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M 160.

Neuenbürg, Mittwoch den 6. Oktober 1909.

67. Jahrgang.

ÄEDmhAu.

Rominten, 5. Oktbr. Der Kaiser ist heute vorm. 9 Uhr nach Königsberg abgereist.

Berlin, 5. Okt. Der Kaiser von Oesterreich hat der Fürstin Sophie v. Hohenberg (geb. Gräfin Chotek), der Gemahlin des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand, den Titel einer Herzogin mit dem Prädikat Hoheit verliehen.

Berlin, 5. Okt. Anläßlich seiner Anwesenheit bei den süddeutschen Kaisermanövern erhielt Erz­herzog Franz Ferdinand für sich und seine Ge­mahlin, die Fürstin Hohenburg vom Kaiser Wil­helm eine Einladung nach Berlin. Der Besuch des Thronfolgerpaares wird Mitte November erfolgen.

Berlin, 4. Okt. In dem Dienstzimmer des Bahnhofvorstehers von Großlichterfelde bei Berlin entstand gestern morgen ein Brand, durch welchen Schriftstücke und Papiergeld 'vernichtet wurde. Als eine in einem Nebenraum beschäftigte Fahrkarten­verkäuferin, durch den aus dem Vorsteherzimmer dringenden Qualm aufmerksam gemacht, das Zimmer betrat, lag der Vorsteher bewußtlos am Boden. Herbeigerufene Beamte löschten das Feuer. Nach der Schilderung des krank darniederliegenden Vor­stehers sei er beim Kassenabschluß plötzlich von einem Schwindelanfall ergriffen worden, wobei anscheinend eine brennende Kerze umgefallen und so der Brand entstanden sei. Es sollen etwa 6000 ^ Papiergeld verbrannt sein.

Straßburg, 4. Okt. Ein katholischer Geist­licher gegen das Zentrum. Anläßlich der Be­zirks- und Kreistagswahlen fand in Straßburg i. E. eine Volksversammlung statt, in der der katholische Pfarrer Sück aus Metz gegen das Zentrum sprach. Nachdem der Redner auf Grund der neuen Steuern dargelegt hatte, wie wenig auf die Versprechungen des Zentrums zu geben sei, führte er weiter aus: Man sucht bei unserer katholischen Bevölkerung den Glauben zu erwecken, als sei nur im Zentrum Heil zu finden und als seien die Nichtzentrumsleute über­haupt nicht mehr zur Seligkeit berechtigt. Gerade grotesk müsse es wirken, wenn auf der Kanzel das Zentrumsparteiorgan als das Blatt bezeichnet wird, das zur Seligkeit führe, eine Himmelsleiter für 2 ^ 50 ^s." Es ist traurig mit solchen Mitteln zu operieren. Die Grundlage des religiösen Friedens sei: Respekt vor jeder Ueberzeugung."

In Karlsruhe rempelte in der Nacht ein be­trunkener Dragonerunteroffizier heimkehrende Mit­glieder eines Vereins an. Es entstand eine Keulerei, an der sich noch weitere Unteroffiziere beteiligten. Während des Streites versetzte ein Unteroffizier, der sich innerhalb der Kaserneneinfriedigung aufhielt, durch diese hindurch einem auf dem Gehweg stehenden unbeteiligten Manne einen liefen Säbelhieb in die linke Seite. Der Getroffene, ein verheirateter Mann, dürfte kaum mit dem Leben davonkommen.

Karlsruhe, 4. Okt. In dem Hause Schützen­straße 63 des Bahnhofstadtteils spielte sich heule um die Mittagszeit ein Liebesdrama ab. Ein Bäcker­geselle hat aus bis jetzt noch nicht ermittelten Grün­den seine Geliebte erschossen und dann einen Selbst­mordversuch verübt, indem er sich mit dem Messer beide Pulsadern aufschnitt und sich mit einem Re­volver einen Schuß in den Mund feuerte. Noch lebend, aber schwer verletzt und in bedenklichem Zu­stand wurde er in das städt. Krankenhaus verbracht.

Aus Baden, 4. Okt. Ein schwerer Eisen­bahnunfall ereignete sich, wie schon kurz mitgeteilt, gestern vormittag kurz nach 8 Uhr auf der Station Zuzenhausen bei Meckesheim. Dort kreuzte der 7.42 Uhr abgehende Personenzug 434 Heilbronn- Heidelberg mit dem 8.15 Uhr in Heidelberg ab­gehenden Personenzug 433, HeidelbergHeilbronn. Während nun der Zug von Heidelberg her die Ein­fahrtsweiche passierte, stellte der Hilfswärter Siegen- müller aus Hoffenheim die Weiche zurück in der

Meinung, der Zug habe sie schon passiert. Vier > Wagen befanden sich aber noch vor der Weiche. ! Diese vier Wagen entgleisten sofort und zwei von ihnen stürzten den Bahndamm hinab. Der dritte Wagen stand vom Gleise quer gegen den Damm­abhang und der vierte blieb neben dem Gleise stehen. Im Zeitraum von wenigen Augenblicken war ein wirrer Durcheinander entstanden, in das sich die gellenden Hilferufe der Passagiere mischten, die in den abgestürzten Wagen übereinander gekeilt waren. Die Passagiere des Heilbronner Zuges beteiligten sich lebhaft an den Rettungsarbeiten. Mit Hilfe von Leitern wurden nach und nach sämtliche Reisende in Sicherheit gebracht. Zufällig befanden sich zwei Aerzte im Zuge, die sofort im Bahnhofswartsaal einen Verbandssaal einrichtelen. Dabei zeigte sich daß kein Menschenleben zu beklagen war. Sieben Personen wurden leicht verletzt, darunter ein Herr Ledermann mit Frau aus Heidelberg und ein Herr aus Mannheim verletzt. Der Materialschaden ist natürlich sehr erheblich.

Krankhafter Ehrgeiz eines Knaben. In Hannover erhängte sich am Sonntag nachmittag der zwölfjährige Realschüler Schmitz, weil er bei der Klassenversetzung vom zweiten auf den vierten Platz gekommen war.

Wegen der Hochzeitskosten entstanden bei einer Hochzeit in Neersen (Rheinland) Streitig­keiten, in deren Verlauf der Bruder der Braut von drei Brüdern des Bräutigams so zugerichtet wurde, daß er seinen Verletzungen bald erlag.

Aus Macon (Frankreich) wird mehreren Blättern berichtet, ein Trompeter der 5. Kompagnie des 234. Reserveregiments Chatelin habe im Rausche das Geständnis abgelegt, daß er die Fahne des Regiments in die Latrine geworfen habe.

Württemberg.

Stuttgart, 4. Okt. Der König hat sich heute vormittag von Bebenhausen nach Friedrichshafen begeben, um dort noch einige Wochen Aufenthalt zu nehmen. Die Königin ist von Hohenburg, wo sie eine Woche zum Besuch der Luxemburgischen Herr­schaft geweilt hat, nach Ratiboritz in Böhmen zu ihren Verwandten abgereist.

Friedrichshafen, 5. Okt. Prinz und Prin­zessin Heinrich von Preußen sind gestern abend hier eingetroffen und haben im Kgl. Schlosse als Gäste des Königs Wohnung genommen. Der Groß­herzog und die Großherzogin von Hessen treffen heute mittag hier ein und werden im Deutschen Hause absteigen. Das Luftschiff unternimmt heute vormittag einen Aufstieg, der bis zum Abend un­unterbrochen dauern soll, aber ohne Mitnahme von Passagieren erfolgt und lediglich eine Uebungsfahrt darstellt. Ein weiterer Aufstieg, an dem auch eventl. die fürstlichen Gäste sich beteiligen werden, ist für morgen in Aussicht genommen. Bei den Aufstiegen werden hauptsächlich Versuche mit drahtloser Tele­graphie gemacht, denen Prof. Hergesell und Geheim- rat Lewald beiwohnen. Das belgische Geniekomitee hat von allen Lenkballonsystemen in seiner Ent­scheidung dem Zeppelinschen den Vorzug gegeben. Um 10 Uhr haben sich Prinz Heinrich von Preußen in Admiralsuniform, Korvettenkapitän Mischke, Graf Zeppelin, Geheimrat Lewald, Pros. Hergesell vor dem Deutschen Haus getroffen und sind zu einer Sitzung im Büro des Grafen Zeppelin zusammen­getreten.

Konrad Haußmann an August Bebel. Die Oktobernummer desMärz" enthält einen offenen Brief Konrad Haußmanns an August Bebel, der nicht mehr und nicht weniger bedeutet, als den Versuch, die Sozialdemokratie zu einer radi­kalen Umwandlung ihrer Methode und zur Mit­arbeit an einer bürgerlich-konstitutionellen Politik zu bewegen. Der. Brief, den Konrad Haußmann an August Bebel aus Anlaß von dessen reservierten

Haltung auf dem Leipziger Parteitag gerichtet hat, zeugt von einer so ammrtenden Abgeklärtheit in der Beurteilung der Parteiverhältnisse, spricht eine so eindringliche Sprache, daß man ihn in der Tat als ein willkommenes Ereignis auf dem sonst so zer­klüfteten parteipolitischen Gebiet begleiten muß. Haußmann weist zunächst auf den unvereinbaren Widerspruch hin, daß die sozialdemokratische Lehre, welche auf die Erhöhung des Glücks der einzelnen abzielt, planmäßig mit der Verringerung des Glücks­gefühls arbeitet. Die heutige Methode der deutschen Sozialdemokratie wecke keine Freude, sondern Freud­losigkeit. In dieser Atmosphäre der Unfreude be­wege sich auch das intellektuelle Element viel lang­samer voran, als man bei einer im Ziel vorwärts gerichteten Partei hätte erwarten dürfen. Die So­zialdemokratie locke an mit der Verheißung, daß dem menschlichen Geist der freieste Spielraum geöffnet werden müsse und wüte dabei gegen die abweichen­den Ansichten in den eigenen Reihen. Sie vermöge mit ihrer heutigen Methode nicht Kraft in Wärme umzusetzen, sondern zerreiße nur das politische Leben und zerfetze es. Auch in der Frage des parlamen­tarisch-konstitutionellen Systems kreuze und hemme die sozialdemokratische Methode die gradlinige Ent­wicklung. Die Sozialdemokratie sei wütend, daß die anderen Parteien nicht mit ihr gehen und verweigere grundsätzlich das Zusammengehen mit anderen. Fremder Wille lenke die Handlungen der sozial­demokratischen Vertreter zurzeit in hohem Maße und die sozialistische Presse sei häufig so grausam gegen die eigenen Genossen, sie öffentlich von ihrer Ueber­zeugung abzupfeifen. Das wirke tief verletzend und dagradiere die sozialdemokratischen Vertreter vor sich und den andern. Am Schluß seines Briefes betont Haußmann, daß, wenn einer den Entwicklungsprozeß, der in den Reihen der Sozialdemokratie eingesetzt habe, fördern könne, dies Bebel sei. Er habe die Partei groß machen helfen und er werde es auch vermögen, sie bei der heutigen politischen Wetterlage politisch aktionsfähig zu machen, was sie bisher nicht war.

Stuttgart, 3. Okt. In Sachen des offenen Briefes, den Konrad Haußmann an August Bebel geschrieben hat, hört man, daß der letztere in einem persönlichen Brief an Konrad Haußmann geantwortet hat. DerVorwärts"-Berlin, das Organ der Sozialdemokratie, schreibt:Der Zweck des Briefes ist angeblich, August Bebel für eine praktische Politik im Sinne der bürgerlichen Demo­kratie zu gewinnen; die Absicht ist aber offenbar, die revisionistische Richtung in der Sozialdemokratie zu stärken. Die vorgetragenen Anschauungen sind von einer so verblüffenden Naivität, wie man sie selbst bei Konrad Haußmann nicht vermutet hat. Neu an der Argumentation Haußmanns ist nur die Ungeniertheit, mit der die Sünden des bürgerlichen Liberalismus der Sozialdemokratie angekreidet werden.

Aus TtaSt» Bezirk uns Nngedung.

Seine Majestät der König hat den Be­zirksnotar Schweikert von Wildbad (in Herrenalb) seinem Ansuchen gemäß an das Bezirks­notariat Nürtingen versetzt.

Z 7 Birkenfeld, 4. Okt. Der Bezirksverband der Geflügel-, Kaninchen- und Kanarien- züchter (Oberer Enzgau) hat gestern imHirsch" in Calmbach eine Ausschußversammlung ab­gehalten. Unter dem Vorsitz von Lehrer Martin hier, der die erschienenen Züchter begrüßte, kamen folgende Gegenstände zur Besprechung: Die bei der Generalversammlung am 13. September hier durch­beratenen Gausatzungen wurden nebst einigen Zu­sätzen von den anwesenden Vertretern gutgeheißen und es wird nächster Tage jedem Verein eine Ab­schrift der Satzungen zugeschickt werden. Neben zwei Vereinsausstellungen in Wildbad und in Birkenfeld