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4) In der Stadt Calw ist während der Zeit vom 1. Mai bis 15. Sept. die Offenhaltung der unter Z. 3 bezeichneten Verkaufsstellen, sowie der Verkauf von Obst durch die Obsthändler, während 10 Stunden und zwar von 7—9 Uhr Vormittags und von 11 Uhr Vormittags bis 7 Uhr Abends gestattet.
5) Den Handelsgärtnern ist der Verkauf von Gärtnereierzeugnissen in folgender Weise gestattet:
a. an den gewöhnlichen Sonntagen außer den für das übrige Handetsgewerbe festgesetzten Stunden von 3—4 Uhr nachmittags, d. am ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingst- tag, sowie am Neujahrsfest, Erscheinungsfest, Landesbußlag, Palmsonntag, Charfreitag, Dreieinigkeitsfest, Himmelfahrtsfest und Adventsfest von 7'/,—8'/- Uhr vormittags und von 1—4 Uhr nachmittags.
Soweit die Bäcker, Konditoren, Metzger, die Verkäufer von Milch, Eis und Mineralwasser, die Handelsgärlner und Obsthändler, auch mit anderen als den genannten Waren (Z. 3—5) handeln, dürfen sie die letzteren nur in den für die sonstigen Handelsgewerbe zugelassenen Geschäftsstunden feilhalten und verkaufen.
Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern, welche in den unter Z. 2—4 aufgeführtcn Fällen länger als
5 Stunden beschäftigt werden, ist entweder an jedem zweiten Sonnrag von morgens 6 Uhr bis abends
6 Uhr, oder an einem Wochentag von morgens 6 Uhr bis mittags 12 Uhr, oder von mittags 12 Uhr bis abends 6 Uhr freizugeben.
Der Verkauf von Lebensmitteln und anderen Bedarfsgegenständen für Reifende auf den Bahnhöfen durch die von den Eisenbahnbehörden zugelassenen Personen ist wie bisher gestattet.
Für die Arbeiten zur Herstellung von Backwaren, Konditorwaren und Fleisch- und Wurstwaren, sowie für den landwirtschaftlichen Betrieb in den Gärtnereien gelten bis auf Weiteres noch die bestehenden Vorschriften.
III.
1) Auf Apotheken finden die Bestimmungen unter Ziff. I. insoweit keine Anwendung, als dieselben lediglich mit den zu dem Betrieb einer Apotheke gehörenden Waren handeln. Soweit in Apotheken auch noch andere Waren verkauft werden, unterliegt dieser Handel den allgemeinen Vorschriften.
2) Den Bestimmungen unter Ziffer I. sind ferner nicht unterworfen die Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe und die Verkehrsgewerbe und zwar sowohl der Personen- als der Frachtverkehr.
Bäcker, Konditoren und Metzger, ebenso Obsthändler und Handelsgärtner, welche neben ihrem Handwerk und Handelsgewerbe noch auf Grund einer ihnen zustehenden Konzession ein Wirtschaftsgewerbe betreiben, insbesondere Wein, Bier, Branntwein oder Kaffee ausschänken, dürfen Backwaren, Konditorwaren, Fleisch- und Wurstwaren oder Fett, sowie Obst und Garten-Erzeugnisse außerhalb der nach Ziffer II. Nro. 3 bis 5 für den Verkauf solcher Waren frcigclassenen Zeit zwar an die in der Wirtschaft befindlichen Gäste abgeben, aber sonst nicht feilhalten oder verkaufen.
Konditoren, welche zum Ausschank von Liqueur nur in Verbindung mit dem Verkauf von Waren ihres Gewerbes konzessioniert sind, dürfen diesen Ausschank außerhalb der für den Verkauf von Konditorwaren nach Ziffer II. No. 3 freigelassenen Zeit nicht ausüben.
3) Friseure und Barbiere dürfen die Arbeiten ihres Gewerbes bis auf Weiteres noch nach den bisherigen Vorschriften an den Sonn- und Festtagen ousüben und dazu Mangels anderer Räume auch diejenigen benützen, welche sie sonst zugleich zu einem Handel mit irgendwelchen Waren verwenden. Sie dürfen aber in diesen Räumen zu den Stunden, welche für den Verkauf dieser Waren nicht allgemein freigelassen sind, die letzteren weder feilhalten noch verkaufen.
IV.
Das Feilbieten von Waren, Aufkäufen von Waren, Aufsuchen von Warenbestellungen und Anbieten gewerblicher Leistungen im Umherziehen an Sonn- und Festtagen sowohl innerhalb als außerhalb des Wohnorts und der dem Gemeindebezirk des Wohnorts gleichgestellten nächsten Umgebung ist verboten.
Nach Z 2 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 26. März 1892 können aber die OrtSvorsteher einzelnen Personen für einzelne Sonn- und Festtage oder für einen bestimmten kurzen Zeitraum den Verkauf von Eßwaren, anderen als geistigen Getränken und Blumen im Uwherziehen auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen und an anderen öffentlichen Orten außer der Zeit des vormittägigen Hauptgottesdienstes gestatten.
Weitere Ausnahmen zu gestatten, ist dem Oberamt Vorbehalten.
V.
Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Vorschriften werden nach § 146 a, der Gewerbeordnung mit Geldstrafen bis zu 600°^., im Unvermögensfalle mit Haft bestraft.
Lagesnerngkeiten.
Hirsau. (Egsdt.) Das Erträgnis des am 4. ds. Ms. im Hirsch und Lamm in Hirsau abgehaltenen Konzertes für gemeinnützige Zwecke betrug 227 20 A Diese Summe fand
in folgender Weife Verwendung: Beitrag zur Erstellung des neuen Bades 100 für die Armen in Hirsau 50 ^., Schwarzwaldverein 40 Verschönerungsverein Hirsau 37 20 A Den Mit
wirkenden, die sich in den Dienst der guten Sache gestellt haben, sei nochmals auf diesem Wege Dank gesagt.
Stuttgart, 14. Augnst. Stuttgart wird binnen kürzester Frist eine physikalischeHeil- anstalt erhalten, wie sie in ähnlichem Umfange, für ganz Südwestdeutschland bisher nur in Mainz vorhanden !war (wo das betr. Institut unter städt. Regie steht). Das vor kurzem hier errichtete, unter Leitung von Di. E. Gottschalk stehende Institut für elektromagnet. Behandlung (System Trüb) hat sich bei einem Betriebe so günstig entwickelt, daß
IX.
Der Andrang des schaulustigen Publikums an der Kaffe des Zirkus Con- radty war heute größer denn je. Der Direktor schritt stolz einher und musterte die sich drängende und schiebende Menge mit seinen kleinen, listigen Aeuglein, im Stillen berechnend, wie hoch die Tageseinnahme sich etwa belaufen würde. Dabei rieb er sich heimlich die dicken Hände und murmelte einige abgerissene Worte vor sich hin, wie: „Teufelskerl, dieser Johnson, er macht sich, — macht sich ganz ausgezeichnet — ich muß selbst staunen, — ha, ha, wie sie alle laufen."
Die Reklametrommel war allerdings kräftig gerührt worden, kein Wunder, wenn zu dieser „Abschiedsgalavorstellung," zugleich „Benefiz" für den beliebten Jokeyreiter Johnson" — Alt und Jung herbeiströmte. Die mächtigen Buntdruckbilder hatten wiederum ihre Schuldigkeit getan, ebenso wie die riesigen Inserate in allen Zeitungen der Residenz. Da auch die Kritiker mit seltener Einigkeit behaupteten, die Leistungen dieses Jokeyreiters lohnten allein schon den Besuch des Zirkus, ganz abgesehen von der niedlichen Miß Bella und den übrigen Mitgliedern lauter Koryphäen auf dem Gebiete der Reitkunst, so konnte es natürlich an Besuchern nicht fehlen.
In einer Mittelloge saßen auch Graf Dornbusch und Hans v. Uttrecht.
„Sie machen mich wirklich neugierig, Graf," sagte der letztere, „diesen Johnson kennen zu lernen, er muß nach Ihrer Beschreibung ein ganz großartiger Künstler sein. Merkwürdig, daß ich nie von ihm hörte. Und Sie sagen, wir werden nach der Vorstellung mit ihm Zusammentreffen?"
„Ganz gewiß, falls Sie dann noch Lust dazu haben," lächelte Dornbusch höhnisch, „Sie werden staunen, lieber Freund, machen Sie sich auf eine große Ueberraschung gefaßt."
Uttrecht sah seinen Begleiter mißtrauisch von der Seite an. Etwas im
sich die Notwendigkeit ergeben hat, es zu einem Institut für das Gesamtgebiet physikalischer Heilmethoden auszugestalten. Die Erweiterungsarbeiten, sowie die Aufstellung der betr. neuen Apparate sind bereits im Hause Schloßstr. 35 in vollem Gange. Neben den Apparaten für elektromagn. Behandlung werden alle übrigen Vorrichtungen zu den elektro- therapeut. Behandlungen, soweit sie sich bisher wissenschaftlich erprobt haben, zur Verfügung stehen, so zu den Behandlungen mit faradischen und galvanischen, sowie mit hochgespannten und hochfreguent. Strömen (Arsonvalschen und Teslaschen), mit Sinusoidal- oder Wechselströmen und ebenso zu der Behandlung nach der Franklinschen Methode (mit Influenz-Maschinen nach speciellem System. Außerdem erfolgt Massage-Behandlung (Elektromaffage rc.) Eine wesentliche Erweiterung erhält das Institut durch Einrichtung eines Röntgen-Kabinets vollkommenster Konstruktion zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken.
Cannstatt, 11. Aug. Der Ertrag der städtischen Obstbäume, geschätzt zu 2450 Simri, ergab bei der Versteigerung einen Erlös von 7050 (gegen 7600 ^ im Vorjahr).
Steineggb. Pforzheim, 12. Aug. Gestern abend V-10 Uhr brannte hier das Rathaus vollständig nieder, und zwar so schnell, daß nicht einmal die Feuerspritze gerettet werden konnte und dieselbe mit verbrannte. Die Akten u. s. w. wurden noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Ebenso verbrannte eine neben dem Rathause stehende Scheune.
Karlsruhe. Der sog. „württembergische Kneißl" Fink, welcher vor einiger Zeit in Steinheim OA. Heidenheim den Landjäger, welcher ihn als steckbrieflich Verfolgten verhaften wollte, niederschoß, und sich bis jetzt trotz eifrigster Nachforschungen der Festnahme zu entziehen wußte, ist heute in Leopoldshafen bei Karlsruhe durch die Gendarmerie verhaftet worden. Auf seine Einbringung war bekanntlich eine Belohnung von 300 ausgesctzt.
Aus Baden, 11. August. Wein. Mit dem Wachstum und der Weiterentwicklung der Trauben ist man in den letzten acht Tagen in allen Weinbezirken recht zufrieden. Zwar brachten die ersten Tage keine außerordentliche Hitze, aber doch Wärme genug, um das Wachstum der Trauben zu beschleunigen. So üppig wie zur Zeit stand der Weinstock seit langen Jahren nicht mehr; dabei sieht er gesund aus. Die Trauben sind in ihrer Entwicklung schon so weit vor, daß man in bessern Lagen an Frühlingsburgunderstöcken schon gefärbte und an Frühgutedel schon Helle Trauben antrifft Dies ist allerdings keine frühe Zeit, aber diese Frist steht in der Tabelle neben recht guten Jahrgängen verzeichnet. Dem jetzigen Traubenbehang nach dürfte auch der heurige Ertrag recht befriedigend ausfallen. Die Beeren sind recht dick und fast durch-
Tone desselben fiel ihm unangenehm auf, doch behielt er nicht Zeit, darnach zu fragen. Miß Bella ritt eben in die Manege, von lautem Beifall empfangen. Sie musterte die Reihen der Zuschauer, sandte da- und dorthin einen lächelnden Blick, nickte diesem oder jenem verstohlen zu und dankte durch ein graziöses Neigen des hübschen Köpfchens für den gespendeten Beifall. Auch auf Graf Dornbusch hafteten ihre Augen, wie es Uttrecht scheinen wollte, auffallend lange und oft.
„Sollen wir die kleine Hexe nachher zum Souper einladen?" sagte der Graf, seinen Begleiter leicht mit dem Ellbogen anstoßend.
„Damit Sie meiner Braut schadenfroh erzählen könnten, ich hätte mit Kunstreiterinnen soupiert. Sie versprachen ihr doch, mich vor allem Argen behüten zu wollen. Halten Sie so Ihr Wort?" gab Uttrecht leise zurück. „Nein, nein, ich denke, wir gehen allein."
„Nun, nun, Freundchen, nur nicht allzu ängstlich sein, ich werde nichts verraten. Miß Bella ist ein reizender Käfer, zwar etwas borniert, aber das macht nichts, man unterhält sich ganz gut mit ihr. Was wollen Sie auch mit dem angebrochenen Abend anfangen. Freilich wer eine Braut wie Komtesse Tennewitz sein eigen nennt, der findet keinen Gefallen an anderen. Ich begreife das, indes ein armer, abgewiesener Schlucker, wie ich, muß zufrieden sein und mit allem vorlieb nehmen."
Er fuhr sich, wie in komischer Verzweiflung, durch die spärlichen Haare.
„Ich möchte mich nicht allzu lange in der Residenz aufhalten," begann Uttrecht wieder, „ich fürchte, meine Braut tatsächlich verletzt zu haben. War ihr Verlangen auch kindisch genug, so scheint es mir bei reiflicher Ueberlegung fast, als läge doch ein tieferer Grund vor. Ich will womöglich in zwei Tagen wieder nach Hause. Natürlich beabsichtige ich, meinen zukünftigen Schwiegervater aufzusuchen, um seine Meinung betreffs unserer Hochzeit zu hören." (Fortsetzung folgt.)