Erscheint
Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag.
Sreis vierteljährl.: in Neuenbürg L 20. Durch d'^Post bezogen: km Vrts- und Nacpvar» orts-Verkehr 1.15; im sonstigen inILnd. Verkehr 1.25; hiezu je 20 ^ Bestellgeld.
Obonnrment» nehmen alle p«panstalten and Postboten jeberzeit entgegen.
Der Lnztäler.
Anzeiger für das Enztal und Umgebung.
Amtsblatt tür Sen Vberamtsbezirk Neuenbürg.
Anzeigenpreis:
die 5 gespaltene Zeile oder deren Raum 12 ^ bei Auskunfterteilung durch die Lxped. 12 Reklamen die 3gesx. Zeile 25
Bei öfterer Insertion entsxrech. Rabatt.
Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adresse: ^Lnztäler, Neuenbürg".
159.
Reuenbürg, Montag den 4. Oktober 1999.
67. Jahrgang.
Finanzielle Lichtblicke.
Nach den sehr trüben Zeiten der Ausfälle an den Zoll- und Steuereinnahmen hat nun endlich wieder eine günstigere Periode für die deutschen Finanzen begonnen, denn für die Zeit vom 1. April bis 1. September d. I. zeigen die Zölle und Reichssteuern eine Mehreinnahme von 80 Millionen Mark gegen dieselbe Zeit des Vorjahres. Diese Mehreinnahme ist deshalb hoch erfreulich, weil' der Reichshaushalt von den Mindereinnahmen des vor. Jahres noch ein bedeutendes Defizit aufzuweisen hat, es ist daher Hoffnung vorhanden, daß das Defizit vielleicht ohne die Zuhilfenahme einer Anleihe gedeckt werden kann. Die Mehreinnahmen an Zöllen und Stepern stammen zum großen Teile daher, daß sich dieEinfuhr fremder Waren nach Deutschland wieder gehoben hat. Es haben aber auch zu der Erhöhung der Einnahmen die neuen Steuern schon wesentlich beigetragen, und zwar die Zigarettensteuer, die Brausteuer, die Schaumweinsteuer nnd auch schon die Stempelabgabe für Gewinnanteilscheine und Zinsbogen. Die Brausteuer, deren Einnahme im Juli 3,5 Millionen Mark ausgemacht hat, hat im August 4,4 Millionen Mark abgeworfen. Bei der Schaumweinsteuer hat die August-Einnahme nahezu 1 Million Mark ausgemacht, während sich die letzten Monatseinnahmen auf je 600 000 bis 700 000 Mark stellten. Hier tritt die Wirkung der neuen Besteuerung in die Erscheinung. Bei der Zigaretten - steuer, bei der die Steuerneuerung erst am 1. Sept. in Kraft getreten ist, merkt man die Vorwirkung. Sie hat im August 1,9 Millionen Mark gebracht, während die früheren Monatseinnahmen nicht viel über eine Million Mark ausmachten. Die Gewinnanteilschein- und Zinsbogensteuer hat für den August die Einnahme von 119 509 Mark abgeworfen. Der geringe Betrag erklärt sich daraus, daß Talons in der Zeit vor dem August in so großer Masse zur Abstempelung gebracht wurden, daß die Juli-Einnahme aus dem Reichsstempel für Wertpapiere, unter dem vor dem 1. August diese Einnahmen verzeichnet werden mußten, nicht weniger als 10,2 Millionen Mark oder 7,2 Millionen Mark mehr als im gleichen Monat des Jahres 1908 ausmachte. Die Einnahme aus dem Stempel für Grundstücksübertragungen, der gleichfalls besonders zur Anschreibung gelangt, hat im August 47 667 Mk. ausgemacht. Die Zölle haben im August eine Einnahme von 62,4 Millionen Mark abgeworfen, oder 10 Millionen Mark mehr, als im Monatsdurchschnitt im Etat von ihnen erwartet ist. Die Juli-Einnahme der Zölle in Höhe von 76,3 Millionen Mark war selbstverständlich nicht wieder zu erreichen, da vor dem Eintritt der neuen Verzollung von Kaffee, Tee, Tabak usw. möglichst viel Ware nach Deutschland einzuführen versucht wurde. Bis Ende August hatten die Zölle 209,2 Millionen Mark oder 51,6 Millionen Mark mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres eingebracht. Gegenüber der fünfmonatigen Etatsrate beläuft sich ihr Mehr auf 28,2 Millionen Mark, was für die Gestaltung der Reichsfinanzlage im laufenden Jahre sehr zu begrüßen ist.
Potsdam, 2. Okt. Der Kronprinz unternahm heute nachmittag auf dem Bornstedter Felde unter dem Jubel des anwesenden Publikums einen Aufstieg im Aeroplan unter Führung von Or- ville Wright. Wright führte ferner mehrere gelungene Flugversuche vor, bei denen er nach der Schätzung von Augenzeugen 400 Meter erreichte.
Die neue Zündholzsteuer, die am I.Oktbr. in Kraft getreten ist, wird in Form einer auf jedes einzelne Paket geklebten roten Steuermarke erhoben. Das Aufkleben der Steuermarke erfolgt jedoch nur in den Zündholzfabriken und deren Steuerlagern, während bei der Nachsteuer lediglich
eine Nachprüfung der Höhe der angemeldeten Vorräte stattfindet. Bezüglich der Nachprüfung bestimmt der Z 5 der Nachversteuerordnung ausdrücklich folgendes: Die Nachprüfung hat so bald als möglich zu erfolgen. In geeigneten Fällen kann sie unterbleiben oder durch geeignete Ermittlungen geschehen. Ferner sagt § 6, daß sich die Nachprüfung darauf zu beschränken hat, ob größere Vorräte vorhanden sind, als angemeldet wurden. Diese Ausführungs- bestimmungen sind sehr milde gehalten und schließen jede Belästigung der Verpflichteten durch die Steuerbehörde aus. Allerdings ermöglichen diese milden Bestimmungen Steuerhinterziehungen. Wenn jemand beispielsweise versuchen würde, der Steuerbehörde in seinen Angaben tausend Pakete zu verschweigen, so hätte er 150 erspart; übrigens müßte er aber 750 also das fünffache der Steuer, bezahlen, wenn die Hinterziehung ihm nachgewiesen wird. Die erwähnte rote Steuermarke wird also entgegen von Befürchtungen der Händler bei der Nachsteuer überhaupt nicht zur Anwendung gelangen, und bei der Steuerabfertigung aus Fabriken oder Steuerlagern wird sie nur auf den großen Fünfzigerpaketen angebracht.
Einen recht peinlichen Vorgang im deutschen Parteileben der jüngsten Zeit stellt die bekannte Affäre des deutsch-sozialen Abgeordneten Schack dar. Die naheliegende und viel verbreitete Annahme, Hr. Schack werde wegen der ihn so bedenklich kompromittierenden Triole-Angelegenheit auf das von ihm bis jetzt ausgeübte Reichstagsmandat für Eisenach-Dermbach verzichten, hat sich bis jetzt noch nicht erfüllt; es scheint beinahe, als ob Hr. Schack meine, daß er der erzürnten öffentlichen Meinung hinlänglich Genugtuung gegeben habe, wenn er für ein Weilchen in ein Sanatorium gehe. Im eigensten Interesse der deutsch-sozialen Partei kann man nur wünschen, daß es deren leitenden Persönlichkeiten gelingen möge, den jetzigen Abgeordneten für Eisenach- Dermbach zum Verzicht auf sein Mandat zu bestimmen, falls er sich hierzu wirklich nicht freiwillig herbeilassen sollte; die Stellung Schacks ist nun einmal durch seine Skandalaffäre in jeder Beziehung eine unhaltbare geworden.
, Heidelberg, 3. Okt. Die heutige mehr als fünfstündige Hauptversammlung des deutschen Volksparteitages eröffnete Reichstagsabgeordneter v. Payer-Stuttgart mit einer zweistündigen Rede über die politische Lage im Reich und die Einigung der Linken. In der daran anschließenden Diskussion setzte Prof. Quidde-München der Verschmelzung der drei linksliberalen Parteien ernste Bedenken entgegen und empfahl den Ausbau der Fraktionsgemeinschaften auf föderativer Grundlage. Mit Ausnahme des Vertreters der Nürnberger Parteigenossen erklärten sich alle übrigen Diskussionsredner'für den Zusammenschluß der drei Gruppen zu einer einzigen Partei. Die dahingehende Resolution des Ausschusses, nach welcher der Parteitag den Zeitpunkt für die Schaffung einer Einigung der linksliberalen Parteien für gekommen erachtet, wurde mit allen gegen 15 Stimmen angenommen. Zum nächstjährigen Versammlungsakt wurde Stuttgart gewählt.
Heidelberg, 3. Okt. Heute vormittag 8 Uhr entgleisten ein Eilgut- und zwei Personenwagen eines Personenzuges infolge vorzeitiger Umstellung einer Weiche. Sieben Personen wurden verletzt.
Karlsruhe, 2. Okt. Die Feier zum 70. Geburtstag des Galeriedirektors Hans Thoma begann heute vormittag mit der Beglückwünschung des Jubilars durch zahlreiche Abordnungen von hier und auswärts. Am Vormittag hatte bereits Prinz Max von Baden in seiner Eigenschaft als erster Präsident der Ersten badischen Kammer die Glückwünsche der Kammer übermittelt. Um 10'/» Uhr fand in der großherzoglichen Kunsthalle eine Feier in kleinem Kreise statt, bei der die Abordnungen
der auswärtigen Künstlergenossenschaften und Hochschulen ihre Glückwünsche darbrachten und Diplome überreichten. Die theologische Fakultät der Universität Heidelberg ernannte Thoma zum Ehrendoktor. Um 12 Uhr erschienen der Großherzog und die Großherzogin, um ihrerseits Thoma zu seinem Ehrentage zu beglückwünschen. Dabei hielt der Großherzog eine Ansprache, in der er der Verdienste des Künstlers und seiner Wertschätzung als Mensch gedachte. Daran schloß sich eine Besichtigung des von dem verstorbenen Großherzog Friedrich I. errichteten Thoma-Museums. — Der Stadtrat hat beschlossen zur Ehrung des Künstlers die bisherige „Linkenheimer Straße", an der die Kunsthalle gelegen ist und Thoma wohnt, „Hans Thoma- straße" zu benennen.
Mannheim, 30. Septbr. Ein gräßlicher Unglücksfall ereignete sich gestern nachmittag auf dem Lindenhose. Der in der Graphischen Kunstanstalt von Müller, Siefert u. Co., Rheindammstraße 40 als Zeichnerlehrling beschäftigte 14 Jahre alte Friedr. Senns, Sohn des Schreinermeisters Ludwig Senns, erhielt den Auftrag, bei seinem Vater Sägemehl zu holen, das im Geschäfte gebraucht wurde. Ein anderer Junge begab sich mit ihm hinunter in den Keller, in dem sich der Maschinenraum seines Vaters befindet. Plötzlich ertönten furchbare Schreie aus dem Raume. Als man hinuntereilte, hing der rechte Unterarm des kleinen Sennes an der Decke und der Junge lag in einer Blutlache am Boden. Die Transmission hatte ihm den rechten Unterarm vollständig herausgerissen. Man brachte den schwerverletzten Jungen in das allgemeine Krankenhaus. Es ist fraglich, ob er mit dem Leben davonkommen wird. Wie das Unglück entstanden, ist noch nicht ganz aufgeklärt. Der Zustand des Jungen ist heute den Umständen nach zufriedenstellend. Es wird vermutet, daß der Junge während des Betriebes an einer Welle turnen wollte, dabei aber von der Transmission ergriffen wurde. Der Arm war zwischen der Transmission und der Decke festgekeilt.
Der Geh. Kommerzienrat Dr. v. Brunck in Mannheim, Präsident des Aufsichtsrats der Bad. Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen, und früher deren langjähriger Direktor, hat vor kurzem aus Anlaß seiner 40 jährigen Tätigkeit an diesem Unternehmen für Zwecke der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München 50 000 Mk., ferner zur Unterstützung von erkrankten Frauen und Kindern von Arbeitern und Angestellten der Fabrik 40 000 Mk. und für andere Zwecke 10000 Mk. gestiftet.
Berlin, 2. Oktbr. Die „Nordd. Allg. Ztg." weist in einem längeren Artikel auf die Gefahren hin, denen sich jungeMädchen aussetzen, wenn sie einen Briefwechsel mit Negern unserer Kolonie anbahnen. Sie richtet deshalb an die deutschen Eltern und Erzieher die Mahnung, den jungen Mädchen zum Bewußtsein zu bringen, wie viel sie sich mit einem solchen Briefwechsel vergeben und wie sie dadurch der Kolonialverwaltung die Aufgabe der Erziehung der Eingeborenen erschweren.
Zürich, 2. Okt. Von den gestern nachmittag zur Weitfahrt bei der internationalen Ballonwettfahrt aufgestiegenen 18 Ballons sind bisher gelandet: „Justitia" vom Frankfurter Verein bei Altenau in der Nähe von Konstanz; „Danmark" vom Danziger Aeronauten-Klub; „Relskab" 10 km nördlich von St. Gallen; „Windsbraut" vom Schlesischen Verein in Sondernach bei Münsingen in Württemberg; „Tschudi" vom Berliner Verein, der 4 Stunden lang in einem Wolkenbruch war, bei Steinach, Kanton St. Gallen; „Barmen" vom Niederrheinischen Verein bei Wilhelmskirch; „Groß" vom Berliner Verein bei Unwetter und Gegenwind in der Nähe von Ravensburg; „Colmar" vom Verein für Lustschiffahrt in Colmar bei Schneegestöber in Steinhaufen, OA. Waldsee; „Belgien" vom Aeronauten-Klub ..Betaue" we