit Wasser gesättigt, eS sammelt sich daher das Regenwasser aus dem Felde in großen Lachen, in welchen das liegende Getreide sich mit Feuchtigkeit ansaugt und auswächst. Auf der Alb dürfte es daher um eine gute Ernte geschehen sein. Auch erscheint es sehr fraglich, ob die Felder bis zum Manöver abgeerntet werden können, und man hört daher vielfach anregen, es möchte um eine Hinausschiebung der Manöver angehalten werden.
Mergentheim, 19. Aug. (Schafmarkt.) Zugeführt 3792 Stück, bei sehr lebhaftem Handel verkauft 3192 Stück. Durch die anhaltende Dürre war verhältnismäßig wenig Vieh vorhanden, weshalb die anwesenden Kaufliebhaber in der Mehrzahl nicht befriedigt werden konnten. Die Preise betrugen pro Paar Lämmer 38—40 Jährlinge 50 bis 56 Hämmel 60—62 Göltschafe 50—54 Brackschafe 30—40 ^
Bruchsal, 21. Aug. Am Kasernenneubau verunglückte gestern der Cementeur Heck dadurch, daß er auf ein noch nicht verankertes, frisch versetztes Hauptgesimsstück trat und mit demselben etwa acht Meter hoch herunterstürzte. Heck erlitt schwere Verletzungen.
Aachen, 21. Aug. Dem „Echo der Gegenwart" zufolge sind sowohl deutscher- wie belgischer- seits Schritte getan worden, um der Spielbank in Altenberg die Existenz auf diesem neutralen Gebiete unmöglich zu machen.
Krim mitschau, 22. Aug. Seit heute früh ist hier der Generalstreik ausgebrochen. In 52 Webereien, 26 Spinnereien, einer Trikotagenfabrik, 2 Gerbereien und 2 Hülsenfabriken stockt der Betrieb gänzlich. Es streiken im Ganzen 7500 Fabrikarbeiter. Hierzu kommen noch 1500 Hausarbeiter, sodaß also etwa 9000 Arbeiter seit dem heutigen Tage beschäftigungslos sind. Von den gestern abgehaltenen 5 öffentlichen Versammlungen der Textilarbeiter wurden 3 polizeilich aufgelöst. Die Lohnkommission hat in der vergangenen Nacht ein Flugblatt herausgegeben, in welchem sie das Einschreiten der Polizei als einen unerhörten Gewaltakt bezeichnet, der der Aufhebung des Koalitionsrechtes gleichkomme. Schließlich wird die Arbeiterschaft zur Ruhe und Besonnenheit in dem Kampfe um den 10-Stundentag ermahnt.
Berlin, 22. Aug. (Majestätsbeleidigung.) Der Schauspieler Conrad von Fielitz, der anläßlich eines Gastspieles im Haag in einer Gesellschaft Witze erzählt hatte, die für den deutschen Kaiser beleidigend waren, wurde deshalb gestern von der 1. Strafkammer des Landgerichts I zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt.
Berlin, 22. August. Aus Sofia wird dem Lokalanzeiger gemeldet: Die hiesigen Freunde der Aufstands-Bewegung in Macedonien wollen heute folgende Nachricht erhalten haben: Die Auf
stands-Operationen im Wilajet Adrianopel haben jetzt begonnen. Die telegraphischen Verbindungen in mehreren Bezirken sind unterbrochen. Die Stadt Wastliko am Schwarzen Meer wurde überfallen und das türkische Viertel in Brand gelegt. Die Kaserne, der Konak und das Telegraphenamt wurden durch Dynamit zerstört. Der Hafenkommandant Mehmed Ali und drei Beamte wurden gefangen genommen, mehrere Soldaten getötet. Auch verschiedene türkische Dörfer wurden zerstört. Ferner wurde in der Nacht ein türkisches Lager bet Klen- tirnowa angefallen und zerstört. Eine Abteilung von 60 türkischen Soldaten mit 2 Offizieren soll in der Nähe von Adrianopel gefangen und nach Entwaffnung durch die Aufständischen in Freiheit gesetzt worden sein.
Berlin, 22. Aug. Gestern Mittag erschienen im Aufträge der Staatsanwaltschaft ein Untersuchungsrichter begleitet von einem Gerichtsschreiber und 16 Geheimpolizisten unter Führung eines höheren Kriminalbeamten in der Redaktion des „Vorwärts" und nahmen in sämtlichen Räumen Haussuchung vor. Einige Exemplare der Nr. 190, 191, 192 des Vorwärts, welche Artikel über den angeblichen Plan zur Errichtung eines Kofferschlosses auf der Insel PichelSwerder enthalten, wurden beschlagnahmt. Auch in der Wohnung des verantwortlichen Redakteurs sowie bei den Zeitungshändlern wurden die drei Nummern konfisziert. Die Staatsanwaltschaft erblickt in den betreffenden Artikeln Majestätsbeleidigungen in idealer Konkurrenz mit grobem Unfug. — Gegenüber dem Dementi des Architekten Ebhardt erklärt der Vorwärts, daß er lediglich behauptet habe. Herr Ebhardt wisse um um den Schloßplan. Das Blatt fordert Herrn Ebhardt auf, mit Namensunterschrift zu erklären, daß dies nicht der Fall sei. Der Plan der Kaiser- Insel sei Herrn Ebhardt vertraulich mitgeteilt worden und zwar mit allen Einzelheiten und Motiven. Er selbst habe sich für andere Pläne interessiert, die sich auf Potsdam bezogen.
Berlin, 22. August. Aus Belgrad meldet die Morgenpost: König Peter beginnt die an der Verschwörung beteiligten Offiziere zu versetzen. So wurde Oberst Michailowitsch zum Kommandanten der Drina-Division ernannt.
Berlin, 23. Aug. Wie der „Vorwärts" mitteilt, ist gestern Nachmittag sein verantwortlicher Redakteur Leid wegen des gegen ihn schwebenden Majestätsbeleidigungsverfahren in seiner Wohnung verhaftet worden. Trotz des Dementi des Hof- marschalls von Trotha hält das genannte Blatt seine Mitteilung über das angebliche Kaiserschloß vollkommen aufrecht.
Jnterlaken, 23. Aug. Der Prokurist des Wiener Bankhauses Rotschild, Stiedry, der mit seinem Sohne im hiesigen Hotel Jungfrau wohnt, wurde nachts im Schlafzimmer von einem ebenfalls im Hotel wohnenden spanischen Studenten aus
grauen Wolkenwand versteckt und es fielen bereits einzelne schwere Regentropfen, so daß die junge Dame unschlüssig stehen blieb, und überlegte, ob sie weitergehen oder umkehren sollte. Sie beschloß, bei der nächsten Wegbiegung den schmalen Fußpfad einzuschlagen, der direkt nach Buchecke zurückführte, als sie plötzlich hinter sich rasche Schritte vernahm. Sie wandte den Kopf und machte eine jähe heftige Bewegung der Ueberraschung. Im nächsten Moment stand HanS v. Uttrecht vor ihr.
Ein Gefühl aufwallender Freude durchströmte sie.
„Wie, du bist schon wieder zurück, du wolltest doch länger bleiben, wie gut von dir, daß du schon da bist!" rief sie, und wollte ihm, wie gewöhnlich, beide Hände entgegenstrecken. Doch plötzlich hielt sie inne. Ein seltsamer Blick aus den Augen ihres Verlobten, halb Verlegenheit, halb peinliche Ueberraschung verratend, hatte sie getroffen. Auf seinem Gesicht war nichts von der Freude des Wiedersehens zu lesen, fast feindselig schaute er zu ihr hin. Jsa ließ die Arme sinken, eine tiefe Bläffe bedeckte das junge Gesicht. Eine jähe Angst packte sie gewaltsam und machte ihr Herz in raschen Schlägen pochen. Sie fühlte, es war irgend etwas vorgefallen, was den Verlobten verändert hatte. Das schadenfrohe lächelnde Gesicht des Grafen Dornbusch stand mit einem Male vor ihr, und sie mußte sich zusammennehmen, um nicht laut zu weinen. Ihr war so bang, das Herz zog sich in heftigem Schmerz zusammen.
„Wann bist du angekommen?" fragte sie, um nur irgend etwas zu sagen, die Verlegenheitspause dünkte ihr doch gar zu lang.
Uttrecht stand noch immer unbeweglich und starrte sie an. Er hatte ihr noch nicht einmal die Hand zum Willkommen gereicht.
„Ich wollte dir schreiben, Jsa," sagte er endlich, ohne ihre Frage zu beantworten. Wie anders sein« Stimme klang» fast heiser kamen die Worte heraus, wie wenn ihm die Kehle völlig ausgetrocknet wäre.
Barcelona und einem anderen Jndividium überfallen, durch Chloroform betäubt und seiner Baar- schaft von 1000 Kronen und 900 Fr. beraubt. Da aber der Zimmerkellner das Gebühren des Spaniers beobachtet hatte, wurden die Räuber verhaftet und ihnen das geraubte Geld wieder abgenommen. Die Polizei glaubt, daß man es mit internationalen Hoteldieben zu tun hat.
Paris, 23. August. Der Matin berichtet aus Saloniki: Die Türken haben drei Dörfer der Ustlgegknd von Florina bombardiert und die dort befindlichen Revolutionäre niedergemacht. In einem der Dörfer befanden sich 500 Mann Aufständische. Die Türken haben in einem anderen Kampfe bei Ochrida 217 Aufrührer getötet.
Ko nst antinop el, 22. Aug. Unter dem Vorsitz des Sultans fand gestern ein Ministerrat statt, in welchem beschlossen wurde, die Diziplin im eigenen Heere zu verschärfen und die Unterdrückung der aufständischen Bewegung zu beschleunigen.
Belgrad, 22. August. Die aus Ueskueb eingetroffenen Nachrichten lauten fortgesetzt äußerst alarmierend. Die Grausamkeit der türkischen Soldaten übersteigt Alles bisher dagewesene. Die ganze Bevölkerung, selbst Greise und Kinder werden niedergemacht, die Dörfer vollständig zerstört. Die Türken halten in Moscheen Versammlungen ab, in welchen die gänzliche Vernichtung der mazedonischen Bevölkerung beschlossen wurde.
vermischtes.
— Das neuerdings in weiterem Umfang üblich gewordene Verfahren der Emporhebung von Häusern hat in Amris- wil in der Schweiz zu einem Hauseinsturz geführt, dem leider auch Menschenleben zum Opfer fielen. Der „N. Z. Z." wird darüber berichtet: Die verschiedenen Zeitungsmeldungen über Transport und Hebung ganzer Häuser haben auch in Coiffeur Glaser den Entschluß wachgerufen, sein Haus, dem er im Parterre neue Lokalitäten beifügen wollte, ungefähr 3 Meter heben zu lassen; die Arbeit sollte der in diesem Fach erfahrene Zimmermeister Weidenkeller in St. Gallen besorgen. Die Vorarbeiten wurden mit aller Sorgfalt in die Hand genommen; am Montag abend waren die Vorkehrungen beendigt. Im Fundament wurden Löcher eingeschlagen, um starke 1-Balken unter dem Kellergebälk hindurch stoßen zu können. Mit Hilfe von zwölf Aufzügen sollte das ganze Haus auf diese Weise emporgehoben werden. Eine große Menschenmenge folgte dem eigenartigen, noch nie gesehenen Schauspiel. Ohne den geringsten Zwischenfall ging die Hebung von statten, gleichmäßig und geräuschlos hob sich kaum sichtbar der schmucke Bau. Die Hausbewohner verspürten die Arbeit nicht im geringsten; sie glaubten sich in voller Sicherheit und einen Unfall als ausgeschlossen; wenigstens war das Haus während den
„Schreiben? — Und warum?" fragte Jsa angstvoll und preßte die Hand auf das pochende Herz.
„Mindestens ein Dutzend Briefbogen habe ich zerrissen, und immer noch konnte ich die rechten Worte nicht finden," fuhr er in demselben Tone fort. Wieder schwieg er ein?Weile, als müsse er sich erst besinnen, dann begann er aufs Neue: „Ich hatte nicht geglaubt, daß ich Dir hier begegnen würde — doch, da es der Zufall so gefügt, denke ich, cs ist am besten, ich rede mit dir die Last von der Seele und sage dir, was du doch erfahren mußt. So etwas kann man in einem Briefe ohnehin nicht richtig so zum Ausdruck bringen, und ich möchte dir klar und offen alles sagen, was mich zu dem Schritte zwingt, der mir wirklich sauer genug wird! — Jsa, wir-"
Er stockte und sah an ihr vorbei, als müßte er die Baumstämme zählen, die stumm und starr ringsum standen und ihre kahlen, entlaubten Aeste gen Himmel reckten.
Jsa schaute noch immer angstvoll auf den ihr gegenüber Stehenden. Bei den letzten Worten blitzte es zörnig in ihren schönen Augen auf, sie hatte begriffen. „Warum zögerst du, es auszusprechen?" rief sie heftig. „Sag es doch, daß wir uns trennen müssen, — daß du dich getäuscht hast, daß du erkennst, wir paffen nicht zu einander! — Adje, ich weiß genug, wir haben uns nichts mehr zu sagen!"
Sie wollte an ihm vorbeischlüpsen, einen verachtungsvollen Blick auf ihn werfend.
Doch plötzlich kam Leben in seine bisher starren Glieder. Er packte sie am Handgelenk und hielt sie mit eisernem Griffe fest.
„Bleib!" schrie er sie an, „ich will eS, daß du bleibst!"
Die beiden maßen sich, wie zwei erbitterte Feinde.
„Du sollst mich nicht mißverstehen," begann er um vieles milder, „ich